Protokoll der Sitzung vom 21.11.2002

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Das kann doch nicht wahr sein!)

(Beifall bei der PDS)

und unser Misstrauen kommt vor allem daher, weil die PISA-Ergebnisse nachgewiesen haben, dass die Länder, die auf die klassische Ganztagsschule setzen, die schlechtesten Ergebnisse vorzuweisen haben.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb ist dieses Modell für uns nicht tauglich. Ein zweiter Aspekt, der mich an das Pult hat treten lassen, ist die Verwirrung um die Schulpflicht von ausländischen Kindern und Kindern von Asylbewerbern. Sehr wohl eine Verwirrung und Sie tragen noch dazu bei, Herr Döring. Ich darf heute feststellen, dass wir bereits heute nach dem noch nicht verabschiedeten Änderungsgesetz diese Schulpflicht für Kinder von Asylbewerbern bereits haben.

(Beifall bei der CDU)

Die Schulpflicht für Asylbewerberkinder gilt.

(Zwischenruf Abg. Sojka, PDS: Stimmt nicht.)

Dann muss ich Sie bitten, Frau Sojka, schauen Sie bitte in das Schulgesetz. Das jetzt zurzeit gültige Schulgesetz heißt in § 17 eindeutig: "Schulpflichtig sind alle Kinder und Jugendlichen, die in Thüringen ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben." Und jetzt offenbart sich Ihre Unkenntnis über den gewöhnlichen Aufenthalt. Ich gebe zu, es ist nicht im allgemeinen Sprachgebrauch, was gewöhnlicher Aufenthalt ist. Herr Emde hat schon einmal auf die Verordnung des Ministeriums hingewiesen, die bereits am 5. Dezember 1995 unter dem Aktenzeichen 28/51272-30 erlassen wurde und an die Staatlichen Schulämter gegangen ist. Ich bitte den Kultusminister, diese Verordnung noch einmal den Staatlichen Schulämtern zukommen zu lassen, damit dann solche Artikel, wie heute in einer Tageszeitung, überflüssig werden, denn offenbar sind sich auch manche Schuldirektoren über diese Vorschrift nicht im Klaren.

Wir haben also eine Schulpflicht für all die Kinder, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Thüringen haben. Darunter sind zu verstehen:

Punkt A: "Kinder und Jugendliche von Asylberechtigten, deren Antragsverfahren für sie erfolgreich abgeschlossen ist."

Punkt B: "Kinder und Jugendliche von Ausländern, die im Rahmen humanitärer Hilfsmaßnahmen aufgenommen worden sind. Die so genannten Kontingentflüchtlinge nach § 32 a des Ausländergesetzes."

Da erübrigt sich jede Diskussion, aber sie wird erstaunlicherweise trotzdem draußen geführt. Ich habe das Gefühl, man hat uns hier bewusst missverstanden. Das lassen wir uns nicht bieten!

(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: So ist es.)

(Beifall bei der CDU)

Sehr verehrte Damen und Herren, weiter zählen dazu:

Punkt C: "Kinder und Jugendliche von Asylbewerbern, deren Antrag auf Anerkennung rechtskräftig abgelehnt worden ist, deren Aufenthalt jedoch längerfristig geduldet wird." Ein sehr humanitärer Aspekt. Da muss man uns die Humanität nicht erst noch beibringen wollen.

Unter Punkt D, Herr Emde hat auch schon darauf hingewiesen: "Kinder und Jugendliche, deren Antrag abgelehnt wurde, die aber in erster Instanz ihre Anerkennung erreicht haben."

Jetzt kommen wir zu dem Punkt, über den sich vielleicht noch diskutieren lässt, aber der das Ausmaß der Debatte nicht rechtfertigt: "Ein gewöhnlicher Aufenthalt und damit verbunden eine Schulpflicht sind dagegen zu verneinen", heißt es hier in der Vorschrift, "bei Kindern und Jugendlichen von Asylbewerbern, deren Antrag auf

Anerkennung rechtskräftig abgelehnt ist und die eine Ausreiseaufforderung erhalten haben, dieser aber bisher noch nicht nachgekommen sind bzw. deren weiterer Aufenthalt nur kurzfristig geduldet wird." Zum Zweiten: "bei Kindern und Jugendlichen von Asylbewerbern, deren Antragsverfahren noch nicht abgeschlossen ist."

Dort endet die Schulpflicht. Was es aber sehr wohl gibt und was in der Debatte völlig untergeht, ist die regelmäßige Möglichkeit, die Kinder freiwillig zu beschulen.

(Beifall bei der CDU)

Hierzu ist diese Vorschrift überaus deutlich, deshalb darf ich, Frau Präsidentin, zitieren: Die eben von mir unter A und B genannten Kinder und Jugendlichen sollen aus humanitären Gründen eine schulische Betreuung erfahren, "wenn diese von den Eltern gewünscht wird und soweit sie nach den Verhältnissen des Einzelfalles durchführbar ist. Dies bedeutet, dass die Teilnahme am Unterricht freiwillig ist. Erscheinen diese Kinder und Jugendlichen nicht, sind also keine besonderen Maßnahmen einzuleiten. Ansonsten werden sie, wenn sie die Schule besuchen, wie schulpflichtige Kinder behandelt. Auf Wunsch der Eltern kann, soweit Feststellungen über schulische Leistungen getroffen werden können, auch ein Zeugnis ausgestellt werden. Es erhält den Vermerk, dass der Schüler oder die Schülerin freiwillig am Unterricht teilnimmt. Dieser Vermerk ist auch in das Abgangs- oder Abschlusszeugnis aufzunehmen. Von einem Wunsch der Eltern auf Erteilung eines Zeugnisses kann dann ausgegangen werden, wenn die Kinder und Jugendlichen regelmäßig am Unterricht teilnehmen. Sind die Eltern trotz festgestellter Förderschulbedüftigkeit mit dem Besuch einer Förderschule nicht einverstanden, so kann die Schule die weitere Betreuung ablehnen. Bei der Aufnahme eines Kindes, das nicht schulpflichtig ist, sollten die Eltern gebeten werden, Änderungen ihres Rechtsstatus, die Konsequenzen für die Schulpflicht haben, unverzüglich mitzuteilen."

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieser Verordnung ist eigentlich nichts hinzuzufügen.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte trotzdem die politische Anmerkung machen, dass bei Kindern und Jugendlichen von Asylbewerbern, deren Verfahren noch nicht abgeschlossen ist, es als Selbstverständlichkeit vorausgesetzt werden müsste, dass sie ihre Kinder freiwillig zur Schule schicken, denn man darf dann, wenn sie einen Antrag stellen, auch einen Integrationswillen in dieses Land unterstellen. Dieser Integrationswille ist eine Bringepflicht dessen, der in Deutschland Aufenthalt begehrt.

(Beifall bei der CDU)

Man kann das Maß der Beschulung dieser Kinder auch zum Maß dieses Integrationswillens machen. Deshalb,

meine sehr verehrten Damen und Herren, sollten wir die Debatte so schnell es geht beenden. Sie hilft nur denen, die Unfrieden in diesem Lande stiften wollen.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Quatsch!)

Angesichts der Beschlüsse der Bundesregierung, die das Leben der Bürger in Deutschland nicht einfacher machen, sollten wir jegliche Debatte über Asylbewerber vermeiden, um nicht Unholden noch Anlass zu liefern,

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Die Lan- desregierung hat eine Änderung eingebracht.)

neuerlich Gewalttaten gegenüber Asylbewerbern zu provozieren. Das ist nicht in unserem Interesse. Wir haben humanitäre Regelungen in Thüringen, wir haben gesetzlich klare Regelungen, die völlig ausreichend sind. Ich wiederhole, wir haben bereits die Schulpflicht, die Sie leugnen! Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Pelke zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, lassen Sie mich zeitlich angemessen doch noch einmal auf einige Vorredner und auch noch auf einige Defizite dieses Gesetzentwurfs eingehen.

Meine Damen und Herren, es ist hier vorhin sehr oft eine Anhörung angesprochen worden, die zu diesem Schulgesetz durchgeführt worden ist, und es ist auch viel gesagt worden zum Thema "Integration behinderter Kinder". Manches wird einem dann in der Umsetzung dessen, was hier heute passiert und was auch beraten und gesagt wird, etwas unverständlich. Integration behinderter Kinder soll Schulalltag werden, meine Damen und Herren, soll Selbstverständlichkeit werden

(Beifall bei der SPD)

und genau deshalb wollten wir eine Verankerung dieses Bereichs Integration behinderter Kinder im Schulgesetz festschreiben.

(Beifall bei der SPD)

Dann seien Sie so ehrlich, meine Damen und Herren von der CDU, die Sie immer wieder auf diesen Themenbereich eingehen und wie wichtig er Ihnen ist, dann sagen Sie auch so ehrlich, genau das haben Sie abgelehnt. Sie haben damit ein Zeichen gesetzt, ein negatives Zeichen. Wir wollten ein positives Zeichen setzen und ich hoffe und gehe

davon aus, dass die Bürger in diesem Land Ihre Verhaltensweise auch entsprechend bewerten werden.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie, Herr Emde, hier sagen, es soll ideologiefrei diskutiert werden, dann stimme ich Ihnen zu, aber diesen Aufruf müssen Sie erst einmal an Ihre eigene Adresse richten.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben versucht, mit Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, ideologiefrei einen Gesetzentwurf und viele Änderungsanträge der Oppositionspartei zu diskutieren.

(Zwischenruf Abg. Seela, CDU: Ich habe in der Presse nichts gemerkt.)

In der Presse? Wir wollten mit Ihnen Ausschussarbeit, harte Ausschussarbeit machen, da, wo es hingehört. Da, wo es hingehört, wollten wir mit Ihnen diskutieren und Sie haben die Anträge der Opposition teilweise nicht mal diskutieren wollen, sondern Sie hatten nur noch die Hand aufgehoben und gesagt, dass Sie das alles nicht mehr interessiert.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Und Herr Emde, ein weiterer Aspekt...

Frau Abgeordnete Pelke, gestatten Sie bitte eine Anfrage?