Herr Abgeordneter Bergemann, Sie haben davon gesprochen, dass das so dringend ist, heute zu beschließen, weil Termine dranhängen. Ist denn das Politikfeld Europapolitik ein Feld, wo die Landesregierung nur arbeitet, wenn der Landtag einen Antrag dazu beschließt?
Nein, Frau Kollegin Nitzpon, da kann ich Sie beruhigen. Denn wenn Sie die europapolitischen Debatten hier im hohen Hause immer aufmerksam verfolgt haben, Sie sitzen sehr häufig da, das stimmt, aber dann müssten Sie wis
sen, dass wir in dieser Legislatur, ich habe einmal nachgeschaut, mehr Anträge über Europa und mehr Diskussionen über Europa hier im Plenum gehalten haben als die ganzen neun Jahre im Vorfeld. Und dass die Landesregierung im Bundesrat Stellungnahmen eingebracht hat, auch ohne uns, das ist selbstverständlich, und die liegen auch vor, auch im Inhalt liegen sie Ihrer Fraktion vor, denn im Ausschuss werden sie regelmäßig an alle Abgeordneten verteilt. Aber es ging uns, und das betone ich auch noch einmal, ganz deutlich darum, hier einen Akzent zu setzen, weil auch andere Landesparlamente in dieser Frage schon aktiv waren und der Prozess ist ja nicht beendet heute, Frau Kollegin Sedlacik. Auch das ist doch völlig klar. Es ist Ihnen doch unbenommen, Sie hätten doch problemlos einen Alternativantrag einbringen können, wenn Sie die Befürchtung haben, dass wir Ihren Änderungsantrag nicht mittragen.
Sehen Sie, so einfach hätten Sie es machen können. Hätten Sie einen Alternativantrag eingebracht, hätten wir darüber auch diskutieren können.
Frau Präsidentin, ich würde trotzdem einmal versuchen, ein Stückchen das einzubringen, was unsere Fraktion in diesem Antrag auch deutlich artikuliert und dargestellt hat, wenn Sie gestatten. Der Minister hat auf den Einbringungstermin 28. Februar schon hingewiesen. Pat Cox, der Präsident des Europäischen Parlaments, hat in einem Zitat, wenn Sie erlauben, klar gemacht worauf es ankommt: "Der Prüfstein für den Konvent wird letztlich seine Fähigkeit sein, die anstehenden Reformen der Europäischen Union durch die Bündelung aller vorgelegten Ideen und Vorschläge gut und ausgewogen vorzubereiten. Durch diese Reform muss die Europäische Zusammenarbeit effizienter gestaltet werden." Genau das ist die Zielrichtung unseres Antrags. Wenn Sie die einzelnen Punkte durchgehen, müssen wir natürlich auch Antworten auf Fragen finden. Das ist völlig klar. Wie können die Bürger, vor allen Dingen die junge Generation, die jungen Menschen mitgenommen werden, das europäische Projekt und auch die europäischen Organe, wie kann man sie ihnen näher bringen. Wie muss das politische Leben in einer ab 2004 erweiterten Europäischen Union aussehen und wie muss es strukturiert werden? Welchen Beitrag kann Europa zur Stabilität in der Welt leisten? Daraus ergeben sich Antworten. Es geht hier ganz klar um eine bessere Verteilung der Abgrenzung der Zuständigkeiten. Es geht um Reformen der Institutionen. Es geht um eine Vereinfachung der Instrumente der Europäischen Union, mehr Demokratie, mehr Transparenz, Effizienz und Bürgernähe. Es geht natürlich auch ganz entscheidend um eine Vereinfachung und Neuordnung der Verträge. Ziel ist es, den heutigen Besitzstand der Europäischen Union in Form von fünf Verträgen mit zahlreichen Änderungsverträgen, mit mehr als 600 Vorschriften in einem europäischen Verfassungsvertrag zu vereinen. Und die Einbeziehung der Charta der
Die erste Konventphase der Ermittlung, des Zuhörens, auch welche Erwartungen, welche Nachfragen die Menschen haben, die ist vorüber. Wir sind jetzt dabei, diese eingebrachten Vorschläge, die Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen, zu erörtern. Das ist genau dieser Prozess, der jetzt stattfindet, in den wir uns als Parlament einbringen. Die dritte Phase, die ja im Januar 2003 beginnen wird, wird dann die Formulierung eines Vertrags sein, meine Damen und Herren. Deshalb ist es eigentlich auch für mich zwingend und wichtig, dass sich der Thüringer Landtag in diesen Prozess einbringt und sich beteiligt. Wir sind, das muss man an der Stelle einmal deutlich klar machen, von der Landesregierung in jedem Ausschuss umfassend und aktuell zu dem Thema informiert worden. Das wird natürlich mit Sicherheit auch perspektivisch so sein. Ich denke, da darf man an der Stelle einmal danke sagen.
Die Aufgabe des Konvents ist jetzt klar. Der Vorentwurf des Verfassungsvertrags mit seinen 46 Artikeln, der wird uns in Zukunft beschäftigen und da muss jetzt Substanz drumgebaut werden. Deshalb ist ja der Konvent auch an mehreren Plenartagungen aktiv. Es gibt Arbeitsgruppen, insgesamt zehn Arbeitsgruppen, die zu unterschiedlichsten Themenfeldern arbeiten. Die Abschlussberichte dieser Arbeitsgruppen fließen derzeit ein. Wir waren ja, Sie haben es vorhin auch gesagt, dabei und konnten eine Diskussion des Abschlussberichts VI selbst miterleben. Aber das ändert doch nichts, dass viele Fragen offen bleiben und der wichtigste Punkt ist schon, weil Sie es angezweifelt haben, dass die Bürgerinnen und Bürger die Chancen haben, sich jetzt hier einzubringen, jeder einzelne. Es gibt genug Möglichkeiten über Internet, über Stellungnahmen sich an diesem Prozess zu beteiligen.
Wer von Ihnen, meine Damen und Herren, sich einmal die Mühe gemacht hat, diesen Vorentwurf zu studieren, der wird klar erkennen, dass dieser Antrag von uns systematisch aufgebaut und auch die Intention dieser bisherigen Konzeptionen des Verfassungsentwurfs, des Vorentwurfs sich darin wiederfindet. Wir hatten natürlich im Bereich der Verteilung und der Abgrenzung der Zuständigkeiten zur Europäischen Union klare Standpunkte vorgebracht. Demokratie zu diesem Punkt beginnt schon ganz unten, weil Sie immer sagen föderal, sie sind gegen Subsidiarität. Demokratie beginnt unten in den Dörfern. Autonomie, lokale und regionale Selbstverwaltung müssen als Grundvoraussetzung für ein Europa anerkannt werden, das Einheit herstellt, aber das natürlich auch Vielfalt bewahren kann. Das sind die unterschiedlichen Problemfelder. Das bedeutet, dass auch die politischen Handlungsspielräume der Länder, Städte und Gemeinden hier entscheidend und ausreichend berücksichtigt werden müssen. Die kommunale Selbstverwaltung muss in diesem Verfassungsvertrag angemessen verankert werden. Im Mit
telpunkt dieses Kompetenzkapitels steht das Subsidiaritätsprinzip mit einer klaren Definition, nämlich eine Tätigkeit der Union ist auch nur dann zulässig, wenn erstens eine Maßnahme auf nationaler Ebene nicht ausreichend ist und zweitens, wenn nachgewiesen ist, dass diese Maßnahme wirksamer von der Union realisiert werden kann. In der zweiten Konventsitzung übrigens haben sich sehr viele Teilnehmer für die Schaffung eines Gremiums zur Kontrolle des Subsidiaritätsprinzips ausgesprochen. Neben einer stärkeren politischen Kontrolle soll es nämlich auch zu einer intensiven rechtlichen Kontrolle kommen. Das von der Arbeitsgruppe "Subsidiarität" vorgeschlagene Frühwarnsystem - der Minister hat es auch erwähnt - gibt natürlich auch den nationalen Parlamenten die Möglichkeit, die Verletzung dieses Prinzips während des gesamten Gesetzgebungsprozesses zu rügen. Die Kommission muss nach dieser "gelben Karte" eine begründete Stellungnahme abgeben und gegebenenfalls auch ihren eigenen Vorschlag überprüfen. Bei der von der Arbeitsgruppe dann weiterhin vorgeschlagenen Klagebefugnis der nationalen Parlamente können diese jetzt zudem in Form einer Nichtigkeitsklage vor dem Europäischen Gerichtshof die "rote Karte" ziehen. Dieses neue System der Subsidiaritätskontrolle hat für den Bundesrat schon einen besonderen Vorteil, dass er als zweite Kammer des Parlaments auch voll von diesen gestärkten Rechten profitieren kann.
Zu unserem Punkt im Antrag "Stellung der Regionen innerhalb des AdR" wird Herr Schröter noch einiges ausführen.
Lassen Sie mich an dieser Stelle noch ein paar Worte zum SPD-Antrag sagen: Wir haben ja im Ausschuss dieses Thema diskutiert, es war ein Selbstbefassungsantrag, Frau Kollegin Sedlacik, und kein Antrag, der direkt an das Parlament gerichtet war. Ich habe Ihnen die Gründe erklärt und ich habe auch mit den Kollegen in meinem Arbeitskreis, auch mit dem Kollegen der SPD genau über den Änderungsantrag gesprochen. Da gibt es inhaltlich von unserer Seite her überhaupt keine Schwierigkeiten. Das kann man mittragen. Weil Sie es vorhin so dargestellt haben, dass die Mitte des Hauses mit ihrer Mehrheit den Antrag durchpowern wird. Wenn es sachlich inhaltlich begründet ist, haben wir überhaupt kein Problem, diese Anträge mitzutragen und das wird sich dokumentieren, das ist völlig klar. Aber über Ihren Antrag habe ich mich ja schon zu Beginn geäußert. Zur weiteren fachlichen Beratung, das steht auch drin, darauf sind Sie nicht eingegangen, in unserem 4. Punkt, werden wir natürlich die Arbeiten im Konvent im Ausschuss begleiten. Der Abschluss dieser Arbeiten ist für den Juni 2003 vorgesehen, ich denke, da sind noch genug Möglichkeiten da, dass man, wie auch immer, unabhängig von diesen und jenen Gesichtspunkten über Anträge, über Stellungnahmen auch hier im Plenum die Diskussion weiter führen kann. Denn für uns, auch für meine Fraktion, ist es unumstritten, dass der Hintergrund genau der ist, der Prozess ist im Laufen, wir müssen uns daran beteiligen, aber wir haben auch die Pflicht als Parlament, hier klare Positionen und Stellungnahmen abzu
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, nur noch zwei Jahre trennen uns von dem größten Erweiterungsschritt der Europäischen Union. Aus einer Gemeinschaft von bisher 15 Staaten wird eine Union aus 25 Nationen, die miteinander eine Rechtsgemeinschaft eingehen. Während die Beitrittsstaaten in den letzten Jahren gewaltige Anstrengungen unternommen haben, um die Beitrittsvoraussetzungen zu erfüllen, haben wir, die heutigen Mitgliedstaaten, also auch unser Mitgliedstaat Deutschland, eine entscheidende Hausaufgabe noch nicht erledigt. Es handelt sich um die dringend erforderliche Reform der Institutionen der Union. Diese Reform ist eine entscheidende Voraussetzung, darin stimmen wir sicher alle überein, um zukünftig Handlungsfähigkeit einer so großen Staatengemeinschaft in der Zukunft dauerhaft zu garantieren. Meine Damen und Herren, was ursprünglich für 6 Staaten konzipiert war, kann trotz aller bisherigen Entwicklungsetappen der Verträge, die wir kennen, für 25 Mitgliedstaaten so nicht mehr funktionieren. Erinnern wir uns, diese Hausaufgabe, die wir noch zu erledigen haben, hatten wir uns in der Europäischen Union spätestens bis zum Eintritt in die Wirtschafts- und Währungsunion, und das war das Jahr 1999, vorgenommen. Aber, und das will ich hier ganz klar zum Ausdruck bringen, der Rat, sprich die 15 Regierungschefs, haben das schlicht und einfach nicht geschafft. Auch deshalb liegen heute so große Hoffnungen auf dem Europäischen Verfassungskonvent in Brüssel. Es gibt für uns in der SPD, natürlich auch in unserer Fraktion, vier Gründe, weshalb wir mit Hoffnung auf die Arbeiten dieses Verfassungskonvent schauen:
Erstens: Endlich gibt es ein Gremium, das diese existenziellen Fragen der Union öffentlich wahrnehmbar und damit transparent debattiert.
Zweitens: Zum ersten Mal sitzen neben Regierungsvertretern mehrheitlich direkt gewählte Volksvertreter aller wichtigen Handlungsebenen, die in den EU-Staaten in ihren Entscheidungsgremien Handlungsvollmacht haben.
Drittens: Zum ersten Mal können die Konventmitglieder aus den Beitrittsstaaten direkt auf die Verfassung, die Konstituion einer zukünftigen Union Einfluss nehmen.
Meine Damen und Herren, es sei trotz aller Routine an dieser Stelle einmal betont, dass das ein historischer Schritt ist, der in der Öffentlichkeit, und das sollte man auch hier
mal tun, stärker gewürdigt werden sollte als das bisher an der einen oder anderen Stelle gemacht wird.
Viertens: Meine Damen und Herren, der Konvent ist trotz der knappen Zeitpläne, denn das ist ein Schwachpunkt der Konventsarbeit, im erheblichen Umfang bereit, die Standpunkte der Vertreter der Zivilgesellschaft in seine Arbeit einfließen zu lassen. Ich erinnere an den schon kurze Zeit nach der Aufnahme der Arbeiten stattgefundenen Jugendkonvent in Brüssel. Das war ein Hoffnungssignal an die Jugend in der heutigen Union und in den Beitrittsstaaten, dass man nicht nur formal, sondern auch mit Blick auf die Zukunft auf ihre Stimme hört.
Mit dem ersten Vorentwurf zum Verfassungsvertrag ist die Arbeit des Konvents in eine entscheidende Phase eingetreten. Die dortigen Arbeitsgruppen legen zurzeit ihre ersten Vorschläge zur konkreten Ausgestaltung des vorgeschlagenen Rahmens des kommenden Vertrags vor. Es ist also durchaus an der Zeit, die Interessen der Regionen und der Kommunen in einer sich erweiternden Union noch einmal klar zu artikulieren. Wir, auch wir als Landtag, tun das natürlich nicht zum ersten Mal, aber wir müssen es jetzt sehr klar und sehr prägnant tun. Deshalb begrüßt die SPDFraktion grundsätzlich den vorliegenden Antrag der CDU.
Worum geht es? Es geht um die Positionierung des Landtags zu einer Etappe der Weiterentwicklung des Europäischen Vertragswerks. Die einzelnen Elemente der Reformdiskussion sind unter Punkt 1.1 klar und präzise ausgeführt. Ich gehe hier nicht im Detail darauf ein, möchte aber ganz klar, und damit wende ich mich zum ersten Mal den verehrten Kollegen von der PDS zu, anmerken, dass eine Ergänzung dieser Passage, so wie sie im ersten Teil Ihres Änderungsantrags angedacht ist, aus unserer Sicht durchaus denkbar ist. Das wäre eine Komplettierung, der überhaupt nichts im Wege stehen könnte.
Wir begrüßen besonders, und damit möchte ich jetzt auf einige uns sehr wichtige Punkte im Einzelnen eingehen, die geplante Zuerkennung einer eigenen Rechtspersönlichkeit der EU. Das klingt sehr routiniert, aber das war überfällig und das ist eine entscheidende neue Qualität, zu der sich der Konvent schon durchgerungen hat. Als unverzichtbar erachten wir die Positionierung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union an einer hervorgehobenen Stelle der Verfassung, denn diese Charta, meine Damen und Herren, verankert erstmals neben den bekannten staatsbürgerlichen Rechten auch soziale Rechte in ihren Texten. Sie muss ein fester Bestandteil der Unionsverfassung werden. Wenn das gelingt, meine Damen und Herren, auch die Kollegen von der PDS möchte ich hier konkret ansprechen, wären wir einen weiteren wichtigen Schritt auf diesem sicher oft langen, aber eben leider nur in Etappen zurückzulegenden Weg hin auch zu einer stärkeren Sozialunion gegangen.
Als selbstverständlich erachten wir, dass jegliche Änderung europäischer Vertragswerke von einer Zustimmung der nationalen Parlamente, also bei uns dem Bundestag und dem Bundesrat, abhängig bleiben muss. Das ist für uns die Basis einer im Detail sicher notwendigen Kompetenzdebatte. In diesem Kontext muss man auch den schon vorhandenen Einfluss der Bundesländer auf die europäische Rechtsetzung sehen.
Meine Damen und Herren, zur Erinnerung, es gab und gibt keinen europäischen Vertrag, auch nicht den letzten - ich meine den Vertrag von Nizza, der, wie Sie wissen, sicher nicht der beste aller bisher existierenden Verträge ist -, der ohne Zustimmung einer Mehrheit der Stimmen im Bundesrat zu Stande gekommen ist. Wenn es im Bundesrat zu einem dieser Verträge einmal keine Mehrheit gegeben hätte, wäre er kein Recht innerhalb der Europäischen Union geworden.
Meine Damen und Herren, ich darf einmal daran erinnern, vor wenigen Wochen waren sicher diejenigen, die sich intensiver mit den Themen beschäftigen, durchaus verunsichert, dass es ein kleines europäisches Volk am Rande Europas, nämlich die Iren, in der Hand hatten, durch eine Volksabstimmung diesen Vertrag zu stoppen und damit auch die in dem Vertrag angesetzte enthaltene Osterweiterung, zumindest zeitlich, erst einmal in die Ferne rücken zu lassen. Das war bei ihnen deshalb möglich, weil eben in der Verfassung die Volksabstimmung dort zwingend war. Aber genauso mit derselben Qualität arbeitet, seitdem die Bundesrepublik Deutschland Mitglied dieser Europäischen Union ist, auch der Bundesrat. Wenn eine solche Entscheidung bisher quer über die politischen Familien hinweg in der Bundeskammer noch nie getroffen wurde, muss das seine guten Gründe haben.
Was jetzt im Konvent unter dem Schlagwort "Frühwarnsystem" vorgeschlagen wird, können wir nur unterstützen. Zur Wirkung könnte ein solches System aber relativ einfach und schnell kommen, wenn der Bundesrat gleichzeitig mit den nationalen Regierungen und dem Europäischen Parlament die Vorschläge aus der Kommission auf den Tisch bekommen würde. Das ist doch aber wohl regelbar, auch ohne dass man erst dazu abwarten muss, bis wir eine neue aufgewertete europäische Verfassung haben.
Meine Damen und Herren, man täusche sich aber nicht über die Menge von Papier und Personal, wenn das denn so eintreten würde, die wir im Bundesrat und indirekt auch hier in den Bundesländern bekommen würden oder auftreiben müssten, um diese Vorgänge so zu bearbeiten und zu behandeln, wie es eben in der ersten Stufe in den Mitgliedstaaten bzw. im Europäischen Parlament passiert. Ich spreche damit nicht dagegen, nur man muss genau wissen, welche Konsequenzen es auch hätte. Eine spezielle Kompetenzkammer beim Europäischen Gerichtshof kann besonders dann hilfreich sein, wenn sie befähigt wäre oder wird, in möglichst kurzer Zeit und, wenn es geht, auch vor dem endgültigen Rechtsetzungsverfahren klare Ent
scheidungen zu treffen. Warum soll denn das Kind eigentlich immer erst in den Brunnen fallen? Warum, wenn wir denn dann so eine Kompetenzkammer hätten, sollte es nicht möglich sein, die angedachten Rechtsetzungsakte schon einmal vorbeugend auf ihre kommende Durchgriffstiefe europäischer Entscheidungen bis auf regionale und kommunale Ebenen abzuchecken und rechtzeitig die Bremsklötze an die Stelle einzuwerfen, wo wir zu Recht unsere Sorgen haben?
Unter dem Punkt 3.2 stehen die Forderungen, die im Fall ihrer Erfüllung zu einer deutlichen Stärkung des Ausschusses der Regionen führen könnten. Auch hier haben wir unsere volle Unterstützung gegeben. Ich gehe aber davon aus - und will das deshalb nicht ausführlich behandeln -, dass wir einen Vertreter, ein Mitglied des AdR, in unserem Haus haben, der heute auch noch das Wort ergreifen wird. Ich möchte nur zum Ausdruck bringen, dass eine stärkere Berücksichtigung der Einwohnerzahl sicher dann zwingend und auch notwendiger wird, wenn die rechtlichen Möglichkeiten des AdR in die Richtung marschieren, wo wir sie uns hoffentlich alle gemeinsam wünschen. Das ist klar, aber ich möchte auch darauf hinweisen, das ist im letzten Teil dieses Absatzes ausgeführt, dass die Quantität nicht allein das entscheidende Kriterium sein kann, so wichtig wie es ist. Je stärker der Einfluss des AdR einmal wird, umso stärker müssen wir uns die Frage stellen, wie vergleichbar ist die demokratische Legitimation derjenigen, die dann aus den Regionen vom Baltikum bis hin nach Sizilien und Portugal in diesen Rat mit Stimme, mit Klagerecht, all diesen guten vernünftigen Dingen, geschickt werden. Das möchten wir hier ganz einfach zu bedenken geben.
Meine Damen und Herren, ein wichtiger Ansatz in der Konventdebatte ist die Option der Rückführung von Kompetenzen der Gemeinschaft in die Hoheit der Mitgliedsstaaten. Wenn es diesen Willen im Rat und im Europäischen Parlament mehrheitlich gibt, muss das möglich sein. Das wäre Fortschritt, das wäre im Interesse einer Rückgewinnung von Subsidiarität, d.h. Bürgernähe, denn das ist ja wirklich die schlichte, einfache und für den Bürger verständliche Definition dessen, was man unter diesem komplizierten juristischen Fachbegriff meint. Ich bin sicher, das wird dann auch auf verschiedenen Gebieten geschehen. Dadurch, meine Damen und Herren, würden wir unserer Zielstellung näher kommen.
Die Änderungsanträge unserer Fraktion sollen einer Ergänzung bzw. an einigen Stellen auch einer Präzisierung des vorliegenden Antrags dienen. Wir hätten es, das möchte ich hier noch einmal ganz klar betonen, für besser gehalten, diesen Antrag zumindest in einer Ausschuss-Sitzung mit Ruhe und Gelassenheit zu beraten, so dass er dann mit möglichst großer Zustimmung aus dem gesamten Haus auf den Weg gebracht werden kann. Die einbringende Fraktion hat allerdings nachdrücklichst - auch uns gegenüber auf einer sofortigen Abstimmung bestanden, aus Gründen, die mit Fristen auf anderen Ebenen etwas zu tun haben. Wir bedauern das sehr. Dennoch habe ich meiner Frak
tion empfohlen, dem Antrag im Fall der Annahme unserer ergänzenden Änderungsanträge zuzustimmen. Was wir zurzeit nicht brauchen, meine Damen und Herren, ist, bei solchen wirklich wichtigen Fragen einen Streit über Verfahren.
Ich möchte in diesem Zusammenhang auch einen Vorschlag machen mit Blick nach vorn, weil wir uns nach hinten nicht verzetteln sollten. Unseres Erachtens sollte der Landtag spätestens zur Endphase der Arbeiten des Konvents - wir hoffen ja, dass er im Juni 2003 zu Ende kommt -, wenn die Entscheidungsvarianten des Verfassungsvertrags sich noch deutlicher herauskristallisieren, eine endgültige, vielleicht auch noch kürzere Stellungnahme zu diesem sehr wichtigen Gesetzesrahmen für uns und unsere Bürger abgeben. Ein solcher Antrag müsste dann durch rechtzeitige Einbeziehung aller Landtagsfraktionen im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten erarbeitet werden. Das würde dann auch besser der Vorgehensweise der Präsidentin unseres Hauses im Zuge der Vorbereitung des Konvents der Landtagspräsidenten und Fraktionsvorsitzenden zu diesem Thema entsprechen. Was dankenswerterweise an dieser Stelle durch die Präsidentin dieses Hauses praktiziert wird, sollte auch für unser Haus im Ganzen gelten.
Zu denjenigen PDS-Anträgen, meine Damen und Herren, auf die ich jetzt noch nicht eingegangen bin, noch folgende kurze Bemerkung: Zur Bürgernähe habe ich schon etwas gesagt. Wir bringen den Antrag ein, den Begriff "bürgernah" im Titel zu haben, weil er das Schlichte, Einfache, Verständliche für den Bürger draußen ist, was wir mit Subsidiarität eigentlich meinen. Wir wollen immer dort, wo es irgend machbar ist, die Entscheidung am dichtesten am Bürger treffen. Deswegen bitte ich Sie wirklich herzlich, diesem Antrag zuzustimmen, dass der Begriff "bürgernah" in diesem Antrag schon in der Überschrift auftaucht.
Ich möchte die PDS-Fraktion darauf hinweisen, dass große Teile dessen, was sie im zweiten Teil ihres zweiten Antrags in ihrer Änderung einfordert, sowohl in der Präambel als auch in der Struktur des Vorentwurfs des Vertrags an den Stellen, wo es hingehört, verehrte Kollegen, enthalten ist, und zwar für Fachleute und auch für diejenigen, die an dem Thema, vielleicht auch nicht als Fachleute, aber intensiv dran sind, wirklich mit freudiger Erregnis zur Kenntnis genommen, dass man hier weitergekommen ist im Detail, als es bisher in den Verträgen vorhanden ist. Ich möchte mein Unverständnis über einen Antrag zum Ausdruck bringen. Bei allem Respekt vor den Mitgliedern des Hauses auf Ihrer Seite, ich kann es nicht nachvollziehen, meine Damen und Herren, ich verstehe es nicht und ich bedaure es mit meiner Fraktion, dass sie diese Passage der "nationalen Identität" streichen wollen. Ich übersetze es einmal ins Deutsche. Es geht um nationales Selbstverständnis. Es steht von Anfang an in den Verträgen, es ist nichts Neues, es steht auch hier im Vorvertrag. Keine der anderen 14 Nationen oder 10 beitretenden Nationen würde darauf kommen, dieses Selbstverständnis, das sie sich bewah
ren möchten, nicht als Nationalisten, meine Damen und Herren, sondern als Nation, die sich freiwillig in ein völkerrechtliches Rechtsgefüge begibt, zu bewahren. Nichts anderes wird hier gewünscht. Ich habe mich erschrocken, als ich gelesen habe, dass Sie diese Wortgruppe hier streichen wollen.
Ich möchte noch auf eine andere Streichung, die Sie hier ganz trocken vorschlagen, eingehen. Absatz 2 Ziffer 4 möchten Sie streichen, also - ich sage das auch einmal als ehemaliger Europaabgeordneter - ich muss das hier einmal klar zum Ausdruck bringen, es gibt die Gefahr der schleichenden Kompetenzabwanderung aus der jetzigen nationalen, regionalen und kommunalen Ebene. Es gibt sie. Ich gehöre sicher nicht zu denen, die das draußen immer am heftigsten betonen, aber es wäre fälschlich, so zu tun, als würde es das nicht geben. Sie gibt es schon deshalb, meine Damen und Herren, weil es eine natürliche Konkurrenz zwischen großen Verwaltungen gibt. Allein das ist der Grund, weshalb es so eine Gefahr gibt. Deswegen bin ich dafür, dass diese Passagen in diesem Antrag erhalten bleiben.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Abschluss. Wer zu diesen Themen spricht, der muss Fachbegriffe verwenden. Er muss auf den EU-Wortschatz zurückgreifen, wenn er unter Fachleuten verstanden werden will. Das genau ist unser Problem gegenüber den Bürgern, die uns ab und zu oft für wenige Minuten oder nur kurz zuhören. Deswegen versuche ich abschließend noch einmal ich hoffe, es gelingt mir -, in kurzen klaren Worten auch für die Öffentlichkeit verständlich zu sagen, worum es geht. Der Herr Minister - und daran knüpfe ich an - hat in seinen kurzen Eingangsbemerkungen richtig darauf hingewiesen, dass wir es leider mit einer wachsenden Europaskepsis zu tun haben. Aber - ich hoffe, das bestätigen Sie mir auch, Herr Minister, und die Mitglieder des Hauses eine Mehrheit unserer Bürger sieht durchaus den großen Nutzen der friedlichen Zusammenarbeit der Völker Europas. Dafür gibt es eine Mehrheit, da bin ich mir ganz sicher, auch mit meiner Fraktion. Leider bleibt für diese unsere Bürger bisher noch zu unklar, wer in der EU auf welcher Ebene was entscheidet und was politisch zu verantworten hat. In der Demokratie muss aber Verantwortlichkeit nachvollziehbar bleiben. Eine gute europäische Verfassung muss deshalb die Verantwortlichkeit wieder besser erkennbar machen. An der Stelle sage ich auch zu meinen Kollegen in der Mitte, Klagerechte und Gerichtshöfe sind darin natürlich unverzichtbar, aber das Primat europäischer Entscheidungsprozesse muss bei der politischen Entscheidung von mehrheitlich gewählten Volksvertretern bleiben. Dann und nur dann kann der Bürger
auch in Europa wieder das tun, was Kern seiner Mitwirkungsrechte ist. Er kann wählen und abwählen, wenn er das für richtig hält.
Ich wünsche uns und allen, auch denjenigen, die im Konvent diese Arbeit leisten, dass sie ein Ergebnis vorlegen, das der Rat nicht nur zur Kenntnis nimmt, sondern das der Rat in hoffentlich großen Teilen übernimmt und zur Rechtsetzung für diese Europäische Union, für dieses beginnende Jahrhundert macht. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist etwas schwierig an der Stelle der Redner jetzt noch einmal neue Dinge hervorzuholen. Ich will auch nicht wiederholen, was Richtiges gesagt worden ist. Ich möchte mich zunächst einmal in dem ersten Teil auf den Antrag der CDU-Fraktion in der Drucksache 3/2823 beschränken.
Der Punkt III beschreibt die Stellung der Regionen in der Europäischen Union. Hierzu seien mir noch einige Ausführungen erlaubt.