Protokoll der Sitzung vom 12.12.2002

An dieser Stelle sei bemerkt, dass für diese Entscheidung die Kommunen, die Unternehmen, die Vereine und Verbände die Zwischenfinanzierung dieses Taschenspielertricks übernehmen müssen. Was das mit Zukunftsfähigkeit und Zuverlässigkeit einer Landesregierung zu tun hat,

bleibt allerdings im Dunkeln. Allerdings, meine Damen und Herren, werden so rein fiskalische Größen und politisch völlig unpraktikable Forderungen zur Realisierung eines Neuverschuldungspfades kaschiert.

Der vierte Punkt - das Solidarprinzip à la Landesregierung, meine Damen und Herren, - die Landesregierung lebt seit Jahren auf Kosten anderer. Fünf Beispiele dazu, die in der heutigen Beratung deutlich geworden sind:

Erst wird die Kofinanzierung für europäische Fördermittel an die Kommunen und an freie Träger in verstärktem Maße herangetragen. Das Land zieht sich gleichzeitig aus seinem Mitleistungsanteil zurück. Und weil man feststellt, dass der öffentliche Widerspruch noch nicht massiv genug ist, wird eine neue SAM-Richtlinie erarbeitet, die den Mitleistungsanteil bei gleichzeitiger Mittelreduzierung von über 30 Mio.      +    Kommunen auf das Doppelte erhöht, meine Damen und Herren, mit den Konsequenzen für Träger, die ich bereits weiter oben genannt hatte.

Das zweite Beispiel: Feste Planstellen, meine Damen und Herren, mit Landesförderung im Bereich der Jugendsozialarbeit werden gestrichen. Die Finanzierung wird ersetzt durch Zuschüsse aus dem europäischen Sozialfonds. Der Zweck dieser Zuschüsse ist es, zusätzliche neue Beschäftigung oder Voraussetzung für neue Beschäftigung zu schaffen. Ein mutiger Wagakt der Landesregierung ist es also, wenn man aus ehemaligen festen Arbeitsverhältnissen nun geförderte Arbeitsverhältnisse mit dem Ziel der Schaffung neuer fester Arbeitsverhältnisse machen will.

Wer glaubt, das sei nur Wortklauberei, der irrt, denn hinter diesem Taschenspielertrick der Landesregierung stecken Schicksale derer, die in der Jugendsozialhilfe davon betroffen sind. Spätestens an dieser Stelle hört der Spaß auf,

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Sind Sie?)

meine Damen und Herren, und beginnt der Ernst des Lebens.

(Beifall bei der PDS)

Ein weiterer Punkt: Der Schullastenausgleich in seiner von Landesgesetzgebung festgelegten Verfahrensweise reduziert den Mittelansatz für die Schulsanierung. Dieses Gesetz wurde durch die Landesregierung erarbeitet und wäre durch dieses Haus auch änderungsfähig - das nur als Anmerkung. Der Arbeitsaufwand und vor allen Dingen der Investitionsaufwand zur Erhaltung der Schullandschaft, auch unter dem Aspekt der Zukunftsfähigkeit Thüringens und der Sicherung von vernünftigen Lebensverhältnissen, ist unbestritten hoch und verträgt keine Mittelreduzierung.

Aus dem Eingesparten des Schullastenausgleichs konstruiert man ein Projekt "Schulsozialarbeit", über dessen Ausgestaltung sich mindestens drei Ministerien höchst

unterschiedliche Gedanken machen. Das heißt, im Verplanen fremder Gelder, denn es handelt sich um Gelder des Kommunalen Finanzausgleichs, und im Streichen eigener Gelder ist diese Landesregierung schon ganz gut. Ob es allerdings die Probleme des Landes löst, bleibt dahingestellt.

Ähnliches, meine Damen und Herren, ließe sich unseres Erachtens zur systemfremden Integration der Auftragskostenpauschale in dem Kommunalen Finanzausgleich sagen. Wir halten es nach wie vor für unabdingbar, dass diese Problematik im Interesse der Kommunen gelöst wird. Man kann auf der einen Seite nicht die katastrophale Unterfinanzierung der kommunalen Haushalte beklagen und auf der anderen Seite die Auftragskostenpauschale in die den Kommunen gesetzlich zustehenden Finanzzuweisungen integrieren.

Meine Damen und Herren, wie gezeigt, ist das Selbstverständnis dieser Landesregierung ein anderes als das, was wir bezüglich einer Haushaltsaufstellung für die Lösung der Aufgaben innerhalb des Freistaats Thüringen haben. Wir bestreiten Planungssicherheit und Zuverlässigkeit dieses Haushaltsansatzes. Wir bestreiten, dass das Vollständigkeitsprinzip bei der Mittelveranschlagung umgesetzt wurde. Wir bestreiten, dass das Solidarprinzip seines Namens gemäß umgesetzt wurde. Und wir bestreiten, dass mit diesem Haushaltsansatz adäquat auf die Herausforderungen unserer Zeit reagiert wird. Und wir bedauern, dass der letzte Haushalt während der Amtsperiode von Ihnen, Herr Ministerpräsident Dr. Vogel, in einem solchen Niveau und einer solchen Beratungsabfolge diesem hohen Haus zugemutet werden musste. Wir drücken unser Bedauern, dass das Land im nächsten Jahr unter dieser haushaltsgesetzgeberischen Bedingung regiert werden soll, mit der Ablehnung dieses Landeshaushalts aus.

(Beifall bei der PDS)

Wir fordern Sie auf, meine Damen und Herren der CDUFraktion und der Landesregierung, mit dem Nachtragshaushalt noch im ersten Halbjahr 2003 eine Kurskorrektur vorzunehmen und endlich den Erfordernissen des praktischen Lebens im Freistaat Thüringen Rechnung zu tragen. Meine Damen und Herren, wie sagte der Ministerpräsident des Freistaats Thüringen so richtig und treffend beim Handwerkstag in Suhl: "Wenn man nur ein Spar-, Schröpf- und Bettelprogramm verabschiedet, dann gehen davon keine Impulse aus; die hat das Land jedoch bitter nötig." Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort hat der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Herr Abgeordneter Althaus.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir hätten uns sicher in der letzten Runde etwas beschränken können, aber nach dem unerträglichen Vortrag des Kollegen Gerstenberger, denke ich, muss noch einmal Deutliches gesagt werden.

(Beifall bei der CDU)

Sehr geehrter Herr Gerstenberger, ich weiß nicht, über welches Land Sie reden. Sie reden jedenfalls nicht über Thüringen und auch nicht über den Thüringer Doppelhaushalt.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie schon bei einer Veranstaltung nicht anwesend sind und den Ministerpräsidenten zitieren, dann sollten Sie auch sagen, auf was sich dieses Zitat bezieht. Es bezieht sich nämlich auf die derzeitige Bundesregierung und den geplanten Haushalt, weil nämlich dort die Ursachen gelegt werden, wie Sie genau wissen, für unsere Finanzsituation.

(Zwischenruf Abg. Gerstenberger, PDS: Das hat er aber gesagt, Herr Althaus.)

(Beifall bei der CDU)

Zur Debatte von einigen Vorrednern will ich schon sehr gern sagen, so manches Mal kam mir der Eindruck, Sie wollen Thüringen schlechtreden und Sie wollen Thüringen auch nicht in der realen Situation einschätzen, weil Sie Ihre politischen Süppchen kochen wollen.

(Beifall bei der CDU)

Kennen Sie eigentlich nicht die Entwicklungsdaten Thüringens? Kennen Sie nicht z.B. die Einschätzung der Prognos-Studie über unsere Wirtschaftssituation? Kennen Sie nicht das Ranking über die Hochschulen in Deutschland und den Platz, den Thüringen unter diesen Hochschulen einnimmt? Wissen Sie nicht, dass wir im Vergleich PISA immerhin nach 12 Jahren eines schwierigen Umbaus den vierten Platz in deutschen Landen in der Bildungspolitik und mit den Bildungseinrichtungen einnehmen? Wissen Sie nicht, dass wir ein familienfreundliches Land sind, weil wir nämlich als erstes Land das Landeserziehungsgeld eingeführt haben, den Hort an Schulen gesichert haben,

(Beifall bei der CDU)

die Kinderbetreuung umfassend in den Kindergärten und auch in den Kinderkrippen darstellen können, weil wir die Jugendpauschale eingeführt haben und weil wir mit dem neuen Haushalt trotz schwierigster Bedingungen sogar dafür sorgen, eine Schuljugendarbeit zu etablieren, damit am Nachmittag Betreuung auch für unsere Kinder und

Jugendlichen möglich ist?

(Beifall bei der CDU)

Reden Sie dieses Land nicht schlecht. Reden Sie nicht so, als wenn nicht eine ganz erfolgreiche Politik seit 12 Jahren Thüringen in eine ausgezeichnete Position unter den jungen Ländern gebracht hat.

(Beifall bei der CDU)

Wissen Sie auch, und das möchte ich schon gern etwas deutlicher sagen, wo die Ursachen für die nun wirklich schwierigen Verhandlungen zum Doppelhaushalt liegen und wer verantwortlich ist, dass diese Ursachen für alle Länder und auch für die Kommunen so besondere Probleme herbeiführen? Auch da, denke ich, sollten Sie bei der Wahrheit bleiben. Bundespräsident Johannes Rau hat vor wenigen Tagen die Politiker erst dazu deutlich aufgefordert. Es ist nicht Schlechtreden der Bundesrepublik Deutschland, der Wirtschaftssituation, der Finanzsituation oder gar einer Bundesregierung, sondern es ist so. Wir haben eine Bundesregierung, die mit Lügen an die Macht gekommen ist, weil sie den Menschen etwas anderes versprochen hat, als sie danach - nach dem 22. September konkret getan hat.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben alle darunter zu leiden: Bund, Länder und Kommunen. Das ist keine Einschätzung der Union und es ist auch keine politische Einschätzung nur aus dem Land, sondern diese Einschätzung wird auch in der Nachbarschaft Deutschlands von Experten geteilt und es ist nicht, wie die SPD heute mehrfach deutlich machen wollte, die internationale Situation, die katastrophal wirkt, der wir nicht ausweichen können. Nein, nehmen Sie bitte zur Kenntnis, es ist hausgemacht. Es ist schludrige und schlampige Wirtschafts- und Finanzpolitik der letzten vier Jahre gewesen und die hat Schröder zu verantworten und wir haben sie alle miteinander auszustehen.

(Beifall bei der CDU)

Der EU-Währungskommissar Pedro Solbes, der nun wahrlich nicht im Rufe steht, in der Thüringer oder Deutschen Union Mitglied zu sein, hat am 21.11. - also vor ganz kurzer Zeit - in einem Interview sehr deutlich gesagt: "Das deutsche Defizit wächst seit 1999 ganz unabhängig vom Konjunkturzyklus, also kann es auch nur zum Teil damit erklärt werden." Jetzt kommt die Aussage, die sollten Sie einmal ernst nehmen: "Einen wichtigen Teil hat die deutsche Regierung zu verantworten. Wegen ihrer Steuerreform sind die Unternehmenssteuern weggebrochen, außerdem explodieren die Kosten im Gesundheitswesen."

Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist hausgemacht. Es ist rotgrün verantwortet und die Verantwortung dafür trägt Schröder und das wissen Sie auch

ganz genau.

(Zwischenruf Abg. Lippmann, SPD: Sie steh- len uns mit Ihren Parteitagsreden die Zeit.)

(Beifall bei der CDU)

Herr Höhn hat heute die Lösung gesagt. Er hat gesagt: Stimmen Sie dem Steuervergünstigungsabbaugesetz zu, das dient unserem Land. Herr Höhn, Sie haben den Schuss noch nicht gehört. Sie sind, glaube ich, der einzige in Deutschland, der noch daran glaubt, dass man in einer solchen Konjunktursituation durch Steuererhöhungen Mehreinnahmen sichert. Sie scheinen in einer anderen Wirklichkeit zu leben.

(Zwischenruf Abg. Lippmann, SPD: Muss man sich so einen Mist anhören?)

(Beifall bei der CDU)

Steuereinnahmen sichert man, wenn man der Wirtschaft wieder Luft zum Atmen gibt, wenn man die mittelstandsfeindlichen Gesetze aufgibt, wenn man dafür sorgt, dass die, die etwas leisten, auch etwas zurückbehalten, wenn man die Steuern also nicht steigert, sondern sogar senkt und - drittens - wenn man dafür sorgt, dass die, die etwas leisten können, auch in diesem Land bleiben. Deshalb ist auch die Vermögenssteuer Gift für dieses Land.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben sich heute um die Frage gemogelt, gibt es nun die Vermögenssteuer mit Ihnen oder nicht. Die Frage ist ja nicht ausgestanden, wie Sie genau wissen. Auch wenn Herr Schröder seit Montag wieder Machtworte spricht, ist Herr Gabriel immer noch mit seinem Vorschlag da, eine Unterschriftensammlung für die Vermögenssteuer durchzuführen, und die PDS liefert sozusagen das inhaltliche Gerüst, warum die Vermögenssteuer so sachgerecht ist. Herr Ramelow hat das heute unter der Überschrift "Gerechtigkeit" - es ginge um Gerechtigkeit in Deutschland gesagt und deshalb bräuchten wir die Vermögenssteuer. Nein, Ihr Begriff der Gerechtigkeit erinnert mich sehr an die DDR-Zeit. Sie wollen schlicht eine Neidsteuer einführen, um dieses Land wieder auseinander zu treiben, denen, die Arbeit haben, denen, die keine Arbeit haben, denen, die Mehreinkünfte haben, und denen, die weniger Einkünfte haben. Die Vermögenssteuer ist finanzpolitisch, wirtschaftspolitisch und sozialpolitisch Unsinn und das wissen nicht nur wir genau, sondern das weiß die deutsche Wirtschaft und das wissen auch alle Experten, die das in diesen Tagen deutlich machen. Aber eines schafft sie sicher, das ist wohl wahr, sie schafft eine neue Bürokratie und damit Arbeitsplätze. Aber ob das die Einführung der Vermögenssteuer wirklich rechtfertigt, das wagen wir deutlich zu bezweifeln. Dass Herr Matschie sich jetzt einfangen lässt für die Thüringer SPD und auch gegen die Vermögenssteuer ist, haben wir gehört. Aber heute kann man nachlesen, der

stellvertretende Fraktionsvorsitzende Herr Stiegler, er lässt sich zitieren: "Stiegler beharrt ferner auf den Plänen zur Vermögenssteuer. Bei einer Zustimmung des Bundesrates sei das Ja der SPD im Bundestag sicher." - heute in der Zeitung "Die Welt" nachzulesen. Sie können von Glück reden, wir werden der Vermögenssteuer nicht zustimmen. Deshalb braucht dann auch nicht die SPD-Bundestagsfraktion zuzustimmen zur Vermögenssteuer.