Protokoll der Sitzung vom 13.12.2002

Ich denke, jetzt kann ich die Aussprache schließen und wir kommen zur Abstimmung zum Tagesordnungspunkt 5, als Erstes über den Änderungsantrag der Fraktion der PDS in der Drucksache 3/2965. Frau Abgeordnete Nitzpon hat bereits gesagt, dass daraus der Punkt 3 zurückgezogen wird, so dass nur die anderen Punkte zur Abstimmung stehen. Wer diesem Änderungsantrag zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Danke schön. Und die Stimmenthaltungen? Es gibt keine Stimmenthaltungen. Mit einer Mehrheit von Gegenstimmen ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Wir kommen zum Zweiten, zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD in der Drucksache 3/2970. Wer diesem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Das ist eine Mehrheit. Und Stimmenthaltungen? Gibt es nicht. Mit einer Mehrheit von Gegenstimmen ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 3/3008. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Nein. Oder Stimmenthaltungen? Auch nicht. Damit ist dieser Änderungsantrag einstimmig angenommen.

So kommen wir zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung und Medien in der Drucksache 3/2914 unter Berücksichtigung dessen, dass wir diesen letzten Änderungsantrag jetzt angenommen haben. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Das ist eine Mehrheit. Gegenstimmen bitte. Eine Reihe von Gegenstimmen. Und Stimmenthaltungen? Auch hier eine Reihe von Stimmenthaltungen, aber die Beschlussempfehlung ist angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Landesregierung in der Drucksache 3/2556 nach zweiter Beratung unter Berücksichtigung der Annahme der geänderten Beschlussempfehlung. Wer dem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön, das ist eine Mehrheit. Die Gegenstimmen bitte. Es gibt eine Reihe von Gegenstimmen. Und die Stimmenthaltungen. Es gibt auch eine Reihe von Stimmenthaltungen. Der Gesetzentwurf ist angenommen. Das bitte ich in der Schlussabstimmung zu dokumentieren. Wer dem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich, sich

von den Plätzen zu erheben. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Danke schön. Und die Stimmenthaltungen. Danke schön. Der Gesetzentwurf ist auch in der Schlussabstimmung angenommen worden.

Wir kommen zu der vorhin angekündigten Veränderung der Reihenfolge der Tagesordnung und ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 10 auf, Entschuldigung - den Tagesordnungspunkt 6 wollten wir ja noch dazwischen behandeln, das ist korrekt so -, Tagesordnungspunkt 6

Thüringer Gesetz über die Kostenträger nach dem Infektionsschutzgesetz (ThürKosttrG-IfSG) Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/2684 dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit - Drucksache 3/2858 ZWEITE BERATUNG

Berichterstatter ist der Abgeordnete Wolf und ich bitte in zweiter Beratung um diese Berichterstattung.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, der Thüringer Landtag hat in der Sitzung am 12. September dieses Jahres den Gesetzentwurf "Thüringer Gesetz über die Kostenträger nach dem Infektionsschutzgesetz" beraten und an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit überwiesen. In seiner 33. Sitzung am 14. November dieses Jahres hat der Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit den Gesetzentwurf in der Drucksache 3/2858 beraten. Die Beratung war einmütig und dem Anliegen des vorliegenden Gesetzes angemessen. Die Beratung im Ausschuss hat einstimmig ergeben, dem Plenum die Annahme des Gesetzentwurfs ohne Änderungen zu empfehlen. Danke.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön für die Berichterstattung. In der Aussprache liegen keine Redeanmeldungen vor, so dass wir gleich zur Abstimmung kommen können über den Gesetzentwurf der Landesregierung in der Drucksache 3/2684 nach zweiter Beratung. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall und wir dokumentieren das in der Schlussabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich, sich von den Plätzen zu erheben. Danke schön. Sollte es hier Gegenstimmen geben? Dann müssten sich jetzt mal alle wieder hinsetzen. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Das Gesetz ist einstimmig an

genommen worden.

Jetzt kommen wir zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 10

Thüringer Gesetz zur Neustrukturierung der Sozialhilfe Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/2921 ERSTE BERATUNG

Ich nehme an, Minister Pietzsch übernimmt die Begründung.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben gestern den Haushalt verabschiedet und es war beileibe kein ersprießlicher Haushalt. Meine Damen und Herren, ich will aber ganz eindeutig sagen, dass niemand auf falsche Ideen kommt, diese Gesetzesnovelle ist kein Haushaltsbegleitgesetz, wenn es auch langfristig mit der Stabilität des Landeshaushalts zu tun hat und damit zu tun hat, dass langfristig die Sicherung sozialer Angebote gesichert werden kann.

Meine Damen und Herren, der Schutz des Einzelnen gegen die Wechselfälle des Lebens ist eine zentrale staatliche Aufgabe, wenn wir Sozialstaat sein wollen. Deutschland ist ein Sozialstaat und wird ein Sozialstaat bleiben. Wir müssen diesen Sozialstaat aber auch finanzieren können, meine Damen und Herren. Es geht bei diesem Gesetz um soziale Sicherheit. Zuerst geht es um Grundwerte, die Maßstab und Instrumente zur Sicherung dieses großen Zieles sind. Meine Damen und Herren, soziale Sicherheit - das dürfen wir auch nicht vergessen - ist eben ohne Geld nicht zu leisten. Meine Damen und Herren, man kann ein noch so volles und gutes Herz haben, mit leerem Geldbeutel ist soziale Sicherung eben nicht zu machen.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb müssen wir etwas unternehmen. Das verlangt doch unsere Verantwortung, wenn soziale Sicherungen oder soziale Leistungen in ihren finanziellen Auswirkungen zu entgleisen drohen. Ich sehe dieses in der Perspektive, ich sehe dieses nicht im Blick auf das Jahr 2002 und 2003. Aber wenn sich andeutet, dass wir in eine Schieflage kommen, dann müssen wir etwas machen. Soziale Marktwirtschaft beruht auf dem Grundprinzip Solidarität und Subsidiarität als die wichtigsten Säulen, die das Dach der sozialen Sicherung tragen. Meine Damen und Herren, da müssen wir die Strukturen auch so entwickeln. Wir müssen die Kraft haben, Strukturen so zu entwickeln, dass unser gesamtes Sicherungssystem erhalten werden kann. Wenn wir das nicht tun, gefährden wir das Gleichgewicht zwischen allen Beteiligten. Ein typisches Beispiel, wo man es nicht gewagt hat, an Strukturen heranzugehen oder Struk

turen wirklich langfristig zu ändern, sind die Renten- und Krankenversicherungssysteme, wo es die Bundesregierung in den letzten vier Jahren versäumt hat, Strukturen zu schaffen, die langfristig die Sicherung unserer Sozialsysteme garantieren.

Meine Damen und Herren, das Land ist bisher als überörtlicher Träger der Sozialhilfe wesentlich zuständig für die teilstationäre und stationäre Hilfe, bei der Hilfe zur Pflege und zur Eingliederung sowie für die entsprechende Bedarfs- und Standortplanung. Dagegen sind die örtlichen Träger der Sozialhilfe bisher für die ambulanten Hilfen in diesem Bereich, neben der Hilfe zum Lebensunterhalt, zuständig. Diese Trennung der Zuständigkeiten hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass sich ambulante und stationäre Strukturen zwangsläufig sehr differenziert entwickelt haben. Ich sage ganz ausdrücklich: Dies ist kein Vorwurf, sondern lediglich eine realistische Feststellung. Nicht ohne Grund sind die Ausgaben für teil- und vollstationäre Leistungen in den Jahren 1997 bis 2001 um fast 30 Prozent und für die ambulanten Leistungen um lediglich rund 11 Prozent gestiegen. Das hat etwas mit den Kosten für die einzelne Leistung, aber auch mit dem Umfang der geschaffenen Strukturen zu tun. Übrigens, auch die Untersuchungen zum 2. Psychiatriebericht, den ich in den nächsten Tagen vorlegen werde, haben dieses Übergewicht an stationärer Eingliederungshilfe bestätigt - dieses von einem unabhängigen Institut. Es widerspricht dem prinzipiellen Grundsatz "ambulant vor stationär", der gerade hier für die betroffenen Menschen wichtig ist. Wir wollen nicht, dass unsere behinderten Mitmenschen beispielsweise früher als zwingend notwendig aus ihrem familiären Umfeld herausgerissen werden und in stationäre Einrichtungen kommen. Der konsequente Schritt muss also die Zusammenführung der Zuständigkeit sein. Meine Damen und Herren, es sind sich bei allen Diskussionen und Disputen auch alle Beteiligten einig, dass eine Zusammenführung von Leistungsanweisung und -gewährung und ambulant und stationär sinnvoll ist; d.h. Steuerung und Kostenträgerschaft aus einer Hand. Dieses wiederum ist auch ein Grundprinzip: so nah am Betroffenen wie möglich. Das bedeutet eine effektive Weiterentwicklung des Systems. Auch darüber besteht weitgehend Einigkeit. Differenzen bestehen darüber, ob im eigenen oder im übertragenen Wirkungskreis, d.h. über die Finanzverantwortlichkeit, nicht einmal im Bereich der Finanzierung. Wir folgen damit den erfolgreichen Beispielen anderer Länder, wobei auch in anderen Ländern die Strukturen im Augenblick hinterfragt werden. Verfolgen Sie bitte die Entwicklung in Sachsen in der nächsten Zeit und die bereits stattgehabte Entwicklung in Mecklenburg-Vorpommern. In den meisten Ländern nimmt die Funktion des überörtlichen Sozialhilfeträgers, d.h. dessen, der aus einer Hand die Leistung gewährt, ein Landeswohlfahrtsverband oder Landessozialhilfeverband wahr. Mit der Zusammenführung der Hilfen in besonderen Lebenslagen in den eigenen Wirkungskreis der Landkreise und kreisfreien Städte werden wir die Voraussetzungen für Leistungsanordnung und Leistungsfinanzierung aus einer Hand schaffen. Es gibt den örtlichen Sozialhilfeträgern die

notwendigen Instrumente in die Hand, die ambulanten Strukturen weiterzuentwickeln, aber auch - das ist wichtig die ambulanten, die teilstationären und stationären Strukturen zu verzahnen. Die Planung bleibt Aufgabe des Landes, aber, darauf lege ich Wert, nur im Einvernehmen mit der kommunalen Seite. Das Land wird zukünftig bei seiner Bedarfs- und Standortplanung das Einvernehmen mit kommunalen Spitzenverbänden herstellen. Damit bringen wir deutlich zum Ausdruck, dass wir die örtlichen Sozialhilfeträger bei dieser Zielstellung nicht etwa allein lassen. Wir gehen sogar weiter, was den einzelnen Kreis oder die kreisfreie Stadt angeht. Wir räumen quasi der Kommune, auf deren Territorium eine Einrichtung errichtet werden soll, so etwas wie ein Vetorecht ein. Wir erreichen mit der Leistungsgewährung aus einer Hand vor Ort mehr Bürgernähe. Wir versprechen uns auch eine Vereinfachung im Verwaltungshandeln.

Meine Damen und Herren, einen solchen grundsätzlichen Schritt bei der Neuordnung der Sozialhilfe macht man sicherlich meistens nicht unter Begleitung von Beifallsstürmen. Aber wir haben es mit vielen Gesprächen und Gesprächsrunden am Rande dieser Gesetzeserarbeitung gemacht. Wir haben wieder und wieder mit den Beteiligten gesprochen, wir haben viele Anregungen der kommunalen Seite aufgegriffen und manche Bedenken dabei ausräumen können. Da sei es mir gestattet, an dieser Stelle auch ein ausgesprochen kritisches Wort zu sagen. Wenn dann am vergangenen Dienstag hier im Landtag von der LIGA eine Veranstaltung durchgeführt wird, zu der die Landesregierung ausdrücklich, ich sage, bewusst nicht eingeladen worden ist, dann belastet es das Klima zwischen LIGA und Landesregierung.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte an dieser Stelle auch im Gegensatz dazu den kommunalen Spitzenverbänden herzlich danken. Die kommunalen Spitzenverbände haben klipp und klar gesagt, sie seien nicht dafür und die Zuordnung als überörtlicher Sozialhilfeträger soll beim Land bleiben. Aber es hat immer vernünftige und sinnvolle Gespräche gegeben und aus diesen sinnvollen Gesprächen sind ja dann auch Änderungen erwachsen. Es hat im Rahmen der Mitgliederversammlung des Landkreistags eine Podiumsdiskussion gegeben, wo man mit der Landesregierung noch einmal darüber sprechen wollte. Hauptverantwortliche der Veranstaltung im Landtag vom vorigen Dienstag sind übrigens bei der Podiumsdiskussion dabei gewesen. Da habe ich kein Wort der Kritik gehört. Ich habe anschließend mit denen noch einmal zusammengestanden. Da haben sie nicht solche gravierenden Bedenken gehabt, wie sie dann hier geäußert worden sind. Es ist schon eine etwas merkwürdige Konstellation, muss ich sagen.

Ich bin dem Landkreistag dankbar, dass er klar seine Position benannt hat, aber dass er auch zum konstruktiven Gespräch bereit war.

Meine Damen und Herren, ich bin sicher, dass dieses ein Gesetz ist, von dem auch die betroffenen Menschen profitieren könnten und mit dem die verantwortlichen Träger umgehen können, denn die Qualität der Leistungen hängt nicht vom Träger der Finanzierung, sondern von der Qualität der Einrichtung ab.

(Beifall bei der CDU)

Ich denke, was ich gesagt habe, zeigt sich gerade an den Punkten, an denen wir uns im Gesetzgebungsverfahren angenähert haben.

Meine Damen und Herren, die kommunalen Spitzenverbände haben das klare Bekenntnis der Landesregierung gefordert, dass es sich nicht um ein Spargesetz des nächsten Jahres handelt. Als Beweis haben wir eine Vielzahl von finanziellen Verbesserungen zugunsten der Landkreise und kreisfreien Städte in der Relation zum ersten Entwurf eingebaut. Basisjahr für die Landeszuweisung ist heute das Jahr 2002 Basisjahr für die Berechnung. Bei der Berechnung des Zuweisungsbetrags wird jeweils die Veränderung des Vorjahrs berücksichtigt, nicht immer wieder das Basisjahr 2002. Die Zuwächse werden 2003 voll und in den Jahren 2004 und 2005 zu 75 Prozent vom Land finanziert. Danach werden sie zu 60 Prozent vom Land getragen und es erfolgt eine Prüfung der Finanzierungsregelung im Jahr 2007. Auch bei den Planungsaufgaben sind wir den Sorgen der kommunalen Spitzenverbände entgegengekommen. Die investive Förderung sowie der Abschluss von Rahmenverträgen nach § 93 BSHG wird zukünftig in einer Kommission behandelt, die aus Vertretern des Landes und der kommunalen Spitzenverbände paritätisch besetzt sein wird und wo Einvernehmlichkeit erreicht werden muss.

Die zentralen Forderungen der Landkreise und kreisfreien Städte nach einer Regelung zur Grundsicherung werden übrigens mit diesem Gesetzentwurf ebenfalls abgedeckt. Wir schaffen damit eine Regelung zur sachgerechten Verteilung der Bundesmittel. Weil diese, bereits heute absehbar, völlig unzureichend sind, erreichen wir auch einen gerechten Ausgleich des Differenzbetrags, an dem sich auch das Land beteiligen wird.

(Beifall Abg. Arenhövel, CDU)

Zudem wird sich das Land ab 2004 auch an den Steigerungen der Ausgaben beteiligen. Meine Damen und Herren, ein derartiges Vorhaben, das ein Finanzvolumen des Landes von ca. 220 bis 230 Mio.   #  zialhilfeträger von rund 140 Mio.   mengeführt hat, bringt immer Sorgen bei den Beteiligten mit sich. Wir haben uns in den letzten Monaten darüber verständigt, so lange geht dieses - und wenn behauptet wird, das ist übers Knie gebrochen und zu schnell gekommen, dann ist das falsch. Meine Damen und Herren, wir haben das erste Mal vor über zwei Jahren zusammengesessen und gesagt, dass diese Sozialhilfezuständigkeit geändert werden soll. Wir

haben uns so gut als möglich der Sorgen angenommen und so gut als möglich Veränderungen eingebracht.

Heute liegt ein Vorschlag vor, der auch im Vergleich zu den Regelungen anderer Länder zeigt, dass wir uns durchaus nicht aus der Partnerschaft mit den Landkreisen und kreisfreien Städten verabschieden. Es ist keine Selbstverständlichkeit, wenn man sich die Regelungen anderer Länder betrachtet. Unser Vorschlag zeigt auch unser Verantwortungsbewusstsein für die Betroffenen; wir kürzen nicht an der Leistung und nicht an den Landeszuwendungen, aber wir wollen effektivere Strukturen schaffen und zwar Strukturen, die langfristig tragbar sind. Wir wollen eine sinnvolle Weiterentwicklung, denn wir dürfen nicht in die Situation kommen, in der wir im Augenblick im Rentenund Krankenversicherungsrecht sind, dass wir nämlich dann erst aufwachen etwa, wenn das Kind schon fast in den Brunnen gefallen ist. Deshalb bitte ich Sie um Beratung und Zustimmung zu diesem Entwurf. Danke.

(Beifall bei der CDU)

Ich eröffne die Aussprache. Als erste Rednerin hat sich zu Wort gemeldet Frau Abgeordnete Dr. Wildauer, PDSFraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich gestehe, dass ich mit diesem Gesetz anfangs einige Probleme hatte. Es geht hier um die Neustrukturierung der Sozialhilfe, aber nur in Bezug auf die Eingliederungshilfe und im Endeffekt um deren Kommunalisierung. Wenn so wie gestern - und das beinahe einvernehmlich von allen drei Fraktionen - so viel über die Notwendigkeit einer Verwaltungsreform gesprochen wurde, dann dürfte eigentlich heute jeder sozusagen mit der Kommunalisierung einverstanden sein. Aber ich denke, so einfach ist das hier nicht.

Dieser Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, hat wohl eine recht wechselvolle Vorgeschichte. Im Frühherbst, glaube ich, wurde den Fraktionen des Landtags ein erster Referentenentwurf zur Kenntnis gegeben, und dass die Zeit sehr schnelllebig ist, erfuhr auch dieser Gesetzentwurf, denn Thüringischer Landkreistag sowie Gemeinde- und Städtebund liefen unseres Wissens Sturm dagegen an. Natürlich stand die Finanzierung der Übertragung der Aufgaben vom überörtlichen Träger der Sozialhilfe auf den örtlichen Träger im Vordergrund. Mit Datum vom 04.12. liegt uns nun ein neu überarbeiteter Gesetzentwurf in der Drucksache 3/2921 vor, der heute zur Debatte steht.

Das Gesamtanliegen, Herr Minister hat es vorgestellt, ist zweigeteilt. Artikel 1 ist ein Ausführungsgesetz zum Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Die inhaltliche Debatte dazu wurde im November-Plenum doch recht ausführlich

geführt. Das Anliegen des Gesetzentwurfs ist es, dass Menschen über 65 Jahre und dauerhaft Erwerbsgeminderte einen Grundsicherungsbetrag erhalten, der 15 Prozent über dem Sozialhilferegelsatz liegt - so hatte ich das verstanden. In der Sache ist das zu befürworten, auch wenn es letztlich weit unter dem liegt, was die PDS als Grundsicherung versteht. Die Form aber halte ich verfassungsrechtlich für bedenklich, da der Bund eigentlich keine Berechtigung hat, direkte Aufgaben an die Kommunen zu übertragen. Dass das Land sich darüber nicht ärgert, kann ich eigentlich nachvollziehen.

(Zwischenruf Dr. Pietzsch, Minister für Sozi- ales, Familie und Gesundheit: Wir werden uns beteiligen.)

Aber das müsste dann noch einmal deutlich gesagt werden, Herr Minister, in welcher Weise Sie sich daran beteiligen. Am vorliegenden Ausführungsgesetz kritisieren wir, dass die Landesregierung eben keine zusätzlichen finanziellen Mittel für die Kommunen bereitstellt und diese somit zur Alleinfinanzierung der Grundsicherungsleistungen für Menschen über 65 sowie für dauerhaft Erwerbsgeminderte zuständig macht.

An einem Beispiel will ich deutlich machen, dass für die Stadt Erfurt die Übertragung dieser Aufgaben einen Mehraufwand von errechneten 850.000  $ deutet. Andere Kreise und kreisfreie Städte könnten wahrscheinlich mit ähnlichen Summen aufwarten.

Meine Damen und Herren, einzig und allein bis zum InKraft-Treten des Artikels 2, also des Thüringer Gesetzes zur Änderung des Ausführungsgesetzes zum BSHG, übernimmt das Land die zusätzlich entstehenden Kosten für Menschen, die Grundsicherung beantragen können. Artikel 2 des heute in erster Beratung stehenden Gesetzentwurfs ist die Änderung des Thüringer Gesetzes zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes oder, kurz gesagt, die Kommunalisierung der Sozialhilfe in Bezug auf die Eingliederungshilfe. Wie bereits erwähnt, stand dieser Teil des Gesetzes bereits massiv unter Kritik, meines Wissens, Herr Minister, gerade von den Spitzenverbänden. Und so unterstellt der Thüringer Gemeinde- und Städtebund der Landesregierung, dass sie die Kommunen an der überproportionalen Steigerung der Eingliederungshilfe beteiligen will. Gegenwärtig betragen die Kosten, Sie benannten sie zwischen 220 und 230 Mio. %von 223 Mio.   & '((  ten sind hier noch gar nicht eingerechnet.

Aufgrund der demografischen Entwicklung wird davon ausgegangen, dass dies für Thüringen ein jährlicher Anstieg an Eingliederungshilfen von 700 Fällen oder - anders gesagt - bis 6 Prozent ist - die genaue Zahl kann ich jetzt nicht sagen, irgendwann wurde sie wohl einmal von Herrn Vetzberger benannt. Besonders kritisch betrachtet wird das vorgelegte Finanzierungsmodell, wonach Kommunen in den Jahren 2004 und 2005 mit 25 Prozent, 2006 und 2007

mit 40 Prozent und ab 2008 mit 50 Prozent der künftig steigenden Nettosozialhilfeaufwendungen an den Kosten beteiligt werden sollen.

Der Thüringer Gemeinde- und Städtebund rechnet hier mit ca. 17 Mio.   )**+, "tisch, aber zum Teil unter anderen Gesichtspunkten sieht den Gesetzentwurf die Liga der Freien Wohlfahrtspflege. Sie sind darauf eingegangen, auch auf dieses Symposium, das es am 10.12. gegeben hat. Ich habe gehört, dass von Seiten der Liga besonders stark kritisiert wurde, dass die Liga selbst nicht in die Erarbeitung des Gesetzes oder in die Diskussionen dazu einbezogen wurde. Das war - wie ich gehört habe - deren Kritik.

Des Weiteren ist die Liga der Auffassung, dass die Fachfragenbehandlung der Eingliederungshilfe von Behinderten in Hoheit des Landes - also beim überörtlichen Träger - bleiben sollte, weil die Klärung von Problemen bei der ambulanten und stationären Eingliederungshilfe nicht zu massiven Einsparungen der Mittel auf Landesseite führen darf.

Im Symposium wurde immer wieder hervorgehoben, dass die Qualität der Betreuung im ambulanten und stationären Bereich von behinderten Menschen oberstes Primat haben muss. Dieser Forderung schließen wir uns ausdrücklich an. Aus diesem Grund sind wir immer noch der Auffassung, dass es wohl richtiger gewesen wäre, wenn die Landesregierung ihren Gesetzentwurf zurückgezogen hätte und somit der Weg frei gewesen wäre für eine uneingeschränkte Diskussion mit allen Beteiligten unter dem Gesichtspunkt der Schaffung von alternativen Lösungen zur Neustrukturierung von Sozialhilfe.