Protokoll der Sitzung vom 30.01.2003

Ich denke, wir werden damit all den Maßnahmen gerecht, die es gilt jetzt durchzuführen. Wir haben 1999 begonnen, die Deiche zu kontrollieren, die Deiche aufzunehmen nach ihrem Grad, wie sie rekonstruiert und ertüchtigt werden müssen. Es gibt ein Kataster dafür. Es gibt eine Prioritätenliste, die jetzt in der nächsten Zeit abgearbeitet wer

den wird, wo eine Ertüchtigung der einzelnen Deiche notwendig ist und wo Schwachstellen beseitigt werden müssen. Es hat sich natürlich auch gezeigt, dass die Deiche, die wir haben, schon sehr alt sind, sehr heterogen zusammengesetzt und aufgebaut sind und dass es ganz einfach notwendig ist, hier an diesen Deichen einiges zu tun. Genauso sind wir gegenwärtig dabei, nicht erst, seitdem das Ereignis eingetreten ist, und nicht erst seit dem Jahrhunderthochwasser vom August letzten Jahres, sondern schon vorausschauend länger, nach Retentionsräumen und Polderräumen zu sehen und diese Räume auch dementsprechend auszuweisen.

Es geht aber nur geordnet. Ich kann eine Retention eines Flusslaufes nur geordnet durchführen und nicht einfach einen Bagger hinstellen und Dämme wegreißen wollen, um dann dem Wasser einfach seinen freien Lauf zu lassen. Das geht nicht. Damit erreiche ich nämlich genau das Gegenteil von dem, was ich damit erreichen will. Natürlich sind zusätzliche Polder - das hat sich gezeigt - notwendig. Auch hier werden wir einiges tun und hier müssen wir auch an die Landwirte denken. Wir müssen schauen: Was wird denn dann mit den Flächen, die überflutet werden? Wie lange steht das Wasser drauf? Wenn das Wasser nur einen Tag draufsteht, wird der Schaden nicht so groß sein, als wenn es zehn Tage drauf steht. Das müssen wir in Betracht ziehen und hier müssen wir von vornherein schon den Nutzern dieser Flächen sagen, was damit wird.

Frau Becker, in einem kann ich Ihnen überhaupt nicht zustimmen, das ist die weitere Umwandlung von Ackerland in Grünland. Das wäre zwar schön und wünschenswert, nur was machen wir mit dem Grünland? Das müssen Sie mir sagen. Das, was ich heute früh über die Besprechung beim Bund gestern über die Modulation und die ganzen Fragen, die uns in der nächsten Zeit mit der EU beschäftigen werden, für die Landwirtschaft gehört habe, stimmt mich überhaupt nicht fröhlich. Das läuft nämlich genau vollkommen dagegen. Das wird uns noch große Sorgen bereiten und deswegen kann man nicht einfach die Forderung aufmachen und sagen, Ackerland umwandeln in Grünland. Mir wäre das auch lieb, wenn ich aber wüsste, was ich dann mit dem Grünland und mit dem Aufwuchs machen könnte.

Noch ein paar Worte zu den Schöpfwerken. Wir wissen alle, es ist hier bereits gesagt worden, die Gewässer sind eingeteilt in Gewässer erster und zweiter Ordnung. Es gibt Verantwortlichkeiten dafür: Gewässer erster Ordnung - das Land, Gewässer zweiter Ordnung - die Landkreise und Kommunen. Nun mag man darüber streiten, ob das richtig und vernünftig ist oder nicht. Es ist aber so festgelegt und demzufolge hat auch jeder seine Verantwortlichkeiten und seine Pflichten, nicht nur seine Rechte, sondern jeder seine Pflichten.

(Beifall bei der CDU)

Das Gleiche trifft für die Schöpfwerke zu. Ich erinnere hier nur an das Schöpfwerk in Frohndorf, dieser Streit zwischen Sömmerda und Kölleda und allen anderen Nutzern dieses Schöpfwerks, der nun schon über Jahre währt. Bei mir am Tisch habe ich den Landwirten dann den Vorschlag gemacht, nun nehmt die 10.000  "  Schöpfwerk in Ordnung. Na ja, wir wollen es uns mal überlegen, weil die Städte sich ja nicht auf einen gemeinsamen Nenner einigen konnten. Ich hoffe, dass das nun passiert. Denn wir müssen uns darüber klar sein, einige der Schöpfwerke dienen nicht nur dazu, jetzt in Hochwassersituationen Wasser wegzupumpen, sondern sie dienen generell dazu, damit diese Flächen überhaupt landwirtschaftlich oder anderweitig genutzt werden können, dort ständig Wasser abzupumpen, so dass es auch hier ganz einfach notwendig ist, danach zu fragen: Wer hat den größten Nutzen davon? Wer den größten Nutzen davon hat, der sollte natürlich dann auch das eine oder andere mit dazu beitragen. Natürlich wird das Land auch mithelfen.

Detlev Braasch hat eine Problematik angesprochen, der wir uns zwar schon gestellt haben, aber in der Zukunft sicher noch stärker stellen müssen, das ist die Schädlingsbekämpfung an den Deichen. Auch hier haben wir - vielleicht weiß das gar keiner mehr so richtig - vier Bisamrattenjäger eingestellt, die die Deiche ständig kontrollieren und uns ständig von diesen Tieren frei halten, damit keine Durchwühlung der Deiche erfolgt. Natürlich müssen die Deiche auch ordentlich gemäht werden, damit die Kleinnager, die sich dort noch aufhalten, vom Raubwild bekämpft werden können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, was die Wasser- und Bodenverbände betrifft, so hat Detlev Braasch eigentlich alles schon dazu gesagt. Es hat reichliche und ausgiebige Bemühungen gegeben, hier einiges zu tun. Sie wissen selbst, wie die Bereitschaft der Kommunen, der Nutzer ist, neue Verbände zu gründen, denn jeder Verband hat nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten und zur Pflicht gehört es auch, einen gewissen Obolus zu leisten, und das wird dann immer schwierig bei der ganzen Sache. Hier müssen wir weiter dran arbeiten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lieber Andreas Sonntag und lieber Herr Kummer, zu Windischenleuba sage ich nichts. Ihr wisst ganz genau, wie die Situation, auch wie die Rechtssituation in dieser Frage ist. Hier können wir nur noch was machen, indem wir uns auf Regierungsseite mit den verantwortlichen Stellen dort in Verbindung setzen, um da eine Klärung herbeizuführen bei der ganzen Sache. Das ist schon lange im Gange, das ist bereits gemacht worden. Ich habe mit meinem Kollegen Steffen Flath schon darüber gesprochen und ich denke, wir werden in diesem Frühjahr noch eine Lösung auch für dieses Problem in dieser Richtung finden.

(Beifall Abg. Sonntag, CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich denke, wir werden uns ja in der Zukunft noch öfter darüber verständigen, wir werden eine ganze Reihe von Punkten noch zu besprechen haben. Nur Hochwasserschutz ist nicht die Aufgabe eines Einzelnen oder einer Landesregierung oder von zwei, drei Ministerien,

(Beifall bei der CDU)

sondern Hochwasserschutz geht uns alle an. Dafür muss jeder was tun. Wenn ich weiß, Herr Kummer, Ihr Beispiel mit dem Mann, der nicht weiß, ob er da nun bauen soll oder nicht, da muss ich Ihnen sagen, wenn ich wüsste, dort ist ein Überschwemmungsgebiet, da würde ich nicht hinbauen

(Beifall bei der CDU)

und nicht danach fragen, ist der Strich nun innen oder außen oder was gilt denn nun. Letztendlich hat er an allererster Stelle den Schaden. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Die Rednerliste ist damit erschöpft. Es gibt also keine weiteren Redeanmeldungen. Frau Abgeordnete Nitzpon.

Die PDS beantragt die weitere Beratung des Berichts im Ausschuss für Naturschutz und Umwelt.

Dann stimmen wir darüber ab. Wer der Fortberatung dieses Berichts im Ausschuss für Naturschutz und Umwelt zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen! Danke schön, das sieht sehr einmütig aus. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Damit wird fortberaten im Ausschuss für Naturschutz und Umwelt.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 1 und komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 2

Zweites Gesetz zur Änderung des Thüringer Haushaltsgesetzes 2001/2002 und des Gesetzes zur Änderung des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/2920 dazu: Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses - Drucksache 3/3100 ZWEITE BERATUNG

Berichterstatter ist der Abgeordnete Gerstenberger. Wir kommen in der zweiten Beratung zunächst zur Berichterstattung. Bitte, Herr Abgeordneter Gerstenberger.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, durch Beschluss des Landtags vom 13. Dezember 2002 ist die Drucksache 3/2920 "Zweites Gesetz zur Änderung des Thüringer Haushaltsgesetzes 2001/2002 und des Gesetzes zur Änderung des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes" an den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen worden. Der Haushalts- und Finanzausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 46. Sitzung am 24. Januar 2003 beraten und dazu eine öffentliche Anhörung durchgeführt. Angehört wurden der Landkreistag und der Gemeindeund Städtebund. Von Seiten des Landkreistags gab es keine Einwände, von Seiten des Gemeinde- und Städtebunds wurde die schwierige Situation der Kommunen dargelegt. Es wurde auf die Gefahr des "Schönrechnens" der Einnahmen in den Kommunen verwiesen und es wurde darum gebeten, die Reduzierung der Mittel des Landesausgleichsstocks so nicht zu beschließen. Zusätzlich wurde darauf verwiesen, dass fünf Kreise ihren Verwaltungshaushalt unter den vorgegebenen Bedingungen nicht ausgleichen können. In der anschließenden Diskussion wurden durch die Fraktionen die unterschiedlichen Standpunkte und Positionen ausgetauscht. Es wurde ein Änderungsantrag der CDU-Fraktion beschlossen, den Sie im Wortlaut der Beschlussempfehlung wiederfinden. Mehrheitlich wurde dieser Beschlussempfehlung im Haushalts- und Finanzausschuss die Zustimmung gegeben. Ich verweise in der Beschlussempfehlung darauf, dass wir zur Ausfertigung des Gesetzentwurfs in üblicher Weise bei Haushalten eine Ermächtigung sowohl für das Finanzministerium als auch für die Präsidentin des Landtags eingebracht haben, wofür ich ebenfalls um die Zustimmung bitte. Ich bedanke mich.

In der Aussprache hat sich zu Wort gemeldet der Abgeordnete Huster, PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, das Jahr der Nachträge ist zu Ende, so scheint es jedenfalls, und das neue Jahr beginnt mit der Behandlung des Haushalts des letzten Jahres. Obwohl der Doppelhaushalt 2003/2004 beschlossen ist, muss man sicher kein Prophet sein, dass sich das in diesem Jahr wiederholen wird. Thüringen ist also nicht nur Hochwasserentstehungsland, sondern in gewisser Weise auch Nachtragshaushaltsland.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Zu den Ursachen komme ich noch. Mit Blick auf den Doppelhaushalt 2003/2004 kann man aber an der Stelle sagen, dass die einzige wirkliche Planungssicherheit wahrscheinlich darin besteht, dass wir uns in den nächsten zwei Jahren wieder mehrmals mit Haushaltssperren, Bewirtschaftungsreserven und Nachtragshaushalt beschäftigen werden. Das liegt einfach daran, dass die Landesregierungen an dieser Stelle einfach unbelehrbar ist, die Debatten dazu haben wir in den vergangenen Plenarsitzungen ausführlich gehabt. Zum Ergebnis der Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses letzte Woche kann man sehr kurz etwas sagen. Die Sitzung hat nichts wesentlich Neues an Erkenntnis gebracht. Es bleibt bei den zwei angekündigten Maßnahmen: einerseits Erhöhung der Nettoneuverschuldung und andererseits Einsparungen im Haushalt über Globale Minderausgaben. Es kann nach wie vor nicht gesagt werden, ob und wie diese Ziele erreicht werden. Frühestens im April mit der vorläufigen Jahresrechnung wird es also für die Parlamentarier hoffentlich ersichtlich werden. Ich will an dieser Stelle meine Hoffnung ausdrücken, Frau Ministerin, dass Ihre Informationspolitik diesbezüglich sehr offensiv und transparent gegenüber dem hohen Hause sein wird. Unklar bleibt, ob die Steuerausfälle durch die Sperren letztlich wie gewollt erreicht werden oder ob die Nettoneuverschuldung am Ende nicht doch noch weiter erhöht werden muss.

Ich will eine Bemerkung machen zur Diskussion zur Anhörung der kommunalen Spitzenverbände. Hier gab es unterschiedliche Sichten, was die Kürzung der Finanzausgleichsmasse betrifft. Die führe ich auf Interessenunterschiede zurück, also nichts Ungewöhnliches. Allerdings sind diese Interessenunterschiede objektiver Natur und in erster Linie nicht mit dem Nachtrag zu lösen, sondern liegen wohl eher in einer ungleichen Finanzausstattung zwischen Gemeinden und Städten einerseits und Landkreisen auf der anderen Seite. Das muss an anderer Stelle gelöst werden. Meine Fraktion hat das bisher immer angemahnt und wird es auch weiter anmahnen. Ich bin allerdings der Auffassung, dass jede Kürzung im Moment zu mehr Schwierigkeiten für die Kommunen führt und an dieser Stelle aktiv beispielsweise durch die Erhöhung der Investitionspauschalen gegengesteuert werden müsste. Doch zurück: Klar ist, dass der Jahresabschluss 2002, Frau Ministerin, sicher schwer genug für die Landesregierung werden wird. Er wird auch kommende Haushaltsjahre belasten, ebenso wie die Bewirtschaftungsreserve in Höhe von 15 Prozent für das Haushaltsjahr 2003 den Widerspruch zwischen Haushaltsplan und Realisierung weiter vergrößern wird. Sie werden nicht widersprechen können, dass das Parlament letztlich verstärkt nur zum Sanktionieren benötigt wird, zur Sanktion dessen, was es eigentlich nicht in den Haushaltsberatungen beschlossen hat. Das, meine Damen und Herren, wird auch bei einem dritten Nachtragshaushalt für das Jahr 2002 mit meiner Fraktion nicht zu machen sein. Es wird Sie nicht überraschen,

(Beifall bei der PDS)

dass wir auch den dritten Nachtragshaushalt ablehnen. Frau Ministerin, ich möchte gerne ein paar Bemerkungen zu den Ursachen der katastrophalen Finanzsituation machen und ich denke, man kann das in der gebotenen Kürze und auch mit wenig Polemik an dieser Stelle tun. Wir haben die offensichtlich falsche Unternehmenssteuerreform in erster Linie anzuführen, hierbei vor allem die Entlastung der großen Kapitalgesellschaften, die ja bekanntlich zu den hohen Ausfällen, ja Zurückzahlungen bei der Körperschaftssteuer geführt hat. Zudem kam es aufgrund der weltwirtschaftlichen Stagnation und der Kaufzurückhaltung der Verbraucher im Zuge der Euroeinführung zu hohen Ausfällen vor allem bei Umsatzsteuer und, was hier besonders die Kommunen betrifft, bei der Gewerbesteuer. Da sind natürlich auch die Kommunen in Thüringen in hohem Maße betroffen. Diese Steuerausfälle haben sich dann über den Länderfinanzausgleich, wenn ich das mal so bezeichnen darf, für Thüringen potenziert. Alles in allem ergibt sich daraus eine schwierige Situation für den Vollzug des Haushalts 2002. Aber auch die Landespolitik, meine Damen und Herren, trägt mit Schuld an der Situation. Die Senkung der Nettoneuverschuldung - nach Fünfjahrplan gewissermaßen - wird zum "goldenen Kalb" mittlerweile stilisiert. Auf der anderen Seite wird die eigentliche Aufgabe des Landes Thüringen, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Dies ist angesichts der wirtschaftlichen Situation Thüringens, aber darüber hinaus auch der neuen Länder, unverantwortlich. So müssen Ausgaben immer und immer weiter gekürzt werden und dieses Kürzen wird dann noch als zukunftsfähiges Sparen in der Öffentlichkeit verkauft.

Die Kehrseite dieser Medaille ist, dass notwendige Investitionen verschoben oder gestreckt werden, wie es so schön heißt, und das bedeutet ja nichts anderes, als dass die Infrastrukturlücke im Osten nicht im notwendigen Maße abgebaut wird, letztlich, dass damit die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse im vereinigten Deutschland nicht erreicht wird, dass hier beispielsweise ausgebildete Bauarbeiter keinen Job finden. Und wenn Menschen keine Arbeit haben, dann gehen sie weg aus dem Osten oder sie bleiben, aber zumindest zahlen sie nicht mehr in dem Maß Steuern, wie das notwendig wäre für ein funktionierendes Gemeinwesen. Wenn in einem Gemeinwesen weniger Bürger Steuern zahlen, dann geht der Kreislauf nach unten weiter, weil das Gemeinwesen dann weniger leisten kann. Deshalb, meine Damen und Herren, unser Streit mit SPD und CDU. Ich glaube, dass Sie tatsächlich den falschen Ansatz sowohl in der Wirtschaftspolitik als auch in der Haushalts- und Finanzpolitik haben. Das betrifft nicht nur die Landesebene, es betrifft auch die Bundesebene, letztlich auch die europäische Ebene. Ich denke, dass das Problem ursächlich im falschen Ansatz liegt. Wenn man sich die Prognosen für 2003 anschaut, dann kann einem schon Sorge werden. Wir tun im Prinzip wieder nichts anderes, als weltwirtschaftlich gesehen auf die Konjunktur in den USA zu schauen. Was die machen, um die Konjunktur anzutreiben, haben Sie in den letzten Tagen sicherlich vernommen. Europa macht das nicht, wir warten

auf den so genannten Konjunkturmotor USA und da warten wir seit Jahren.

In Thüringen sieht das nicht viel anders aus. Die Landesregierung schimpft und wartet letztlich auch. Ich will das am Beispiel Infrastrukturpauschale kurz erläutern, weil das in den letzten Tagen auch durch den Wirtschaftsminister wieder öffentlich diskutiert worden ist. Dass diese kommunale Infrastrukturpauschale nötig ist, hat auch Herr Mohring beispielsweise in einer der letzten Plenarsitzungen nicht bestritten. Die Crux ist, dass die Landesregierung diese Pauschale vom Bund fordert, und der Bund macht das berühmte Spiel mit: Er will nicht oder kann nicht oder sagt, noch nicht; oder er sagt, er tut schon genug und die Länder sollen auch ihren Beitrag leisten. Da ist auch was Wahres dran, aber es ist immer das gleiche Spiel. Während die Landesregierung von anderen fordert, werden PDS-Vorschläge hier im Hause, die also ihre eigene Verantwortung betreffen, nicht wahrgenommen, werden abgelehnt. Meine Damen und Herren, da liegt eines der großen Probleme. Eigentlich müssen beide ran und dieses Jahr, das Jahr 2003, muss also für die Kommunen tatsächlich etwas bringen. Allein die Schwierigkeiten, die weltwirtschaftlich zu erwarten sind oder erwartet werden, wenn es zum Golfkrieg kommt, zwingen uns im Land zu verstärkter Investitionstätigkeit und nicht zu weiterem rücksichtslosen Streichen, was "Sparen" genannt wird. Sonst wird das eintreten, was Sie nicht wollen - und da schließe ich den Bogen zum dritten Nachtragshaushalt 2002 -, am Jahresanfang oder am Jahresende des Vorjahres einen Haushalt beschließen, der ehrgeizige Ziele bezüglich der Senkung der Nettoneuverschuldung hat, wo Sie aber dann am Jahresende nichts anderes tun können, als wieder mit den Schulden hochzugehen. Die Schuld haben dann wieder die anderen, aber letztlich bleibt, dass man die Ziele dadurch nicht erreicht und den Menschen draußen im Land nicht geholfen hat.

Letzter Punkt von mir an dieser Stelle: Nicht zuletzt geht es auch um mehr Einnahmegerechtigkeit in Deutschland. Das Geld wäre vorhanden, es ist nur falsch verteilt. Auch diese Position der PDS ist Ihnen bekannt. Wer über weitere Steuerentlastungen diskutiert, Frau Ministerin, muss auch auf der anderen Seite sagen, wie er mehr Einnahmegerechtigkeit im Land hervorbringen will. Ich bin überhaupt nicht sicher, meine Kollegen von der SPD, ob das durch diese Zinsabgeltungssteuer erreicht werden kann. Meiner Meinung nach ist sogar die Zinsabgeltungssteuer keine die Vermögenssteuer ersetzende Steuer, sondern für mich steht die Frage der Vermögenssteuer jetzt erst recht.

(Beifall bei der PDS)

Nicht zuletzt brauchen wir, und auch das ist Ihnen bekannt, endlich Ergebnisse aus der Gemeindefinanzkommission, denn das, was derzeit die Kommunen zu erwarten haben - auch das haben Sie in den letzten Tagen über die Medien verfolgt -, kann so nicht bleiben, das ist ein großes Desaster. Meine Damen und Herren, wenn wir die

Haushaltsprobleme in 2003 und 2004 nicht noch verstärken wollen, dann sollte hier endlich gehandelt werden. Das geht natürlich auch an die Adresse der Bundesregierung. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Für die SPD-Fraktion hat sich Herr Abgeordneter Höhn zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, worüber reden wir hier eigentlich? Wir reden zum Ersten über Geld, das wir nicht haben, und zum Zweiten über Dinge, die wir nicht mehr beeinflussen können. Denn das ist ja nun eine Tatsache, das Haushaltsjahr 2002 ist abgelaufen, alles ist nur noch eine Frage der Buchung und nicht mehr eine Frage des tatsächlichen Einnahme- und Ausgabeverhaltens. Wir ändern heute ein Gesetz, das eigentlich seit dem 1. Januar gar nicht mehr in Kraft ist. Das nur noch mal als Feststellung, worüber wir eigentlich reden.

Das Jahr 2002, völlig unbestritten, muss man, zumindest was die Einnahmeseite betrifft, als ein Katastrophenjahr bezeichnen. Das kann man unumwunden so sagen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Sie müs- sen dazu sagen, warum das so ist!)

Wenn man eine runde - Herr Zeh, Sie reagieren wie die berühmten Pawlow'schen Hunde, ich habe richtig darauf gewartet, ich komme noch dazu - Milliarde  % ern, Länderfinanzausgleich, Bundesergänzungszuweisungen insgesamt subsumiert, weniger einnimmt als zwei Jahre vorher prognostiziert, dann ist das schon dramatisch, da hilft keine andere Bezeichnung. Aber, Herr Zeh, um der Legendenbildung gleich vorzubeugen, wir hatten auch unter Kohl und Waigel schon solche dramatischen Konjunktur- und Steuereinbrüche. Sie vergessen das nur hin und wieder mal. Damals hatten wir noch keinen Doppelhaushalt; damals hatten wir vermeintliche Spielräume (Spielwie- sen) beim Einsparen, auch bei der Kreditfinanzierung. Wir haben uns viele Spielräume in den Jahren damals verspielt mit alternativen Finanzierungen, mit Sondervermögen, mit negativen Sondervermögen. Das trifft uns gerade jetzt in solch harten Zeiten dann doppelt, das sollte man an dieser Stelle nicht vergessen. Und als ehemaliger Finanzminister, Entschuldigung, ganz persönlich, hätte ich mir die Bemerkung an Ihrer Stelle womöglich noch erspart.

Aber ich kann wieder nur betonen, meine Damen und Herren, und ich bleibe bei meiner Kritik, die ich sowohl bei der Einbringung des letzten Doppelhaushalts, bei den sämtlichen Nachtragsdiskussionen gemacht habe: Ich halte das Prinzip der Doppelhaushalte in solch konjunkturell unsicheren, schwierigen Zeiten für finanzpolitisch falsch.

Ich weiß nicht, man kann es auch möglicherweise als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Parlamentarier oder Ministerialbeamte bezeichnen, auf alle Fälle sind die Flut, ja die Inflationen, um einmal bei einem monetären Begriff zu bleiben, von Nachtragshaushalten dafür ganz einfach ein Beleg. Ich wiederhole noch einmal den Satz: Mit Planungssicherheit hat das nun weiß Gott nichts zu tun, wenn ich heute schon ankündige, wie unsere Frau Ministerin in der letzten Haushalts- und Finanzausschuss-Sitzung, dass wir uns - jetzt spiele ich mal Wahrsager - schon im Juni dieses Jahres mit einem Nachtragshaushalt befassen werden müssen nach der Mai-Steuerschätzung. Das hat nun mit Planungssicherheit weiß Gott nichts mehr zu tun.

(Beifall bei der SPD)

Weil möglicherweise das ganze Haushaltsjahr 2002 aus finanzpolitischer und finanztechnischer Sicht vielleicht etwas in Vergessenheit geraten ist, möchte ich an dieser Stelle doch noch mal eine kleine Replik auf das abgelaufene Jahr geben, um damit aufzuzeigen, wie konfus aus meiner Sicht zum Teil die Landesregierung auf bestimmte Ereignisse, die man aber vorher schon gewusst hat - zumindest gewusst haben muss als seriöse Finanzpolitiker - reagiert hat.

Wir haben also den ersten Nachtragshaushalt; er umfasst im Wesentlichen - das ist bekannt - das so genannte Sicherheitspaket und wurde Ende des Jahres 2001 beschlossen. Mit dem zweiten Nachtragshaushalt sollte auf die November-Steuerschätzung 2001 reagiert werden. Solange diese noch nicht beschlossen war, hatten wir sozusagen im I. Quartal 2002 eine Quasihaushaltssperre, da die Behörden aufgefordert wurden, nur über einen bestimmten Prozentsatz der Ausgaben zu verfügen. Obwohl bekannt war, Frau Diezel, dass im Mai 2002 die Steuerprognose noch einmal reduziert werden würde - das ist das, was ich vorhin meinte, das hat man wissen müssen und wir als Opposition, ich meine, Sie müssen auf uns nicht hören, aber wir haben Ihnen damals schon gesagt bzw. Ihrem Vorgänger, warten wir mit dem zweiten Nachtrag die Mai-Steuerschätzung ab -, haben Sie mit Ihrer Mehrheit den zweiten Nachtrag vor dieser Steuerschätzung beschlossen, so dass das indirekt dazu geführt hat, dass nach der November-Steuerschätzung noch mal diese 630 Mio.  als Differenz festgestellt werden mussten.

Nach der Steuerschätzung haben Sie wieder finanztechnisch völlig richtig reagiert und eine Haushaltssperre ich glaube, es waren 170 Mio.   #" ## 4 und 5 angeordnet. Bis in den Oktober hinein war das Deckungsloch der Mai-Steuerschätzung noch nicht konkret untersetzt, sicherlich auch - ich spekuliere da ein bisschen - wegen der im September stattgefundenen Bundestagswahlen oder aus welchen Gründen auch immer. Das lasse ich an dieser Stelle bewusst offen.