Protokoll der Sitzung vom 06.03.2003

(Beifall bei der CDU, SPD)

Jetzt haben wir auf der Rednerliste den Abgeordneten Fiedler, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir beschäftigen uns heute mit dem Gesetz über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen und zur Änderung verfassungsschutzrechlicher Bestimmungen. Wir haben - und Herr Dr. Hahnemann, dort möchte ich Ihnen ausdrücklich widersprechen - uns natürlich intensiv beraten und uns intensiv mit den Dingen beschäftigt und ich glaube manchmal, Sie sind auf einer anderen Veranstaltung gewesen. Gerade hier in den Beratungen haben wir sehr intensiv mit der Datenschutzbeauftragten die Dinge beraten, die notwendig sind und das kann man nicht so einfach mit einem Federstrich beiseite wischen. Weil wir aus unserer DDR-Geschichte heraus genau wissen, wo wir mit dem Überwachungsstaat MfS leben mussten, sind wir dort besonders geprägt und sehr sensibel, in diesen Bereichen genau hinzuschauen. Wen verwundert es schon sehr, wenn man dann immer wieder

gerade aus Ihrer Richtung diese Belehrungen hört. Ich bin der SPD dankbar, die sich hier gemeinsam in den Beratungen konstruktiv auch mit eingebracht hat, dass man die Dinge beraten hat. Wir haben uns ja hier in einigen Dingen angelehnt oder Bundesregelungen umgesetzt, damit dieses in Thüringen greifen kann. Ich glaube, man muss - das vergessen wahrscheinlich die einen oder anderen, dass es den 11. September gegeben hat. Ich habe so das Gefühl, dass das einige hier vergessen haben. Es gab den 11. September mit all seinen schlimmen Folgen. Wir haben weitere Dinge, wir haben noch mehrere Diktatoren, die es gibt, und noch viele, viele Gruppen, die es darauf abgesehen haben, die freiheitlich-demokratische Grundordnung mit allen Mitteln zu stören und zu bekämpfen und gegebenenfalls auch in Größenordnungen Menschenleben in Kauf zu nehmen. Das möchte ich wieder einmal in Erinnerung rufen, dass das nicht aus irgendwelcher Laune heraus gemacht wird, was hier von Bund und Ländern gemacht wird, sondern, dass das einen wichtigen Hintergrund hat.

Ich möchte noch einmal auf einige Punkte eingehen. Übrigens, Herr Kollege Pohl, ich stimme Ihnen ausdrücklich den Worten zu, die Sie in Richtung Herrn Dr. Hahnemann gefunden haben.

Herr Abgeordneter Fiedler, persönliche Beleidigungen, von wem auch immer und gegen wen auch immer, sind in diesem Haus nicht gestattet. Ich muss das zurückweisen.

(Beifall Abg. Ramelow, PDS)

Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf der Landesregierung, über den wir heute in zweiter Lesung beraten, hat eine umfassende parlamentarische Beratung erfahren. Ich darf insoweit auf die Ausführungen des Berichterstatters verweisen. Der Gesetzentwurf hat eine - ich will es noch einmal betonen - intensive Beratung - glaube ich aber auch - verdient. Zum Inhalt des Gesetzes sind in der Vergangenheit die unterschiedlichen Positionen deutlich geworden. Ich glaube daher, dass es dazu keiner eingehenderen Ausführung mehr bedarf. Lassen Sie mich aber einige Aspekte zu der Notwendigkeit dieses Gesetzes vortragen.

Maßgeblich für die Schaffung eines solchen Gesetzes war das durch das Bundesverfassungsgericht mit seinem 1985 gefällten Volkszählungsurteil, Bundesverfassungsgerichtsentscheidungssammlung Band 65 Seite 1 ff., geschaffene

(Zwischenrufe aus der SPD-Fraktion: Oh, oh, oh.)

- ja, wir haben es ordentlich aufgeschrieben - Institut des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Das Gericht hat in eben dieser Entscheidung ausdrücklich betont,

dass durch staatliches Handeln vorgenommene Beschränkungen der Rechte von Bürgern einer verfassungsmäßig gesetzlichen Grundlage bedürfen. Dies muss Voraussetzung und Umfang der Beschränkung klar und für den Bürger erkennbar werden lassen, so dass dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenkontrolle entsprochen wird. Diesem Gebot trägt die Landesregierung mit dem vorliegenden Gesetz Rechnung und ich möchte ausdrücklich sagen, wir unterstützen diese Initiative. Bisher hatten wir im Freistaat - und da will ich noch mal darauf verweisen nur Richtlinien für die Sicherheitsüberprüfung von Personen im Rahmen des Geheimschutzes, Staatsanzeiger 1991, Nr. 19, S. 338. Bei solchen verwaltungsinternen Normierungen, die in ihrer Regelungsbedeutung unter einem Gesetz stehen, muss naturgemäß immer die Frage gestellt werden, ob mit ihnen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung entsprochen wird. Mit dem Gesetz schaffen wir die insoweit notwendige Grundlage und beseitigen damit eben diese Bedenken, die - ich glaube - sehr ernst zu nehmen sind. Auch wenn wir uns wohl bewusst sind, dass mit dem Gesetz in die Rechte des darin genannten Personenkreises eingegriffen wird, gilt es doch, geheimhaltungsbedürftige Informationen nur einem besonders ausgewählten Personenkreis zukommen zu lassen. Ich möchte insoweit noch einmal betonen, dass niemand gezwungen wird, sich einer Überprüfung nach dem Gesetz zu unterziehen. Eine solche Überprüfung erfolgt vielmehr freiwillig. Ich glaube, Herr Dr. Hahnemann, das muss man klar und deutlich noch mal benennen, es wird niemand gezwungen. Möchte jemand aber gerade in einem solchen Bereich arbeiten, muss er hinnehmen, sich dem hier geregelten Prozedere zu unterziehen. Dazu zählt auch etwa, dass über ihn Informationen durch Dritte eingeholt werden. Auch das haben wir ausgiebig diskutiert, dass dort Lebenspartner, Ehegemeinschaft und ähnliche Dinge darunter fallen. Zudem besteht aus wohl erwogenen Gründen eine Stufung der geheimhaltungsbedürftigen Informationen, was auch eine Stufung des in Betracht kommenden Personenkreises zur Folge hat. Herr Kollege Pohl, ich stimme Ihnen zu, gerade die Kollegen der PKK haben sich freiwillig der Ü3-Überprüfung unterzogen, damit... Wir hätten das nicht machen brauchen, wir haben es trotzdem gemacht. Da hängt schon einiges dran, aber es wird der Betroffene auch darüber informiert.

(Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Auch der Kol- lege Fiedler hat das gemacht.)

Ja, richtig. Auch dem mitunter geäußerten Vorwurf, die nun vorgesehenen Regelungen greifen zu intensiv in die Rechte der Betroffenen ein, vermag ich nicht zu folgen. Ich darf insoweit nur daran erinnern, dass sowohl der Bund als auch die meisten Länder entsprechende Gesetze geschaffen haben - Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern und das Saarland - bzw. schaffen werden. Letzteres betrifft die Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein.

Ich glaube, meine Kollegen von der PDS, besonders pikant erscheint mir dabei, dass auch Mecklenburg-Vorpommern über ein solches Gesetz verfügt und soweit mir erinnerlich, dort die PDS ja wohl noch in der Regierungsverantwortung ist. Das erscheint mir zumindest nachdenkenswert. Sie sollten sich mal mit Ihren Kollegen dort konsultieren. Ich glaube, ein Schelm ist, wer dabei Böses denkt, man will halt auch am Ruder bleiben. Die Alternative zu dem vorgelegten Gesetzentwurf wäre, entweder die bisherige Regelung beizubehalten - damit würde aber gerade, wie soeben ausgeführt, rechtsstaatlichen Grundsätzen widersprochen, ich glaube insoweit auch, im Namen der Landesbeauftragten für den Datenschutz zu sprechen, die sich intensiv mit eingebracht hat - oder auf entsprechende Regelungen ganz zu verzichten. Wenn dann aber eine akzeptable Abwägung zwischen dem Recht auf Schutz an geheimhaltungsbedürftigen Informationen auf der einen und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Einzelnen erfolgen soll, vermag sich mir jedenfalls nicht zu erschließen.

Da sich mithin die aufgezeigten Alternativen als wenig zweckmäßig erweisen, halten wir den vorgelegten Gesetzentwurf für angebracht und notwendig. Wenn Kritik an dem Gesetz geübt wird, müsste man diese konsequenterweise auch an diesem Gesetz der anderen Länder und des Bundes praktizieren. Dies vermag ich allerdings nicht zu erkennen. Zumindest die SPD arbeitet konstruktiv mit, denn, ich glaube, sie möchte auch nicht infrage gestellt bekommen - der so genannte "Otto-Katalog" und Otto Schily hat ja hier in dem Falle gemeinsam mit den Ländern eine gute Arbeit auf den Tisch gelegt, die immer noch verbesserungsbedürftig ist, aber schon gut ist. Ich glaube, in Richtung PDS, es zeigt sich deutlich, es sitzen nur noch zwei Abgeordnete der PDS im Bundestag, weil sie eben noch nicht verstanden haben, sich in die Bundesrepublik, in den Rechtsstaat mit einzubringen.

Zunächst möchte ich an dieser Stelle der Landesbeauftragten für den Datenschutz für ihre konstruktive Mitarbeit an dem Gesetzentwurf danken. Sie war es, die sich maßgeblich für die Schaffung eines solchen Gesetzes eingesetzt hat. Auch insoweit glaube ich mit Stolz sagen zu können, dass wir ihre Bedenken im Rahmen der Beratungen vollständig ausräumen konnten bzw. mit ihr die aus ihrer Sicht notwendigen Korrekturen vorgenommen haben. Frau Liebaug, ich möchte Ihnen herzlich danken für die gute und konstruktive Zusammenarbeit im Ausschuss und auch vorher.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren von der dunkelroten Oppositionsbank, vor allem die Ihrerseits vorgetragenen oppositionellen Bedenken zu dem Gesetzentwurf sind nur schwer nachvollziehbar. Zur Veranschaulichung möchte ich nur eines der Beispiele wählen, welche seitens der PDS gegen das Gesetz vorgetragen wird. In der ersten Lesung des Gesetzes hatten Sie, Herr Dr. Hahnemann, die Frage der

Regelung zur Sabotageabwehr ins Visier genommen. Sie hatten dabei die Regelung des § 1 Abs. 2 Nr. 5 gegeißelt, indem Sie glaubten, darin einen nicht akzeptablen Eingriff in das bereits zitierte Recht auf informationelle Selbstbestimmung erkannt zu haben. Sie hatten damals dazu ausgeführt - Frau Präsidentin, ich zitiere mit Ihrer Genehmigung: "Der Gesetzentwurf im Ganzen erweckt den Eindruck, als ob ein Dauernotstand die Bundesrepublik und die Politik peinigt. Geantwortet wird mit einem Generalverdacht." Mit Verlaub gesagt, glauben Sie ernsthaft an dieses Ihrerseits Gesagte

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Ja.)

ja, das hatte ich von Ihnen fast nicht anders erwartet oder müssen Sie zu Gunsten Ihrer Klientel die Tatsachen schlechtreden?

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Nein.)

Sagen Sie auch noch mal ja. Ich hätte es wirklich von Ihnen erwartet, dass Sie so ehrlich sind.

Das Bundesverfassungsgericht, ich darf daran erinnern, dass es sich bei diesem um ein oberstes Bundesorgan handelt, eben dieses oberste Verfassungsgericht hat in seinem besagten Urteil gerade nicht ausgeführt, dass ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ausgeschlossen ist. Andererseits die PDS, offensichtlich ist nach Ihrer Vorstellung mit allenfalls geringfügigen Ausnahmen jeder Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht abzulehnen. Damit sind Sie allerdings päpstlicher als das Bundesverfassungsgericht. Sie nehmen mir daher sicher nicht übel, wenn ich dieser Sichtweise nur wenig Verständnis entgegenbringe.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Nein.)

Damit ich Ihre Sicht besser verstehe, hätte ich gerne einmal Ihre ehrliche Alternative dazu gewusst. Denn in Papierform, Herr Kollege Dr. Hahnemann, gebrachte Änderungsanträge zum Gesetzentwurf vermag ich aus der Übersicht des Landtags zum parlamentarischen Ablauf des Gesetzentwurfs nicht zu erkennen. Sie meinten ja vorhin, andere schelten zu müssen, ich konnte nicht erkennen in den Beratungen, dass Sie etwas vorgelegt hätten. Also, auch da müssen Sie schon Ihre Hausaufgaben machen.

Bereits an dem beispielhaft herausgegriffenen Teil der Kritik der PDS wird deutlich, dass Sie, meine Damen und Herren der PDS, offensichtliche Eingriffe in das Funktionieren unseres Gemeinwesens gestatten wollen, ich sage jetzt mal, wenn nicht sogar als wünschenswert erachten. Es muss dann aber die Frage gestattet sein, welches Ziel Sie damit verfolgen. Ich möchte der Beantwortung dieser Frage allerdings hier lieber nicht weiter nachgehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor diesem Hintergrund erscheint mir aber eine nähere Auseinandersetzung mit den

wie auch immer gearteten Vorstellungen der PDS zu dem Gesetz weiterhin müßig. Zumindest für uns steht fest, dass das Recht des Einzelnen auf informationelle Selbstbestimmung natürlich ein hohes Gut ist. Nicht umsonst hat das Bundesverfassungsgericht dies klar festgestellt. Es muss aber gestattet sein, im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben, einen vertretbaren Ausgleich zwischen diesem Recht und dem staatlichen Interesse an dem Schutz geheimhaltungsbedürftiger Informationen sicherzustellen; ich betone das "sicherzustellen". Für uns kann ich sagen, dass uns dies mit dem Gesetzentwurf gelungen ist.

Versäumen möchte ich aber nicht, noch einmal etwas zu den Zahlen der Überprüfung zu sagen: Insoweit darf ich noch einmal die von Herrn Köckert in der ersten Beratung während der 67. Plenarsitzung am 22.08. zitierten Daten in Erinnerung rufen. Danach hatten sich zum Stichtag 30.06.01 im öffentlichen Bereich weniger als 0,24 Prozent der Bediensteten einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen. Zukünftig wird mit einer Sicherheitsüberprüfung von 250 bis 300 Personen im Jahr gerechnet. Man muss sich das mal verinnerlichen und durchdenken. Ich meine, auch diese Zahlen sprechen eine deutliche Sprache gegen die Bedenken der PDS.

Zusammengefasst hat die Landesregierung mit ihrem Gesetzentwurf, denke ich, den richtigen Weg eingeschlagen und wir halten ihn für angebracht. Mit den in unserer Vorlage 3/1680 im Rahmen der Beratung vorgenommenen Änderungen haben wir dem Gesetz nur noch den abschließenden letzten, ich sage mal, richtigen Schliff in Zusammenarbeit mit der Datenschutzbeauftragten dankenswerterweise noch gegeben.

Namens meiner Fraktion bitte ich darum, dem Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlussempfehlung zuzustimmen.

Ich komme aber jetzt noch, wenn es auch etwas ungewöhnlich ist, zu einem Änderungsantrag. Ich möchte an der Stelle ausdrücklich die Zusammenarbeit mit der SPD noch mal benennen. Die SPD hat sich in den Beratungen konstruktiv mit eingebracht und hat erkannt, dass ja von Bundesseite das Ganze in Bewegung gesetzt wurde und dass es, denke ich, entsprechend auch möglich ist, dem Gesetzentwurf zuzustimmen. Es gibt den Änderungsantrag der SPD-Fraktion, vorgelegt in Drucksache 3/3181; wir haben Ihnen, meine Damen und Herren, einen Änderungsantrag vorgelegt zum Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 3/2548. Hier geht es uns darum, dass in dem Gesetz geändert wird, und wir hatten versucht, uns dazu abzustimmen. Ich bin der SPD dankbar, dass sie dem im Interesse der Sache folgen will: In Nummer 7 wird folgende neue Nummer 8 eingefügt: In § 33 wird folgender Satz angefügt: "Die Rechtsverordnung nach § 1 Abs. 2 Nr. 5 bedarf der Zustimmung des zuständigen Ausschusses." Die bisherige Nummer 8 wird Nummer 9. Ich glaube, wir haben hier einen vertretbaren Kompromiss gefunden. Die PDS wollte die Zustimmung des Landtags,

wir meinen, dass

(Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Nein, nicht die PDS.)

- Entschuldigung, ich sehe, es hört noch jemand aufmerksam zu - wir natürlich die SPD bitten, dass sie unserem Antrag beitritt. Wir schlagen vor, Zustimmung des zuständigen Ausschusses. Wir bitten also, dass wir aus formalen Gründen den SPD-Antrag ablehnen. Wir bitten die Kollegen der SPD, dem Antrag in Drucksache 3/3182 zuzustimmen, damit wir den Gesetzentwurf auf den Weg bringen können. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Es hat um das Wort gebeten Herr Abgeordneter Dittes, PDS-Fraktion. Der Landesregierung ist es doch recht, wenn Sie den Abgeordneten noch abwarten, oder?

Meine Damen und Herren, Herr Fiedler, Sie müssen es schon der PDS selbst überlassen, zu welchen Gesetzentwürfen sie Änderungsanträge in das Plenum einbringt oder nicht. Wir haben, denke ich, im Ausschuss deutlich gemacht, wie auch Kollege Hahnemann in der ersten und auch heute in der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs, dass der Gesetzentwurf auch mit den vorgetragenen Änderungen immer noch massive Eingriffe insbesondere in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung innehat, die uns eine Verbesserung dieses Gesetzes nicht mehr möglich machen, sondern uns nur noch deutlich sagen lassen können:

(Beifall bei der PDS)

Einen solchen Eingriff im Gesetzgebungsverfahren zu beschließen, das tragen wir nicht mit. Herr Fiedler, die Frage der Intensität von Grundrechtseingriffen ist auch keine Frage der Anzahl, wie von Ihnen hier vorgetragen worden ist,

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ich habe nur die Anzahl genannt.)

wie viele Personen beispielsweise davon in Thüringen betroffen sein sollten. Denn, Herr Fiedler, diese Information selbst liegt dem Thüringer Landtag nicht vor und er hat auch durch Ihren Änderungsantrag überhaupt keine Möglichkeit, auch nur über die Ausweitung dieser Sicherheitsüberprüfung im privaten Bereich Kenntnis zu erlangen, denn es ist tatsächlich so, dass mit Ihrem Änderungsantrag die Rechtsverordnung, die zukünftig die sicherheitsempfindlichen Bereiche festlegen soll, dann mit Zustimmung des Innenausschusses auf den Weg gebracht wird. Aber, Herr Fiedler, diese Rechtsverordnung charakteri

siert und benennt nur die sicherheitsrelevanten Bereiche. Die sicherheitsrelevanten Stellen, nicht im Sinne von Personalstellen, sondern im Sinne von kleinsten organisatorischen Einheiten wurden in der parlamentarischen Beratung im Innenausschuss aus dem Charakter der Rechtsverordnung herausgeholt in den Bereich der Verwaltungsvorschrift mit Zustimmung von SPD und CDU.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Herr Dittes, informieren Sie sich bei den Kol- legen in Mecklenburg-Vorpommern.)

Wir reden hier über einen Gesetzentwurf der Thüringer Landesregierung, Herr Fiedler.

(Beifall bei der PDS)

Die Regelung der sicherheitsrelevanten Stellen im Sinne organisatorischer Einheiten wurde mit Ihrer Unterstützung und mit Unterstützung der SPD-Fraktion in den Bereich der Verwaltungsvorschrift herübergeholt und es ist damit in Zukunft überhaupt nicht mehr nachvollziehbar für den Landtag, welche Stellen nun tatsächlich von diesen Sicherheitsüberprüfungen betroffen werden. Wir können also auch hier die Anzahl keinesfalls nachprüfen, wenn man denn selbst unterstellen würde, dass die Anzahl eine Aussage darüber trifft, wie intensiv Grundrechte tatsächlich verletzt werden können.

Herr Kollege Pohl, Sie hören zwar jetzt nicht zu, aber ich will trotzdem auf Ihren Redebeitrag in einzelnen Punkten noch mal eingehen, der von falschen Tatsachenbehauptungen durchsetzt war, die am Anfang schon damit begannen, dass Sie meinten, Herr Dr. Frisch wäre Präsident des Verfassungsgerichts gewesen; mitnichten, er war Präsident des Verfassungsschutzamts auf Bundesebene. Aber es setzte sich halt fort und das macht dann auch die Dramatik in der Diskussion hier deutlich oder zumindest die Dramatik, die ich in Ihrer Behandlung dieses Gesetzentwurfs festmache: Sie vermischen generell die Frage des Geheimnisschutzes im öffentlichen Dienst mit der Frage der Sabotageabwehr im privaten Bereich. Sie unterstellen uns einerseits, wir hätten hier im Landtag behauptet, dass diejenigen Personen, die sicherheitsüberprüft werden, nicht informiert werden. Das stimmt nicht. Wir haben gesagt, dass das Ergebnis dieser Sicherheitsüberprüfung und insbesondere die Gründe dieser Ablehnung einer Sicherheitsüberprüfung dem Betroffenen durch diesen Gesetzentwurf nicht mitgeteilt werden. Und im Übrigen, Herr Pohl, will ich Ihnen auch noch mal deutlich sagen, Sie haben auch im Ausschuss einer Änderung zugestimmt, die einen Personenkreis ohne seine Zustimmung in die Sicherheitsüberprüfung mit überführt, das sind die so genannten Referenzpersonen, die angegeben werden müssen von den eigentlich Betroffenen, die dann im weiteren Verfahren ohne Zustimmung auch als Personen selbst sicherheitsüberprüft werden können. Dann trifft es nicht mehr zu, wenn Sie hier darstellen, der Betroffene könne sich doch einer solchen Sicherheitsüberprüfung entziehen

und eine solche Sicherheitsüberprüfung wäre nur auf freiwilliger Basis durchzuführen. Das ist mitnichten so, wenn man insbesondere die Rolle und die Position der Referenzpersonen im Gesetzentwurf betrachtet. Es ist auch nicht so, dass die Gründe für die Ablehnung einer Sicherheitsüberprüfung den Betroffenen mitgeteilt werden. Es ist insbesondere dann nicht der Fall, wenn diese Sicherheitsüberprüfung erfolgt und ablehnend beschieden worden ist, wenn sich der Betroffene erst im Bewerbungsverfahren befindet und damit überhaupt keine Möglichkeit hat, zu erfahren, warum seine Bewerbung nicht zur Kenntnis genommen worden ist, warum seine Bewerbung nicht akzeptiert worden ist und warum auf seine Bewerbung hin keine Anstellung erfolgte. Er weiß nicht einmal, dass vielleicht ein Vorgang, der beispielsweise 15 Jahre zurückliegt, die Teilnahme an einer Demonstration gegen Atomtransporte, der Grund dafür ist, warum er dann zukünftig im Elektrizitätswerk oder auch im Bereich der Solarenergie nicht tätig sein kann. Dies ist für ihn nicht überprüfbar. Herr Pohl, Sie haben auch dann nicht Recht, wenn Sie sagen, der Betroffene erfährt die Gründe für die Ablehnung der Sicherheitsüberprüfung im Kündigungsschutzverfahren. Lesen Sie bitte § 14 Abs. 4 Satz 3: "Die Begründung unterbleibt, wenn sie einen erheblichen Nachteil für die Sicherheit des Bundes oder eines Landes zur Folge hätte, insbesondere bei Sicherheitsüberprüfungen von Personen, die sich beim Landesamt für Verfassungsschutz um Einstellung beworben haben." Letzteres will ich mal vernachlässigen. Ersteres impliziert doch schon, dass hier auch nur die Gefährdung der Sicherheit des Bundes behauptet werden muss, weil jede weitere Ausführung dieser Tatsache schon zur Gefährdung mit beiträgt. Also, es ist mitnichten so, dass Auskunft über die ablehnenden Gründe erteilt wird und das ist auch nicht zu begründen. Lesen Sie, Herr Pohl, weiter im Gesetzestext in § 24 Abs. 4: "Die Ablehnung der Auskunftserteilung bedarf keiner Begründung, soweit durch die Mitteilung der tatsächlichen und rechtlichen Gründe, auf die die Entscheidung gestützt wird, der mit der Auskunftsverweigerung verfolgte Zweck gefährdet würde." Auch hier ist der eindeutige Beleg dafür, Herr Pohl, dass Ihre Ausführungen auch in diesem Punkt nicht zutreffend sind, und da ist es für mich schon eine Unverschämtheit, aufgrund von falschen Tatsachenbehauptungen Abgeordnete meiner Fraktion als Demagogen zu bezeichnen.