auch unter anderen Voraussetzungen möglich ist. Die Sicherungsverwahrung wird somit gerade wegen der Straftat, mit anderen Worten, durch die Straftat gerechtfertigt. Dies verleiht ihr strafrechtlichen und nicht gefahrenabwehrrechtlichen Charakter, denn verhielte es sich anders und wäre nicht die Straftat, sondern die Gefährlichkeit des Täters der eigentliche Grund für die Anordnung der Sicherungsverwahrung, so wäre nicht einleuchtend, weshalb die Sicherheitsverwahrung nicht auch dann angeordnet werden kann, wenn die formellen Voraussetzungen der landesrechtlichen Regelung, also hier in § 1 des Gesetzentwurfs, nicht erfüllt sind oder wenn der Täter gar nicht in einer Justizvollzugsanstalt einsitzt. Die hier bestehende Ungleichbehandlung lässt sich nur mit den Straftaten als tatbestandliche Voraussetzung des Landesgesetzes, aber nicht mit denen von den betreffenden Personen ausgehenden Gefahren rechtfertigen. Es greift daher auch nicht das weitere Argument des Professors durch, in dem einen Fall knüpfe das Institut die Sicherungsverwahrung an das Strafverfahren an, im anderen Fall jedoch an die Legalbiografie des Betroffenen, insbesondere während der Strafhaft. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kommt es im Überschneidungsbereich von Bundes- und Landeskompetenz auf den stärkeren Sachzusammenhang an bzw. darauf, mit welchem Kompetenzbereich eine Regelung enger verzahnt ist. Bei der nachträglichen Sicherungsverwahrung ist dies eindeutig hinsichtlich des Strafrechts der Fall und nicht hinsichtlich der Gefahrenabwehr.
Die landesrechtliche Regelung verstößt ferner gegen das Rückwirkungsverbot nach Artikel 103 Abs. 2 Grundgesetz, weil das Landesgesetz das sofortige In-Kraft-Treten vorsieht und damit, was vom Gesetz auch bezweckt wird, die Anwendung auf im Strafvollzug bereits einsitzende Täter ermöglicht. Schließlich ist ein Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot nach Artikel 103 Abs. 3 Grundgesetz festzustellen, danach darf niemand wegen derselben Tat aufgrund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden. Wenn richtigerweise die nachträgliche Sicherungsverwahrung strafrechtlichen Charakter hat, dann ist ihre nachträgliche Anordnung eine Bestrafung, die wie die im Erkenntnisverfahren bereits ausgesprochene Freiheitsstrafe an dieselbe Tat anknüpft. Dass die landesrechtliche nachträgliche Sicherungsverwahrung auch gegen die Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten verstößt, möchte ich hier nicht noch einmal erwähnen, das hat mein Kollege in der ersten Lesung bereits ausführlich getan.
Zum Abschluss, Herr Carius, noch eine Bemerkung: Sie hatten anlässlich der ersten Lesung dem Abgeordneten Koch unterstellt, er verhöhne die Opfer von Gewalttaten, insbesondere von Sexualdelikten. Ich möchte hiermit noch mal ausdrücklich betonen, dass Kollege Dr. Koch die verheerenden Folgen von Sexualstraftaten für die hiervon betroffenen Opfer keinesfalls bagatellisiert und sehr wohl die Notwendigkeit eines besseren Schutzes vor solchen Straftaten sieht. Nur, die Ausweitung der Sicherheitsverwahrung ist hierzu aber ein ungeeignetes Mittel. Nach wie
vor ist das Dunkelfeld bei Sexualstraftaten überdurchschnittlich hoch. Es gilt daher, Maßnahmen zu einer besseren Verfolgung dieser Straftaten zu finden. Ferner sehen wir eine Verbesserung des Schutzes der Gesellschaft vor rückfälligen Sexualstraftätern in mehr und besseren Therapieangeboten und darin, dass die Kontrolle durch die Führungsaufsicht, durch mehr und besser geschultes Personal in diesem Bereich auch verbessert wird. Und schließlich kann auch eine Verbesserung der Opferhilfe und -behandlung zu einer Verminderung von Wiederholungstaten gefährlicher Sexualstraftäter und zur Verbesserung des Schutzes der Gesellschaft beitragen.
Abschließend nochmals, meine Damen und Herren der CDU-Fraktion: Schlagen Sie mit Ihrem Nein dieses unsinnige Vermächtnis von Dr. Birkmann aus. Sie dienen damit nicht nur dem von Ihnen propagierten Rechtsstaat, Sie verhindern auch eine Blamage für Ihren neuen Justizminister Dr. Gasser. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte allen, die dieser Beratung hier folgen wollen - und das scheinen nicht alle zu sein -, die Möglichkeit geben, die in Vorbereitung der Beratung sicherlich jedem vorliegende Drucksache 3/2493 zur Hand zu nehmen. Ich sehe, dass das nur relativ wenigen gelingt, aber bitte schön. Diese Drucksache hat wie jeder vernünftige Gesetzentwurf ein Vorblatt, dieses Vorblatt stellt unter A auf ein Problem und Regelungsbedürfnis ab. Da steht: "Das Gesetz schließt eine Lücke..." - ich zitiere unvollständig, aber wörtlich - "Diese Lücke besteht, weil die Sicherungsverwahrung nach § 66 des Strafgesetzbuches... nicht nachträglich angeordnet werden kann."
Bei B als Lösung wird dann angedeutet: "Erlass einer landesgesetzlichen Regelung..." und unter C - Alternativen - steht: "Vorzugswürdig wäre eine bundesweite Regelung einer nachträglich angeordneten Sicherungsverwahrung." Nun verstehe ich unter alternativ entweder/oder. Wenn ich mich zwischen entweder/oder zu entscheiden habe und schreibe "vorzugswürdig wäre eine bundesweite Regelung", dann, meine Damen und Herren, brauche ich Sie nur noch darauf hinzuweisen, dass seit August 2002 eine solche bundesweite Regelung besteht. Und wenn Sie Ihrem Vorblatt hätten folgen wollen, dann hätten Sie an dieser Stelle alternativ diese vorzugsweise gewürdigte Lösung wählen müssen. Das hätte natürlich bedeuten müssen, dass Sie Ihren Gesetzentwurf zurückziehen, meine Damen und Herren von der Landesregierung. Aber dass dies nicht geschehen ist, das ist, glaube ich, daraus abzuleiten, dass
Dr. Birkmann sein Amt als Justizminister sicherlich auch als ein politisches Amt wahrnehmen und Justizpolitik an dieser Stelle betreiben wollte und auch an einer Stelle betreiben wollte, wo es meiner Meinung nach unangebracht sei.
Mein Vorredner hat schon auf den Unterschied zwischen den zwei Lösungen hingewiesen. Freiheitsentziehende Maßnahmen bedürfen natürlich einer Grundlage, so weit sind sich sicher alle in diesem Haus einig. Es gibt zwei mögliche Grundlagen: Im Regelfall bildet natürlich das Strafrecht die Grundlage und im Ausnahmefall, und meistens auch nur zeitlich befristet - wir kennen ja bestimmte Regelungen wie Wegweisungsrechte usw. -, dient natürlich auch das präventive Polizeirecht als Grundlage für eine freiheitsentziehende Maßnahme. Und genau zwischen diesen zwei Alternativen ist hier zu unterscheiden. Die vom Bundestag beschlossene Lösung bezieht sich aus meiner Sicht vernünftigerweise auf das Strafrecht als Grundlage von freiheitsentziehenden Maßnahmen und legt die dort gefundene Lösung so an, dass das erkennende Gericht, also das Gericht, das den Fall berät und verhandelt, das praktisch alle Einzelheiten des Falles zur Kenntnis nimmt, gegeneinander abwägt, dass dieses erkennende Gericht einen Vorbehalt in das Urteil hineinschreibt. Es spricht ein Urteil im Rahmen des gesetzlich vorgegebenen Strafrahmens aus und es kann einen Vorbehalt aussprechen, wenn der Fall schwer wiegend genug ist. Wenn die Persönlichkeitsstruktur des Täters dieses erfordert, dann kann es einen Vorbehalt aussprechen und sagen: Nach Ende der Haft kann diese Person in Sicherungsverwahrung weiter verbracht werden, weil Ansatzpunkte aus dem Prozess, aus der Erfahrung des Prozesses, darauf schließen lassen, dass eine Gefährdung der Öffentlichkeit durch den Täter auch weiterhin besteht. Dies sagt dann der erkennende Richter und nach Abschluss oder gegen Ende der Strafe wird dann mit den Erfahrungen des Vollzugs, mit den Erfahrungen der Therapie und mit allen Erfahrungen, die sich angesammelt haben, die Entscheidung getroffen, ob dieser Straftäter, der dann seine gesetzlich vorgeschriebene Strafe abgesessen hat, weiterhin in Sicherungsverwahrung behalten werden kann. Diese Erkenntnis des erkennenden Gerichts und dieser Vorbehalt werden natürlich bei dieser Regelung nach präventivem Polizeirecht nicht benötigt und nicht in die Erfahrung mit einbezogen. Die Lösung, die jetzt gelten soll, ist ja so, dass auf Antrag der Justizvollzugsanstalt die Strafvollstreckungskammer, die zwar mit dem Strafvollzug beschäftigt war, nicht aber mit der ursprünglichen Urteilssprechung, über diesen Weg eine nachträgliche Sicherungsverwahrung ermöglicht. Wir halten den ersten Weg auf der Basis des Strafrechts natürlich für den vernünftigen Weg. Wir haben verfassungsrechtliche Bedenken bei dieser polizeirechtlichen Lösung. Wir wissen vor allen Dingen auch nicht, ob Polizeirecht letztendlich ausreichend ist für einen unbefristet auszusprechenden Freiheitsentzug, denn dieses ist in diesem Gesetz natürlich möglich, wenn auch mit Zwischenkontrollen, aber es ist ein unbefristeter Freiheitsentzug möglich nur auf der Basis
von präventivem Polizeirecht. Wir sehen in dieser nachträglich vom Ausschuss eingearbeiteten U-Haft einen Fingerzeig, dass dieses Polizeirecht doch offensichtlich nicht ganz ausreichend ist und hier noch eine nachträgliche Vermischung zwischen Polizeirecht und Strafrecht erfolgt. Wir sehen auch äußerst kritisch - das ist bis jetzt noch nicht angesprochen worden - die Einbeziehung von Ersttätern in dieses System. Bei dieser Schwierigkeit der Prognose - und da braucht man nur mit Leuten zu reden, die mit solchen Prognosen befasst sind -, bei dieser außerordentlichen Schwierigkeit hat es weder die Bundeslösung noch haben es die Länder, die vor der Bundeslösung eine Länderlösung eingeführt haben, Bayern, Baden-Württemberg, SachsenAnhalt, glaube ich, ich möchte nicht sagen, gewagt, das ist der falsche Ausdruck, na gut, doch gewagt, sie haben sich also nicht auf dieses Feld der Ersttäter mit vorgewagt, weil sie um all diese Schwierigkeiten der Prognose wissen, die ich bei einem Ersttäter nach Haftablauf stellen kann. Alle diese Länder haben nicht diese Ersttäter mit einbezogen, nur Thüringen. Ich muss gestehen, das ist natürlich eine sehr publikumswirksame Einbeziehung dieser Ersttäter, Herr Dr. Birkmann wird sich Entsprechendes dabei gedacht haben. Letztlich ist unser Standpunkt, wenn alternativ, wie im Gesetz vorgeschlagen, dann alternativ, dann aber bitte schön auf strafrechtlicher Basis, dann bitte Akzeptanz der Bundeslösung, Verzicht auf diese zusätzliche Landeslösung, die jetzt parallel zur Bundeslösung steht. Das heißt, der erkennende Richter, der bis jetzt diesen Vorbehalt aussprechen konnte oder könnte, der kann sich jetzt auf die Landeslösung verlassen. Derjenige, der die Landeslösung später vollziehen muss, kann sich auf den erkennenden Richter beziehen oder auch nicht. Das heißt, es ist auch unsystematisch, dass diese beiden Lösungen nebeneinander existieren, deshalb lehnen wir dieses Gesetz ab. Wir entscheiden uns klar für die Bundeslösung. Die Bundeslösung löst das unter A bezeichnete Problem, denn sie gestattet eine nachträglich angeordnete Sicherungsverwahrung und wir sehen keinen Zweck, dass dies durch eine fragwürdige und das Verfassungsrecht tangierende Lösung hier noch ersetzt und überboten werden soll. Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, das Grundgesetz hat dem Staat, also Bund und Ländern, das Gewaltmonopol übertragen und aus diesem Gewaltmonopol ergibt sich zwangsläufig, dass der Staat Bürgerinnen und Bürger vor Gewalt und Verbrechen zu schützen hat. Dafür kann sich der Staat - wie schon alle meine Vorredner dargestellt haben - verschiedener Mittel bedienen. Das eine ist das Strafrecht in Kompetenz des Bundes und ein anderes Mittel steht klassischerweise im Polizeirecht,
also nicht nur das Recht, welches die Polizei ausübt, sondern das Recht im Recht der Gefahrenabwehr. Um ein solches Gesetz handelt es sich hier in zweiter Beratung. Nach alter Rechtslage ist es so gewesen, dass bei gefährlichen rückfallgefährdeten Straftätern Sicherungsverwahrung nur im Erkenntnisverfahren angeordnet werden konnte. Wurde dies versäumt oder ergab die Gefährlichkeitsprognose, dass die Rückfallgefahr zum Zeitpunkt des Erkenntnisverfahrens nicht besteht, so wurde der Täter nach Verbüßung seiner Schuld entlassen. Soweit ein Straftäter nach der Strafe nicht weiter gefährlich ist - ich möchte es auch hier sagen, die Mehrzahl der Fälle ist es nicht -, ist das auch richtig. Für den Fall aber, dass sich der Täter erst im Vollzug als gefährlicher Hangverbrecher entpuppt, bestand jedoch keinerlei Handhabe und sie besteht auch nach wie vor nicht. Die Sicherheit der Bürger vor Gewaltverbrechen im Einzelfall ist in diesem Fall erheblich gefährdet und das ist ein unakzeptabler Zustand, meine Damen und Herren.
Der Bund wollte, nachdem er viele Vorschläge unionsgeführter Länder in dieser Sache abgelehnt hat - übrigens mit dem Hinweis gerade, dass diese die Gefahrenabwehr beträfen und damit Länderkompetenz betroffen wäre -, will er nun diese Sache mit der so genannten Vorbehaltslösung lösen, aber weit gefehlt. Ein erkennendes Gericht kann nun vorbehaltlich die Sicherungsverwahrung anordnen. Die Entwicklung des Täters im Vollzug kann also mitbewertet werden. Allerdings gibt es gleich mehrere Haken an der Lösung, die ich auch darstellen möchte. Zum Ersten werden bereits einsitzende Täter, so genannte Altfälle Schätzungen von Experten sagen, die sind zwar mit Vorsicht zu genießen, es würde sich um insgesamt bundesweit 240 Täter dieser Art handeln; der Landesminster Goll von Baden-Württemberg sprach von 140 Tätern in den nächsten fünf Jahren - also diese Altfälle werden nicht erfasst. Und zum anderen werden Straftäter nicht erfasst, bei denen Gerichte den Vorbehalt nicht angeordnet haben. Das heißt, die Lösung, die auch die SPD favorisiert, ist in Wirklichkeit überhaupt keine. Der Vorteil einer bundesweiten Regelung, das möchte ich hier darstellen, wäre, dass durch eine bundesrechtliche Regelung bei der Gefährlichkeitsprognose auch eine Anknüpfung an die schwere Straftat möglich wäre. Im Übrigen hat gerade der Richterbund in seiner Stellungnahme auch deutlich gemacht, dass im Bund eben überhaupt keine Lösung gesehen wird. Also man könnte an die schwere Straftat anknüpfen. Wir können mit unserer Lösung, weil allein polizeirechtlich, nur an die Legalbiografie anknüpfen, das heißt, man kann sich allein auf das Verhalten der Betroffenen im Vollzug stützen. Nachdem aber die Bundesregierung wiederholt durch den Parlamentarischen Staatssekretär im Justizministerium im Bundesrat und nun aber auch bei den bereits angesprochenen Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht unterstrichen hat, dass dies Landeskompetenz sei, ist es wohl so und wir ziehen auch unsere Konsequenz hieraus. Nur, Herr Schemmel, die SPD im Land, die verstehe ich nicht, denn selbst die bayerische SPD hat das bayerische Gesetz
mehrheitlich unterstützt, in Sachsen-Anhalt hat sie es damals noch in Regierungsverantwortung eingebracht. Warum sie nun aus kompetenzrechtlichen Erwägungen dieses Gesetz ablehnen,
ist nicht einzusehen. Ich habe ja schon den Unterschied zur Bundeslösung dargestellt. Ich glaube, wenn Sie sich wie in anderen Zusammenhängen auf den Willen der Masse der Wähler, der noch dazu von den meisten Experten und Fachleuten gefordert wird, stützen würden, würden Sie auch besser fahren und das Gesetz mit beschließen.
Waren Sie bei den Anhörungen dabei, Frau Ellenberger? Ich glaube nicht. Die Fachleute haben mehrheitlich gesagt, das habe ich in der Berichterstattung auch dargelegt, dass sie diese Lösungen grundsätzlich unterstützen.
Nochmals zur Vorbehaltslösung: Der Unterschied zu Ihrer Lösung ist im Grunde nur folgender: Wir behalten bei den Tatbestandsvoraussetzungen gesetzlich den Vorbehalt vor, den bei Ihnen erst ein Gericht aussprechen muss mit den von mir angesprochenen Folgen. Die Unwägbarkeiten der Gefährlichkeitsprognose, die ja hier angesprochen wurden, haben Sie übrigens auch in Ihrer für ausreichend befundenen Bundesregelung. Insoweit sind Sie ja argumentativ nicht gerade konsequent.
Im Übrigen möchte ich auch darauf hinweisen, dass wir schon sehen, dass die nachträgliche Sicherungsverwahrung ein gravierender Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen ist, weil sie - wie Sie schon angesprochen haben - unbefristet ausgesprochen werden kann. Aber gerade deshalb haben wir alle denkbaren Verfahrensgarantien zugestanden. Wir haben zwei Sachverständige, einen unabhängigen, einen aus der JVA, der nach der von uns eingebrachten Änderung nicht mehr mit der Therapie des Betroffenen befasst gewesen sein darf; wir haben eine öffentliche Verhandlung vor der Strafvollstreckungskammer, wir haben anwältlichen Beistand und mindestens aller zwei Jahre eine Überprüfung der Entscheidung. Also, meine Damen und Herren, ich denke, wir haben hier aus unserer Sicht alles Mögliche getan, um diesen schweren Eingriff rechtsstaatlich möglich zu machen.
Nun noch zur PDS: Ihre Haltung, Herr Dittes, zur Sicherungsverwahrung und zu polizeilichen Maßnahmen überhaupt ist bekannt. Nachdem Ihre politischen Vorgänger bekanntlich alles und jede Maßnahme in Kauf nahmen, um ein System zu schützen, haben Sie sich - und ich persönlich nehme es Ihnen auch ab - davon abgewandt und distanziert. Sie haben sich distanziert, behaupten nun das Gegenteil. Bei Ihnen hat offensichtlich der Täterschutz
Priorität. Man mag darüber streiten, ob dies besonders klug und sinnvoll ist. Sie kennen unsere Meinung zu Ihrer Meinung. Ihre Befürchtungen, dass etwa Gerichte diese Regelung ausnutzen könnten, ist an dieser Stelle unbegründet, denn die Erfahrungen zeigen ja gerade, dass Gerichte sehr verantwortungsvoll mit solchen Regelungen umgehen. Folglich halte ich Ihre Haltung auch hier nicht für sachgerecht. Aber sie ist wenigstens - das gestehe ich Ihnen zu konsequent, im Gegensatz zur SPD.
Nun zum angesprochenen Feld der Ersttäter: Zum einen muss ich hier einmal ganz deutlich sagen: Es ist ein Gefahrenabwehrgesetz und Gefahren wollen wir abwehren, die in Zukunft bestehen. Die bestehen bei Wiederholungstätern und bei Ersttätern. Deswegen ist es sachgerecht, dass wir den Ersttäter hier mit einbeziehen.
Im Übrigen darf auch nicht der Eindruck entstehen, als würde sozusagen ein Freischuss des schweren Verbrechens bestehen bis dann irgendwann einmal eine nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet werden könnte.
Zum angesprochenen langen Verhandlungsstand im Landtag: Herr Dittes, wie man es macht, ist es verkehrt. Die Opposition in den Landtagen, in denen das Gesetz bisher durchgebracht wurde, hat jedes Mal kritisiert, dass es zu schnell gegangen sei. Wir haben es nun wirklich sehr ausführlich gemacht, uns der Sache intensiv gewidmet, aber das ist nun auch nicht richtig.
Ich möchte noch auf einen zweiten Punkt eingehen - die angesprochene Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention: Ich darf einmal ganz kurz aus dem Artikel 5 EMRK, auf den Sie sich beziehen, zitieren, in Absatz c steht: "Freiheitsentziehung sei dann möglich, sofern begründeter Anlass zur Annahme besteht, dass es notwendig ist, den Betreffenden an der Begehung einer strafbaren Handlung zu hindern." Wo hier eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention ist, sehe ich nicht. Im Übrigen möchte ich mal darauf hinweisen, die Europäische Menschenrechtskonvention, die nicht weit von diesem Artikel entfernt im Absatz 1 e es erlaubt, Landstreichern die Freiheit zu entziehen, diese Europäische Menschenrechtskonvention kann uns doch nicht verbieten, dass wir schweren Sexualstraftätern auch die Freiheit entziehen.
Meine Damen und Herren, wir nehmen das berechtigte Bedürfnis unserer Bürger, in Sicherheit vor Verbrechen zu leben, ernst und ich bitte namens unserer Fraktion um Zustimmung. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, Sie können in der heutigen "Thüringer Allgemeinen" erneut einen Fall lesen, dass in der letzten Woche zwei junge Mädchen Opfer eines Vergewaltigers wurden, und zwar vermutlich ein und desselben Vergewaltigers. Ich glaube, dass diese Dinge, aber nicht nur der jetzige Vorfall, durchaus Grund genug sind, dass wir uns hier im Thüringer Landtag Gedanken machen, wie man solche Dinge verhindern kann. Dies ist auch der Grund, dass wir hier ein Gesetz eingebracht haben bzw. mein Vorgänger - ich stehe aber hinter diesem Gesetz -, um auch die letzten Lücken, die nach unserer Auffassung vorhanden sind zur Verhinderung von schweren und schwersten Straftaten, zu schließen.
Ich denke, dass diese furchtbaren Verbrechen, die von häufig einschlägig vorbestraften Tätern begangen worden sind, dazu Anlass geben, zu überlegen, dass der Schutz der Bevölkerung - und das ist unser Ansatz - vor hochgefährlichen Hangtätern höchste Priorität genießen muss.
Die aktuelle Rechtslage birgt das Problem, nur dann eine Sicherungsverwahrung anordnen zu können, wenn bereits bei der Verhängung der Freiheitsstrafe prognostiziert werden kann, dass der Täter infolge seines Hanges zu erheblichen Straftaten für die Allgemeinheit weiter gefährlich ist. Es ist also auch hier eine Prognoseentscheidung, die allerdings zu einem sehr frühen Zeitpunkt erfolgen würde durch das erkennende Gericht, das über die Bestrafung des Täters zu entscheiden hat. Nun kommt ein ganz wesentlicher Punkt. Stellt sich diese Gefahr erst während des Vollzugs der Freiheitsstrafe heraus, ist der unter Umständen hochgefährliche Straftäter trotz dieser Erkenntnis nach Verbüßung der Strafe aus der Haft zu entlassen. Daran ändert auch das neue Bundesgesetz zur Einführung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung nichts. Wenn kein entsprechender Vorbehalt im Urteil ausgesprochen wurde, ist eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung einfach nicht mehr möglich.
Es bietet die Möglichkeit, nach der Verurteilung und vor der Haftentlassung über die Notwendigkeit eines sichernden Gewahrsams entscheiden zu können. Sowohl mein Amtsvorgänger, Herr Dr. Birkmann, als auch ich haben viel Wert darauf gelegt, den Entwurf in einer breit angeleg
ten Diskussion zu erörtern, um ihn im Interesse unserer Gesellschaft im parlamentarischen Beratungsverfahren zum Konsens führen zu können. Dies ist auch geschehen.
Daher möchte ich heute besonders dem Innen- und dem Justizausschuss für die intensiven Beratungen danken. Diese waren sehr hilfreich. Der Justizausschuss hat die Vertreter der Praxis sowie Sachverständige angehört, die uns in unserer Auffassung bestärkt haben. Es gab auch kritische Stimmen, das will ich nicht verschweigen. Im Ergebnis bin ich jedoch der Auffassung, sprechen bessere fachliche und verfassungsrechtliche Gründe für den Gesetzentwurf der Landesregierung. Ich freue mich, dass der Justizausschuss mit seiner Beschlussempfehlung diese Auffassung teilt. Die von den Ausschüssen empfohlenen Änderungen des Entwurfs haben wir aufgegriffen und unterstützt. Die Konkretisierungen wurden in der Tat notwendig wegen der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung zu den bereits existierenden Straftäterunterbringungsgesetzen in den Ländern Sachsen-Anhalt, Bayern und Baden-Württemberg, insbesondere, was die Absicherung des Verfahrens durch eine analoge Anwendung der Haftbefehlsregelungen der Strafprozessordnung angeht. Zudem musste der Entwurf das neue Bundesgesetz zur Einführung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung vom August 2002 berücksichtigen. Schließlich ist der Justizausschuss einer Anregung der Frau Datenschutzbeauftragten gefolgt und hat den Entwurf an einer Stelle nochmals ein wenig klargestellt. Das findet unsere volle Unterstützung. Es waren damit keine wesentlichen Änderungen verbunden, aber es war sehr sinnvoll. Der Entwurf entspricht inhaltlich nach wie vor den Landesgesetzen von Sachsen-Anhalt, Bayern und Baden-Württemberg, von Detailregelungen einmal abgesehen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei aller Diskussion um Kompetenz und verfassungsrechtliche Fragen möchte ich einen Aspekt nochmals besonders hervorheben. Der Entwurf enthält alle denkbaren verfahrensrechtlichen Garantien für den Betroffenen, zwei Gutachter, öffentliche Verhandlung mit umfassenden Anhörungsrechten etc. und eben auch bewusst hohe tatsächliche Voraussetzungen für eine Unterbringung. Deshalb deckt er nach meiner Auffassung sämtliche verfassungsrechtlichen Risiken ab, im Gegensatz zu der Auffassung von Ihnen, Herr Dittes. Ein noch verbleibendes Prognoserisiko ist von den Tätern, nicht von den Opfern zu tragen.
Ich möchte noch auf einige Einwände eingehen, die hier angesprochen worden sind. Es ist hier angesprochen worden, dass eine Gesetzgebungskompetenz des Freistaats Thüringen nicht bestehe. Wenn Sie "Die Welt" vom 14. November 2002 lesen, werden Sie merken, dass dort Frau Zypries, die Bundesjustizministerin, Folgendes gesagt hat: "Es handle sich um eine Materie der Gefahrenabwehr. Dies sei Polizeisache und gehöre daher in die Zuständigkeit der Bundesländer. Folglich müssten diese die rechtlichen Voraussetzungen schaffen." Und sie hat ausdrücklich die Länder aufgefordert, wenn sie dies denn tun wollen, weil dies auf Bundesebene keine Mehrheit bei
SPD und Grünen finden würde - das war der Hintergrund -, zu einer solchen Maßnahme zu greifen und entsprechende polizeirechtliche Landesgesetze zu schaffen. Es liegt auch nicht, wie gelegentlich eingewandt worden ist, ein Verstoß gegen den Grundsatz nulla poena sine lege vor und auch nicht gegen das Verbot der Doppelbestrafung. Artikel 103 Abs. 2 und 3 des Grundgesetzes sind hier nicht anwendbar, denn die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung ist eben keine Strafe, sondern eine präventive Maßnahme der Gefahrenabwehr.
Maßgeblich ist der von Strafen unterschiedliche Zweck, nicht die Wirkung der Sanktion auf den Betroffenen. Sanktion begangenen kriminellen Unrechts einerseits und Abwehr zukünftiger Gefahren andererseits sind wesensverschieden. Herr Schemmel hat hier einen zusätzlichen Einwand gebracht, und zwar hat er sich auf den Ersttäter bezogen. Die jetzt von uns vorgenommene Regelung ist an sehr strenge Voraussetzungen gebunden. Dies ist verfassungsrechtlich zulässig und in Ordnung, nämlich aufgrund der sehr strengen Voraussetzungen. Es muss eine Mindeststrafe von fünf Jahren vorliegen und es muss sich um eine Strafe aus dem Katalog der nur in Betracht kommenden Straftaten handeln, das heißt, die Straftaten müssen besonders schwer wiegend gewesen sein. Aus diesem Grund muss bereits eine hohe Gefährlichkeit des Täters indiziert sein. Außerdem muss eine erhebliche gegenwärtige Gefahr bestimmter ebenfalls besonders schwer wiegender Straftaten durch das Gericht dann festgestellt werden. Es handelt sich hier um eine Kannbestimmung, so dass das Gericht dies natürlich nach sorgfältiger Prüfung zu entscheiden hat und damit natürlich auch dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen hat. Zudem ist das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen - ich halte dies für sehr wichtig - nur von einem Gericht ich muss noch einmal darauf hinweisen, das geschieht nicht etwa in einem polizeilichen Verfahren - zu prüfen mit streng rechtsstaatlichen Garantien für den Straftäter und auch mit der Garantie, dass ihm ein Verteidiger bestellt werden muss. Die Verhältnismäßigkeit durch die gesetzlichen Regelungen ist gewahrt. Es ist davon auszugehen, dass das Gesetz auch nicht einer verfassungsgerichtlichen Endüberprüfung nicht mit Erfolg widerstehen wird. Auch die Einwände, die hier vorgetragen worden sind, dass das Gesetz mit Europarecht, der Europäischen Menschenrechtskonvention, kollidieren könnte, sind aus unserer Sicht nicht durchgreifend. Es gibt in Europa Länder, die nicht so liberal sind wie die Bundesrepublik Deutschland. Dort ist es nämlich möglich, sehr lange Freiheitsstrafen zu verhängen oder gar unbestimmt zu verurteilen und erst dann zu entlassen, wenn man weiß, dass der Betreffende für die Gesellschaft nicht mehr gefährlich ist. Dies entspricht nicht unseren Vorstellungen, sondern man versucht hier eine verhältnismäßig ausgewogene Freiheitsstrafe bei schweren Straftaten zu verhängen und dann später - und das war auch nach den Bundesgesetzen bislang der Fall - dann entsprechend durch eine Sicherungsverwahrung bzw. eine