Protokoll der Sitzung vom 03.04.2003

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, sehr verehrte Vertreter auf den Regierungsbänken, verehrte Gäste auf der Besuchertribüne, ich eröffne unsere 82. Plenarsitzung des Thüringer Landtags am heutigen 3. April 2003. Neben mir haben Platz genommen Herr Abgeordneter Huster und Herr Abgeordneter Seela. Der Abgeordnete Seela wird die Rednerliste führen. Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt: Herr Abgeordneter Böck, Herr Abgeordneter Bergemann, Frau Abgeordnete Wolf. Das waren die Entschuldigungen.

Dann möchte ich einige Hinweise geben, und zwar: Im Foyer des neuen Gebäudes lädt die UNICEF Arbeitsgruppe Erfurt zum Kauf von Osterkarten zugunsten von UNICEF ein. Das Diakonische Bildungswerk hat heute zu einem parlamentarischen Abend eingeladen, der nach dem Ende der Plenarsitzung gegen 20.00 Uhr stattfindet.

Begleitend zu den Plenartagungen und zur Regierungserklärung, die wir morgen hören werden, des Ministers für Bundes- und Europaangelegenheiten und Chefs der Thüringer Staatskanzlei wird informiert durch eine Präsentation über Raumordnung und Landesplanung im Freistaat.

Dann möchte ich, liebe Kolleginnen und Kollegen, einige Hinweise noch zur Tagesordnung geben. Die Tagesordnung wird wie folgt ergänzt:

(Unruhe im Hause)

Darf ich um Aufmerksamkeit bitten, es wird nämlich gleich ernst.

Zum TOP 1, Regierungserklärung des Ministerpräsidenten "Die Sicherheitslage in Thüringen", wurde ein Entschließungsantrag der Fraktion der SPD in Drucksache 3/3235 gleichen Titels verteilt. Dazu möchte ich, liebe Kolleginnen und Kollegen, doch einige Anmerkungen machen in Übereinstimmung mit den jahrelangen Gepflogenheiten und in allgemeiner Anerkenntnis der bisher auch in den Fraktionen unbestrittenen Rechtslage in diesem hohen Haus: Zunächst die Bemerkung, dass der Titel "Die Sicherheitslage in Thüringen" in Ordnung ist, ohne Zweifel. Liest man allerdings den Inhalt der Entschließung, dann kann man allenfalls und auch nur bei wohlwollendster Betrachtung einen bestenfalls mittelbaren, jedenfalls so vom Antragsteller selbst unausgesprochenen Bezug zum genannten Thema "Die Sicherheitslage in Thüringen" herstellen. Die Entschließung enthält dazu jedenfalls unmittelbar kein Wort, nicht ein einziges. Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen, fällt letztlich aber der tatsächlich letzte Rest vom eigentlichen Kompetenzbewusstsein unseres Hauses, wel

ches wir in der Vergangenheit zumindest noch formal wenigstens nach außen vorzugeben wussten, sei es durch zwar umstrittene, aber doch zumindest formal angenommene Kontrolltätigkeit gegenüber der Landesregierung im Bundesrat, sei es, so Alternative zwei, mittels Andockung an wenigstens formal vorhandene tatsächliche Landeskompetenzen. Das alles ist mit dem Antrag in Drucksache 3/3235 entfallen, und das in einer Zeit, in der kein Geringerer als der Bundespräsident unseres Landes, Johannes Rau, es den Parlamenten am Montag dieser Woche ins Stammbuch schrieb, in Anwesenheit übrigens aller Fraktionsvorsitzenden dieses Hauses - ich darf kurz eine Passage zitieren: "Wer kennt sie nicht, die Landtagssitzungen...", die mit der Beratung von weltpolitischen Themen, mit der Wiederholung von Bundestagsdebatten - und soviel ich weiß, war es der Bundestagsabgeordnete Herr Matschie, der als Erster auf diese Entschließung in der Öffentlichkeit hingewiesen hat - "gefüllt und vertan werden? Meist wäre die auf derlei verwandte Energie der Abgeordneten besser in die eigene Zuständigkeit investiert, sei es nun in gesetzgeberische Initiativen oder in eine selbstbewusste und gute Regierungskontrolle."

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn ich an dieser Stelle trotz der gegebenen Hinweise davon absehe, dem Artikel 48 Abs. 2 der Verfassung des Freistaats mittels Mehrheitsabstimmung in diesem hohen Hause Geltung zu verschaffen, dann einzig und allein aus dem Grund, dass ich einem möglichst einvernehmlichen Votum des Ältestenrats in der dort in gleicher Sache anhängigen Grundsatzfrage den Vorzug gebe gegenüber einem vermutlich geteilten Votum bezüglich eines einzelnen konkreten Antrags. Ich möchte dem Bemühen im Ältestenrat zu einem einmütigen, breit getragenen Grundsatzvotum bezüglich der künftigen Verfahrensweise in diesen Fragen nicht vorgreifen, jedenfalls nicht durch eine Abstimmung aus akutem Anlass, wie er heute hier vorliegt. Ich frage deshalb, ob diese Verfahrensweise die Zustimmung im hohen Hause findet. Wenn das der Fall ist, dann würden wir den Entschließungsantrag trotz der von mir gemachten Bemerkung an dieser Stelle aufnehmen. Ja? Gut.

Das war zu Tagesordnungspunkt 1. Dann haben wir Tagesordnungspunkt 3 - Gesetz zur Änderung des Thüringer Hochschulgesetzes sowie des Gesetzes über die Aufhebung der Pädagogischen Hochschule Erfurt.

(Unruhe im Hause)

Gibt es noch Unruhe dazu? Wir können auch eine Abstimmung machen. Nur, man kann so etwas grundlegend in dem Gremium, wo es hingehört, noch einmal diskutieren. Gut. Also Tagesordnungspunkt 3, da gibt es einen Änderungsantrag der Fraktion der SPD in Drucksache 3/3234. Dann haben wir die Fragestunde in Tagesordnungspunkt 13. Da kommen folgende Mündliche Anfragen hinzu: Drucksachen 3/3219/3224/3226/3227/3231.

Jetzt frage ich: Wird der vorliegenden Tagesordnung mit den von mir gegebenen Hinweisen widersprochen?

Die SPD-Fraktion beantragt, den Antrag "Wirksamkeit der Arbeit des Bürgerbeauftragten" in Drucksache 3/3223 in die Tagesordnung aufzunehmen. Wir beantragen das nach Tagesordnungspunkt 11, also nach Abarbeitung der üblichen Anträge; das wäre am morgigen Freitag und damit wäre der Antrag auch fristgerecht eingegangen.

Weitere Hinweise sehe nicht. Dann stimmen wir darüber ab. Wer mit der Aufnahme dieses Tagesordnungspunkts in Drucksache 3/3223 einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. Das ist keine Mehrheit. Die Gegenprobe. Enthaltungen? Dann ist es doch mit Mehrheit aufgenommen bei einer großen Anzahl von Enthaltungen und einigen

(Heiterkeit im Hause)

Gegenstimmen. Die Platzierung nach Tagesordnungspunkt 11 ist damit unstrittig. Dann können wir die Tagesordnung so als festgestellt gelten lassen.

Ich darf jetzt den Ministerpräsidenten des Freistaats Thüringen bitten, uns zu Tagesordnungspunkt 1

Regierungserklärung des Ministerpräsidenten "Die Sicherheitslage in Thüringen" dazu: Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 3/3215 dazu: Entschließungsantrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/3235

die angekündigte Regierungserklärung zu halten.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, am Morgen nach dem Beginn der bewaffneten Auseinandersetzungen im Irak, am 20. März, habe ich die Frau Präsidentin gebeten, heute eine Erklärung zur Sicherheitslage in Thüringen abgeben zu können. Ich habe am gleichen Tag auch die drei Fraktionen dieses hohen Hauses von dieser Absicht unterrichtet. Es ist nur zu verständlich, dass die Ereignisse im Irak bei vielen Menschen Ängste wecken, dass niemand in Deutschland Krieg will und dass viele sich für den Frieden engagieren. Mir geht es heute in erster Linie darum, Ihnen und durch Sie den Bürgerinnen und Bürgern in unserem eigenen Land zu versichern, dass sich die Landesregierung auf die leider eingetretene Situation mit allen ihr zur

Verfügung stehenden Mitteln vorbereitet hat. In Thüringen besteht kein Anlass zur Sorge. Es gibt keinerlei Hinweise auf eine akute und konkrete Gefährdung, zumal sich in unserem Lande keine offiziellen britischen oder amerikanischen Einrichtungen und Institutionen befinden. Gleichwohl ist Wachsamkeit auch bei uns im Freistaat geboten. Wir wissen seit dem 11. September, dass niemand vor Terroranschlägen sicher sein kann. Wachsamkeit vor Terroranschlägen ist angebracht, insbesondere Wachsamkeit vor Anschlägen gegen amerikanische und britische Unternehmen und gegen jüdische Einrichtungen, Wachsamkeit aber auch vor grausamen Einzeltätern, auch wenn nach unserer Erkenntnis bei uns im Freistaat nur rund 100 ausländische Mitbürger extremistischen Organisationen angehören. Wir wissen, dass die Zahl gewaltbereiter Islamisten in Deutschland insgesamt auf über 30.000 geschätzt wird; so der aktuelle Verfassungsschutzbericht des Bundes, der uns vorliegt. Wir wissen, dass die Terroristen, die die Anschläge in den USA verübt haben, ihre verabscheuungswürdigen Taten auch in Deutschland vorbereitet haben. Die Festnahme von sechs islamistischen Extremisten vor zwei Wochen in Berlin ist ein Beleg dafür, dass es weiterhin intakte Terrorzellen von islamistischen Gruppierungen gibt, die weltweit und damit auch in Deutschland Anschläge verüben könnten. Und wir müssen auch in Thüringen die Ankündigung des irakischen Diktators Saddam Hussein ernst nehmen, dass weltweite Terroristen für Vergeltungsakte bereitstünden.

Meine Damen und Herren, es gibt begründete Ängste, die man ernst nehmen muss, und es gibt unbegründete Ängste, die man abzubauen versuchen muss. Für die Thüringer Landesregierung steht die Sicherheit ihrer Bürgerinnen und Bürger an erster Stelle. Deshalb tun wir in enger Zusammenarbeit mit anderen Landesregierungen und der Bundesregierung alles, was in unserer Macht steht, um die Sicherheit der Menschen in unserem Lande zu gewährleisten. Der Innenminister hat die nötigen Maßnahmen ergriffen und die Sicherheitsvorkehrungen nach dem Beginn der bewaffneten Auseinandersetzungen deutlich verstärkt. Besonders gefährdete Gebäude - dazu gehört beispielsweise die Erfurter Synagoge, aber dazu gehören auch moslemische Moscheen und Gebetshäuser in unserem Lande - werden verstärkt überwacht. Das Thüringer Landeskriminalamt hat dem Verband für Sicherheit in der Wirtschaft und den Industrie- und Handelskammern in Erfurt, Gera und Suhl umfangreiche Materialien mit Sicherheitshinweisen für gefährdete Wirtschaftsunternehmen zugänglich gemacht. Weil bei Terroranschlägen eine schnelle und koordinierte Reaktion notwendig ist, haben wir bereits nach dem Anschlag vom 11. September einen interministeriellen Arbeitsstab für Notfallfragen eingerichtet, in dem das Innenministerium, das Wirtschaftsministerium, das Umweltministerium, das Gesundheitsministerium und die Staatskanzlei vertreten sind. Dieser Stab ist im Alarmfall sofort arbeitsfähig und hat die Aufgabe, in Krisensituationen die Thüringer Ministerien ständig zu unterrichten, Maßnahmen der Ministerien zu koordinieren und Empfehlungen für Entscheidungen des

Kabinetts und der Ministerien zu erarbeiten. Ebenfalls unmittelbar nach den Anschlägen vom 11. September hat das Landeskriminalamt eine Koordinierungsstelle Terrorismusbekämpfung eingerichtet, in der unter anderem Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft, des Landesamts für Verfassungsschutz und des Landesverwaltungsamts mitarbeiten. Alle Thüringer Schulen sind mit aktuellen Materialien zur Krisenbewältigung ausgestattet worden. Niemand von uns rechnet mit Schadensereignissen in Thüringen; wenn sie aber wider Erwarten eintreten sollten, sind wir gerüstet. Neben der Polizei sind die Feuerwehren ein wichtiges Rückgrat unserer Gefahrenabwehr und die mehr als 162 Mio.     seit 1991 Ausstattung und Ausrüstung der Feuerwehr gefördert haben, erweisen sich einmal mehr als gut angelegtes Geld. Beinahe 50.000 hauptamtliche und ehrenamtliche Feuerwehrleute, rund 7.000 Helfer in den Hilfsdiensten wie dem THW, der DLRG und dem ASB, dem Roten Kreuz, der JohanniterUnfall-Hilfe, dem Malteser-Hilfsdienst u.a. stehen bei besonderen Gefahrensituationen bereit. Ihre Einsatzbereitschaft im Katastrophenfall haben die Thüringer Helfer während ihres Hochwassereinsatzes in Sachsen und Sachsen-Anhalt, aber auch beim Januar-Hochwasser hier bei uns eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

(Beifall bei der CDU)

Der Thüringer Sozialminister hat Maßnahmen getroffen, die die medizinische Versorgung der Bevölkerung im Katastrophenfall sichern. Dazu gehört die Aufstellung eines Thüringer Notfallbettenplans, der sicherstellt, dass in den Thüringer Krankenhäusern eine große Zahl von Patienten schnell und zusätzlich medizinisch versorgt werden könnte. Dazu gehört eine umfassende Übung der Krankenversorgung im Katastrophenfall, die vor wenigen Wochen in Erfurt erfolgreich durchgeführt worden ist. Damit im Krisenfall ausreichende Mengen an Medikamenten zur Verfügung stehen, wurden in Thüringer Krankenhäusern zusätzlich vier Notfalldepots für Arzneimittel und Medizinprodukte eingerichtet. Wir haben Vorbereitungen für den Fall eines Anschlags mit atomaren, biologischen oder chemischen Waffen getroffen. Von den 28 geplanten ABCErkundungsfahrzeugen, die uns der Bund zugesagt hat, sind inzwischen 27 bei den kommunalen Feuerwehren stationiert. Die notwendige Ausbildung der Fahrzeugbesatzungen wurde von der Landesfeuerwehr- und Katastrophenschutzschule kurzfristig realisiert und ein Konzept für die Organisation und Durchführung einer Pockenschutzimpfung aller Thüringerinnen und Thüringer für den Notfall ist erarbeitet worden.

Weil auch Anschläge, die die Lebensmittelsicherheit gefährden, nicht völlig auszuschließen sind, sind schnelle Untersuchungsmöglichkeiten unverzichtbar. Deshalb bereiten wir im Rahmen der Verwaltungskooperation der Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen eine entsprechende Zusammenarbeit der zuständigen Behörden und Einrichtungen vor. Im Übrigen haben wir schon nach dem 11. September dafür gesorgt, dass das Landesamt

für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz sein Personal verstärken konnte. Leider ist die Zahl der Trittbrettfahrer seit Beginn der Auseinandersetzungen im Irak wieder angestiegen. Meine Damen und Herren, wer mit falschen Drohungen Angst und Unsicherheit schürt, der betreibt das Geschäft der Terroristen und ihrer Helfershelfer.

(Beifall bei der CDU, SPD)

So bedauerlich diese Taten sind, so erfreulich ist es, dass sich ein deutliches Gefahrenbewusstsein bei den Bürgern unseres Landes gebildet hat. In jedem Fall konnten die Risiken für die Betroffenen und die Einsatzkräfte durch angemessenes Verhalten vermindert werden. Natürlich, meine Damen und Herren, ist die Polizei bei der Bekämpfung von Straftaten mit extremistischem und terroristischem Hintergrund besonders gefragt. Darum danke ich den Polizistinnen und Polizisten für ihr Engagement und für ihre Wachsamkeit.

(Beifall im Hause)

Dass Thüringen im Vergleich der Kriminalstatistik als eines der sichersten Länder Deutschlands gilt, ist vor allem das Verdienst der Polizei.

(Beifall bei der CDU)

Natürlich sind die Polizeikräfte auf Rahmenbedingungen angewiesen, die ihnen ein effektives Arbeiten ermöglichen. Weil die Prävention bei der Bekämpfung von Terroranschlägen entscheidende Bedeutung hat, haben wir in der Novelle des Polizeiaufgabengesetzes im Juni dieses Jahres auch Konsequenzen aus der terroristischen Bedrohung gezogen. Wir haben die Videoüberwachung an gefährdeten Objekten ermöglicht, wir haben das Gesetz in mehreren Regelungen um das Rechtsgut des Bestandes des Bundes oder eines Landes erweitert und wir haben die Möglichkeit zur Überwachung von Daten der Telekommunikationsanbieter verbessert. Wir haben bei den Bestimmungen zur Rasterfahndung die jüngsten Erfahrungen berücksichtigt, die wir nach der bundesweiten Fahndung nach den Tätern des 11. September gemacht haben. Es gehört zur Stärkung der inneren Sicherheit, dass niemand verunsichert werden darf.

(Beifall bei der CDU)

Aber es gehört auch dazu, dass wir in der Lage sind, möglichen Notfällen entschieden zu begegnen. Mit unserem "Programm für mehr Sicherheit in Thüringen" - nach den Terroranschlägen in den USA beschlossen und inzwischen weitgehendst umgesetzt - haben wir die personelle und materielle Ausstattung der Thüringer Ermittlungsbehörden entscheidend verbessert. Dazu gehört die Inbetriebnahme des bundesweiten neuen Informationssystems der Polizei des Bundes und der Länder, die Anschaffung neuer Techniken für erkennungsdienstliche Behandlungen, die Aus

stattung der Polizei mit Befehlskraftwagen und weiteren notwendigen Fahrzeugen, die personelle Verstärkung der Polizei, die vor allem den Bereichen Staatsschutz, Mobiles Einsatzkommando, Finanzermittlung und Verbrechensbekämpfung zugute kommt. Wir haben darüber hinaus die personelle Ausstattung für Justizbehörden verbessert und die Steuerfahndung, die Fällen von Geldwäsche nachgehen soll, mit Fachleuten verstärkt. Wir haben die Landesfeuerwehr- und Katastrophenschutzschule ausgebaut und ihre technische Ausstattung verbessert. Die für den Brandund Katastrophenschutz zusätzlich vorgesehenen Stellen im Innenministerium sind weitgehend besetzt.

Wir versuchen so nach Kräften Voraussetzungen zu schaffen, um auf terroristische Gefahren vorbereitet zu sein. Aber wir sind uns auch bewusst, dass terroristische Angriffe, auch Naturkatastrophen und Unglücksfälle nur mit gesamtstaatlichen Maßnahmen bewältigt werden können. Ich begrüße es deshalb, dass wir auf der Ministerpräsidentenkonferenz in der vergangenen Woche beschlossen haben, die herkömmliche Unterteilung in Zivilschutz und Katastrophenschutz neu zu ordnen, denn es gibt Gefährdungen und Bedrohungen, die nur mit Hilfe der Bundeswehr bewältigt werden können. Die Bundeswehr muss in der Lage sein, Polizei und Bundesgrenzschutz in außergewöhnlichen Gefahrensituationen zu entlasten.

Die Vorbeugung vor terroristischen Anschlägen ist die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist die Verantwortung der Politik, Frieden und Freiheit zu sichern und alles daran zu setzen, dass es nicht zu bewaffneten Auseinandersetzungen kommt.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir beklagen, dass dieser Krieg nicht verhindert worden ist. Wir haben diesen Krieg nicht gewollt; die Politik, die Diplomatie haben versagt. Dieser Krieg wäre vermeidbar gewesen. Wir beklagen, dass es keine gemeinsame Abwehrfront gegen den grausamen Diktator Saddam Hussein gegeben hat, und wir beklagen, dass Europa und dass die internationale Staatengemeinschaft nicht mit einer Stimme gesprochen hat und dass sie auch weiterhin

(Beifall bei der CDU)

nicht fähig ist, mit einer Stimme zu sprechen. Wir beklagen, dass der Druck auf Saddam Hussein und sein verbrecherisches Regime nicht stärker und einmütiger gewesen ist.

(Beifall bei der CDU)

Wir bedauern, dass die Vereinten Nationen als Instrument der Friedensgewinnung und Friedenssicherung geschwächt worden sind. Obwohl der Weltsicherheitsrat einstimmig die Gefahr festgestellt hat, die das irakische Regime für den Weltfrieden darstellt, haben wir uns nicht auf ein ge

meinsames Handeln verständigen können. Wir sehen vor allem mit Besorgnis, dass unsere Bündnissysteme geschwächt sind und wir uns darum Sorgen um die Zukunft unserer eigenen Sicherheit machen müssen. Wir sind jetzt in einer Situation, so Hans-Ulrich Klose, in der im Grunde alles bedroht ist, die deutsch-amerikanischen Beziehungen, die europäische Einheit, die NATO und die Vereinten Nationen. Das jüngste EU-Gipfeltreffen in Brüssel bot ein beklagenswertes Bild. Wir brauchen jetzt mehr Gemeinsamkeit - nicht weniger; wir brauchen jetzt mehr Europa - nicht weniger.

(Beifall bei der CDU)

In diesem Punkt stimme ich mit dem Bundeskanzler überein, wenn er sagt, wir werden sowohl unsere Verantwortung als auch unsere mitgestaltende Rolle in einer multipolaren Weltordnung des Friedens und des Rechts nur dann umfassend wahrnehmen können, wenn wir das auf der Basis eines starken und geeinten Europas tun.

Meine Damen und Herren, für uns ist selbstverständlich, wir stehen auf der Seite der Freiheit und das bedeutet, wir dürfen die Eckpfeiler unserer eigenen Sicherheit nicht ins Wanken bringen.

(Beifall bei der CDU)

Wir müssen alles vermeiden, was die Fundamente dieser Eckpfeiler, die NATO und die Europäische Union, gefährdet. Aus diesem Grund begrüße ich, wie übrigens auch die Bundesregierung, ausdrücklich die Entscheidung, die das Bundesverfassungsgericht in der vergangenen Woche zu der deutschen Beteiligung an AWACS-Überwachungsflügen getroffen hat. Jede andere Entscheidung hätte die Handlungsfähigkeit des NATO-Bündnisses weiter schwer geschädigt.