Protokoll der Sitzung vom 03.04.2003

4. auf eine effektive Weiterentwicklung des Jugendschutzes drängen,

5. uns mit den so genannten legalen Drogen wie Alkohol und Nikotin stärker auseinander setzen und auf deren Gefährdungspotenzial hinweisen.

Dies alles müssen wir nicht nur tun, wir werden es auch in Thüringen tun. Denn dies ist nur eine Auswahl unserer Handlungsvorschläge, aber es ist mehr als der vermeintlich billige Ruf nach mehr Geld. Wir dürfen aber auch eines nicht tun, und das sage ich insbesondere an die Adresse der Kollegen von der PDS, wir dürfen Kindern

und Jugendlichen mit der Forderung nach der Legalisierung von so genannten weichen Drogen keine falschen Signale setzen in dieser Frage. Wir dürfen Drogen und Suchtmittel nicht verharmlosen und in deren Gefährdungspotenzial verniedlichen. Genau das ist es, was ich Ihnen vorwerfen muss. Herr Kollege Nothnagel, Sie haben vor einigen Wochen erst in einer Diskussionsveranstaltung mit Frau Pelke und mir auch diesen Vorschlag wieder unterbreitet und ich denke, es ist ein ganz eindeutig falscher Weg, wenn Sie auf diese Art und Weise Drogen verharmlosen.

Von konkreten Vorschlägen, die ich eben auch angesprochen habe, ist leider in dem vorliegenden Antrag der SPD-Fraktion noch nichts zu lesen. Auch in der vorhin schon von mir zitierten Pressemitteilung von Kollegin Pelke werden neue Formen der Präventionsarbeit zwar plakativ gefordert, aber es kommt nichts Greifbares nach. Ich kann nur hoffen, dass bei der Beratung des Berichts, wenn wir ihn dann hier im Landtag beraten können, bzw. bei den folgenden Beratungen im Ausschuss entsprechend diese Anregungen uns noch nachgereicht werden.

Der Antrag der SPD suggeriert allerdings, dass die Reduzierung der Landeszuschüsse für die Landesstelle gegen Suchtgefahren zum Zusammenbrechen der Sucht- und Drogenhilfe in Thüringen führen wird, und dies ist schlichtweg falsch. Auch das, was Sie in dieser Angelegenheit gerade gesagt haben, Frau Kollegin Nitzpon, ist falsch. Wirklichkeitsfremd ist im Übrigen auch die Aufforderung von Frau Kollegin Pelke an Sozialminister Pietzsch, er möge sich endlich dieses Problems annehmen. Dazu bedarf es nicht der Aufforderung der SPD. Die in den letzten Jahren entstandene Struktur in Thüringen mit insgesamt über 100 flächendeckenden Einrichtungen, 44 verschiedenen Trägern und rund 900 Mitarbeitern in der Sucht- und Drogenhilfe belegt, dass die Probleme nicht nur gesehen, sondern auch angegangen wurden und auch weiter angegangen werden.

Ich möchte ein paar Sätze noch zu den Finanzfragen sagen, Frau Nitzpon, weil Sie das konkret angesprochen haben: Die Beratungen zum aktuellen Thüringer Landeshaushalt waren bereits vor über vier Monaten und da überrascht es mich jetzt schon, dass wir in dieser Form, in dieser Dramatik auch, wie Sie es, Frau Pelke, in Ihrer Pressemitteilung beschrieben haben, diese Diskussion jetzt hier führen und dass Sie sich jetzt dieses Themas annehmen. Es ist leider zutreffend, und das hat Frau Nitzpon ja auch gesagt, im Haushalt 2003 wurden die freiwilligen Zuwendungen für laufende nicht investive Maßnahmen, also Suchtprävention, Suchtberatungsstellen, betreutes Wohnen für Suchtkranke, die Landesstelle gegen die Suchtgefahren und Selbsthilfe und Maßnahmen zum Aufbau neuer Projekte der Eingliederungshilfe und Investitionsmaßnahmen teilweise deutlich reduziert.

Wir können und wir werden keine erneute Haushaltsdiskussion führen, aber ich weise schon darauf hin, dass mir im Haushalt des Sozialministeriums zweifellos zahlreiche Titel einfallen, bei denen ich mir viel mehr Geld wünschen würde. Auch der Bereich der Sucht- und Drogenhilfe gehört hierzu. Aber, das müssen wir ehrlich sagen, wir haben dieses Geld derzeit nicht und wir wissen auch alle hier im Haus, dass sich die Situation in den letzten vier Monaten seit Beschluss des Thüringer Landeshaushalts nicht verbessert hat, im Gegenteil.

Vor diesem Hintergrund wurden die Haushaltsansätze des Landes reduziert. Es muss hier niemandem erklärt werden, dass dies nur in dem Bereich ging, wo das Land freiwillig zusätzliche Leistungen erbringt. Bei der Sucht- und Drogenhilfe sind die Grundlagen der zum Teil freiwilligen Landesförderung Richtlinien. Diese Richtlinien sind Ihnen weit gehend bekannt. Im Haushalt wurde auf Grundlage dieser Richtlinien insbesondere in den Bereichen der gesetzlichen Finanzierungsverpflichtung der Kommunen reduziert. Dies ist haushaltsrechtlich und von der Systematik her auch korrekt. Im Einzelnen wurde bei den Kürzungen aber darauf geachtet, dass die Präventionsarbeit, die für uns einen hohen und sehr zentralen Stellenwert hat, weiter geleistet werden kann. Für die Suchtprävention werden daher in diesem Jahr mit 420.000      ! 0    stehen wie im Jahr 2001.

Lassen Sie mich abschließend noch einige Sätze zur weiteren Arbeit der Sucht- und Drogenhilfe in Thüringen sagen: Seit nunmehr zwei Jahren, auch das wissen Sie, läuft sehr erfolgreich das Musikszeneprojekt "Drogerie". Dieses Projekt wird vom Land nahezu komplett finanziert und von der Suchthilfe in Thüringen, der SiT, umgesetzt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen genau dorthin, wo sie die jungen Leute erreichen - mit einem Informationsmobil zu Veranstaltungen oder mit umfänglichen Informationen zur Suchtgefahr ins Internet. Eine wichtige Aufgabenstellung und Forderung der Suchthilfe in Thüringen ist, den aufsuchenden Bereich zu verstärken, dies insbesondere mit Streetworkern und in der Jugendhilfe. Diese Forderung, und das sage ich ganz offen, muss in den örtlichen Jugendhilfeausschüssen aufgegriffen werden. Dies geht dann, auch das müssen wir ehrlich sagen, nicht mit Mitarbeitern über den zweiten Arbeitsmarkt, sondern nur mit Feststellen. Die Drogenproblematik, darauf ist hingewiesen worden, ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Sie findet dennoch keine breite Akzeptanz in der Diskussion. Dies führt dazu, dass die Verantwortung für Beratungs- und Aufklärungsarbeit oft ausschließlich den Selbsthilfegruppen, Suchtberatungsstellen oder den Krankenkassen zugewiesen wird. Genauso finden wir übrigens auch die Auflistung im vorliegenden Antrag der SPD. Ich vermisse da schon einige weitere Bereiche, wo große Verantwortung zu tragen ist, insbesondere der Schulbereich, der dabei ausgeblendet ist, aber auch der Jugendhilfebereich insgesamt oder die Verantwortung der Eltern. Das Land wird weiterhin auch die stationäre Dro

genhilfe, wie vor einigen Wochen bei der SiT hier in Thüringen, fördern. Wir benötigen weitere stationäre Therapieplätze und ambulante Betreuungsprojekte. Der Vorwurf des Geschäftsführers der Thüringer Landesstelle gegen Suchtgefahren Udo Holland-Letz, das Land fördere unverdrossen stationäre Einrichtungen und vernachlässige dabei den ambulanten Bereich, ist aber falsch, denn zu berücksichtigen ist dabei die Zuständigkeit. Für die Drogenberatungsstellen, das betreute Wohnen und die notwendigen ambulanten Dienste besteht die gesetzliche Leistungsverpflichtung für die Kommunen. Das Land wird dabei weiterhin helfen, aber eben nur helfen, und dies nur im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten. Das Land ist aber vor allem zur Erfüllung seiner eigenen gesetzlichen Aufgaben als überörtlicher Träger verpflichtet. Dazu gehören die Investitionen in Einrichtungen der Suchtkrankenhilfe, Tagesstätten, Wohnheimplätze und Übergangswohnheime gemäß dem Bundessozialhilfegesetz. Aber auch die im Antrag der SPD explizit aufgeführte Thüringer Landesstelle gegen Suchtgefahren kann und wird voraussichtlich auch weiter arbeiten. Denn die Reduzierung des Landeszuschusses um insgesamt 27.0000   $%   mit Personaleinsparungen im Verwaltungsbereich der Thüringer Landesstelle gegen Suchtgefahren zu kompensieren, ohne dass es dabei zu nennenswerten Leistungseinschränkungen kommen muss. Die Koordinierung von Projekten, Fortbildungsangeboten und Fachtagungen sowie die Unterstützung von Selbsthilfegruppen und -projekten wird deshalb auch weiterhin gewährleistet sein.

Ich darf zum Abschluss noch darauf hinweisen, ich hatte es eingangs gesagt, wir tragen den Antrag der SPD-Fraktion mit. Auch wir erwarten den ausführlichen Bericht des Ministeriums für Soziales, Familie und Gesundheit und werden ihn sicherlich ausführlich im Thüringer Landtag miteinander diskutieren, aber auch in den Ausschüssen. Ich bitte sie deshalb herzlich um eine sachgerechte Diskussion auch zu diesem Antrag.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Pelke zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Werter Kollege Panse, wenn wir uns nicht so gut kennen würden, dann könnte ich mich über Ihre Ausführungen sehr aufregen, aber da ich weiß, dass Sie es besser wissen, als Sie es hier vorn vortragen, kann ich mich doch relativ kurz fassen.

(Zwischenruf Abg. Panse, CDU: Bitte Bei- spiele.)

Ich werde Ihnen noch ein, zwei Beispiele nennen. Ich könnte natürlich jetzt darauf verweisen, kaum hat die SPD-Fraktion eine Presseerklärung gemacht, in der der Minister aufgefordert wird, im Bereich Sucht- und Drogenberatung bzw. in diesem Thema tätig zu werden, schon erfahren wir heute, dass es einen separaten Bericht gibt. Ich bin dem Minister sehr dankbar dafür, dass er das heute hier deutlich gesagt hat. Ich hätte mir natürlich gewünscht, es hätte dann auch uns möglicherweise etwas Arbeit erspart, wir hätten mal einen leisen Hinweis im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit bekommen, dass ein solcher Bericht geplant ist. Bei anderen Berichten, wo es um weniger problematische Themen geht, wird es immer ganz gern relativ früh im Vorfeld der geneigten Öffentlichkeit angekündigt, in dem Falle nicht.

(Zwischenruf Dr. Pietzsch, Minister für So- ziales, Familie und Gesundheit: Müssen Sie fragen!)

Ja, ich frage Sie demnächst über jede Möglichkeit eines Berichtes und dann werden wir sehen, ob wir dann im Ausschuss uns etwas vorher verständigen können. Nein, aber tatsächlich herzlichen Dank dafür, dass es einen Bericht gibt. Der Herr Minister hat das dankenswerterweise hier kurz angesprochen und darauf verwiesen, dass wir dann zum gegebenen Zeitpunkt über die Thematik diskutieren sollten. Ich halte das auch für richtig. Bei den Ausführungen von Herrn Panse war mir jetzt nicht klar, ob er nun als Vertreter der CDU-Fraktion den Bericht vorweggenommen hat oder möglicherweise im Vorfeld schon andere Erkenntnisse hat als die Oppositionsfraktionen.

(Zwischenruf Abg. Panse, CDU: Ich habe mich belesen, Frau Kollegin.)

Es ist schon ganz interessant, wie das teilweise hier abläuft. Ich sage Ihnen das noch einmal sehr deutlich an zwei, drei Punkten. Ein bestimmter Punkt ärgert mich, Kollege Panse. Sie reden hier und zitieren aus Presseerklärungen. Sie wissen ganz genau, wir waren zusammen vor Ort, Sie haben es erwähnt, mit Herrn Nothnagel in Ilmenau beim CVJM, haben dort mit Jugendlichen lange zum Thema Drogensucht im Allgemeinen und auch über Handlungsmöglichkeiten geredet. Und Sie wissen genau, dass es überhaupt nicht eine verkürzte Aktion ist, zu sagen, es geht hier um Geld, sondern wir haben sehr deutlich, und auch ich habe das in dieser Runde deutlich gemacht, es geht in erster Linie um verstärkte Aufklärungsarbeit bei Eltern, bei Lehrern, bei Schülern, in der Jugendhilfe und in vielen anderen Bereichen. Auch das ist sehr deutlich gemacht worden. Es geht darum, dass wir Qualität und Qualifizierung in den Beratungsstellen brauchen. Auch dieses, lieber Kollege, ist natürlich nicht ohne Finanzen abzuleisten. Sie selber haben darauf hingewiesen, dass dieses nicht durch SAM- oder ABM-Stellen abgeleistet werden kann. Ich sage an dieser Stelle auch noch einmal deutlich: Gerade hier in diesem sensiblen Bereich braucht das Ehrenamt das Hauptamt, auch wenngleich natürlich

die ehrenamtliche Tätigkeit eine ganz wichtige ist. Und, Herr Panse, das haben wir in aller Deutlichkeit gesagt und dazu stehe ich, wir akzeptieren die Kürzung in der Suchtund Drogenberatung im Doppelhaushalt 2003 und 2004 nicht, weil sie gleichzeitig vorgenommen worden ist, wo bekannt war, dass schon seit 2001 und im Jahr 2002 - wenn man die Kriminalstatistik nachliest, dann kann man das sehen - sowohl die Zahl der Drogenabhängigen, die Zahl der Drogentoten und insbesondere die Delikte im Bereich der Beschaffungskriminalität gestiegen sind. Wenn man dann im gleichen Atemzug Gelder für Sucht- und Drogenberatung im Haushalt kürzt, lieber Kollege, dann ist das der falsche Weg, erstens. Zweitens hat die SPD-Fraktion einen Antrag auf den Tisch gelegt, wo wir gesagt haben, in diesem Bereich nicht zu kürzen, und wir haben den mit finanzieller Deckung unterlegt. Sie haben eine andere Priorität gesetzt, also tun Sie jetzt nicht so, als ob das Geld nicht da gewesen sei. Wir hätten anders entscheiden können.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben in unserem Antrag - und Sie tun ja gerade so, als hätten wir die einzelnen Bereiche nicht nachgefragt oder nicht eingebunden - die Landesregierung aufgefordert, über Sucht- und Drogenhilfe, über den Ist-Stand und die weitere Sicherstellung der Arbeit zu reden. Wir haben speziell gewollt, über die Thüringer Landesstelle gegen Suchtgefahren zu berichten. Wir haben nach Selbsthilfegruppen und Suchtberatungsstellen gefragt. Herr Kollege, wer nach Selbsthilfegruppen und Suchtberatungsstellen fragt, der weiß natürlich, dass in diesem Zusammenhang das Thema Schule, das Thema Familie und sehr viel anderes mit angesprochen wird. Also tun Sie nicht so, als hätten wir das in der Fragestellung vergessen. Alles andere steht hier auch drin und wir sind geradezu glücklich, wenn ich das an dieser Stelle sagen darf, dass nun der Bericht der Landesregierung kommt. Wir erwarten ihn mit großer Freude und wir werden selbstverständlich diesen Bericht in der Diskussion ganz detailliert bewerten, diskutieren und wir werden dann auch noch weitere Anmerkungen zu dem vorliegenden Material machen. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Über so viel Glück möchte Minister Dr. Pietzsch noch einmal reden.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte glückliche Abgeordnete Pelke, ich dachte eigentlich, mit dem, was ich gesagt habe, dass wir den Bericht schon seit längerem erarbeiten und dass er bald kommt, wäre es erledigt gewesen. Aber wenn dann hier so einzelne Dinge noch einmal aufgegriffen werden, dann

muss ich mich leider auch noch einmal hierher bewegen. Frau Pelke, Herr Panse hat keine anderen Erkenntnisse und er hat keine geheimen Kenntnisse; er kennt den Haushalt.

(Zwischenruf Abg. Pelke, SPD: Wir auch, aber wir haben ihn kritisiert.)

Den hat er praktisch hier dargestellt. Meine Damen und Herren, man kann ja der Meinung sein, dass an der falschen Stelle gekürzt worden ist. Kürzen tut immer weh. Wir haben gemeint, dass wir an Stellen kürzen können, wo nicht im Wesentlichen in die Arbeitsfähigkeit eingegriffen wird, sondern wo in einigen Bereichen der Personal- und Sachkosten gekürzt werden kann, ohne dass es bei den Leistungen für die Betroffenen im Bereich der Prävention und im Bereich der Therapie zu einer einschneidenden Reduzierung kommt.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich auch das sagen: Ich habe prinzipiell etwas gegen eine Zweiklassengesellschaft. Die eine Klasse, das sind die guten Menschen, die immer Forderungen erheben, und das andere, das sind die Bösen, die diese Forderungen mit dem Geld nicht erfüllen. Meine Damen und Herren, das funktioniert in einer Gesellschaft nicht. Und Frau Nitzpon hat sich dazu entschieden, zu den guten Menschen zu gehören, die also immer neue Gelder fordern. Ich hoffe, dass sie noch lange in dieser Gesellschaft bleibt und nicht verantworten muss, Gelder ausgeben zu müssen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen gesagt, dass wir uns überlegt haben, wo gekürzt werden könnte. Ich glaube, wir haben in Thüringen, auch was das Thema Sucht- und Drogenprävention angeht, eine auch mit anderen Ländern verglichen gute Situation. Wir haben vielfältige Aktivitäten in der Prävention, wir haben beispielsweise im Bereich der Suchtkrankenhilfe 117 Einrichtungen. Herr Panse hat die Zahl auch genannt, 900 Mitarbeiter in diesem Bereich auf 735 Vollbeschäftigtenstellen. Meine Damen und Herren, und wir geben derzeit pro Jahr rd. 15 Mio.  diesen Bereich aus. Da soll man doch bitte nicht so tun, als wäre das nichts, als würden wir hier nicht entscheidende Mittel einsetzen für dieses in der Tat problematische Gebiet, aber, ich denke, wir setzen hier doch erhebliche Mittel ein. Wir haben entschieden, den Rotstift eben nicht vorrangig bei den Patienten, bei den Bedürftigen direkt anzusetzen, sondern wenn, dann in der Verwaltung. Wir haben uns bemüht, Auswirkungen auf Betroffene möglichst zu vermeiden.

Da muss ich dann noch mal auf die Thüringer Landesstelle gegen die Suchtgefahren zurückkommen. Die Haushaltskürzungen können kein Grund dafür sein, dass diese Thüringer Landesstelle für die Suchtgefahren ihre Tätigkeit nicht mehr fortführen kann. Eine Reduzierung in der Größenordnung von 21 Prozent bei den derzeit besteh

enden drei Personalstellen kann diese Stelle nicht handlungsunfähig machen. Zwar hat der Vorstand des Trägervereins die Mittelkürzung zum Anlass genommen, allen Mitarbeitern der TLS zu kündigen, aber ich meine, dieses wäre nicht zwingend notwendig gewesen. Wir haben mit den Ligaverbänden über die Struktur gesprochen im Bereich der Selbsthilfegruppen und wir werden auch in diesem Jahr 100.000    ..  Verfügung stellen können.

Meine Damen und Herren, in Zeiten knapper Kassen ist es so, dass alles wehtut, ich habe volles Verständnis dafür, aber unterstellen zu wollen, dass man hier einen ganzen wichtigen Bereich der Gesundheitsförderung und Prävention nicht mehr bedient, das kann ich einfach so nicht stehen lassen. Es wäre mir lieber gewesen, wir hätten darüber jetzt nicht en détail gesprochen, sondern wir hätten uns im Anschluss an den Bericht darüber unterhalten können. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Mir liegen keine weiteren Redeanmeldungen vor. Ausschussüberweisung ist nicht beantragt worden.

(Zwischenruf Abg. Pelke, SPD: Doch.)

Doch, diesen Antrag dem Ausschuss zu überweisen?

(Zwischenruf Abg. Pelke, SPD: Nein.)

Über den Bericht, der noch nicht vorliegt, können wir noch nicht abstimmen. Also den Antrag wollen Sie nicht in den Ausschuss überweisen? Gut. Demzufolge stimmen wir unmittelbar über den Antrag der Fraktion der SPD in der Drucksache 3/3220 ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen bitte. Die gibt es nicht. Stimmenthaltungen? Die gibt es auch nicht. Und wir haben diesen Antrag angenommen und erwarten den Bericht in schriftlicher Form.

Ich komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 11

Zivilgesellschaft stärken - keine Mittel für V-Leute Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/3214

Der Abgeordnete Dittes nimmt die Begründung für die PDS-Fraktion vor.

Meine Damen und Herren, nicht das Scheitern des Nachweises rechtsextremistischer Ideologie stützenden Bestrebungen war Grund für das Scheitern des Verbotsverfahrens gegen die NPD vor dem Bundesverfassungs

gericht. Vielmehr bestand überhaupt kein Zweifel daran, dass die neofaschistische NPD als die bedeutendste Struktur des organisierten Rechtsextremismus im gleichzeitigen Sammelbecken militanter Neonazis in der Bundesrepublik sowohl programmatisch als auch in ihren Aktionen als rassistisch, antisemitisch und nationalistisch zu gelten hat. Vielmehr war es die Schwierigkeit, vor der sich die Richter sahen, die neofaschistische Ideologie auch tatsächlich der NPD selbst zuzuordnen. Zu groß war die Gefahr, dass in der Begründung eines Verbotsurteils Tatsachen zum vor dem Bundesverfassungsgericht notwendigen Nachweis der Verfassungsfeindlichkeit der NPD herangezogen worden wären, die sich auf die Tätigkeit von staatlich bezahlten Spitzeln oder, wie Sie vornehm auszudrücken pflegen, von V-Leuten und damit letztendlich auf staatliche Institutionen wie dem Verfassungsschutz stützen.

Meine Damen und Herren der Landesregierung und der CDU-Fraktion, scheuen Sie auch hier nicht den Vergleich mit anderen Bundesländern. Am Scheitern des Verbotsverfahrens hatte der Freistaat Thüringen und dessen Innenministerium einen überdurchschnittlich und außergewöhnlich hohen Anteil. Die Einstellung des Verbotsverfahrens zeigt einerseits deutlich die Untauglichkeit der staatlichen Verbotsbereitschaft, politischen Geisteshaltungen und Ideologien tatsächlich im Sinn einer echten Auseinandersetzung wirksam entgegenzutreten, und andererseits zeigt es deutlich die Untauglichkeit des Einsatzes von staatlich bezahlten Spitzeln zur Aufklärung von politischen Hintergründen zum Zwecke der Bekämpfung neofaschistischer Politikansätze. Vielmehr stellt sich doch die Frage, meine Damen und Herren, ob nicht gerade der Einsatz des Inlandsgeheimdienstes Verfassungsschutz Ursache und notwendige Voraussetzung für die heutige Struktur und ideologische Verortung der NPD war und ist. Es wäre schon interessant gewesen, wem gegenüber bei Fortführen des Verbotsverfahrens eigentlich das Verbot hätte ergehen müssen, gegen die NPD oder gegen den Verfassungsschutz. Aber damit ist dem von meiner Fraktion immer wieder vorgetragenen generell ablehnenden Argument der mit dem Einsatz von Spitzeln zwangsweise verbundenen drastischen Grundrechtseinschränkung gegen die nachrichtendienstliche Tätigkeit ein weiteres bedeutendes hinzugefügt worden. Die erste Reaktion auf die Einstellung des Verfahrens durch die Thüringer Landesregierung, auch weiterhin am Einsatz von V-Leuten festzuhalten, ist nicht nur vor diesem Hintergrund verheerend, sie zeigt auch, dass es der Landesregierung weniger darum geht, sich tatsächlich mit der von einer rechten Ideologie ausgehenden Gefahr auseinander zu setzen, als vielmehr an einem System grundrechtseinschränkender Geheimdiensttätigkeit vorbehaltlos festzuhalten. Eine tatsächliche Auseinandersetzung mit rechtsextremistischen Ideologien und deren Verankerung in Teilen der Gesellschaft kann aber nur der Gesellschaft und ihren zivilgesellschaftlichen Instrumenten selbst überlassen werden. Dazu sind deren demokratische Rechte qualitativ auszubauen und zu erweitern, anstatt im Kampf gegen Rechtsextremismus demokratische Bürgerrechte und Grundrechte

einzuschränken. Aus diesem Grund fordern wir mit unserem Antrag "Zivilgesellschaft stärken - keine Mittel für V-Leute" die Landesregierung auf, die im Haushalt vorgesehenen Mittel für die nachrichtendienstliche Tätigkeit zu streichen und zivilgesellschaftlichen Projekten in Thüringen, die sich an vielen Orten gerade in den vergangenen zwei Jahren gebildet haben und wirksam arbeiten, endlich zur Verfügung zu stellen. Vielen Dank. Ich bitte um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der PDS)