Protokoll der Sitzung vom 03.04.2003

Auch ein genereller Verzicht auf befristete Erstberufungen in § 50 "Dienstrechtliche Stellung der Professoren" fand keine Mehrheit.

Der Ausschuss empfiehlt einstimmig, bisher der Genehmigung durch das Ministerium unterliegende Ausnahmeregelungen bei der Fristverkürzung für Forschungs- und Freisemester und bei der Gewährung von Urlaub im laufenden Semester für das Lehrpersonal in die Entscheidungsbefugnis des Rektors zu stellen.

Er kam zudem dem dringend vorgetragenen Wunsch der Konferenz der Thüringer Studentenschaften nach, dieser durch eine Änderung in § 73 "Studentenschaft" die Möglichkeit einzuräumen, ihre Aufgaben, ihre Vertretung nach außen und die Vertretung der Hochschulen innerhalb der Konferenz der Thüringer Studentenschaften durch eine gemeinsame Ordnung zu regeln.

In § 74 "Rektor/Präsident" soll künftig das Zusammenwirken der Rektoren und Präsidenten der Thüringer Hochschulen in einer Landesrektorenkonferenz im Gesetz festgeschrieben werden.

Die Vorschläge zur Änderung des im Gesetzentwurf der Landesregierung neu aufgenommenen § 107 a "Gebühren bei Regelstudienzeitüberschreitung", der die Studiengebühren für Langzeitstudenten regelt, beziehen sich auf die Klarstellung der Umstände, unter denen ein Zweitstudium gebührenfrei sein soll. Zudem wird eine Härtefallklausel zur Aufnahme empfohlen. Beide Änderungen wurden vom Ausschuss mehrheitlich beschlossen.

Dagegen fanden Vorschläge, ganz auf diese Regelung zu verzichten und sich daraus ergebende Folgeregelungen nicht aufzunehmen, keine Mehrheit. Die Erhebung der Langzeitgebühren soll ab dem Studienjahr 2004/2005 erfolgen.

Durch die Neufassung des § 109 "Genehmigung und Anzeige" sollen die bisher an verschiedenen Stellen im Gesetz enthaltenen Genehmigungstatbestände abschließend aufgeführt und die Kriterien für eine Genehmigung bzw. ihr Versagen nachvollziehbar geordnet werden. Die bisherigen §§ 109 a und 109 b werden damit überflüssig. Der Vorschlag gibt den Selbstverwaltungsentscheidungen der Hochschulen mehr Raum und reflektiert das durch die Rahmenvereinbarung zwischen Land und Hochschulen neu bestimmte Verhältnis zwischen Hochschulen und Staat. Die vorgeschlagene Neufassung beschloss der Ausschuss ohne Gegenstimmen. Zuvor fanden Anträge, den bisherigen Gesetzestext unverändert zu übernehmen, keine Mehrheit.

Ebenfalls abgelehnt wurde ein Änderungsantrag zu dem die staatliche Anerkennung nicht staatlicher Hochschulen regelnden § 113. Diese zielte auf eine verpflichtende, vollständige Finanzierung solcher Hochschulen aus eigenen Mitteln des Hochschulbetreibers.

Schließlich wurde auch ein Antrag zur Erprobung der Eignungsfeststellung der Studierenden durch die Hochschulen in § 132 d mit Mehrheit verworfen, der darauf abzielte, die im Gesetzentwurf der Landesregierung vorgesehenen Verfahrensregeln zu streichen. Diese Entscheidung gründete sich vor allem auf verfassungsrechtliche Bedenken.

Ich komme zum Schluss meiner Berichterstattung. Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst empfiehlt dem hohen Haus mehrheitlich die Annahme des Gesetzentwurfs der Landesregierung mit den in der Drucksache 3/3204 vorgeschlagenen insgesamt 19 Änderungen zum Artikel 1 des Gesetzentwurfs. Ich bedanke mich für ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Für die PDS-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Dr. Kaschuba zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es fällt mir ein wenig schwer, nach der Diskussion am heutigen Morgen, die um Frieden und Sicherheit ging und wie so oft schon mit hoher verbaler Militanz geführt worden ist, die Kritik, die wir zur Novelierung des Hochschulgesetzes haben, so darzustellen, dass diese Militanz vielleicht nicht zum Tragen kommt. Ich möchte Folgendes sagen: Die Novelle zum Hochschulgesetz bzw. der Gesetzentwurf ist hier in erster Lesung bereits gelesen worden. Es gab, wie Prof. Goebel sagte, eine Anhörung im Ausschuss, die sehr umfänglich war, und es gab eine Ausschussberatung, in der die verschiedenen Standpunkte auch schon, wie heute dargestellt, ausgetauscht wurden. Eines kann man aber sagen, dass der vorliegende Gesetzentwurf in großem Umfang auch das Problem der Hochschulfinanzierung mit tangiert. Ich will das auch deutlich machen. Im Vorspann des Gesetzentwurfs, Teil D - Kosten -, kann man die günstige Prognose lesen, den Hochschulen entstehen keine zusätzlichen Kosten, sie dürfen sogar mit erheblichen Mehreinnahmen rechnen. Die Frage, die sich stellt, ist, warum sich die Hochschulen nicht dafür bedankt haben, dass das so ist, sondern an vielen Stellen eher kritische Bemerkungen dazu gemacht haben. Ich möchte mich auf vier Punkte beziehen, und zwar auf die Punkte Weiterbildung, Hochschulautonomie, Studiengebühren und Eignungsfeststellungsverfahren.

Zur wissenschaftlichen Weiterbildung: Die Hochschulen haben lange den Wunsch, in diesem Bereich mehr Freiheit zu bekommen, auch mehr Aktivitäten entfalten zu können. Und durch die Novellierung des Thüringer Hochschulgesetzes von 1999 wurde die wissenschaftliche Weiterbildung bereits in den Katalog der Primäraufgaben der Hochschulen aufgenommen. Das hat aber bisher an den Hochschulen und insgesamt auch keine Bildungsoffensive ausgelöst und nun ist es so, dass den Hochschulen mehr Gestaltungsfreiheit bei der Ausgestaltung und dem Angebot von weiterbildenden Studien eingeräumt wird. Die Frage ist: Worum geht es hier genau? Hochschulen können jetzt auf privatrechtlicher Grundlage selbst oder in Kooperation mit anderen Bildungsträgern wissenschaftliche Weiterbildung anbieten und dafür Gebühren und Entgelte erheben. Das entspricht im Wesentlichen auch dem Wunsch der Hochschulen. Das Geld verbleibt den Hochschulen bzw. es bildet das Honorar für die mit Lehraufgaben betrauten Personen. Die Kritik in der Anhörung, darauf hatte Prof. Goebel bereits verwiesen, ging vor allem dahin, dass technisches und wissenschaftliches Personal nicht berücksichtigt wurde, es aber unverzichtbar für die Ausgestaltung von Weiterbildungsaufgaben ist. Dahin ging auch unser Änderungsantrag, der im Ausschuss abgelehnt wurde. Wir möchten aber hier noch

einmal verdeutlichen, dass wir das für unverzichtbar halten, um Weiterbildung an den Hochschulen etablieren zu können. Verweisen möchte ich auch noch einmal auf die Kritik, die aus fast allen Bereichen kam, dass zu befürchten ist, dass, wenn es nicht geregelt wird, das grundständige Studium eventuell gefährdet sein könnte. Es wurde auch darauf verwiesen, dass die Hochschulen, das widerspricht ein bisschen dem schon abgeschlossenen Hochschulpakt, um diese Weiterbildungsaufgaben erfüllen zu können, eigentlich auch mehr Personal und mehr materielle Ausstattungen, also einfach mehr Geld bräuchten. Hochschulbildung erfolgt also nach wie vor in öffentlicher Verantwortung. Weiterbildung wird künftig aber im Wesentlichen in privater Verantwortung durch die Hochschulen geleistet werden. Die Frage, die sich für uns stellt, ist natürlich auch: Setzt sich hier eventuell, wenn nicht auch hier eine öffentliche Vorsorge getroffen wird, die soziale Selektion, wie sie durch die PISA-Studie an den Schulen bereits festgestellt wurde, fort und ist das Recht auf Bildungschancengleichheit, Demokratisierung, Durchlässigkeit, Integration von beruflicher und allgemeiner Bildung hiermit wirklich garantiert oder wird es noch obsoleter? Ob auf diese Art und Weise der Bedarf an gesellschaftlicher Weiterbildung wirklich befriedigt werden kann, das ist eine Frage, die sich in Anbetracht von Weiterbildungshemmnissen stellt. Als Weiterbildungshemmnisse betrachten wir Weiterbildungsabstinenz wegen Geldmangel, Motivationsverluste, Zugangsbarrieren, die nicht geklärt sind, und, ich betone es noch einmal, die PDSFraktion hält ein Engagement der öffentlichen Hand an der Finanzierung der wissenschaftlichen Weiterbildung für erforderlich.

(Beifall Abg. Nitzpon, PDS)

Im Übrigen werden die Thüringer Hochschulen Weiterbildung auf privatrechtlicher Grundlage tatsächlich nur dann durchführen können, wenn eine Anschubfinanzierung zur Verfügung gestellt wird.

Meine Damen und Herren, die Thüringer Hochschulen sollen auch stärker im Wettbewerb um Studierende auftreten können, sollen eigenständig und flexibel auf neue Herausforderungen reagieren können. So hören wir es immer wieder. Aber in der anstehenden Novellierung des Thüringer Hochschulgesetzes wird nur sehr zaghaft Handlungsfreiheit gewährt. Nicht nur, dass knappes Geld schon enge Handlungsspielräume zulässt, auch die Hochschulautonomie wird aus unserer Sicht doch sehr eingeschränkt. Die Novelle ist bestenfalls ein zaghaftes Schrittchen zu mehr Selbständigkeit der Hochschulen. Die Einrichtung, Aufhebung oder wesentliche Änderung von Studiengängen erfolgt nicht in Eigenverantwortung der Hochschulen, sondern im Einvernehmen mit dem Ministerium. Ich verweise auf § 13 Abs. 2 und § 109 "Staatliche Mitwirkung" sowie die folgenden Paragraphen bringen eine Erweiterung der ministeriellen Eingriffs- und Kontrollrechte. In der Anhörung war die Kritik aller Hochschulen des Landes zu diesem Punkt sehr massiv. Es wäre ein großer Schritt

zur Stärkung der Selbstentscheidungsrechte der Hochschulen gewesen, wenn ihnen die Berufung von Hochschullehrern weitreichend überlassen worden wäre. Jetzt haben wir Eingriffsmöglichkeiten in die Liste der vorgeschlagenen Berufungsvorschläge und eine Verkürzung der Berufungsfristen auf sechs Monate. Es bleibt also aus unserer Sicht bei einem doch recht staatsdominierten Berufungsverfahren. Ich will mich an dieser Stelle nicht beziehen auf die Stellungnahme der Konferenz der Thüringer Studierenden, die dort noch viel weiter gegangen sind in ihrer Kritik an diesem Punkt. Das will ich jetzt hier nicht benennen. Aber will man ernsthaft eine selbstverantwortete Freiheit der Hochschulen, muss die Regelungsdichte stark herabgesetzt werden. In der Anhörung wurden unter anderem von einer Hochschule auch verfassungsrechtliche Bedenken gegen diesen Punkt genannt.

Meine Damen und Herren, die Einführung von Studiengebühren für Langzeitstudierende, hier immer in einander ausschließenden Meinungen diskutiert zwischen der Opposition und der Regierungsfraktion, wird von uns nach wie vor grundsätzlich und prinzipiell abgelehnt.

(Beifall bei der PDS)

Ich glaube, die Argumente sind weitreichend ausgetauscht. Circa 3 Prozent der Thüringer Studierenden sind Langzeitstudierende. Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass immer mehr Studierende jobben. Es gibt Zuschriften, es gibt immer wieder Kritiken, dass die räumliche und materielle Ausstattung der Hochschulen kein schnelles und zügiges Studieren für alle zulässt. Ich denke, vor diesem Hintergrund Langzeitstudiengebühren einzuführen ist also überhaupt nicht erklärbar.

(Beifall bei der PDS)

Von den Hochschulen kommt noch zusätzlich das Argument, dass Verwaltungskosten entstehen würden, die die Gebühr dann wieder ad absurdum führen. Ich möchte auch darauf verweisen, dass die Zahl der Studierenden nach einer Pressemitteilung des Bundesministeriums, die Bafög beziehen, in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist. Man muss schon überlegen, ob nicht die Einführung einer Langzeitstudiengebühr dann auch noch zu mehr sozialer Zugangsbeschränkung zu einem Studium führt als bisher.

Ich möchte an dieser Stelle unserer Sorge Ausdruck verleihen, dass die Langzeitstudiengebühr vielleicht nur ein Schritt ist auf dem Weg zur Studiengebühr. Es fand kürzlich ein Kongress der bayerischen Rektoren in München statt. Dort äußerte sich Herr Schwäblein sehr positiv zur Einführung von Studiengebühren und befürwortete diese. Das ist sicher eine persönliche Meinungsäußerung, aber ich will ihn hier zumindest benennen. Ich denke, Studiengebühren können überhaupt kein Ausweg sein, um die Finanzmisere, die es insgesamt und insbesondere im Hochschulbereich gibt, zu lösen.

(Beifall bei der PDS)

Das kann nicht die Wahl des Einzelnen sein. An dieser Stelle auch der Hinweis auf den bayerischen Hochschulminister, Hans Zehetmeyer, der Studiengebühren insgesamt ablehnt, weil er auch der Auffassung ist, dass sie eigentlich überhaupt nichts bringen, weder für die Studierenden noch für die Hochschulen.

Meine Damen und Herren, unsere nächste Kritik geht zur Erprobungsklausel oder zu § 132 b, wo die Erprobung von Eignungsfeststellungsverfahren benannt wird. Die Begeisterung für diesen Paragraphen hat sich auch bei den Hochschulen in Grenzen in der Anhörung gehalten, und zwar in deutlichen. Wir hatten die Erprobungsklausel an sich befürwortet, haben uns aber im Ausschuss dagegen ausgesprochen, dass in dieser Form, wie es dann nachfolgend geschieht, durchreguliert wird bis ins Einzelne. Das entsprach auch der Kritik der Hochschulen an diesem Paragraphen. Wir sind darüber hinaus der Meinung, dass immer noch die Studierenden sich die Hochschulen aussuchen sollten und nicht die Hochschulen die Studierenden. Wenn man tatsächlich mehr Wettbewerbsfähigkeit oder Wettbewerbsimpulse an dieser Stelle auslösen will, dann muss das Eignungsfeststellungsverfahren unabhängig von der Kapazität der Hochschulen sein können, sonst ist das nicht möglich. Und darüber hinaus muss es sich erst noch erweisen, ob das Abitur tatsächlich die schlechtere Aussage trifft zur Eignung für ein Studium als ein Eignungsfeststellungsverfahren.

Meine Damen und Herren, ich möchte abschließend sagen, wir könnten aus unserer Sicht mit einigen Mängeln dieser Novelle oder dieses Gesetzentwurfs leben, aber mit einem nicht: mit der Erhebung von Studiengebühren für Langzeitstudierende. Das ist der Punkt, der unsere Fraktion dazu veranlasst, den Gesetzentwurf insgesamt abzulehnen. Danke.

(Beifall bei der PDS)

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Schuchardt zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, zunächst mal möchte ich mich vor diesem übervollen Hause bedanken, bei allen, die ihren Anteil hatten, dass zügig, sachbezogen an diesem wichtigen Hochschulgesetz gearbeitet werden konnte, insbesondere den Mitarbeitern aller hiervon betroffenen Verwaltungen, aber natürlich auch bei meinen Kollegen im Ausschuss. Und ich danke dem Ausschussvorsitzenden, Kollegen Goebel, für den eben sachlich und sachgerecht vorgetragenen Einblick in die Ausschussarbeit, fast sachlich richtig, ich komme nachher noch bei den privaten Hochschulen darauf.

Herr Kollege Goebel, ich mache mal bei Ihnen weiter, Sie zeigten sich nach der ersten Lesung, wie sagten Sie, das, was ich inhaltlich gesagt hätte, wäre ja aus meiner Sicht in Ordnung, aber Sie seien enttäuscht, und wörtlich: "aber Sie haben den Gedanken oder den Geist des Gesetzes in keiner Weise erwähnt oder gewürdigt." Das war damals Ihre Kritik an mich. Nun, ich will das jetzt gern tun. Wenn ich das Ganze im November 2002 gesagt hätte, was ich jetzt sage, insbesondere nach den erfolgten Anhörungen, dann hätte es wohl seitens der CDU-Fraktion ein lautes Protestgeschrei gegeben und meine Grundsatzeinschätzung zu diesem Gesetz wäre als wilde Oppositionskritik abgetan worden. Wie gesagt, wenn ich das schon im Vorgriff geäußert hätte.

Meine Damen und Herren, es gibt zu diesem Gesetz, wie es heute vorliegt, inklusive der Beschlussempfehlung eine gute und eine schlechte Nachricht. Die schlechte Nachricht ist: Abgesehen von einigen notwendigen Anpassungen der Rechtslage und einigen wenigen Erweiterungen ist es in seinen Grundzügen eine Verschlimmbesserung des Hochschulgesetzes der 90er-Jahre. Die gute Nachricht ist: Nach dem Willen der Landesregierung hätte es noch schlimmer kommen können, ganz so schlimm ist es dank der parlamentarischen Arbeit an dem Regierungsentwurf nun doch nicht gekommen. Ich möchte das insbesondere mal an § 109 festmachen, das ist der Punkt 38 des Regierungsentwurfs. Dort stand u.a. - es bezieht sich auf wichtige Entscheidungen der Hochschule, ich will das jetzt nicht alles im Einzelnen durchdeklinieren, worum es da ging -: "Die Genehmigung, die Zustimmung oder die Erteilung des Einvernehmens kann versagt werden bei Nichtübereinstimmung mit den allgemeinen" - wohl gemerkt mit den allgemeinen - "und den hochschulbezogenen Zielen und Planungen des Landes in struktureller, kapazitätsbezogener und finanzieller Hinsicht."

Meine Damen und Herren, diese Aussage im Regierungsentwurf zu diesem Gesetz, das war eine Generalklausel, eine Ermächtigung für alles und jedes und - es kam auch in den Einschätzungen der Hochschulen klar zum Ausdruck - es war eine Provokation für unsere Thüringer Hochschulen. Ich frage mich wirklich, wie eine solche Provokation unserer Thüringer Hochschulen, wie eine solche Generalermächtigungsklausel hier den Kabinettstisch passieren konnte. Die Reaktionen unserer Hochschulen waren entsprechend. Ich erlaube mir mit der Genehmigung der Präsidentin Herrn Prof. Kern, der in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Thüringer Hochschulkonferenz vor dem Ausschuss gesprochen hat namens der Thüringer Hochschulkonferenz - er ist im Übrigen Rektor der Technischen Universität Ilmenau -, zu zitieren. Er würdigte zunächst, dass der Landtag hinsichtlich des Hochschulpakts auf gewisse Rechte, hinsichtlich Königsrecht des Landtags, Haushalt, verzichtet hat, und fährt dann fort: "Sicher nicht war es Ihre Absicht, dass die von Ihnen ermöglichte Freizügigkeit durch Feinsteuerung und detaillierteste Einzelregelung der Ministerialbürokratie abgelöst wird, wie wir es gegenwärtig leider erfahren müssen.

Warum führe ich das hier bei der Diskussion über den in Rede stehenden Gesetzentwurf an? Aus einem ganz einfachen Grund: Der vorliegende Entwurf zeichnet sich neben einigen wenigen Verbesserungen, was gerechterweise gesagt sei, vor allem dadurch aus, dass er das geschilderte ministerialbürokratische Vorgehen bei der Finanzausstattung auch auf die gesetzliche Basis der Hochschulen übertragen und ausdehnen will, dass er durch weit reichende Einflussnahmen und Genehmigungsvorbehalte den Handlungsspielraum der Hochschulen derart beschneidet, dass diese sich bestenfalls noch als nachgeordnete Behörde wiederfinden." Meine Damen und Herren, ich zitiere immer noch. "Gleichzeitig werden den Hochschulen Aufgaben aufgebürdet, die sie gar nicht erledigen können, weil dazu die gesetzlichen Grundlagen fehlen bzw. andere höherrangige Gesetze entgegenstehen." Herr Kern fährt fort: "Wenn Sie mir den Vergleich erlauben, so kommen sich die Hochschulen vor wie jemand, den man ins Wasser geworfen hat, dem man, damit er auch etwas zu tun hat und er nicht übermütig wird, Gewichte an Arme und Beine gebunden hat und zusätzlich einen großen Mühlstein um den Hals gehängt hat und der nun schwimmen soll, damit er nicht untergeht. Aber die Schwimmbewegungen, die er machen darf, werden ihm haarklein vorgeschrieben." Meine sehr geehrten Damen und Herren - ich zitiere immer noch: "Auf diese Weise wird es nicht gelingen, die Hochschulen zu dem zu führen und was von ihnen zu erwarten ist, was sie in Verantwortung für den Freistaat selbstverständlich zu erfüllen gewillt sind."

Meine Damen und Herren, ich glaube, es ist ein vernichtendes Urteil, was über den Regierungsgesetzentwurf hier ausgeführt wurde, über den Geist dieser Gesetzesnovelle ausgeführt wurde. Die Ausführungen vom Vorsitzenden der Thüringer Rektorenkonferenz, dem Rektor der FriedrichSchiller-Universität Prof. Meyn, entsprechen dieser Einschätzung. Er sah in der eben von mir genannten Provokation - § 109 - sogar das grundlegende Selbstverwaltungsrecht der Hochschulen infrage gestellt und sah einen grundsätzlichen Widerspruch zur Thüringer Verfassung, insbesondere Artikel 28. So viel, verehrter Kollege Goebel, von mir zum Geist dieses Gesetzes sowohl durch Zitate der beiden Repräsentanten unserer Thüringer Hochschulen als auch damit übereinstimmend namens der SPD-Fraktion.

Nun im Detail zu dem Änderungsantrag der SPD: Unser Punkt 1 bezieht sich auf die Fragen der Weiterbildung, das betrifft Punkt 4 der Beschlussempfehlung. Wir wollen in der Tat, dass die Mittel, die von den Hochschulen eingenommen werden für ihr Engagement in der Weiterbildung, den Hochschulen zukommen, so steht es auch im Gesetz, aber sie sollen ihnen zusätzlich zur Verfügung stehen. Ich habe das schon in der ersten Lesung angemahnt und etwas über die Mentalität von Finanzministern ausgeführt. Die Reaktion der Finanzministerin bestätigte meine schlimmsten Vermutungen. Wenn man sich also wehrt, das Wort "zusätzlich" hier einzuführen an dieser Stelle, dann ist diese Aussage nichts wert, dann ist das eine Nonsensaussage. Dann wird bei der nächsten Haushaltsdiskussion der

Finanzminister sagen, die Hochschulen haben ja schon die Mittel, also ist kein zusätzlicher Bedarf, dass wir die entsprechenden staatlichen Mittel da noch draufsetzen. Also wenn das Wort "zusätzlich" dort nicht steht, können wir es vergessen, was in dem Gesetzentwurf über "den Hochschulen zur Verfügung stehen" gesagt wird.

Zu Punkt 2 unseres Änderungsantrags: Zu kurz greift die Nummer 7 der Beschlussempfehlung, welche sich auf Verfahren und Fristen für Berufungen von Professoren bezieht. Zwar ist nun ein wesentlicher Kritikpunkt an der von der Landesregierung zunächst geplanten Neuregelung bereinigt worden, nämlich die Blankovollmacht für das Wissenschaftsministerium, ohne Begründung von der den Hochschulen vorgeschlagenen Reihenfolge einer Berufungsliste abzuweichen. Man muss sich das mal überlegen, eine Blankovollmacht wurde uns hier im Regierungsentwurf untergeschoben, dass dort letzten Endes ohne die Passage "schwer wiegende Gründe", so sah es das bisherige Hochschulgesetz vor, abgewichen werden kann. Es passt im Geist zu dem, was ich eben ausgeführt habe. Das ist korrigiert worden und ich bin froh, das sind alles die Segnungen der parlamentarischen Arbeit, die diesen...

(Zwischenruf Abg. Seela, CDU: Ja?)

Ja, ich erkenne das durchaus an. Ich komme da an anderer Stelle noch mal drauf zurück. Das war übrigens die gute Nachricht vorhin, die ich eingangs erwähnte. Es ist nicht ganz so schlimm gekommen, wie es gedacht war, insofern hat sich ja die Arbeit auch gelohnt.

Aber der Punkt greift zu kurz. Es gibt da eben noch mehr Probleme und es ist leider nicht bereinigt worden. Im Gesetzentwurf der Landesregierung ist die Rede von einer Frist von sechs Monaten, dann muss eine solche Berufung abgeschlossen sein bzw. von der Hochschule die entsprechende Aktivität erfolgt sein. Wenn diese Frist verletzt wird, wird praktisch eine Ersatzvornahme durch die Landesregierung angedroht. Hier haben alle Vertreter der Hochschulen nachhaltig protestiert und haben darauf hingewiesen, dass diese Sechsmonatsfrist äußerst eng ist. Die Hochschulen sind gehalten, auswärtige Gutachten herbeizuholen. Das muss ja auch sein, wir wollen ja nicht Inzucht im Thüringer Raum betreiben. Wir wollen uns ja öffnen nach anderen Ländern, an andere Universitäten und Hochschulen. Das hat unsere Hochschule überhaupt nicht in der Hand, wie lange ein solches Gutachten dauert. Da können durchaus drei, vier, fünf Monate vergehen, ehe so etwas kommt. Nach sechs Monaten läuft aber insgesamt für das ganze Verfahren die Uhr ab. Wissen Sie, was Prof. Meyn als Vorsitzender der Rektorenkonferenz dazu gesagt hat? Die Überschreitung der sechs Monate wird zum Regelfall werden. Wenn das zum Regelfall wird, dann sind die Befürchtungen von Prof. Kern - ich zitiere noch mal - sehr ernst zu nehmen, der sagte: "Entscheidungen von Hochschulgremien durch fachfremde formale Verwaltungsentscheidungen sollen ersetzt werden. Hinzu kommt, dass die Fristbemessung nach

Absatz 5 im Übrigen von völlig realitätsfernen Annahmen ausgeht."

Meine Damen und Herren, die Bereinigung dieser Sechsmonatsfrist ist Gegenstand unseres Punkts 2.

Unser Punkt 3 bezieht sich auf Punkt 8 der Beschlussempfehlung. Die erste Berufung in ein Professorenamt grundsätzlich an eine Beschäftigung in einem zeitlich befristeten Beamten- oder Angestelltenverhältnis zu koppeln, ist der falsche Weg. Aus dieser Regelung würden den Thüringer Hochschulen klare Wettbewerbsnachteile gegenüber den Hochschulen der anderen Bundesländer erwachsen, denn dort können erstberufene Professoren durchaus in eine unbefristete Anstellung aufgenommen werden. Ich reiße nur das Problem der Juniorprofessuren an. Juniorprofessoren haben, wenn man so will, eine sechsjährige Bewährungszeit schon hinter sich. Die können nicht noch mal in die befristete Anstellung hineingenommen werden. Das würde aber durch den vorliegenden Gesetzentwurf zwangsläufig so sein, dass auch die in ihrem ersten richtigen Professorenamt, ich will es mal so sagen, zeitlich befristet aufgenommen werden könnten.

Meine Damen und Herren, insbesondere der CDU, ich erinnere Sie daran, was Sie mir als Argument entgegengebracht haben, als es darum ging, die Erprobungsphase der Berufsakademie abzukürzen. Eine Erprobungsphase, die damals - als dem von mir damals politisch Verantwortlichen - aus guten Gründen eingeführt wurde. Das hat sich auch bewährt, dass dort ein straffer Maßstab angelegt wurde. Das zu verkürzen, da gab es folgendes Argument: Wir kriegen keine hoch qualifizierten Lehrer, Lehrkräfte für diese Einrichtung, wenn diese Einrichtung den Zustand der Vorläufigkeit hat. Wenn die also nicht ein unbefristetes Lehrer-, Hochschullehrerverhältnis an der Berufsakademie haben können, sondern in einen Erprobungszustand hineinsollen. Dann kriegen wir aus dem nationalen Wettbewerb um gute Leute nicht die richtigen Leute für unsere Berufsakademie. Ich habe dieses Argument damals anerkannt. Da war was dran. Das musste man abwägen, wie weit zieht man die Erprobungsphase weiter, um ganz sicher zu gehen, und kann man dort Abstriche machen, um dort schneller qualifizierte Leute zu kriegen. Aber genau das Gegenteil findet jetzt statt, wenn an Thüringer Hochschulen grundsätzlich die erste Berufung auf Zeit befristet erfolgen soll.

Meine Damen und Herren, man kann so etwas machen, dem Grundgedanken kann ich durchaus folgen, aber man kann das nicht allein für Thüringen machen, wenn es die Konkurrenz aller oder zumindest sehr vieler anderer Bundesländer gibt, dann haben wir einen Wettbewerbsnachteil. Ich plädiere also dafür, diese Sache gemäß unserem Änderungsantrag, Punkt 3, zu verändern.

Meine Damen und Herren, unser Punkt 4 bezieht sich auf Studiengebühren. Ich kann mich hier sehr kurz fassen. Hier gibt es echte politische Meinungsverschiedenheiten

in dieser Frage. Deswegen glaube ich nicht, dass hier irgendeiner irgendeinen anderen noch überzeugen kann. Alles, was ich dazu zu sagen habe, habe ich in der ersten Lesung gesagt, nämlich dass ich es also für kontraproduktiv halte und dass wir das Ganze als Einstieg in die generellen Studiengebühren sehen. Es ist inzwischen auch offenkundig, dass es sich auch unter rein fiskalischen Gesichtspunkten überhaupt nicht rechnet. Die 200.000  Einnahmen, das wären die geschätzten Einnahmen, die beziehen sich übrigens auf die Fallzahlen gesetzesrelevanter Regelstudienzeitüberschreitung in Thüringen, die die Ministerin im Ausschuss im November vergangenen Jahres genannt hat, beziehen sich auf das Wintersemester 2001/2002. Eine solche Einnahme, die geht leicht und locker als Verwaltungsunkosten wieder dahin. Also, was soll's? Die SPD lehnt den Einstieg in die Studiengebühren rundweg ab. Wir wollen keine Zweiklassenbildung.

(Beifall bei der SPD)