Protokoll der Sitzung vom 08.05.2003

(Beifall bei der CDU)

Die Thüringer Indexregelung ist vom Verfassungsgericht in Thüringen bestätigt und bindet mit Artikel 54 Abs. 2 der Landesverfassung in Verbindung mit § 26 des Thüringer Abgeordnetengesetzes das Einkommen der Thüringer Landtagsabgeordneten an die Einkommensentwicklung der Thüringer Bevölkerung. Es wurde ganz bewusst ein Verfahren gewählt, das einen repräsentativen Durchschnitt sicherstellt. Die Mehrheit der abhängig Beschäftigten wird von diesem Index erfasst. Ganz bewusst wurden bestimmte Gruppen nicht berücksichtigt. Leistungssportler, Spitzenmanager, Selbständige, Architekten, mir fallen noch Zahnärzte ein. Ich kenne keine gerechtere Regelung. Geht es der Bevölkerung gut und verdient die Bevölkerung gut, so werden auch die Abgeordneten gut verdienen und umgekehrt.

(Beifall bei der CDU)

Noch eine Tatsache kann man hier an dieser Stelle nicht oft genug wiederholen, weil die schlimmsten Gerüchte durch die Medien geistern. Grundentschädigung wird 12-mal in Thüringen gezahlt. Es gibt für Abgeordnete kein Weihnachtsgeld und es gibt kein Urlaubsgeld. Man kann es von dieser Stelle nicht oft genug wiederholen. Man muss auch oft genug wiederholen, Landtagsabgeordnete zahlen Einkommensteuer,

(Beifall bei der CDU)

auch wenn es der eine oder andere vielleicht sogar schon mal vergessen hat.

Landtagsabgeordnete bezahlen Beiträge zur Krankenversicherung.

(Beifall bei der CDU)

Nun zu den vorliegenden Anträgen: Die PDS hat eben deutlich gesagt und Herr Schemmel hat aus dem Ausschuss auch eindeutig berichtet, die PDS will die Indexregelung ersatzlos abschaffen.

(Beifall Abg. Thierbach, PDS)

Ich habe eben die Vorzüge der Indexregelung erläutert. Aus diesem Grunde brauche ich nur zu begründen, warum wir diesen Anträgen der PDS nicht zustimmen werden. Die SPD will mit dem vorliegenden Antrag in der Drucksache 3/2973 vom 12.12.2002, ich betone das Datum darum ausdrücklich - vom 12.12.2002 -, weil die letzte aktuelle Anpassung der Grundentschädigung für die Entwicklung 2002/2003 am 01.11.2002 in Kraft getreten ist und wir uns als Justizausschuss nicht vorwerfen lassen

oder auch nicht vorwerfen zu lassen brauchen, dass da irgendetwas verzögert wurde. Am 12.12. wurde der Antrag eingereicht, er war in der Dezember-Plenarsitzung noch in der Beratung. In der 1. Januar-Sitzung war er im Justizausschuss, nur, weil vorhin so ein bisschen anklang, durch diese Zeitschiene hätte da der eine oder andere vielleicht sogar versucht, etwas zu verzögern. Kollege Schemmel hat sehr ausführlich aus dem Justizausschuss berichtet, so dass ich also auf diese echte Rückwirkung hier nicht noch mal im Detail eingehen muss. Wer das nachlesen möchte, es gibt dazu eine sehr umfangreiche und ausführliche Vorlage des Wissenschaftlichen Dienstes der Landtagsverwaltung mit der Vorlagennummer 3/1716, da kann man das alles in Ruhe noch mal nachlesen. Daraus ergibt sich dann die Beschlussempfehlung des Justizausschusses, die vorliegenden Anträge abzulehnen.

Jetzt kommen die Ergänzungsanträge: Die PDS hat in der Drucksache 3/3294 und 3/3295 noch einmal das nachgereicht, was schon im Ausschuss vorgelegt wurde mit der Endkonsequenz, es ist ein Antrag auf Abschaffung der Indexregelung. Ich, und da spreche ich auch im Namen meiner Fraktion, da sind wir uns aber auch mit der SPD einig, wir sind für den Erhalt der Indexregelung. Die Vorteile habe ich hier schon alle erläutert, deswegen brauche ich darauf nicht noch einmal einzugehen und kann Ihnen nur empfehlen der Beschlussempfehlung des Justizausschusses zu folgen und diese Anträge abzulehnen.

(Beifall bei der CDU)

Zum SPD-Antrag: Schon heute weiß die SPD in Thüringen, dass Rotgrün in Berlin weiter ihre Politik durchziehen wird - jetzt zitiere ich aus der Begründung des vorliegenden Gesetzentwurfs -, die angespannte finanzielle Lage in Thüringen sich nicht verbessern wird, und das auch jetzt schon in weiter Voraussicht, wenn man auf die Daten schaut, die in dem Antrag der SPD vorhanden sind, "bis zum 31. Oktober 2004".

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Sie wissen es doch auch.)

Sie müssen es ja wissen, meine Damen und Herren von der SPD.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Indexregelung, dann richtig, dann in der Regelmäßigkeit, wie sie im Gesetz und in der Verfassung vorgeschrieben sind. Ich teile die Befürchtungen der SPD, dass Rotgrün keine wesentliche Verbesserung für die Entwicklung in Thüringen bringen wird. Jeder kann das in der Drucksache 3/3087 nachlesen - das ist der Bericht über die Einkommensentwicklung des vergangenen Jahres. Schon da gab es einzelne Berufsgruppen mit einem negativen Wachstum, wie es so schön umschrieben wird, also einem Rückgang des Einkommens, der rein statistisch festgestellt werden konnte. Die Indexregelung macht nur Sinn,

wenn sie regelmäßig angewendet wird, auch dann nicht ausgesetzt wird, wenn eine negative Anpassung, eine Kürzung der Grundentschädigung drohen sollte.

Noch einmal: Ich bin und auch meine Fraktion ist überzeugt davon, dass wir mit dem Thüringer Modell mit der Indexregelung für die Grundentschädigung der Thüringer Landtagsabgeordneten die gerechteste Lösung gefunden haben. Aus diesem Grunde will ich Ihnen empfehlen, der Zustimmung zur Beschlussempfehlung des Justizausschusses zu folgen. Das heißt in der Endkonsequenz die Ablehnung sowohl der vorliegenden Gesetzentwürfe von der PDS und von der SPD als auch die Ablehnung der hier heute oder gestern eingereichten Ergänzungsanträge. In der Endkonsequenz bedeutet dies die Abschaffung der Indexregelung. Ich meine, wir sollten stolz darauf sein, dass wir zu dieser vernünftigen Lösung gekommen sind, denn diese Lösung befreit uns davon, regelmäßig in eigener Sache entscheiden zu müssen. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Schemmel, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Wort zu Frau Nitzpon. Wir sind für das prinzipielle Beibehalten der Indexregelung.

(Beifall bei der CDU)

Ein Wort zu Herrn Wolf: Ich meine, unsere, ich will nicht sagen Begehrlichkeiten, aber unsere Erwartung oder Ihre Erwartung an eine nächste Erhöhung der Diät mit der rotgrünen Bundesregierung zu bemänteln und damit, ich sage mal, zu vertuschen,

(Unruhe bei der CDU)

das ist ja nun wirklich eine bisschen kritische Geschichte. Aber ersparen Sie mir dazu bitte weitere Einzelheiten.

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Besitzstandswahrung.)

Ich möchte eigentlich dann zu unserem Antrag in der Drucksache 3/3296 sprechen, der, wie schon deutlich gesagt wurde, eine bestimmte Zielrichtung hat. Ich will Ihnen aber auch begründen, warum wir einen solchen Antrag heute eigentlich an dieser Stelle stellen.

Meine Damen und Herren, Sie wissen alle um die weltweite wirtschaftliche Lage. Sie wissen alle um die demographische Entwicklung in Deutschland mit ihren durchschla

genden Konsequenzen auf soziale Sicherungssysteme. Sie kennen die jährlich wirksamen Steuerentlastungen privater Haushalte durch das Steuerprogramm der Bundesregierung. Das sind bis zum Jahr 2004 28 Mrd.   privaten Haushalte entlastet werden. Aber es sind auch eben gerade 28 Mrd.      ßen, und es sind auch gerade 28 Mrd.     zierte Systeme nicht stabilisieren helfen wie Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe, das sind ja steuerfinanzierte Systeme. Sie kennen genau wie ich alle die gegenwärtig schwierige finanzielle Lage der Bundesrepublik Deutschland, auch vor dem Hintergrund der drohenden "blauen Briefe" aus Brüssel. Da möchte ich gleich mal einen Satz nach außen in diesen Raum noch sagen. Vor diesem Hintergrund der drohenden "blauen Briefe" sind auch Empfehlungen die Staatsverschuldung zu erhöhen nicht gerade sehr zielführend.

(Beifall bei der SPD)

Sie wissen, meine Damen und Herren, dass sich die Fraktionen im Bundestag fast um deckungsgleiche Lösungsansätze bemühen, die natürlich mit unvermeidlichen Einschnitten in soziale Systeme und leider auch in reale Lebensläufe verbunden sind. In dieser Situation wollen wir klären, stehen wir vor der Frage, ob wir uns als Mitglieder des Thüringer Landtags vorausschauend für das Jahr 2004 eine Erhöhung unserer Entschädigungen genehmigen wollen. Was ist das eigentlich für eine Anmaßung gegenüber denen, denen wir Einschnitte zumuten müssen, und was ist das aber auch gerade für ein Signal vor den bevorstehenden Einigungen der Fraktionen im Bundestag und dann auch im Bundesrat - und jetzt spreche ich die Kolleginnen und Kollegen in der Mitte an -, die Rotgrün und die Union gemeinsam erreichen müssen und gemeinsam erreichen werden. Aus diesen Gründen stellen wir heute noch mal in diesem Umfeld, in dieser Situation, mit diesem Gefühl diesen Antrag, der beinhaltet - und ich muss noch mal sagen - das Einfrieren der Entschädigung für 2004 auf dem Niveau dieses Jahres und den Wegfall dieser Erhöhungsstufe, die sich bei späterer Rückkehr zum Indexierungsverfahren darstellen würde. Das scheinen viele Leute nicht begriffen zu haben, z.B. auch Herr Ramelow, wenn ich Ihre Äußerung in der Zeitung "Freies Wort" vom 08.05. richtig bewerte, dann scheinen Sie nicht begriffen zu haben, dass diese Indexierungsstufe dieses Jahres dann nicht wieder aufgerechnet werden soll.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Der hat das schon begriffen.)

Herr Fiedler sagt, Sie hätten das schon begriffen,

(Heiterkeit im Hause)

aber Sie sagen es absichtlich falsch, um die Leute im Land in die Irre zu führen. Ich glaube, da kann ich mich

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Diese Nebeltaktik habt Ihr schon mal in der großen Koalition gemacht.)

Herrn Fiedler anschließen.

(Beifall bei der CDU)

Ich gehe davon aus - und das ist ja auch schon begründet worden -, dass der PDS-Antrag zur Ablösung der Indexierungslösung in diesem Haus die notwendige Mehrheit, das wäre ja auch eine Zweidrittelmehrheit, nicht finden wird. Deswegen ist eigentlich der Antrag, wie wir ihn vorlegen, die einzige praktikable Lösung, um ein Signal in dieser schwierigen Situation nach außen zu senden. Wir wollen keine Erhöhung dieser Diäten im Jahr 2004, in einem Jahr, in dem die Einschnitte in die Systeme, von denen ich gesprochen habe, wirksam werden. Da handelt es sich für mich persönlich nicht um ein parteitaktisches Kalkül oder ein oppositionelles Ritual. Die Annahme unseres Antrags, gesetzt den Fall, die nützt oder schadet einem Abgeordneten unserer Fraktion genauso viel oder genauso wenig wie jedem anderen Abgeordneten in diesem Hause. Insoweit ist für mich eine individuelle Entscheidung, aber natürlich eine individuelle Entscheidung, ich sage einmal, mit einer möglichen kollektiven Wirkung für unser Parlament, denn es wird dann am Schluss nicht mehr unterschieden werden, sondern es wird zu den üblichen Worthülsen gegriffen werden, die dort in Erfurt haben sich wieder dieses und jenes zugebilligt. Deshalb ist diese individuelle Entscheidung auch für mich mit einer Frage unserer Glaubwürdigkeit verbunden. Deswegen bitte ich Sie - und ich erinnere die Kollegen aus dem Mittelblock an das Jahr 1997, als wir uns zu einem ähnlichen Schritt aus ähnlichen Erwägungen zusammengefunden haben - um Zustimmung zu unserem Antrag, auch aus unserem eigenen Anspruch hier in diesem Hause heraus und aus unserem Auftrag als Volksvertreter in Thüringen. Danke.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt noch eine Wortmeldung vom Abgeordneten Schwäblein und Herrn Abgeordneten Wunderlich, ja? Gut. Bitte, Herr Schwäblein.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, es wird wieder an der Glaubwürdigkeit der Abgeordneten herumgezündelt und das, nachdem über Jahre Gerichte bemüht wurden und die bestehende Regelung vor dem Verfassungsgericht Bestand hatte. Sehr verehrte Damen und Herren der PDS, dass Sie Verfassungsgerichte nicht akzeptieren, entspricht Ihrem aktuellen

(Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Eine übliche Unterstellung des Herrn Schwäblein.)

(Unruhe bei der PDS)

Parteiprogramm aus dem Jahre 1993. Ich sage das gern noch einmal, ein neues haben Sie noch nicht zu Stande gebracht, auch wenn Sie gerade dabei sind, Ihre Bundesvorsitzende zu schlachten, ein neues Programm gibt es noch nicht bei der PDS, das alte gilt weiterhin. Es ist nachzulesen als Bundestagsdrucksache. In dem Entwurf der PDS für ein neues Grundgesetz steht - jetzt hören Sie ruhig einmal zu, wenn Sie es vergessen haben sollten -: "Die Sprüche des Verfassungsgerichtes sollen im Bundestag mit einfacher Mehrheit korrigiert werden können." Das ist ein schlichter Skandal, aber in dem Geiste machen Sie weiterhin Politik. Sie würdigen das Ergebnis der Verfassungsgerichtsprechung in Thüringen nicht. Das darf heute noch einmal festgehalten werden.

(Zwischenruf Abg. Dittes, PDS: Das ist ja ein Quatsch, großartiger Blödsinn, ein hochgra- diger Blödsinn.)

Lesen Sie doch einmal nach, wenn Sie mir Blödsinn unterstellen und schämen Sie sich für das, was Sie immer noch als Programm vor sich hertragen und mittlerweile auch verstecken wollen. Aber lassen wir es so, die Bundestagsdrucksache lügt nicht. Ich kann Ihnen die Nummer gern nachliefern, wenn Sie es vergessen haben sollten. Ich stelle Ihnen auch ein Exemplar zur Verfügung, wenn Sie es schon vergraben hätten. Ich weiß es nicht.

Wir haben damals mit der Regelung, Herr Wolf ist darauf eingegangen, versucht und auch richtigerweise, die SPD steht ja auch dazu, das Einkommen der Landtagsabgeordneten einem objektiven Verfahren unterzogen. Wir haben es uns aus der Hand genommen, über die Höhe selbst zu entscheiden, weil, wie richtig schon angeführt wurde, zwei Verfassungsgrundsätze einander widersprechen. Einmal das Transparenzgebot, das in aller Öffentlichkeit zu machen, und zum Zweiten, nie in eigener Sache zu entscheiden. Das lässt sich nicht auflösen. Es lässt sich nur das eine höher stellen als das andere, aber beides ist rechtlich möglich und tatsächlich auch verfassungsrechtlich gegeben.