Protokoll der Sitzung vom 05.06.2003

Es gibt also in anderen Mitgliedstaaten Regionen, die das gleiche Interesse haben und diese haben wir angesprochen, haben Partner gesucht und Partner gefunden. Es ist uns gelungen, neben den jungen Ländern auch die anderen betroffenen europäischen Regionen mit ins Boot zu holen und so konnten wir aus einer deutschen Forde

rung nach Fortbestand des Ziel-1-Status nach 2006 eine europäische Forderung machen mit vielen Mitstreitern. Dies hat die Europäische Kommission nicht unbeeindruckt gelassen und der für die Regionalpolitik zuständige Kommissar Michel Barnier hat bereits Entgegenkommen signalisiert und er hat angekündigt, es soll eine Ziel-1a-Förderung geben, die weitestgehend der bisherigen Ziel-1-Förderung entspricht.

(Beifall bei der CDU)

Ich halte das in der Tat für einen großartigen Erfolg und ich möchte allen danken, die auf welchen Ebenen und in welchen Gremien dabei mitgewirkt und dazu beigetragen haben.

Ein weiterer positiver Nebeneffekt der Mitwirkung im Ausschuss der Regionen sind die politischen Gespräche am Rande der Fachkommissionssitzungen bzw. Plenartagungen in Brüssel. Dies gilt zum einen für die Kontaktpflege und Zusammenarbeit mit und zu unseren Partnerregionen wie die Picardie und Essex, die ebenfalls im AdR vertreten sind, und es gilt natürlich - wie ich bereits gesagt habe - künftig hoffentlich und, ich sage, sicher auch für die Woiwodschaft Kleinpolen.

Was ich gesagt habe, gilt aber auch für die politischen Gespräche mit Vertretern der in Brüssel ansässigen Institutionen, insbesondere der Europäischen Kommission. So ist mit EU-Kommissar Michel Barnier ein ausführlicher Gedankenaustausch über unsere Vorstellungen zur zukünftigen Ausrichtung der EU-Strukturpolitik in Gang gekommen und es ist hoch erfreulich, dass Barnier eine Einladung des Thüringer Ministerpräsidenten nach Thüringen angenommen hat. Er hat zugesagt, dass er im Oktober in den Freistaat kommen wird.

Ich halte das für außerordentlich wichtig, denn es ist nötig, dass die EU-Kommissare, denen man eine gewisse Distanz nachsagt, zu dem, was vor Ort, auch hier bei uns in den jungen Ländern oder in den Regionen stattfindet, dass sie wirklich sehen und erfahren was ist. Dass sie auf der einen Seite sehen, was bereits geschehen ist, dass sie sehen, welche Fortschritte wir gemacht haben und was angerichtet wird, wenn beispielsweise bestimmte Fördermaßnahmen nicht mehr kommen, dass wir nicht mehr in der Lage sind, das, was gut auf den Weg gebracht worden ist, auch zu einem positiven Ende zu führen. Herr Barnier ist herzlich willkommen wie auch alle anderen EU-Kommissare - wie immer sie heißen -, sie können gern hierher kommen, können sich anschauen, was hier Gutes gelungen ist, aber auch, dass wir weiterhin die Unterstützung der Europäischen Union brauchen.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Gespräche, die in Gang gesetzt wurden, betrafen Themen wie beispielsweise die EU-Beihilfepolitik, die von großer Bedeutung für die künftige Regionalpolitik

des Freistaats ist, ebenso die schon so genannte Daseinsvorsorge, ferner institutionelle Fragen im Rahmen des Europäischen Konvents und selbstverständlich die schon mehrfach ins Gespräch gebrachte Erweiterung.

Lassen Sie mich bitte noch einige Aussagen zu den Entwicklungsperspektiven des Ausschusses der Regionen machen. Der AdR ist die jüngste Institution der Europäischen Union, das sollten wir uns bitte immer ins Gedächtnis rufen. Das ist keine alteingesessene, alterprobte, bereits in bestimmten Bahnen laufende Einrichtung nein, es ist die jüngste Institution der Europäischen Union, mal gerade so eben zehn Jahre auf den Weg gebracht. Sie muss trotz aller in der letzten Legislatur erreichten Fortschritte den Platz im EU-Institutionengefüge erst noch so richtig finden. Dies bedeutet aber auch, dass wir uns intensiv einschalten, dass wir intensiv daran mitwirken, dass wir durch unsere Präsenz, durch unsere Positionierung zeigen, wie wichtig und bedeutsam wir den AdR empfinden. Wir sind jetzt in der 3. Legislaturperiode, die 1. Legislatur von 1994 bis 1998 war sehr stark von administrativ organisatorischen Problemen belastet und geprägt. Das ist selbstverständlich, wenn eine solche Einrichtung neu aufgebaut wird.

Mit der administrativen Trennung von Wirtschafts- und Sozialausschuss ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung getan. Der AdR muss nun weit stärker, als das in der Vergangenheit der Fall war, sein politisches Potenzial und seinen politischen Charakter stärken und hervorheben. Dies kann er auch selbstbewusst tun, schließlich ist er als einzige EU-Institution die Vertretung gewählter Regional- und Kommunalpolitiker. Alle anderen Institutionen auf der europäischen Ebene können dies so nicht für sich in Anspruch nehmen. Der Nizza-Vertrag schreibt dies als so genannte Zulassungsvoraussetzung erstmals in Artikel 263 EGV fest, übrigens eine alte Forderung der deutschen Länder und auch des AdR.

Wie lässt sich nun das politische Potenzial des AdR weiter stärken? Seinem Anspruch, als Wächter der Subsidarität aufzutreten, könnte der AdR meines Erachtens noch besser gerecht werden. Aber dazu - wie gesagt - brauchen wir Verbündete, denn nicht überall spielt die Region in unserem Sinne die Rolle, wie dies eben sein sollte, gleichwohl müssen wir uns darum bemühen und kümmern. Wir haben daher eine Reihe politisch richtungsweisender AdRStellungnahmen zu grundlegenden Themen der Europäischen Union erarbeitet, die zum Teil aus der Feder deutscher Berichterstatter stammen, etwa die AdR-Stellungnahme Appell für eine neue Subsidaritätskultur, die mit großer Mehrheit vom Plenum verabschiedet worden ist.

Mit anderen Worten, über grundlegende Fragen der künftigen europäischen Strukturprinzipien besteht weit gehend Einigkeit, der Teufel steckt aber wie so häufig im Detail. In fachpolitischen Stellungnahmen werden eben doch gelegentlich Forderungen nach EU-Regelungen erhoben, die aus unserer Sicht mit dem Subsidaritätsprinzip schwer

lich zu vereinbaren sind, wie etwa, ein Beispiel, neue EU-Agenturen zur Überwachung bestimmten Sektoren gefordert werden. Solche Überlegungen müssen auf unseren Widerstand stoßen, denn das hat nichts mit Subsidarität zu tun und hat letztlich aus unserer Sicht auch nichts damit zu tun, dass die Dinge, die auf der kleinen Ebene geregelt werden sollten, dort auch geregelt werden, sondern dass die EU sich hier Zuständigkeiten an Land ziehen will, die sie besser nicht hätte.

Aus unserer Sicht sollte sich der AdR stärker auf die Bereiche konzentrieren, in denen er mit seinen Stellungnahmen den europäischen Gesetzgebungsprozess beeinflussen kann. Das heißt beispielsweise, dass der Ausschuss insbesondere auf die regionalen und kommunalen Folgewirkungen europäischer Rechtsetzungsvorhaben abstellt einschließlich der finanziellen Konsequenzen. Dies würde es dem Ausschuss der Regionen sicherlich erleichtern, auch vom Europäischen Parlament als gleichberechtigter Partner akzeptiert zu werden.

Das Europäische Parlament hat dem AdR seinen politischen Anspruch, Vertreter der Bürger sein zu wollen, gelegentlich übel genommen, weil man dort selbst die Inständigkeit reklamiert, was man Parlamentariern natürlich nicht unbedingt verübeln darf. Ich glaube aber, dass sich inzwischen hier auf der Ebene von EU-Parlament und AdR eine gesunde Zusammenarbeit anbahnt. Erstmals hat das Europäische Parlament, das mag ein Beispiel dafür sein, in diesem Jahr von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, vor Verabschiedung einer Stellungnahme den AdR anzuhören, nämlich beim Napolitanobericht zur künftigen Rolle der Regionen in der Europäischen Union.

Die Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission war dagegen von Anfang an intensiv und ist mittlerweile durch eine Kooperationsvereinbarung institutionalisiert worden. In der laufenden Legislatur halten wir es nun für wichtig, dass sich der AdR weiter konsolidiert und seinen Auftrag, Wächter des Subsidiaritätsprinzips im genannten Sinne zu sein, stärker wahrnimmt.

Eine Reihe von Akzeptanzproblemen würden sich aus meiner Sicht dann von selbst erledigen. Wir treten also für eine behutsame Weiterentwicklung des AdR ein und die alte Forderung nach Verleihung eines eigenständigen Klagerechts und des Organstatus sollte in der nächsten Regierungskonferenz endlich Realität werden.

Die Landesregierung hat den Vertreter der deutschen Länder im Konvent, Herrn Ministerpräsidenten Erwin Teufel, gebeten entsprechende Anträge in den Konvent einzubringen. Dies entspricht übrigens dem Auftrag des Thüringer Landtags in seinem Beschluss zum Europäischen Konvent im November letzten Jahres, für den die Landesregierung außerordentlich dankbar ist. Außerdem sollte ein eigenständiges Klagerecht der Regionen zustande kommen, der Regionen, die über Gesetzgebungsbefugnisse

verfügen. Das wäre Voraussetzung. Es kann nicht für Regionen gelten, die keinerlei Gesetzgebungsbefugnisse haben. Es ist nicht einsehbar, weshalb Regionen, die sich in ihren Rechten durch EU-Regelungen beeinträchtigt sehen, keine Möglichkeit haben sollen, dies vom Europäischen Gerichtshof überprüfen zu lassen. Ist dies nämlich nicht möglich, so führt dies faktisch zu einer Schlechterstellung beispielsweise gegenüber Unternehmen, denen diese Klagemöglichkeit offen steht.

Ein weiterer Punkt, der mir wichtig ist: die Forderung nach einer stärkeren Vertretung im AdR, insbesondere im Zuge der EU-Erweiterung. Sie hat bisher leider kaum Resonanz gefunden. Auch darauf hat dieser Landtag bereits hingewiesen und hier ist die Landesregierung ebenso dankbar für eindeutige Positionierung und das heißt Unterstützung in einer so wichtigen Frage. Deutschland wird nach der Erweiterung auf 25 Mitgliedstaaten nach derzeitigem Stand weiterhin nur über 24 AdR-Sitze verfügen. Dies entspricht nicht der Bevölkerungsstärke Deutschlands. Nachdrücklich unterstützen wir daher die Forderung des Thüringer Landtags, die Zusammensetzung des AdR anzupassen. Die deutschen Konventsmitglieder haben dieses Anliegen inzwischen im Konvent eingebracht und fordern, sich bei der künftigen Sitzverteilung im Ausschuss der Regionen am Europäischen Parlament zu orientieren. So ist für den AdR eine Aufstockung der Sitze von gegenwärtig 222 auf 350 vorgesehen. Dies entspräche dann der Hälfte der für das Europäische Parlament vorgesehenen Höchstsitzzahl von 700. Der eigentliche Charme dieses Vorschlags liegt aber darin, dass der Verteilerschlüssel des Europäischen Parlaments angewandt werden soll und dies bedeutet, dass das relative Gewicht der deutschen Delegation im AdR erheblich gestärkt würde. Wir hätten als deutsche Mitglieder Anspruch auf mehr Sitze und ich glaube, das wäre ganz im Sinne auch der Stärkung des Föderalismus, der schließlich unser Exportartikel in Deutschland ist und den wir in Europa einbringen müssen. Es gilt unverändert der Satz von Lübbe, der gesagt hat: Europa wird föderal sein oder es wird nicht wirklich sein.

Wir halten es, meine Damen und Herren Abgeordneten, weiterhin für eine wichtige Aufgabe, den organisatorischpersonellen Unterbau des AdR zu stärken. Auf diesem Gebiet konnte die deutsche Delegation im AdR in den vergangenen Legislaturen bereits bedeutende Verbesserungen erreichen. So konnten unter deutschem Vorsitz in der eigens eingerichteten Geschäftsordnungskommission Verfahren verankert werden, die die Arbeitsfähigkeit des AdR effektiver gestalten. Ich nenne hier nur die Regelung für die Abfassung von Stellungnahmen, die Stärkung der Filterfunktion der Fachkommissionen, die Möglichkeit, vereinfachte Verfahren im Plenum anzuwenden sowie ein Rückverweisungsrecht in die Fachkommission, wenn beispielsweise im Plenum mehr als 20 Änderungsanträge vorliegen. Von diesen Möglichkeiten könnte allerdings meines Erachtens und nach persönlichen Erfahrungen noch stärker als bisher Gebrauch gemacht werden.

Jetzt kommt ein ganz schwieriges Problem, das wir aber nur sehr schwer lösen können. Im Vergleich zu anderen Nationalitäten sind deutsche Beamte in der AdR-Verwaltung deutlich unterrepräsentiert. Das ist jetzt keine nationale Eitelkeit, so dass ich sage, es ist schade, dass nicht mehr Deutsch gesprochen wird, okay, das ist auch schade, aber, es hat in der Tat Probleme für unsere Arbeit. Wenn die Zahl solcher Mitarbeiter und Ansprechpartner in der AdR-Verwaltung relativ klein ist, so hat das unmittelbare Konsequenzen für die Arbeit der deutschen Mitglieder, zumal Vorlagen in deutscher Sprache meist erst sehr spät zur Verfügung stehen. Aufgrund der EU-Personalauswahlverfahren ist bedauerlicherweise nicht damit zu rechnen, dass sich an dieser Situation so bald etwas grundlegend ändern wird. Allerdings - man soll die Hoffnung ja nie aufgeben - haben wir vielleicht eine Chance, wenn im Februar 2004 erneut ein Deutscher die AdR-Präsidentschaft übernimmt und vielleicht ergibt sich tatsächlich die Möglichkeit, auf diesem Gebiet kurzfristig ein wenig etwas zu erreichen. Die deutschen Ministerpräsidenten haben sich im vergangenen Jahr eingehend mit der Wahrnehmung von Länderinteressen im Ausschuss der Regionen befasst. Wir dürfen froh darüber sein, weil dies nicht zu allen Zeiten so war, dass die deutschen Ministerpräsidenten sich speziell um dieses Gremium, speziell auch um den AdR in so besonderer Weise gekümmert haben. Dabei ging es vor allem darum, wie sich das gemeinsame Auftreten der deutschen Länder verbessern und mehr Gemeinsamkeit erreichen lässt. Die deutsche AdR-Delegation hat daraufhin eine Reihe organisatorischer Maßnahmen in Angriff genommen, die zu einer besseren Abstimmung zwischen den deutschen Mitgliedern führen sollen. Die Landesregierung begrüßt dies außerordentlich und sieht darin einen Anfang, mehr durch bessere Koordinierung und Abstimmung zu erreichen.

Ich komme zum Fazit: Die Erwartungen der deutschen Länder an den AdR waren sehr hoch, vielleicht, gewiss sogar, waren sie zu hoch. Dass der AdR kein Europäischer Bundesrat ist oder wird, sollte indessen nicht zur politischen Skepsis oder gar zum politischen Rückzug verleiten, es wäre ein Kardinalfehler. Gottlob denkt in Wahrheit daran auch niemand. Für die Landesregierung bleibt der Ausschuss der Regionen ein wichtiges Instrument, um Thüringer Interessen unmittelbar in den europäischen Entscheidungsprozess einbringen zu können. Ich möchte daher immer wieder ermuntern, auch bestimmte Probleme, die uns wichtig zu sein scheinen, hier im Parlament zu diskutieren, wenn sie für den europäischen Horizont von Belang sind und den Versuch zu unternehmen, hier im Parlament einmütige Beschlussfassungen herbeizuführen, dass wir mit umso größerer Kraft und Möglichkeit dann im AdR tätig werden können.

Der Ausschuss der Regionen wird auch in absehbarer Zeit im Übrigen die einzige europäische Institution der regionalen und kommunalen Ebene bleiben. Wir tun daher, meine Damen und Herren, gut daran, uns dort weiterhin durch Präsenz und politisches Engagement bemerkbar

zu machen. Thüringen ist das Land in der Mitte Deutschlands und in der Mitte Europas. Es steht ihm besonders gut zu Gesicht, in Europa Präsenz zu zeigen und sich mit dem, was es hat, einzubringen. Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU)

Ich frage die Fraktionen: Wird Aussprache gewünscht?

Die PDS-Fraktion beantragt die Aussprache.

Gut. Dann gibt es die Aussprache und ich bitte als erste Rednerin Frau Abgeordnete Sedlacik an das Rednerpult. Bitte schön.

Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Staatssekretär Kaiser, werter Abgeordneter Herr Schröter, vielen Dank für Ihre interessanten und ausführlichen Berichte. Ich kann es nur begrüßen, wenn die CDU-Fraktion mit ihrem Antrag bekundet, künftig den Thüringer Landtag stärker in die Arbeit des Ausschusses der Regionen einbinden zu wollen. Allein wenn ich mir die überschwänglichen Ankündigungen ins Gedächtnis zurückrufe, die vor und zu Beginn des Europäischen Konvents geäußert wurden und diese mit den konkreten Ergebnissen der Konventsarbeit vergleiche, so stimmt mich jedoch der angekündigte Bedeutungszuwachs des Ausschusses der Regionen im Alltag des Thüringer Landtags etwas skeptisch. Wer in diesen Tagen die Internetseiten des Europäischen Konvents in der Hoffnung besucht, einen großartigen Verfassungsentwurf vorzufinden, wird enttäuscht sein. Der Entwurf ist kein großes Dokument, sondern vielmehr ein sehr umfangreicher Text und für den Laien weniger verständlich. Der ursprünglich geäußerte Anspruch, dass der Vertrag so klar und verständlich sein müsse, dass ihn jeder Schüler in der Oberstufe eines Gymnasiums verstehen kann, ist leider nicht Wirklichkeit geworden. So steht das erste Opfer dieses Konvents schon fest, nämlich die Klarheit, die Verständlichkeit und für uns alle die gewollte Bürgernähe der zukünftigen Verfassung sehe ich hier in Gefahr. Der somit förmlich mit der Flut der Artikel und Absätze erschlagene Besucher der Internetseite wird sich vielleicht später nur mal erinnern an den Streit in der Präambel mit dem Thukydides-Zitat, welches lautet: "Unsere Verfassung nennt sich Demokratie, weil die Macht nicht in den Händen einer Minderheit, sondern in der des Volkes liegt". Das Zitat bleibt vielleicht in Erinnerung, und der Streit, dass der Gottesbezug nun nicht in die Präambel kommt, wird eventuell noch den Papst ärgern und noch viel mehr den CSU-Landesgruppenchef Glos.

Aber bei dem Ausschuss der Regionen hat es doch viele Ankündigungen gegeben, keine Spur ist nunmehr in dem Entwurf zu finden. So hieß es, der Ausschuss der Regionen solle künftig noch eine größere, noch stärkere Rolle in der Union spielen. Er sollte die Möglichkeit des Zugangs zum Europäischen Gerichtshof erhalten, also das Klagerecht. Oder der Ausschuss sollte auch sogar aufschiebende Vetorechte im Bereich mit eindeutig regionalem Bezug verliehen bekommen. Kein Wort davon im gegenwärtigen Entwurf des Konvents. Auch wenn voraussichtlich die Regierungskonferenz die Stellung des Ausschusses der Regionen nicht stärken wird, ist der Ausschuss der Regionen nicht nur dafür wichtig und unentbehrlich, um die regionale Sichtweise in den Rechtsetzungsprozess der Europäischen Union einzubringen, vielmehr könnte der Ausschuss der Regionen auch eine Rolle spielen, europapolitische Themen dem Bürger näher zu bringen. Dies setzt, auch auf Thüringen bezogen, doch voraus, dass die Themen in den Fachkommissionen und im Plenum des AdR eine Rolle spielen und auch stärker in der Arbeit unserer Fachausschüsse des Thüringer Landtags Berücksichtigung finden.

(Beifall bei der PDS)

Derzeit ist es doch Praxis, dass die Mitglieder des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten lediglich sehr sumarisch über die Beratungen im Plenum des AdR informiert werden. Dies halte ich für völlig ungenügend. Über die anstehenden Beratungsgegenstände in den Fachkommissionen gibt es außer dem vom Präsidium des AdR beschlossenen Arbeitsprogramm keinerlei Informationen. Die Mitglieder des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten erhalten durch die Staatskanzlei lediglich die Tagesordnung der Plenarsitzungen des AdR. Bis zu der auf die Verteilung folgenden Ausschuss-Sitzung kann dann das Plenum des AdR bereits getagt haben, so dass die Ausschussmitglieder nur noch darüber informiert werden, was eben bereits alles beschlossen wurde. Ich stelle mir die zukünftige Arbeit zwischen den beiden Thüringer Mitgliedern im AdR und dem Landtag so vor, dass die Fachausschüsse des Landtags rechtzeitig über die in den Fachkommissionen des AdR anstehenden Beratungsgegenstände informiert werden. Denn nur so, sehr geehrter Herr Staatssekretär, können wir das, was auch Sie gerade forderten, verwirklichen, dass wir uns intensiver einbringen und den politischen Charakter des AdR stärken können. Nur so können europapolitische Themen künftig im Landtag und damit auch in der Öffentlichkeit die Rolle spielen, die Europa zusteht. Danke.

(Beifall bei der PDS)

Herr Abgeordneter Botz, Sie haben das Wort, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße im Namen meiner Fraktion den Tätigkeitsbericht unserer AdR-Mitglieder, Herrn Schröter und den Vertreter der Staatskanzlei. Dafür hätte es allerdings auch Anlass gegeben, wenn wir in dieser Legislatur nicht in der glücklichen Lage wären, zwei AdR-Mitglieder zu haben. Das nur als kleine Nebenbemerkung. Das heißt, auch wenn die andere Zeit wieder eintritt, so dass wir nur einen AdR-Vertreter als Thüringer haben, wäre es sicher hilfreich, ab und zu - ich weiß nicht ob jährlich, das kann man sicher später entscheiden - einen solchen Bericht zu erhalten, denn ich glaube, er erfüllt doch mehrere Funktionen. Wir als Mitglieder des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten haben - das möchte ich hier ganz klar zum Ausdruck bringen, ich weiß nicht, ob ich da meine Vorrednerin falsch verstanden habe - regelmäßig die Gelegenheit und wir haben sie auch genutzt, Frau Sedlacik,

(Beifall bei der CDU)

Berichte zu bekommen, nicht nur, wenn wir eine Frage gestellt haben, sondern - das möchte ich hier bei allen Reibereien, die sicher auch hinter uns liegen, ganz klar sagen - in Richtung des nun ehemaligen Ministers für Bundes- und Europaangelegenheiten und Chefs der Staatskanzlei, Herrn Gnauck. Es war schon ein wesentlicher Teil der Tagesordnung bisher, ich hoffe, dass das dann auch in Zukunft so bleibt, unseres Ausschusses, dass wir Berichte aus dem AdR bekommen haben von unseren Mitgliedern.

Meine Damen und Herren, einer der entscheidenden Gründe der Schaffung des AdR, das will ich hier nur noch einmal kurz in Erinnerung rufen, war ja, das ist auch gesagt worden, mit dem Maastrichter Vertrag der Versuch, die direkte Einflussnahme kommunaler und regionaler Gebietskörperschaften auf Entscheidungsabläufe der EUInstitutionen zu stärken. Der Maastrichter Vertrag, 1991 beschlossen, hat dann dazu geführt, leider dauern die Dinge manchmal, dass es im März 1994 die erste Sitzung des AdR gegeben hat. Das ist auch schon wieder fast ein Jahrzehnt her. Ich glaube, bei allen kritischen Bemerkungen, die zum Teil die Vorredner hier schon angeführt haben, dass es, obwohl nicht alle ursprünglichen Wunschvorstellungen, gerade auch der deutschen Seite, Herr Görgmeyer, Sie haben das hier noch mal angesprochen...

(Zwischenrufe aus der CDU-Fraktion: Kaiser.)

Ich bitte ausdrücklich um Entschuldigung, Herr Kaiser. Ich hoffe, Sie nehmen mir das nicht übel. Entschuldigen Sie, Herr Kaiser. Was Sie hier in diesem Kontext schon angesprochen haben, auch wenn sozusagen die Wunschvorstellungen der deutschen Seite hier nicht hunderprozentig umgesetzt werden konnten, hat der AdR mehrere positive Nebeneffekte gebracht und die sind zum Teil

angeklungen, ich will sie nur noch einmal klar untersetzen. Neben dem, was institutionell gelungen ist, wenn die Mehrheiten im AdR für Stellungnahmen da sind, das ist ja eine zwingende Voraussetzung, dann werden sie an die wichtigen anderen EU-Institutionen weitergebeben.

Meine Damen und Herren, hier an der Stelle wirklich nur noch einmal von meiner Seite aus meiner ehemaligen Tätigkeit kurz die Bestätigung - und das ist nun schon einige Jahre her -, das ist nicht schlechter geworden, das ist besser geworden. Im Europaparlament nimmt man sowohl diesen auch kaum bekannten Ausschuss WSA, der ja auch nur beratende Funktion hat, aber eben in zunehmendem Maße auch die Stellungnahmen des AdR sehr, sehr ernst. Es gibt wirklich schon eine sehr hohe Anzahl von Europaabgeordneten, die nur, wenn sie ganz schwer wiegende Gründe sehen, ganz einfach und locker über eine solche Stellungnahme in wichtigen Punkten hinweggehen. Das darf man hier auch einmal sagen und insofern auch diese Arbeit des AdR auch praktisch würdigen und untersetzen. Ich möchte in aller Kürze, weil ich auch hier zu den Berichten nicht allzu lange sprechen möchte, noch einige Anregungen geben. Herr Schröter hat schon darauf hingewiesen, dass es Bemühungen gab, einmal in Richtung eines Berichts zu kommen. Ich möchte Sie bestärken, diese Versuche weiter zu unternehmen - vielleicht auch einmal die Anregung, es gibt ja auch das Instrument der Initiativberichte -, da hier ja schon die Vorarbeiten, Herr Kaiser hat es dargestellt, auf den Weg gebracht wurden hinsichtlich des Problems des statistischen Effekts. Dann wäre es ja denkbar, zu versuchen, solange wir so stark im AdR vertreten sind als Thüringer und eben mit allen anderen deutschen Vertretern, sicher auch international, es sind ja viele andere Regionen schon mit im Boot, doch einen Initiativbericht in die Richtung vielleicht auf den Weg zu bringen. Wenn dazu dann Beratungen und Anhörungen eventuell auch hier vor Ort in Thüringen einmal stattfinden könnten, wäre das sicher ein nützlicher Beitrag, um die Tätigkeit des AdR auch den Bürgern und Kommunalpolitikern vor Ort noch etwas plastischer darstellen zu können. Ich möchte auch folgende Anregung geben: Meine Damen und Herren, die Berichterstattung hier im Parlament ist wertvoll und nützlich, aber man könnte das auch noch ergänzen, weil ich, Sie wissen das aus unseren Debatten bevor wir hier zur Wahl geschritten sind, dass ich mit meiner Fraktion großen Wert darauf lege, dass es im AdR eben nicht nur in erster Linie um regionale Vertretung geht, sondern, ich zitiere mal, um "maßgebliche Akteure der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften", Sie haben das auch richtig erwähnt. Da wäre es doch durchaus auch hilfreich, z.B. dem Thüringischen Gemeinde- und Städtebund laufend, auch perspektivisch regelmäßig einen solchen Bericht vorzulegen und sicher dann wechselseitig auch in der Diskussion die Anregung direkt von unseren Bürgermeistern und Landräten aufzugreifen und auch in den AdR einzubringen. Ich denke, darüber könnte man durchaus nachdenken.

Einen Effekt möchte ich abschließend noch bestätigen oder ergänzend anfügen und auch darin untersetzen, was Herr Kaiser hier angedeutet hatte. Es gibt einen Nebeneffekt, den wir seit 1994 mit dem AdR in Brüssel haben. Der besteht schlicht und einfach darin, dass wesentlich mehr Bürgermeister und auch lokale Volksvertreter aus der gesamten Europäischen Union, und in wenigen Monaten ja aus einem Europa, das fast 500 Mio. Einwohner hat, umfassen wird, direkte Möglichkeit haben, nicht nur mit den wichtigsten Personen, also Kommissaren, sondern auch mit Generaldirektoren und untergeordneten Beamten in der Kommission direkt ins Gespräch zu kommen, auch persönlich kennen zu lernen, sie einzuladen, vor Ort zu holen. Meine Damen und Herren, wir wissen das ja selber alle als Volksvertreter, das ist unbezahlbar, diesen Effekt wird man über die nächsten Jahre dann sicher auch stärker verspüren. Insofern kann ich nur sagen, der AdR ist auf einem guten Weg, auch wenn die Vorstellungen des Klagerechts, auf die auch Frau Sedlacik jetzt noch mal eingegangen ist, nicht so kommen sollten, auch dann gibt es diese positiven Nebeneffekte.

Ich möchte aber zum Abschluss noch mal zum Ausdruck bringen, dass ich mit meiner Fraktion es nach wie vor für absolut angemessen halten würde, dass der AdR als Ganzes, so wie er ja auch mehrheitlich Stellungnahmen verabschieden kann, als Körperschaft ein Klagerecht selbstverständlich im vollen Bewusstsein und in Verantwortung gegenüber der Interessenlage unserer Bürger in der EU erhalten sollte. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Abgeordneter Bergemann, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, nur einige wenige Anmerkungen. Herr Botz, ich danke Ihnen schon dafür, dass Sie klargestellt haben wie das im Ausschuss üblich ist, dass die Landesregierung ständig über den AdR berichtet und wir natürlich auch die Chance haben und sie genutzt haben in den letzten Jahren, Berichte über die Arbeit des AdR zu bekommen. Frau Kollegin Sedlacik, der Kollege Schröter hatte das deutlich gemacht, aber es geht nicht vom Ablauf, dass man dort ständig rückfragen kann, dafür gibt es das freie Mandat. Das hat er, glaube ich, in seinen Ausführungen ganz deutlich dargelegt. Das müssten Sie dann auch bitte zur Kenntnis nehmen.