Protokoll der Sitzung vom 03.07.2003

Meine Damen und Herren, Natur und Kultur gehören in Thüringen zusammen, der Ministerpräsident hat es beschrieben. Die Landesgartenschau in Nordhausen und die Landesausstellung 2004 in Sondershausen zu den Thüringer Residenzen machen dies eindrucksvoll deutlich.

Ansprechen möchte ich auch die Finanzierungsvereinbarung, die den Theatern Planungssicherheit bis zum Jahr 2008 gewährt, meine Damen und Herren. Theater in manchem anderen Bundesland würden sich dieses von Herzen wünschen, eine Vereinbarung bis zum Jahr 2008.

(Beifall bei der CDU)

Angesichts der notwendigen Einsparungen im Landeshaushalt sind diese Leistungen ungewöhnlich hoch, aber, meine Damen und Herren, ich würde mich freuen, wenn dieses übrigens von den Theatern anerkannt würde und würde mich freuen, wenn man sich schon heute Gedan

ken machen würde über die Zeit nach 2008. Meine Damen und Herren, Kooperation und Gemeinschaftsarbeit oder auch Fusion sollten bis dahin nicht verboten sein. Ich hoffe, dass man nicht bis dahin den Kopf in den Sand steckt und dann erschrocken ist, wenn im Jahr 2008 diese Vereinbarung ausläuft.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluss ein Thema ansprechen, dass zwar nicht Gegenstand der Regierungserklärung war, aber den Ministerpräsidenten in seiner früheren Funktion intensiv beschäftigt hat und auch mir am Herzen liegt - die direkt demokratischen Elemente. Wir wollen sie in einer Art stärken, die den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs entspricht und den Vorrang der parlamentarischen Demokratie nicht gefährdet. Die Lösungen, die die Landtagsfraktionen gefunden haben, sind ein Kompromiss, der die parlamentarische Demokratie und das bürgerschaftliche Engagement insgesamt stärken. Ich bin sehr dankbar, dass es bisher zu solchen Kompromissen und solcher Einigung gekommen ist und ich wünsche mir, dass wir auf dieser Ebene dieses Problem auch weiter lösen können.

Meine Damen und Herren, der Ministerpräsident hat ein anspruchsvolles Programm präsentiert. Die Opposition wundert es manchmal, dass dieses Programm von der Mehrheitsfraktion im Landtag voll getragen wird. Die Opposition tut so, als müssten wir Opposition zur Regierung sein. Das sind Sie doch schon. Der Ministerpräsident wird von uns getragen und hat unsere volle Unterstützung und wir sind ihm dankbar für das Programm, was er hier vorgelegt hat.

(Beifall bei der CDU)

Als CDU-Fraktion wollen wir Sie, Herr Ministerpräsident, und Ihr Kabinett mit aller Kraft unterstützen. Die Notwendigkeit übrigens einer engen Zusammenarbeit mit dem Parlament haben Sie heute auch dankenswerterweise unterstrichen und wir werden die Arbeit konstruktiv begleiten.

Meine Damen und Herren, wenn sich die Regierung und wenn sich die die Regierung tragende Fraktion viel vorgenommen hat, auch im Blick auf die Landtagswahlen, aber noch wichtiger sind die Menschen, die hier in Thüringen leben. Wenn wir uns viel vorgenommen haben, dann haben wir uns viel vorgenommen, um Thüringen weiter aufzubauen, weiterzuentwickeln für die Menschen, die hier leben, damit sie sich in unserem Freistaat Thüringen wohl fühlen. Dazu sind wir alle aufgerufen, auch bei unterschiedlicher Auffassung, auch bei unterschiedlichen Politikansätzen. Ich wünsche uns, dass wir das Programm, was wir heute gehört haben, gemeinsam zum Wohl der Menschen in Thüringen umsetzen können. Danke sehr.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Pelke zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Pietzsch, dass Sie zu Ihrer Landesregierung stehen müssen, das ist ja klar.

(Zwischenruf Abg. Dr. Pietzsch, CDU: Nicht müssen, sondern wollen.)

Sie haben keine andere Wahl, das ist ja Ihr Problem.

(Unruhe im Hause)

Herr Pietzsch, weil ja manches auch missverstanden wird, so scheint es mir doch, dass Sie es richtig verstanden haben, noch mal zwei Sätze zur Frage Qualitätsoffensive in den Kindereinrichtungen: Wir wollen eine qualitativ gute Versorgung im letzten Jahr vor der Einschulung. Vielleicht ist das die richtige Begrifflichkeit, damit das mit einem Vorschuljahr nicht immer verwechselt wird. Wir wollen eine Qualitätsoffensive in den Kindereinrichtungen und wir wollen eine engere und bessere Zusammenarbeit zwischen Erziehern und Grundschullehrern auf der Grundlage eines gemeinsamen Programms. Dieses haben wir auf unserem Landesparteitag beschlossen und zwar einstimmig. Ich glaube, das ist auch in der Öffentlichkeit deutlich geworden, deswegen muss man es nicht wieder in Frage stellen.

Ein Letztes, wo ich auf Sie eingehen möchte, Herr Pietzsch: Sie haben gesagt, Sie werden alle Entschließungsanträge ablehnen und wir mögen uns darüber nicht wundern. Nein, wir wundern uns bei dieser Landesregierung und bei dieser CDU über gar nichts mehr, es ist eine Selbstverständlichkeit, dass da, wo SPD draufsteht sofort die Ablehnung bei Ihnen im Kopf festgemacht ist. Nichtsdestotrotz möchte ich hier die Gelegenheit wahrnehmen, und über zwei Entschließungsanträge von uns etwas Näheres ausführen, weil ich schon finde bei all der Diskussion, dass man sich auf politische Schwerpunkte festlegen muss, und deswegen haben wir zu politischen Schwerpunkten Entschließungsanträge gemacht, auf die Sie sich wohl wieder nicht einlassen wollen.

Herr Ministerpräsident, Sie haben in Ihrer Regierungserklärung unter anderem eine andere Form der Tarifpolitik mit Hinweis auf die IG Metall eingefordert und Sie haben dankenswerterweise nochmals betont, dass jedem ausbildungswilligen jungen Menschen ein Ausbildungsplatz zur Verfügung stehen soll. Ich gehe davon aus, dass wir uns darin einig sind, dass es um einen Ausbildungsplatz in diesem Ausbildungsjahr geht und nicht um irgendein Ausbildungsjahr, und ich gehe davon aus, dass wir uns auch darin einig sind, dass es nichts zu beschö

nigen gibt im Hinblick auf die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe. Unverändert, liebe Kolleginnen und Kollegen, stellt nur der kleinere Teil der ausbildungsfähigen Betriebe sich dieser Verantwortung und da genügt eben nicht allein der Hinweis auf die schwierige wirtschaftliche Lage. Nein, wir haben uns an dieser Stelle mit der Realität auseinander zu setzen, dass ein nicht unerheblicher und ein steigender Teil der Betriebe schlicht und einfach die Ausbildungsverpflichtung auf die öffentliche Hand und auf die ausbildungswilligen Betriebe abwälzt. Offenbar, meiner Meinung nach, verstehen Teile der Wirtschaft auch den Begriff "duale Berufsausbildung" falsch. Es geht nämlich nicht darum, die Dualität darin bestehen zu lassen, dass die öffentliche Hand finanziert und Ausbildung dann in Betrieben oder in überbetrieblichen Einrichtungen stattfindet, und es geht auch nicht darum, meine Damen und Herren - und auch das muss noch mal deutlich gesagt werden -, dass wir gerade hier in Thüringen Jahr für Jahr tausende junger Menschen wider besseres Wissen für nicht ausbildungsfähig erklären und in irgendwelche Warteschleifen und in irgendwelche vorbereitetenden Maßnahmen stecken. Damit haben wir bereits in vergangenen Jahren am Ende eines Ausbildungsjahrs immer wieder die Situation lediglich schöngerechnet und im Folgejahr konnten wir alle gemeinsam regelmäßig erleben, in welchem Ausmaß die so genannten Altbewerber ansteigen und auch erleben, wie junge Menschen ohne jede Ausbildung in die Sozialhilfe und damit in das berufliche Nichts abgedrängt werden. Sie alle wissen, meine Damen und Herren, die Zahl junger Sozialhilfeempfänger, insbesondere der Sozialhilfeempfängerinnen ohne Ausbildung steigt ständig. Also - wie schon so oft hier festgestellt -, es ist Zeit Klartext zu reden und auch die Betriebe zu ihrer Verantwortung - ich will mal sagen - zu motivieren. Wenn ich Betriebe sage, dann schließt das ausdrücklich immer die Betriebe der öffentlichen Hand mit ein und das erfordert eine besondere und zumindestens in Thüringen auch eine neue Verantwortung der Tarifvertragsparteien. Lassen Sie mich hier einige Beispiele nennen. Wenn ich nämlich bei der IG Bergbau Energie und Chemie einen Tarifvertragsabschluss für die chemische Industrie sehe, bei dem ein jährlicher Zuwachs von Ausbildungsplätzen vereinbart wird und im Gegenzug die Ausbildungsvergütungen eingefroren werden, meine Damen und Herren, dann frage ich mich, warum dieses nicht auch hier Grundlage für Diskussionen im Rahmen von Tarifverträgen sein könnte. Mir erscheint es als ein Weg in die richtige Richtung.

(Beifall Abg. Gentzel, SPD)

Man muss auch unpopuläre Dinge ansprechen und wenn jeder der Tarifvertragsparteien dann seine Verpflichtung auch einhält, dann ist für die jungen Menschen etwas getan. Wenn ich in Niedersachen einen IG Metall-Abschluss erlebe, der seit sieben Jahren eine bestimmte Anzahl von Ausbildungsplätzen garantiert, dann, meine Damen und Herren, erkennen Sie sicher hieran, dass auch das Tarifvertragsgeschehen der IG Metall differenziert beurteilt

werden muss und beurteilt werden soll. Wenn nun aktuell in der Folge dieses Tarifvertrags die Arbeitgeber in Niedersachsen auf eigene Kosten einen Ausbildungsfonds finanzieren, um ihre Verpflichtungen einzuhalten, dann ist das doch der Beweis, dass der gesunde Menschenverstand scheinbar dann immer leichter siegt, wenn es dafür vertragliche Grundlagen gibt. Es ist nicht nur der gesunde Menschenverstand, liebe Kolleginnen und Kollegen, sondern auch die sozialpolitische Verantwortung. Nun weiß ich ja auch zum Glück, dass wir Tarifvertragsfreiheit haben. Aber ich denke schon, Landespolitik kann und sollte sich dieser Anregungsfunktion nicht entziehen, wenn es um unsere Jugendlichen geht. Die Landesregierung kann sich dort, wo sie eigene Verantwortung hat, nämlich innerhalb des öffentlichen Dienstes, eben nicht der Einsicht entziehen, dass auch hier Ausbildung vernachlässigt wird. Es genügt eben nicht allein über die Situation öffentlicher Haushalte zu jammern und die Abwanderung junger Menschen zu beklagen, nein, auch hier muss mehr getan werden und wir müssen Aufbruchsignale geben.

(Beifall Abg. Gentzel, SPD)

Deswegen, meine Damen und Herren, die Bitte an den Ministerpräsidenten, auch hier seiner Verantwortung gerecht zu werden.

Im Frühjahr haben wir hier im Thüringer Landtag aufgrund der Initiative der SPD-Landtagsfraktion erstmals einen gemeinsamen Ausbildungsappell verabschiedet. Das war auch gut so und jetzt ist es an der Zeit, darüber hinaus Taten zu vereinbaren.

Ihnen liegt der Entschließungsantrag vor, Herr Ministerpräsident, der selbst das, was Sie in Ihrer Regierungserklärung, nämlich neue Elemente der Tarifvertragspolitik, beinhaltet. Und was in Niedersachsen und in der chemischen Industrie möglich ist, sollte und müsste in Thüringen auch in anderen Tarifbereichen genauso möglich sein. Wenn wir innerhalb des öffentlichen Dienstes mittlerweile auf Länderebene über Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld verhandeln wollen, dann müssen wir doch auch in der Lage sein, über Ausbildungsplätze zu verhandeln. Wenn wir außerdem analog zu dem von den Arbeitgebern in Niedersachsen finanzierten Ausbildungsfonds auch in Thüringen so etwas zumindest überprüfen wollen, dann stünde dem auch nichts entgegen, wenn sich die Wirtschaftsförderung des Wirtschaftsministeriums an einem solchen Fonds beteiligt. Beteiligung, wie in vielen anderen Fragen, ist eben besser als Alleinfinanzierung. Wir stehen jetzt am Ende eines Ausbildungsjahres in einer ganz misslichen Lage und wir versuchen immer mit verschiedensten Verrenkungen und Verschleierungen, dieses nicht deutlich werden zu lassen. Aber so, wie es im Moment läuft, Herr Ministerpräsident, wird es mit Ihrer Ausbildungszusage nichts. Wenn Ihre Kontakte, das haben Sie immer wieder gesagt, zur Wirtschaft so gut sind, dann sollten Sie mit den Betrieben, die ausbilden wollen

und mit denen, die nicht ausbilden wollen oder auch zurzeit nicht können, vielleicht noch einmal enger ins Gespräch kommen und diese Betriebe motivieren, z.B. in einen Fonds einzuzahlen, der dann mit öffentlichen Mitteln ergänzt werden könnte. Ich sage es noch einmal, Herr Pietzsch hat darauf hingewiesen, wir müssen immer über Geld reden, das wir auch haben. Ich glaube aber schon, dass es kaum eine höhere Priorität gibt als in diesem Lande junge Menschen hier zu behalten, ihnen Ausbildung und Arbeit zu geben, damit Thüringen kein Abwanderungsoder Auswanderungsland wird.

Noch einmal: In Niedersachsen wird ein solcher Ausbildungsfonds in Höhe von 1 Mio.  ' -  arbeitgebern finanziert, die sich zuvor bereit erklärt haben, eine bestimmte Zahl von Ausbildungsplätzen zur Verfügung zu stellen. Dazu haben sie sich verpflichtet. Es sind immerhin 1.017 an der Zahl.

Lassen Sie mich noch kurz auf zwei Aspekte unseres Antrags verweisen. Sie, Herr Ministerpräsident, sprechen in Ihrer Regierungserklärung und auch in anderen Verlautbarungen von einer verstärkten Elternmitwirkung, von Erziehungspartnerschaft. Partnerschaft aber setzt voraus, dass mindestens zwei Teile Leistungen erbringen, z.B. Schule und Eltern. Was aber für die Berufswahlorientierung zurzeit in der Schule läuft, ist eine Katastrophe. Wir haben dieses des Öfteren hier angesprochen und auch, wenn das Kultusministerium es immer wieder schönreden will, wir kommen dadurch der Realität nicht näher. Sprechen Sie mit den Eltern und mit den Kammern und sehen Sie sich die Ergebnisse der vom Wirtschaftsministerium selbst in Auftrag gegebenen Studie zum Berufswahlverhalten in Nordthüringen beispielsweise an. Ganz vorsichtig formuliert, meine Damen und Herren, die gleiche Verantwortung, die Sie von den Eltern einfordern, muss auch verstärkt von Schule in Partnerschaft mit den Arbeitsämtern eingefordert und geleistet werden. Auch hierzu haben wir konkrete Vorschläge unterbreitet.

Eine letzte Anmerkung zur beklagten Abwanderung nach der Ausbildung und damit auch zur Familienpolitik. Wir wollen für all diejenigen, die mittelfristig in Thüringen bleiben wollen, Personalservice-Agenturen nicht nur einrichten, sondern auch nutzen. Eine in Thüringen etablierte Personalservice-Agentur, die junge Menschen nach der Ausbildung betreut und vermittelt, hätte gravierende Vorteile. Es ist eben schon ein Unterschied, ob ein junger Mensch in ein anderes Bundesland abwandert, weil er hier keine Ausbildung und keine Arbeit findet und sich dort in dem neuen Bundesland mit aller Kraft um sein neues Lebensumfeld kümmern muss. Da bleibt natürlich keine Gelegenheit, einmal darüber nachzudenken oder den Arbeitsmarkt hier zu beobachten, ob es denn nicht die Möglichkeiten gäbe, auch wieder zurückzukommen. Wenn aber die gleiche Person bei einer Thüringer Personalservice-Agentur beschäftigt ist, in ein anderes Bundesland weitervermittelt wird, diese Thüringer PersonalserviceAgentur aber den Thüringer Arbeitsmarkt im Auge behält

und dann, wenn es eine adäquate Möglichkeit der Rückvermittlung gibt, diese auch umsetzt, dann hat das sehr viele Vorteile. Für den jungen Menschen zum einen, dass er dahin wieder zurückkommt, wo er eigentlich gern geblieben wäre, dass die Steuern nach Thüringen fließen, weil der erste Wohnsitz des vermittelten jungen Arbeitnehmers hier bleibt als auch die Personalservice-Agentur ihre Steuern in Thüringen bezahlt und nicht zu vergessen, die Vermittlungskräfte natürlich hier beschäftigt sind. Es bedeutet natürlich auch für junge Menschen, dass sie ähnlich wie Studenten vorübergehend für einen beruflichen Einsatz in andere Bereiche gehen, aber wissen, dass sie, wenn sich die Gelegenheit ergibt, dann auch begleitet hier wieder zurückkommen können. Dies würde uns in Thüringen helfen, Thüringer Betrieben helfen, den jungen Menschen und den Eltern und es wäre Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Familienpolitik im besten Sinne.

Meine Damen und Herren, dies wäre eine Brücke für alle diejenigen, die aufgrund ihrer engen Bindung, und das haben viele junge Menschen immer wieder gesagt, und aufgrund ihrer Qualifikation hier in Thüringen gebraucht werden und bleiben würden und die PSA würde sich übrigens zu wesentlichen Teilen dadurch tragen, dass sie wie jede andere Zeitarbeitsfirma während der Verleihzeiten auch von den davon profitierenden Betrieben bezahlt wird.

Also, meine Damen und Herren, ich bitte Sie, einmal über diese Dinge nachzudenken. Nehmen Sie, meine Damen und Herren von der Regierungsfraktion, diesen unseren Antrag als Steilvorlage im Interesse unseres Landes. Ich kann einfach nur hoffen, dass Sie ihn nicht wieder einfach ablehnen, weil SPD drauf steht und natürlich auch SPD drin ist, sondern nehmen Sie diesen Antrag als Diskussionsgrundlage, auch wenn er ein Oppositionsantrag ist. Ich erbitte dieses im Interesse der jungen Menschen hier in Thüringen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Ministerpräsident, noch ganz kurz einige Sätze zu unserem Entschließungsantrag der Familienbeauftragten. Sie wollen, und da sind wir gar nicht weit auseinander, Familienbündnisse in regionalen Zusammenhängen stärken. Das haben Sie ausgeführt. Wir wollen dabei auch gar nicht um die Begrifflichkeit streiten, die Sie verwenden oder die wir möglicherweise verwenden. Aber wir müssen uns den Realitäten dort stellen, wo diese Aktivitäten bereits teilweise stattfinden. Leider, meine Damen und Herren, sieht diese Realität eher bitter aus. Da wird sowohl bei Kinderbeauftragten oder auch bei Gleichstellungsbeauftragten munter der Rotstift angesetzt, weil natürlich dieses alles angeblich freiwillige Leistungen seien. Wir können über den Begriff "freiwillige Leistung" sicher trefflich streiten. Aber an diesem Punkt fallen genau diese Stellen der Beliebigkeit zum Opfer. Die Dramatik der gegenwärtigen Entwicklung wurde anlässlich einer kürzlich vom Landesjugendamt durchgeführten Ta

gung zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen nochmals ganz deutlich durch die Kinderbeauftragte herausgestellt. Die dort in den vergangenen Jahren sozusagen kleinen gewachsenen Pflänzchen einer kinderfreundlichen Kommune drohen hier mit Stumpf und Stiel ausgerottet zu werden. Es wird niemand verkennen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass sowohl der Job der Kinderbeauftragten als auch der Gleichstellungsbeauftragten sehr viel mit Familienfreundlichkeit und auch mit regionaler Vernetzung zu tun hat. Da brauchen Sie gar nicht "oh" zu machen, das ist in der Praxis so, reden Sie doch mit den Betroffenen, die vor Ort diese Arbeit tun. Was also hält uns in diesem Falle davon ab, die Aufgabenbereiche im Hinblick auf die Interessen von Familie zu konkretisieren, zu unterstützen, zu fordern und auch einzufordern. Wer Bündnisse für Familien in den Kommunen und in den Regionen will, wer das ernsthaft will, der muss diese organisatorische Unterstützung und die kommunalpolitische Anbindung gewährleisten, und genau das, meine Damen und Herren, haben Sie in Ihrem familienpolitischen Antrag festgehalten und ich halte das für gut. Nun geht es nur darum, wie wir das gemeinsam umsetzen können.

Wer Familienfreundlichkeit herstellen will, der muss letztlich auch Einflussmöglichkeiten auf kommunalpolitische Entscheidungen ermöglichen. Sie wissen selber, das geschieht alles nicht von selbst. Also, meine Damen und Herren von der Regierungsfraktion, auch hier haben Sie mit unserem Antrag zur Förderung von Familienbeauftragten einen ganz konkreten Vorschlag. Sorgen Sie mit uns dafür, dass die bisherige familienbezogene Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten und der Kinderbeauftragten sowie anderer entsprechender Stabsstellen erhalten bleibt und sie sinnvoll ergänzt wird. Es ist an der Zeit gegenüber den Kommunen zu verdeutlichen, dass Familienpolitik und Kinderpolitik keine Beliebigkeit ist. Wir haben Ihnen empfohlen, welches Geld wir dafür benutzen können, diese 1 Mio., die Sie ansonsten als Sparbüchse oder als Propagandatitel einsetzen wollen. Das ist nicht nötig. Nehmen Sie dieses Geld für den Punkt der Familienbeauftragten.

Familienpolitik, Sie wissen das auch, ist nicht allein einem Amt zuzuordnen, es muss eine Vernetzung der Angebote geben zu den freien Trägern und zu allen Institutionen, die im Interesse der Familie arbeiten. Ich erhoffe mir bei diesem Antrag wirklich Ihre Einsicht, weil Sie immer wieder darauf verweisen, dass Sie sich an Bayern orientieren und alles tun wollen, um auch die Zielsetzungen der Bayern zu erreichen. Immerhin ist es ja das Land, zu dem der Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung gern aufblickt. Also ich bitte Sie, in dem Falle würde ich Ihnen auch gern folgen, dass Sie sich an Bayern orientieren, nein nein, nach Bayern folge ich Ihnen nicht, nur bei Ihren Überlegungen. Also setzen Sie in Thüringen doch einfach das um, was in Bayern beispielsweise im Landkreis Ebersberg schon Realität ist, dort gibt es den Familienbeauftragten, und retten Sie damit das, was in Thü

ringen seit Jahren in diesem Arbeitsfeld als erfolgreiche Arbeit begonnen worden ist, sichern Sie es damit ab, auch hier hätten Sie die Möglichkeit zu beweisen, was Sie in Ihrer Regierungserklärung angesprochen haben, und Sie hätten die Möglichkeit zu beweisen, dass es nicht nur Worte sind, sondern dass Sie auch Taten folgen lassen. Danke schön.

(Unruhe im Hause)

(Beifall bei der SPD)

Minister Krapp hat sich für die Landesregierung zu den beiden Entschließungsanträgen in Drucksachen 3/3441 und 3/3442, zu Wort gemeldet.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, das gibt es eigentlich selten in der Geschichte des Thüringer Landtags, eigentlich könnten wir zumindestens in der Sache dem Oppositionsantrag in Drucksache 3/3441 voll und ganz zustimmen, wenn er nicht einen Fehler hätte, er kommt einfach zu spät. Ich habe den Eindruck, dass in der SPD-Fraktion gerade der literarische Bestseller von Stan Nadolny ausgewertet wird. Sein Titel ist nämlich "Entdeckung der Langsamkeit".

(Beifall bei der CDU)

Nicht erst seit der Novellierung des Thüringer Schulgesetzes arbeitet das Kultusministerium an der Weiterentwicklung der Regelschule. Die jahrelang in Schulversuchen und Projekten zur Schulentwicklung gesammelten positiven Erfahrungen, z.B. zu Praxisklassen und zur freiwilligen 10. Klasse, sind in das neue Schulgesetz eingeflossen. Bereits bei der Einbringung des neuen Schulgesetzes am 12. September 2002 habe ich darauf hingewiesen, dass es auf der Basis dieses Gesetzes eine vorrangige und lohnenswerte Aufgabe sei die Regelschule zu profilieren und weiterzuentwickeln. Das gelte auch insbesondere für die Weiterentwicklung der additiven bzw. integrativen Organisationsform, also für das verstärkte gemeinsame Lernen. Das neue Schulgesetz ist also nicht Makulatur, Herr Abgeordneter Gentzel, sondern Basis für die Schulentwicklung, insbesondere auch der Regelschule. Das hat heute übrigens im Unterschied zu Ihnen, Herr Gentzel - er ist leider im Moment nicht da -, der Abgeordnete Ramelow sehr richtig erkannt.

(Beifall Abg. Nitzpon, PDS)

Ich habe diese Gedanken übrigens im Rahmen des Bildungsforums der CDU-Fraktion am 30. Oktober 2002 zusammen mit Praktikern vertiefen können. Am 20. Mai 2003 hat die CDU-Fraktion dann ein ausschließlich diesen Fragen gewidmetes Regelschulforum durchgeführt, wobei

auch über Erfahrungen aus entsprechenden Schulversuchen berichtet wurde. Diese Themen wurden bereits im vergangenen Jahr intensiv in Regionalkonferenzen von Lehrern, Eltern und Schülern diskutiert. Gegenwärtig werten wir die konkreten Vorschläge aus und beraten im Kultusministerium in einer Arbeitsgruppe mit Bildungspolitikern und Schulpraktikern über die Umsetzung. Im Zentrum des Interesses stehen dabei die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen zum längeren gemeinsamen Lernen, die Neuordnung von Wahl-/Pflichtfächern und der zweiten Fremdsprache für alle Regelschüler, die Flexibilisierung der Stundentafel ähnlich zu der bereits vorgenommenen Flexibilisierung der Grundschulstundentafel und die Verstärkung der Kooperation mit Fachoberschulen und anderen berufsbildenden Schulformen.

Interessierte Regelschulen bekommen die Möglichkeit, einzelne Komponenten so früh wie möglich umzusetzen bzw. zu erproben. All dies ist, wie ich denke, eine gute Grundlage für die Fortschreibung der Thüringer Schulordnung. Schulpolitik braucht viel Kontinuität, aber es gilt auch hier, Stillstand wäre Rückschritt, und den werden wir nicht zulassen. Wir wollen aber auch keine bildungspolitischen Schnellschüsse. Wir entwickeln unsere langfristigen konzeptionellen Linien sinnvoll weiter. Unsere Vorstellungen zur Profilierung der Regelschule haben wir übrigens bereits in die Beratungen der Enquetekommission "Bildung und Erziehung" eingebracht, was deren Vorsitzender aus Ihrer Fraktion, sehr geehrter Herr Gentzel, sicher bestätigen kann.

Sie sehen also, wir entwickeln die Konzepte gemeinsam mit allen am Prozess der Erziehung und Bildung Beteiligten langfristig kontinuierlich fort. Ich will also der SPDFraktion wirklich nicht unterstellen, dass ihr all diese Aktivitäten nicht bekannt sind. Ihr Entschließungsantrag hat also den Charakter gewissermaßen eines Schaufensterantrags. Ich denke, dass Ihre Forderung nicht falsch ist, aber der Zug ist bereits abgefahren, und zwar in die richtige Richtung. Soweit zu Ihrem Antrag 3/3441.