Protokoll der Sitzung vom 28.01.2000

Meine Damen und Herren, noch ein Wort zur SPD und vielleicht auch noch ein Wort zum finanzpolitischen Sprecher, der sich ja gestern emotionsvoll und ausführlich zum Haushaltsentwurf der Landesregierung geäußert hat.

Frau Präsidentin, ich darf zitieren? Der Abgeordnete Höhn hat gestern gesagt: "Leider hat sich die CDU jedoch nicht auf einen für die Sache fruchtbaren Streit eingelassen. In geradezu beängstigender Gleichmäßigkeit wurde im Haushalts- und Finanzausschuss alles niedergestimmt, was niederzustimmen ging." Gut gebrüllt Löwe, könnte ich da sagen, aber es ist tatsächlich mehr, meine Damen und Herren. Der Fraktionsvorsitzende der SPD hat dieser Tage gesagt, der CDU fehle der Mut zur Klarheit. Ich glaube eher, ihm fehlt der Mut zur Wahrheit.

(Beifall bei der CDU)

Es gehört nämlich mehr dazu, als nur bestimmte Rituale zu pflegen. Ich habe festgestellt, es gibt sehr viele dieser Rituale. Eines dieser Rituale ist nämlich auch - Sie dür

fen nicht vergessen, es war ein PDS-Abgeordneter, der die Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses leitete und es hatten weder die PDS noch Sie ein Interesse daran, überhaupt nur einen von den 240 Änderungsanträgen auch nur ausführlich oder im Ansatz diskutieren zu wollen. Das gehört nämlich auch zur Wahrheit dazu, meine Damen und Herren.

(Zwischenruf Abg. Gerstenberger, PDS: Das ist doch eine Frechheit!)

(Beifall bei der CDU)

Sehr verehrte Frau Dr. Wildauer, noch zwei Worte zum Kommunalen Finanzausgleich. Ich will diesen nur anreißen und ganz kurz noch einmal sagen, weil wir auch im Rahmen der Gesetzesänderung zum Finanzausgleichsgesetz noch einmal dazu kommen werden, es ist nicht zu übersehen, dass der Finanzausgleich auf 94 Mio. DM erhöht wurde und allein sich die Auftragskostenpauschale in Thüringen um 50 Mio. DM erhöhen würde. Mit der dritten Änderung zum FAG erreichen wir noch viel mehr mit dem Geld, was wir jetzt zusätzlich eingestellt haben. Wir erreichen nämlich zum einen mehr Geld für die Landkreise, die nämlich ihren Anteil aus der Auftragskostenpauschale an die kreisangehörigen Gemeinden nicht weitergeben müssen, und wir erreichen zusätzlich 18,77 DM pro Einwohner für die kreisangehörigen Gemeinden in Thüringen, die dieses Geld für ihre vom Land Thüringen übertragenen Aufgaben künftig selbst verwenden dürfen und selbst verwalten können. Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Es ist völlig falsch und völlig populistisch, hier dauernd davon zu reden, die Gemeinden und Städte in Thüringen sind benachteiligt.

Meine Damen und Herren, ich will es auch noch an einem anderen Beispiel festmachen, weil Frau Dr. Wildauer auch eine Statistik verwendet hat, von der auch dieser Tage in der Zeitung zu lesen war. Es gehört nicht mehr dazu, auch hinter die Statistik zu schauen, und es ist deshalb nicht richtig, zu meinen, in Thüringen würde das wenigste Geld pro Einwohner für die Gemeinden gezahlt. Wir dürfen nicht vergessen, dass im Land Thüringen z.B. im Gegensatz zu Sachsen-Anhalt die Landesämter zur Regelung offener Vermögensfragen noch nicht vollständig kommunalisiert sind und wir natürlich einen Großteil dieser Personalkosten noch nach wie vor im Haushalt tragen, aber außerhalb des KFA, und im Gegensatz zu Sachsen-Anhalt dort schon 1992 die Kommunalisierung erfolgt ist. Nicht zuletzt, ich möchte Ihr Geschrei hören, wollen wir nicht vergessen, dass auch die Personalkosten der Hortnerinnen im Land Thüringen vom Land selbst übernommen werden und außerhalb des KFA finanziert werden über die Personalkosten.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wenn schon, spielen Sie mit offenen Karten und vergessen Sie nicht, dass tatsächlich

auch in diesem Haushalt mehr Geld für die Kommunen zur Verfügung steht. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Bevor ich den nächsten Abgeordneten aufrufe, Herr Abgeordneter Gerstenberger, für die Bemerkung "Frechheit" erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. Wir klären aber im Moment, inwiefern Sie das Rederecht noch einmal bekommen, um zu der Behauptung zu sprechen.

Als nächster Redner hat sich Herr Abgeordneter Wetzel, CDU-Fraktion, zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, im Einzelplan 19, zu dem ich hier sprechen möchte, werden die Förderung des sozialen Wohnungsbaus, die Förderung des Städtebaus und das Wohngeld wieder in einem gesonderten Einzelplan erfasst. Bei diesem Haushalt handelt es sich dabei in wesentlichen Teilen um einen Investitionshaushalt, der die Schaffung von Arbeitsplätzen in Thüringen fördert und den Erhalt von Arbeitsplätzen in Thüringen sichern hilft. Es ist Arbeit und es sind Arbeitsplätze im ersten Arbeitsmarkt. Vom Wohnungsbau, einem Kernstück der sozialen Marktwirtschaft, ausgehend, an Standards und Ausstattung ist leicht eine Gesellschaft zu erkennen und bewertbar zu machen. Wohnen ist ein Grundrecht und Grundbedürfnis unserer Menschen und damit spiegelt es die soziale Leistung eines Landes im Wohnen auch wider. Das Finanzvolumen gesamt im Ansatz für 2000 beträgt 831 Mio. DM, davon 302 Mio. DM für den sozialen Wohnungsbau und 309 Mio. DM für den Städtebau, Förderung und Wohngeld 220 Mio. DM. Die Mittel werden über Zuweisungen des Bundes entsprechend der Komplementärfinanzierung des Freistaats Thüringen und eigenständige Fördermittel des Freistaats Thüringen bereitgestellt. Die Bundesanteile, meine Damen und Herren, haben sich gegenüber den Vorjahren erheblich verringert. Der Wohnungsmarkt in Thüringen hat sich im Vergleich zu Beginn der 90er Jahre deutlich entspannt. Er hat sich zu einem Angebotsmarkt gewandelt. Die Belegungsdichte pro Wohnung ist weiter gesunken und die durchschnittliche Wohnfläche pro Einwohner weiter angestiegen. Deutlich erhöht hat sich der Anteil des selbstgenutzten Wohneigentums auf 39,2 Prozent, womit Thüringen deutlich über dem Durchschnitt der neuen Länder bei 31,2 Prozent liegt. Darüber hinaus wurde die Ausstattung der Wohnungen deutlich verbessert. Ich höre immer noch die Rufe aus den Jahren 1990 bis 1992/93 in diesem Hause, wo es noch nicht klar absehbar war, was im Wohnungsbau geschehen wird und wie es im Wohnungsbau mit dieser Masse und Fülle von Aufgaben doch wohl weitergeht, dass Hunderttausende von Thüringerinnen und Thüringern ja wohl in den nächsten Jahren unter Brücken schlafen müssen. Das ist nun von den Damen und Herren rechts und links von mir immer

wieder zitiert worden.

Cirka ein Drittel des gesamten Wohnungsbestandes ist grundhaft modernisiert und instand gesetzt worden. Ein weiteres Drittel wurde teilmodernisiert und ein weiteres Drittel ist noch zu modernisieren bzw. instandzusetzen.

Aufgrund dieser geänderten Bedingungen ist es folgerichtig, dass der Schwerpunkt im sozialen Wohnungsbau die Modernisierung des Wohnungsbestandes entsprechend des Wohnumfeldes natürlich bleibt, der Neubau und Erwerb von selbstgenutztem Wohneigentum etwas nachrangig verfolgt wird und die Förderung des Mietwohnungsneubaus nur noch in ganz ausgewählten Vorhaben erfolgen wird. Insgesamt sind es nur noch 140 Wohnungen pro Jahr.

Die Bundesmittel im sozialen Wohnungsbau wurden auch hier weiter gekürzt. Auf Forderung der neuen Länder hat die Bundesregierung die Erhöhung des Modernisierungsprogramms der Kreditanstalt für Wiederaufbau um 10 Mrd. DM neu aufgelegt und eingestellt. Der Thüringer Anteil beträgt 1,6 Mrd. DM und die über dieses Modernisierungsprogramm ausgereichten Kredite sind gegenüber dem Kapitalmarktzins um 2 Prozent abgesenkt, wobei hier die Hälfte der Zinsabsenkung erstmals auch der Freistaat Thüringen zu tragen hat. Mit der Einstellung dieser Mittel in den Haushalt bekennt sich unser Freistaat zur Mitfinanzierung und schafft damit zinsgünstige Kreditprogramme und damit auch Investitionssicherheit für Wohnungsunternehmen und Private. Durch die Bereitstellung dieser Mittel ab dem Jahre 2001 kann die gesamte Entwicklung im sozialen Wohnungsbau trotz des Rückzugs des Bundes aufgrund der freiwilligen Leistungen Thüringens angemessen weitergeführt werden.

Die Thüringer Wohnungswirtschaft selbst spricht von einer kleinen Erfolgsstory und wir hoffen, dass es mit diesen aufgelegten Mitteln auch nach 2001 in dieser kleinen Erfolgsstory weitergeht, um das restliche Drittel der Wohnungen noch zu sanieren und zu modernisieren. Dass die Schlachtrufe "Wie bei Honecker wohnen und wie bei Kohl bezahlen" ein Ende haben.

Die Förderung des Städtebaus, meine Damen und Herren, geht natürlich in den nächsten Jahren zielstrebig voran. Im Bereich der Städtebauförderung bleibt die städtbauliche Erneuerung im Bereich der Städte und Dörfer wichtigste Forderung. Die begonnenen Innenstadtinitiativen werden weitergeführt, das wesentliche Aufgabenfeld der Städtebauförderung ist die Umgestaltung der großen Neubaugebiete, welche zu attraktiven Wohnstandorten weiterentwickelt werden sollen. Auch wenn der Programmansatz "soziale Stadt" durch den Bund unzureichend abgedeckt ist, werden wir dieses Thema aufnehmen als Freistaat und positive Zeichen in unserem Lande setzen. Unsere Zielstellung, meine Damen und Herren, muss es sein und bleiben, die Innenstädte des Freistaats zu beleben. Wir müssen der begonnenen Suburbanisation entgegenwirken, den Bauten

auf der grünen Wiese, und wir müssen mit sozialer Mietwohnungsneubauförderung, mit Städtebauförderung und Innenstadtförderung diese Kräfte bündeln, um unsere Innenstädte zu einem urbanisierten neuen Leben zu erfüllen.

Das Wohngeld: Die Landesregierung hat sich im Bundesrat erfolgreich dafür eingesetzt, dass die jetzige Rechtslage beim Wohngeld beibehalten wird, der Bund wird das Wohngeld also auch weiterhin zur Hälfte mitfinanzieren; der Haushaltsansatz für das Jahr 2000 beträgt hier 220 Mio. DM und somit 10 Mio. DM mehr, als es im Jahre 1999 zu Buche stand. Meine Damen und Herren, zukünftig auch hier der wichtige Satz: Soziale Leistungen müssen dem wirklich Bedürftigen künftig zugute kommen und nicht an ihm vorbei.

Uns liegt ein Änderungsantrag der PDS-Fraktion vor zu Kapitel 19 04 Titel 883 12 - Zuweisungen an Städte und Gemeinden zur Wohnumfeldverbesserung in Wohngebieten -, hier waren seitens der Landesregierung realistisch und machbar eingeordnet 20 Mio. DM. Die PDS fordert hier in einem Änderungsantrag, plus 4 Mio. DM aufzusatteln. Ich wiederhole mich nur ungern, aber mein Kollege Mohring hat es eben getan im 17er Einzelplan und Herr Fiedler hat es heute Morgen getan im 03er Einzelplan, ich tue es jetzt im 19er Einzelplan. Auch hier wird von Ihnen der Verfassungsschutz und die verdeckte Ermittlung herbeigerufen, um damit die Deckungslücke zu schließen. Unserer Meinung nach sind das sehr unseriöse Deckungsvorschläge und unserer Meinung nach, meine Damen und Herren, auch wenn hier einige dabei sind, die in der 2. Legislatur nicht dabei waren, ich sage es nur ungern, aber ohne Waffen Ruinen schaffen, das ist nun einmal ein Problem, das hat Ihre Vorgängerpartei bis 1989 geschafft.

(Beifall Abg. Kretschmer, CDU)

Was wir jetzt abarbeiten müssen, ist letztendlich das, was das SED-System uns hinterlassen hat, und dass es zehn Jahre dauert und immer noch andauert, das ist ein Zeichen dafür, wie weit heruntergewirtschaftet Wohnumfeld war. Ein Schalk, sage ich da, wer nichts Böses denkt. Und an meine Kollegen von der SPD-Fraktion sage ich ein altes Sprichwort: "Dic milii amicos tuos et dico qui tu es."

(Unruhe im Hause)

zu Deutsch...

Herr Abgeordneter Wetzel, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ich habe noch, Frau Präsidentin, 10 Sekunden. Ich möchte es gern in Deutsch sagen: "Sage mir, wer deine Freunde sind, und ich sage dir, wer du bist."

(Beifall bei der CDU)

Wir lehnen den Antrag ab. Danke schön.

(Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Jetzt bin ich überzeugt.)

Aus der Mitte des Hauses liegen mir keine weiteren Redemeldungen vor. Herr Minister Köckert, einen kleinen Moment bitte. Wir haben also wie folgt den Umstand geklärt, dass der Abgeordnete Gerstenberger daraufhin, dass er sachlich und persönlich als Ausschussvorsitzender angegriffen worden ist, die Möglichkeit hat, zum Verhandlungsgegenstand noch einmal für fünf Minuten sein verfassungsmäßiges Rederecht in Anspruch zu nehmen, und zwar am Ende der Behandlung des Einzelplans 03. Und jetzt Herr Minister, bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich unterscheide mich sicher nicht von meinen Kollegen, die heute Abend noch hier reden werden, wenn ich sage, dass ich mir für die drei vom Thüringer Innenministerium bewirtschafteten Einzelpläne an der einen oder anderen Stelle mehr Spielräume wünschen würde. Das trifft auch insbesondere für den Bereich der Investitionen bei der Polizei und bei der Feuerwehr zu. Aber wenn das Geld knapp wird, dann muss man Prioritäten setzen, Prioritäten, damit die Mittel noch effizienter eingesetzt werden müssen, und wir müssen in den Bereichen dann auch die Ziele klarer definieren. Für den Bereich der inneren Sicherheit und der Polizei bedeutet das, dass wir gerade im Bereich Polizei vor großen Herausforderungen stehen, so bei der Bekämpfung des Extremismus, aber auch durch die generelle Zunahme von Straftaten und schweren Verkehrsunfällen. Auch dem rasanten Fortschritt der Technik, den die Straftäter geschickt für ihre Zwecke zu nutzen wissen, muss sich die Polizei stellen, damit Straftäter bei ihrem Nutzen keinen Vorsprung haben.

Die Inventur, die wir in meinem Geschäftsbereich seit meinem Dienstantritt am 1. Oktober 1999 gemacht haben, hat für den Bereich der Polizei so manches Defizit aufgedeckt, das in den vergangenen Jahren negiert wurde, ja, bisweilen sogar produziert wurde.

(Beifall bei der CDU)

Defizite, die in den letzten Jahren durch fehlende oder unzulängliche Konzepte und Versäumnisse entstanden sind, so beispielsweise im Zuge der Auflösung des Polizeipräsidiums. Dies erfolgte, ohne dass gleichzeitig die Aufgaben des Präsidiums in jedem Fall vernünftig und eindeutig neu zugeordnet worden wären.

(Beifall bei der CDU)

Manchmal blieben auch ganz einfach Aufgaben liegen. Zunehmende Belastungen sind aber auch dadurch entstanden, dass in den letzten Jahren entgegen vielfacher Ankündigung keine nennenswerten Fortschritte bei der Entlastung der Polizeivollzugsbeamten von vollzugsfremden Aufgaben gemacht wurden.

(Beifall bei der CDU)

Und hier, meine Damen und Herren, wollen und müssen wir gegensteuern.

(Beifall bei der CDU)

Wir wollen gegensteuern durch Ausschöpfung der vorhandenen Planstellen, durch die perspektivische Beschränkung der Arbeit der Polizei auf die Kernbereiche des polizeilichen Aufgabenfeldes, durch mehr Polizeipräsenz auf den Straßen, durch Maßnahmen zur Verbesserung der Aus- und Fortbildung, durch eine verbesserte internationale Zusammenarbeit und die intensivere Zusammenarbeit auch mit den anderen Bundesländern.

(Beifall bei der CDU)

Um hier unsere Ziele zu definieren und die Weichen richtig zu stellen, wird derzeit ein komplexes Polizeientwicklungskonzept für Thüringen erarbeitet, das ich Ihnen noch in der ersten Jahreshälfte 2000 vorstellen werde.

(Beifall bei der CDU)

Und dazu, als Bestandteil dieses Entwicklungskonzepts, gehört auch ein Personalkonzept, das den besonderen Anforderungen, die an die Polizei gestellt werden, besser als bisher gerecht wird. Ich begrüße in diesem Zusammenhang ausdrücklich den Änderungsantrag der CDUFraktion auf 200 zusätzliche Hebungen im Stellenplan der Polizei.

(Beifall bei der CDU)