Im vorigen Tagesordnungspunkt in der Aktuellen Stunde haben wir diskutiert, welche Unsicherheiten natürlich auch bei Betroffenen sind. Im Antrag finden Sie das Argument Verunsicherung wieder. Wir wollten, dass die Landesregierung aufklärt, Bericht erstattet. Dieses Anliegen ist mit der Vorlage des Nachtragshaushalts nicht erledigt, sondern die Finanzministerin hat morgen die Möglichkeit, genau auf diese Punkte einzugehen und natürlich hoffen wir auch, dass sie vernünftig ist und das macht.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch etwas zur Informationspolitik in Haushaltsfragen im Allgemeinen sagen. Wir haben schon bessere Zeiten gehabt.
Wir haben schon Zeiten gehabt, da wurden die Mitglieder des Haushalts- und Finanzausschusses - Herr Gentzel, waren Sie auch dabei?
Ja, das ist die Gnade der späten Geburt, Herr Gentzel. Also, wir hatten schon Zeiten im Haushalts- und Finanzausschuss, als wir regelmäßig mit vernünftigen Zahlen ausgestattet worden sind. Das passiert jetzt zum Quartal nicht mehr und auch die Steuereinnahmen monatlich. Ich meine, das gehört zu einem vernünftigen parlamentarischen Umgang mit dazu. Auch das Argument, dass so viele Titel untereinander deckungsfähig sind, kann keine Begründung durch die Landesregierung sein, gegenüber den Mitgliedern des Ausschusses nicht die Information wie bisher herauszugeben. Auch das gehört dazu, dass die Landesregierung hier einfach offensiv und transparent arbeitet. Ich frage mich nun wirklich, Herr Staatssekretär, was Sie davon haben, sich diese Kritik an dieser Stelle reinzuziehen, wo es doch eigentlich einfach wäre und auch Usus ist, in der Landesregierung hier Rede und Antwort zu stehen zu den Dingen, die die Leute draußen und die Abgeordneten dieses Hauses interessieren.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit und hoffe, dass wir morgen schon einen ersten Schritt in die andere Richtung gehen können. Danke schön.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, von der Landesregierung auch nicht. Gut, dann kann ich die Aussprache schließen. Ausschussüberweisung war nicht beantragt?
Nicht. Dann können wir unmittelbar über den Antrag abstimmen und ich frage: Wer dem Antrag der PDS-Fraktion in Drucksache 3/3416 die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Danke. Enthaltungen? Die SPD nimmt an der Abstimmung nicht teil. Gut, dann mit Mehrheit abgelehnt.
Die Landesregierung hat angekündigt, von der Möglichkeit des Sofortberichts Gebrauch zu machen. Dann hören wir erst mal den Sofortbericht. Herr Minister Kaiser, bitte.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, der Entwurf eines Europäischen Verfassungsvertrags liegt vor. Ein äußerst ambitioniertes und verfassungsrechtlich einzigartiges Vorhaben steht vor den letzten Hürden. Anfang Oktober wird sich die Regierungskonferenz in Rom mit dem Vertragsentwurf befassen. Der Thüringer Landtag hat die Beratungen im Konvent intensiv begleitet. In seinem Beschluss vom 22. November 2002 hat er seine Positionen zur Fortentwicklung des Europäischen Vertragswerkes dargelegt. Es gibt nun Anlass, dass wir uns mit den Ergebnissen befassen. Selbstverständlich kommt die Landesregierung gern der Bitte nach, dem Landtag über den Entwurf zu berichten und dies als Sofortbericht zu tun.
Die heutige Sitzung bietet die erste Möglichkeit für eine Befassung mit diesem Vertragswerk. Wenn ich vorweg eine Gesamtgewichtung vornehmen darf: Wir sind in Europa nicht zuletzt durch die Beratung des Verfassungsvertrages in den letzten Monaten ein gutes Stück vorangekommen. Der Konvent hat gute Arbeit geleistet und die Methodik hat sich bewährt. Thüringen kann sich bestätigt fühlen, früher als alle anderen Länder haben wir uns für einen Konvent eingesetzt.
Dem Konvent ist es gelungen, unterschiedliche Verfassungstraditionen und unterschiedliche historische Erfahrungen zusammenzuführen. Selbstverständlich ist das Ergebnis ein Kompromiss. Wenn ich noch einmal daran erinnern darf, wir haben es inzwischen mit 25 Staaten zu tun, die hier am Tisch gesessen haben. Wir haben es dabei nur mit drei Staaten zu tun, unter den 15 gegenwärtig in der Europäischen Union befindlichen, die tatsächlich föderale Strukturen haben: Österreich, Belgien und Deutschland. Insofern halte ich es für einen großen Erfolg, dass wir uns vielfach mit unseren - ich sage einmal - deutschen Ansichten hinsichtlich föderaler Elemente, aber auch hinsichtlich der Subsidiarität durchgesetzt haben.
Ich möchte mich auch für den Beitrag bedanken, der hier im Parlament in Form von vielfältigen Diskussionen und in Form auch von Anträgen dazu geleistet worden ist. Gleichwohl, was wir heute auf dem Tisch haben als Entwurf des Verfassungsvertrages, ist ein Kompromiss, aber ein Kompromiss, den manche zu Beginn der Verhandlungen im März 2002 nicht für möglich gehalten haben. Mit dem einheitlichen Gesamtentwurf besteht nun die Chance, dass die Ratifizierung in allen 25 Staaten der künftigen Europäischen Union gelingen wird. Wir haben gleichwohl dabei zu prüfen, ob das Ergebnis für uns einen gangbaren Weg darstellt. Dabei dürfen wir nicht aus dem Auge verlieren, dass "der Wunsch des einen den anderen wieder unzufrieden macht". Das ist die Warnung von Valèry Giscard d'Estaing in der letzten Woche vor dem Europäischen Parlament, dem Vorsitzenden des Verfassungskonvents. Wo er Recht hat, hat er Recht.
Die Gefahr nämlich, dass der Verfassungsvertrag insgesamt in Frage steht, wenn wesentliche Inhalte des Entwurfs auf der bevorstehenden Regierungskonferenz in Rom zur Disposition gestellt werden, ist nicht von der Hand zu weisen. Der Entwurf muss auf der Konferenz von allen Mitglieds- und allen Beitrittsstaaten gebilligt werden, so schreibt es der geltende EU-Vertrag, Artikel 48 vor. Geschieht das nicht, dann glaube ich, dass wir ein Problem haben, und zwar ein ganz erhebliches Problem. Insofern ist es angezeigt, dass wir gründlich darüber nachdenken, wie unsere Haltung sein wird und dass wir bei allen Vorbehalten, dass nicht jeglicher Wunsch in Erfüllung gehen konnte, gleichwohl sagen, dass wir es mit einem insgesamt gelungenen Kompromiss zu tun haben.
Gegenwärtig sind die Vorbereitungen und informellen Abstimmungsgespräche für die Konferenz in vollem Gange. Erwin Teufel, der Vertreter des Bundesrates im Konvent, dem großer Dank für seine Arbeit gebührt, rät der deutschen Seite dringend, den Gesamtkompromiss nicht mehr in Frage zu stellen. Er rät, das Gebinde nicht mehr zu öffnen, und er ist sich dabei einig beispielsweise mit der Ministerpräsidentenkonferenz, einig mit der Landesregierung des Freistaats Thüringen, einig auch mit dem Bundeskanzler.
Aber ich muss zugleich sagen, es gibt gegenwärtig Diskussionen, dass der Vertragsentwurf dennoch geöffnet werden sollte. In Sonderheit die kleineren Staaten sind mit den institutionellen Lösungen teils höchst unzufrieden. Es gilt Bemühungen zu vermeiden, dass dies tatsächlich zu größeren Erruptionen führt. Ich kann aber heute hier festhalten, wenn andere den Vertrag öffnen werden, dann werden wir selbstverständlich nicht unvorbereitet sein, wir werden mit einer Agenda dessen aufwarten, was auch wir an Wünschen haben, d.h, dass auch wir den Fuß in der Tür haben, wenn andere glauben, man müsse den Vertrag aufmachen, dass wir dann natürlich mit dabei sind und unsere durchaus vorhandenen kritischen Punkte anmerken. Dazu gehört, dass wir uns heute Klarheit verschaffen, wel
che Fortschritte der Vertrag beinhaltet und welche Kritikpunkte wir vorzubringen haben. Am Maßstab der Positionen, die der Thüringer Landtag am 22. November 2002 formuliert hat, können wir mit den Ergebnissen des Konvents insgesamt zufrieden, ja ich sage sogar, sehr zufrieden sein.
Ich bitte darum, sich einmal die Drucksache hervorzuholen und abzugleichen mit dem, was tatsächlich bei den Vertragsverhandlungen im Endergebnis erreicht worden ist. Und der Freistaat Thüringen hat sich in der Tat massiv eingebracht. Wir haben einen sehr guten Schulterschluss mit dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Erwin Teufel und zu anderen erreicht, um zu erreichen, dass unsere Positionen dort zu Gehör gebracht worden sind. Es war nicht leicht, denn, das kann man sich vorstellen, wenn man einen französischen Präsidenten hat, einen Präsidenten, der in einem anderen Staatssystem aufgewachsen ist, der eine sehr stark laizistische Prägung in seinem Verständnis von Staat und Gesellschaft hat, dann muss man sich nicht wundern, dass sich die Handschrift dieses Präsidenten, wenn er nun einmal Präsident ist, auch in einem solchen Vertragswerk stark hervortut.
Ich glaube, dass wir einen ganz bedeutsamen Fortschritt erreicht haben, als wir, Deutschland, Thüringen, es geschafft haben, dass die EU-Grundrechtecharta Bestandteil des Verfassungsvertrags geworden ist und dadurch Rechtsverbindlichkeit erhält. Gemeinsame europäische Grundrechte sind fortan verfassungsrechtlich verankert. Europa definiert sich als Wertegemeinschaft. Ich persönlich bedaure es außerordentlich, dass dennoch in der Präambel ein ausdrücklicher Gottesbezug oder der Verweis auf das Christentum fehlt.
Es ist allein schon eine Frage der geschichtlichen Wirklichkeit, dass dort der Bezug auf das Christentum hätte vermerkt werden müssen. Aber es war bedauerlicherweise trotz vieler Mühen, die ich im Detail kenne, nicht möglich, dies zu erreichen. Jetzt heißt es also: "Schöpfend aus den kulturellen, religiösen und humanistischen Überlieferungen Europas...". Ich bedaure sehr, mir klingt das nun sehr timide und auch etwas verschwommen und sehr zurückhaltend, aber nun sei's drum, es heißt so, und das darf, füge ich auch hinzu, kein Grund sein, dass man diesem Verfassungsvertragsentwurf seine Zustimmung vorenthalten sollte.
Der Vertrag bietet Chancen und Perspektiven für unser künftiges Europa. Wesentliche Fortschritte sind erreicht worden, Fortschritte, die die Länder und dieser Landtag mit angeregt haben, Fortschritte in Fragen, die zunächst heftig umstritten waren, die sich nur unter größten Mühen haben durchsetzen lassen. Es ist beispielsweise entscheidend, dass die Länderblindheit der Europäischen Union, die wir gelegentlich festzustellen hatten, überwunden worden ist. Die Europäischen Regionen und Kommunen werden jetzt anerkannt und ihre Eigenständigkeit wird geschützt.
Zweitens: Die Stellung der Länder wird dadurch gestärkt, dass das Prinzip der so genannten Unionstreue nun nicht mehr allein im Verhältnis von den Mitgliedstaaten zur EU gilt, sondern auch umgekehrt. Aus der Einbahnstraße ist ein gut befahrbarer Weg in beide Richtungen, nach beiden Seiten geworden.
Die Europäische Union ist künftig dazu verpflichtet, die jeweiligen Ansprechpartner in den Mitgliedstaaten bei der Erfüllung der Aufgaben zu unterstützen. Wäre dies bisher schon so gewesen, wir hätten manche Sorge, glaube ich, in der Vergangenheit auch hier in Thüringen nicht gehabt.
Drittens: Die Einflussmöglichkeiten der nationalen Parlamente werden gestärkt. Dem Bundesrat und dem Deutschen Bundestag wird die Möglichkeit eröffnet, Bedenken gegen Europäische Gesetze vorzubringen, noch bevor sie erlassen sind. Und darüber hinaus erhält der Bundesrat ein Klagerecht vor dem Europäischen Gerichtshof, wenn Länderrechte beeinträchtigt sind; ein für uns ganz wesentlicher Passus in diesem Vertragswerk. Es wäre in der Tat ein Witz gewesen, wenn nahezu jede GmbH und jedes Unternehmen in der Lage gewesen wäre, vor dem EuGH zu klagen, aber beispielsweise ein Parlament, ein Bundesrat nicht. Jetzt im Vertrag haben wir eine meines Erachtens zufrieden stellende Regelung.
Viertens: Auch entspricht es unseren Interessen, dass die Grundsätze der Kompetenzausübung nun verdeutlicht und gestärkt worden sind, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, vor allem aber auch das schon genannte Subsidiaritätsprinzip. Gerade die deutschen Länder haben in Fragen der europäischen Kompetenzordnung Fortschritte immer wieder angemahnt. Eine ganze Reihe unserer Vorstellungen sind umgesetzt worden, wenn auch hier und da nicht in dem Umfang, wie es wünschenswert gewesen wäre. Es ist ein Zugewinn an Transparenz, dass der Verfassungsvertrag ein eigenes Kompetenzkapitel enthält, in dem zwischen ausschließlichen, geteilten und unterstützenden EU-Zuständigkeiten künftig klar unterschieden wird. Für die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union wird es demnach möglich sein nachzulesen, welche Ebene wofür zuständig und verantwortlich ist. Es ist wichtig, dass der Bürger weiß, wer für welche Frage die Verantwortung trägt, dass der Bürger natürlich auch weiß, wer, welchen Fehler gemacht hat, und dass nicht jeder sagen kann, ja, das war der andere, weil es in der Tat in einer rechtlichen Regelung nicht genügend deutlich klar ist. Künftig wird dies genügend deutlich und klar sein.
Fünftens: Die Liste der ausschließlichen EU-Zuständigkeiten ist recht kurz gefasst in Artikel 12 des Verfassungsvertrags. Damit ist klargestellt, dass in allen anderen Bereichen das Subsidiaritätsprinzip gilt. Im Klartext, dass
Aufgaben dort erledigt werden, wo sie am besten aufgehoben sind, wo sie bürgernah erledigt werden können, wo tatsächlich der Puls gefühlt werden kann und wo nicht in weiter Distanz etwas geregelt wird, was dann die Bürger vor Ort auszulöffeln haben - auch das ist meines Erachtens ein guter, ein großer Erfolg. Ein Beispiel dazu: Der Bereich des Binnenmarktes ist in dieser Liste der genannten EU-Zuständigkeiten nicht enthalten. EU-Gesetze für die Gestaltung des Binnenmarkts gehören zu den geteilten Zuständigkeiten und unterliegen eindeutig dem Subsidiaritätsprinzip. Damit ist ein Konfliktpunkt in unserem Sinn entschieden worden, der lange Zeit, vor allem auch mit der Europäischen Kommission, sehr umstritten war.
Sechstens: Auch unsere Position in der Einwanderungspolitik scheint mir einigermaßen zufrieden stellend geregelt zu sein. Nach dem vorliegenden Vertragsentwurf legen die Mitgliedstaaten künftig fest, wie viele Drittstaatsangehörige in ihr Hoheitsgebiet einreisen dürfen, um dort als Arbeitnehmer oder als Selbständige Arbeit zu suchen.
Im Ergebnis also finden sich außerordentlich viele unserer Vorstellungen wieder, und die Reformvorschläge, die der Thüringer Landtag vorgelegt hat, sind, wie Sie feststellen können, weit gehend berücksichtigt worden. Insgesamt wird das Europäische Vertragswerk entscheidend verschlankt, vereinfacht und lesbarer, die Anzahl der Europäischen Rechtsakte und Entscheidungsverfahren wird deutlich reduziert. Die kaum verständliche Pfeilerstruktur der EU entfällt. Die Europäische Union erhält eine eigene Rechtspersönlichkeit und ihr außenpolitisches Profil wird durch das Institut eines Europäischen Außenministers geschärft. Henry Kissinger muss künftig also nicht mehr fragen, welche Telefonnummer denn Europa hat. Künftig wird die Telefonnummer Europas auch für einen Außenminister, der einen europäischen Außenminister erreichen möchte, klar und deutlich erkennbar sein. Er kann klingeln.
Der Verfassungsvertragsentwurf kommt der Forderung nach, die demokratische Legitimität, Handlungsfähigkeit und Transparenz auch der europäischen Institutionen zu erhöhen. Das Europäische Parlament wird künftig den Kommissionspräsidenten wählen und nach 2009 wird die Kommission auf 15 stimmberechtigte Mitglieder verkleinert. Wenn er als Gesetzgeber tätig wird, soll der Ministerrat künftig öffentlich tagen. Und ab 2009 wird der höchst komplizierte Abstimmungsmodus im Ministerrat ersetzt. Für Entscheidungen wird künftig die so genannte doppelte Mehrheit eingeführt. Eine Entscheidung kommt zustande, wenn ihr die Mehrheit der Mitgliedstaaten zustimmt und das Abstimmungsergebnis gleichzeitig zwei Drittel der EU-Bevölkerung repräsentiert. Es gibt also ein Quorum und die Abstimmung durch die Mehrheit der Mitgliedstaaten. Das stärkt allerdings die bevölkerungsreichen Staaten in der Union wie Deutschland, und es hat durchaus seine Ursache, wenn nun die kleineren Staaten hellhörig werden und besorgt sind, dass möglicherweise ihre Rechte und ihre Möglichkeiten und Chancen nicht
Gleichwohl - aus unserer Sicht sind das erhebliche Fortschritte, aber selbstverständlich gibt es auch Kritikpunkte und offene Fragen, die wir ansprechen und nicht kaschieren dürfen. Es ist nicht gelungen, eine grundlegende Revision der Kompetenzordnung herbeizuführen. Wir wollten eine Rückverlagerung von Zuständigkeiten, stattdessen sind der Europäischen Union zusätzliche Kompetenzen übertragen worden, z.B. in den Bereichen Energie, Sport, Zivilschutz, geistiges Eigentum und Raumfahrt. Ich will jetzt gar nicht darüber richten und diskutieren, inwieweit das eine oder andere nicht vielleicht sinnvoll ist, nur es bedeutet in der Tat, dass zusätzliche Kompetenzen der Europäischen Union zugewachsen sind. Wir unsererseits haben z.B. die Frage gestellt, ob es denn richtig ist, dass Brüssel die parzellenscharfe Abgrenzung von Naturschutzgebieten vornimmt. Sollte das nicht besser vor Ort geschehen, bürgernah, wo die Menschen sehen, wie eine solche Parzelle ausschaut, welche Gegebenheiten tatsächlich vor Ort sind. Hier ist unser Begehren bedauerlicherweise auf taube Ohren gestoßen. Das Beispiel der Umweltpolitik zeigt, dass auch innerhalb der Kompetenzbereiche Differenzierungen notwendig wären. Für die internationale Umweltpolitik muss Brüssel selbstverständlich zuständig sein, denn Schadstoffemissionen kennen bekanntlich keine Grenzen, aber Brüssel muss doch nicht zuständig sein für die Grenzen von Naturschutzgebieten.
Ein weiteres Problemfeld ist die offene Methode der Koordinierung. Es geht um EU-Leitlinien und Aktionspläne, denn sie haben eine praktische Bindungswirkung. Sie sind also nicht unwichtig. Wenn im Mai dieses Jahres die EU-Bildungsminister darüber befinden, wie viele Fremdsprachen europäische Schüler lernen sollen, so greift das unmittelbar in Länderzuständigkeiten ein und mit Verlaub, das ist Unfug.
Das muss in der Tat nicht in Brüssel erledigt werden, sondern das geschieht am besten dort, wo die Zuständigkeit für die Schulen ist, und das sind erfreulicherweise die Länder.
Der Thüringer Landtag hat sich dafür eingesetzt, dass keine allgemeine Rechtsgrundlage für die offene Methode der Koordinierung in die Verfassung aufgenommen wird, das ist gelungen.