Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, das Thema Gesundheit oder Gesundheitsreform ist eines, über das oft und gern und mehr oder weniger qualifiziert diskutiert und gestritten wird. Meine sehr verehrten Damen und Herren, auf Antrag der CDU-Landtagsfraktion hat Herr Minister Dr. Zeh im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit in zwei Sitzungen sehr ausführlich, vor allem in der zweiten Sitzung, über den Sachstand des Gesetzes und über seine Auswirkungen berichtet und alle Abgeordneten hatten sehr viel Gelegenheit, dazu Fragen zu stellen und sich auch ein Bild zu machen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, hier haben wir unterschiedliche Ausführungen gehört. Nach meiner Meinung ist diese Gesundheitsreform notwendig. Sie ist bitter notwendig. Frau Künast, ich muss Ihnen auch einmal ein bisschen entgegenhalten, die rotgrüne Bundesregierung hat zu dieser Situation sehr stark beigetragen, denn 1998 waren die Gesundheitskassen saniert.
Es sind Einnahmeverluste in Milliardenhöhe aufgetreten. Das können Sie alles nachlesen. Zum Beispiel hat der Verband der Ersatzkrankenkassen dazu Statistiken vorgelegt. Dort sieht man, allein bei den Arzneimittelkosten ist 1 Mrd. . gen von anderen Dingen, die damals gemacht worden sind. Das hat die Situation eindeutig verschärft und hierzu geführt. Diese Gesundheitsreform, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist eine Notoperation. Sie ist deswegen eine Notoperation, weil ansonsten in diesem oder im nächs
ten Jahr die Kassen, die gesetzlichen Krankenkassen, vor die Wand gefahren wären und keine Möglichkeit der Finanzierung mehr gehabt hätten. Deswegen hat sich die CDU als große Volkspartei auch ihrer Verantwortung gestellt und hat sich diesem Kompromiss nicht im Grundsatz verschlossen. Wenn wir schon einmal dabei sind, wer hat hier was eingebracht. Ich glaube, das ist im Detail sicherlich kaum noch auszumachen. Die CDU hat beispielsweise verhindert, dass sich diese Apothekenketten bilden können, weil wir das Fremdbesitzverbot erhalten haben und nur zugelassen haben, dass sich Filialapotheken gründen können. Im Übrigen bin ich auch sehr dankbar, dass inzwischen in das Gesetz die Qualitätssicherung und der Verbraucherschutz bei den Internetapotheken eingearbeitet worden sind. Ich hatte dies auch moniert, weil ich das zwar im Konsenspapier gelesen hatte aber nicht im ersten Gesetzentwurf. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist sehr wichtig, denn Arzneimittel sind keine xbeliebigen Konsumgüter, sondern oftmals hoch wirksame Stoffe. Die Sicherheit des Patienten muss hier an allererster Stelle stehen. Sicherlich leben wir in einer Zeit, in der das Internet ja eine immer größere Rolle spielt und gerade auch für chronisch kranke Patienten können Internetapotheken auch durchaus hilfreich sein. Aber die Standards müssen genauso sein wie bei den öffentlichen Apotheken auch, damit man hier keine Gefährnisse für den Patienten eingeht. Meine Damen und Herren, ich bin auch deswegen nicht glücklich über diese Art der Gesundheitsreform, weil sie den Patienten sehr viel zumutet. Frau Dr. Fischer, das muss ich auch ehrlich bekennen, das habe ich in Ihrer Rede ein wenig vermisst. Allein die hohe Zuzahlung, die Patienten zu leisten haben, die Praxisgebühr und Ähnliches, auch die Ausgliederung von Kernleistungen. Hier an dieser Stelle, wenn man sieht, dass Krankengeld und Zahnersatz voll ausgegliedert worden sind und auch andere Leistungen sehr stark beschnitten werden, an dieser Stelle sieht man, dass man dieses Spiel nicht ewig fortsetzen kann, sondern dass man sich wirklich Gedanken darüber machen muss, wie man das Gesundheitswesen auf sichere Füße stellt. Meine Damen und Herren von der PDS, das muss ich Ihnen nun auch einmal ganz klar sagen, Sie benennen nicht die wesentlichen Konflikte. Es gibt viele Dinge, die man bei der Gesundheit bereden kann. Aber die demographische Entwicklung und der medizinische Fortschritt, dass das bei Ihnen keine Rolle spielt, zeugt von einem Realitätsverlust, der bodenlos ist und den man kaum beschreiben kann.
Im Übrigen kommen Sie mit Ihrem Antrag ohnehin zu spät, denn die 2. Bundesratsrunde ist inzwischen gelaufen und morgen wird über dieses Gesetz abgestimmt. Aus allen diesen Gründen müssen wir Ihren Antrag ablehnen. Sie tragen jedenfalls nicht dazu bei, dass es in unserem Gesundheitswesen besser wird. Das Thema Eigenverantwortung, meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist ein wichtiges. Nur wenn wir den Patienten solche
Zumutungen aufdrücken müssen und wenn man ehrlich ist und das wirklich einmal objektiv diskutiert, dann weiß man, wir kommen nicht darum herum, auch das Thema Eigenverantwortung in den Mittelpunkt der Diskussion zu stellen. Das ist deshalb wichtig, weil wir bei großen Risiken wollen, dass jedem Patienten die gleichen Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Deswegen ist eine...
Das ist ja überhaupt nicht wahr. Dann machen Sie sich doch bitte einmal sachkundig. Ich denke aber, die Frage der Reform der sozialen Sicherungssysteme für die Zukunft ist ein eigenes Thema, das hängt zwar ein Stück mit diesem Antrag zusammen, hat mit diesem aber nur bedingt zu tun. Ich kann für meine Fraktion eben nur sagen, dass wir diesen Antrag ablehnen, insbesondere deshalb, weil er die Gegenwart einfach nicht zur Kenntnis nimmt und die Probleme negiert. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, als Erstes möchte ich für die CDU noch einmal klarstellen: Jeder muss auch in Zukunft unabhängig von Alter, Einkommen und sozialer Stellung die medizinische Versorgung erhalten, die notwendig für seine Behandlung ist.
Meine Damen und Herren, es ist heute nicht der Zeitpunkt, über Rürup- oder Herzog-Kommission zu reden. Das sollten wir uns für einen späteren Zeitpunkt aufheben. Es ist so, wie meine Kollegin Arenhövel gesagt hat: Heute ist eine Notoperation notwendig, die Notoperation des Patienten Gesundheitswesen. Um das noch einmal karzustellen: Die Situation im Gesundheitswesen ist heute dramatisch. Ich will in Erinnerung rufen - und meine Kollegin Johanna Ahrenhövel hat es gesagt, ich will es mit Zahlen untersetzen - 1998, als Gesundheitsminister Horst Seehofer damals sein Amt an die rotgrüne Regierung übergeben hatte, betrug der durchschnittliche Krankenkassenbeitrag 13,6 Prozent. Die Krankenversicherung hatte einen Überschuss von 500 Mio. haben wir eine Situation - fünf Jahre nach Regierungszeit von Rotgrün -, einen Krankenversicherungsbeitrag durchschnittlich von 14,6 Prozent und die Krankenkassen haben ein Defizit von nunmehr ca. 7 Mrd. Schätzungen gehen am Jahresende von circa 10 Mrd.
aus. Meine Damen und Herren, das zeigt doch einmal mehr, erstens: Notwendige Reformen sind fünf Jahre lang von der Bundesregierung verschlafen worden.
Und zweitens: Wir müssen jetzt etwas tun. Und da zitiere ich meine Kollegin Arenhövel gern: Wir müssen etwas tun damit das Gesundheitssystem nicht an die Wand fährt. Und deshalb wollen wir den Kompromiss. Wir brauchen diesen Kompromiss und die CDU/CSU trägt diesen Kompromiss mit. Der jetzige Kompromiss ist also keine große Reform, sondern ist nichts weiter als eine Notbremse, und zwar eine Notbremse gegen weitere Defizite bei den Krankenkassen. Und das ist, wenn Sie so wollen, ein Kompromiss der Vernunft. Morgen berät der Bundesrat dieses Gesetz. Ich gehe von einer großen Mehrheit für dieses Gesetz aus. Wesentliche Änderungen morgen noch einzubringen oder gar das Gesetz abzulehnen, wie von der PDS im vorliegenden Antrag gefordert, das ist meines Erachtens verantwortungslos. Denn wer jetzt dieses Paket aufschnürt, der muss doch die Folgen bedenken. Von allen Seiten würden die Lobbyisten aufmarschieren, bis an die Zähne bewaffnet würden sie ihre Interessen vertreten und der Kompromiss wäre dahin.
Meine Damen und Herren, ich teile die Ansicht von Frau Künast, Kompromisse sind Kompromisse bei der jede Seite etwas aufgeben muss. Das ist so. Natürlich gefällt mir bei dem Kompromiss dies nicht und mir gefällt auch jenes nicht. Ich möchte auch nicht der anderen Seite vorwerfen, dass es in der einen oder andern Seite anders gelaufen ist als wir das wollten. Aber das Ziel muss doch sein, wieder ein gewisses Maß an Sicherheit im Gesundheitswesen zu garantieren für die Patienten, für die Ärzte und für natürlich alle anderen Leistungserbringer wie Apotheken, Kassen und so weiter. Dieses Ziel, meine Damen und Herren, ist erreicht worden. Zumindest für die nächsten paar Jahre. Die bisherige hochwertige medizinische Versorgung in Deutschland ist für alle gesetzlich Versicherten durch tragbare eigene Beiträge auch in den nächsten Jahren gewährleistet. Insbesondere war es der CDU/CSU-Fraktion wichtig, die Stärkung der Eigenverantwortung der Patienten und die Verbesserung der Realität der Versorgung durchzusetzen. Unter anderem nenne ich hier, dass das Kostenerstattungsprinzip für alle, wenn es gewünscht wird, realisiert wird, dass ein finanzieller Bonus eingeführt wird für die Beteiligung an Vorsorgemaßnahmen und dass die Neugestaltung der Zuzahlungsregelungen niemand mehr als 2 Prozent treffen wird, bei chronisch Kranken 1 Prozent, und zwar 2 Prozent seines bruttopflichtigen Einkommens. Die CDU/CSU hat die freie Arzt- und Krankenhauswahl weiterhin durchgesetzt und gesichert. Die Möglichkeit von Direktverträgen zwischen Ärzten und Krankenkassen hätte nämlich dazu geführt, dass der Patient sich vor
jedem Arztbesuch erst einmal erkundigen muss, ob der Arzt überhaupt einen Vertrag mit seiner Krankenversicherung hat. Und ich sage ganz bewusst auch, Frau Kollegin Dr. Fischer, ich bin froh, dass es nun keine Positivliste gibt.
Meine Damen und Herren, Frau Fischer, es geht überhaupt nicht mehr um Gewinnen bei den Pharmakonzernen, es geht einfach darum, ob die Pharmakonzerne noch in Deutschland bleiben, ob einer der wichtigsten Industriezweige, der weltweit führend ist, in diesem Land noch produziert. Das ist die Frage, der wir uns stellen müssen.
Frau Fischer, ich teile Ihre Ansicht bei den Apotheken. Es wäre verhängnisvoll wenn wir große Apotheken-Ketten in Deutschland zugelassen hätten. Meine Frau Kollegin Arenhövel hat ja das Notwendige dazu gesagt. Das ist verhindert worden und damit ist auch die Apothekenversorgung in ländlichen Räumen gesichert. Es wird kein staatliches Zentrum für Qualität in der Medizin geben, stattdessen wird es eine staatsferne Selbstverwaltungslösung geben, ein Institut für Wirtschaftlichkeit und Gesundheitswesen. Eine direkte oder indirekte Einflussnahme des Staates auf Ergebnisse ist somit ausgeschlossen.
Meine Damen und Herren, ich bin auch froh, und das ist von der CDU schon seit langem gefordert worden, dass die Abschaffung der Budgets in der ambulanten ärztlichen Versorgung endlich der Vergangenheit angehört.
Meine Damen und Herren, die verheerende Wirkung dieses Prinzips können Sie sich selbst einmal vorstellen. Versetzen Sie sich in die Lage eines Arztes, der sein Budget aufgebraucht hat und einem Patienten gegenübersteht der behandelt werden muss. Entweder er versorgt ihn nicht, dann bricht er seinen ärztlichen Eid, oder er versorgt ihn, dann muss er mit Rückzahlungen rechnen. Ich denke, wer dieses Prinzip erdacht hat, sollte nachträglich noch mit Strafe belegt werden und alle Rückzahlungsforderungen, die je ausgesprochen wurden, selbst ertragen.
Meine Damen und Herren, für uns in den jungen Ländern - und das habe ich bereits im Ausschuss gesagt - ist es ungeheuer wichtig, dass wir eine weitere Angleichung der Einkommen der Ärzte erreichen. Hier ist es uns unverständlich, wie in das Papier ein Betrag von 96 Prozent hineinkommen konnte, einen Verdienst von 96 Prozent der Ärzte in Ostdeutschland im Vergleich zu ihren Westkollegen. Diese Zahl ist falsch, das haben wir immer gesagt. Ich habe gesagt, wer im Osten Deutschlands 96 Prozent erreichen will, muss 130 Prozent dafür arbeiten. Das Ergebnis ist klar, man vertreibt damit die Ärzte. Wer die Wahl hat 130 Prozent zu arbeiten um 96 Prozent an Einkommen zu haben, überlegt sich das dreimal.
Meine Damen und Herren, von einem Jahrhundertgesetz zu reden, wäre, glaube ich, die falsche Messlatte. Wichtig ist jetzt, dass wir einen tragbaren Kompromiss haben, wir brauchen auf absehbare Zeit die Finanzierbarkeit unseres Gesundheitssystems. Wir haben nun die Gelegenheit, ohne finanziellen Druck neue Konzepte zu diskutieren und zu entscheiden, meinethalben mit Herzog und Rürup.
Meine Damen und Herren, Deutschland muss wieder Anschluss innerhalb der EU an die wirtschaftliche Entwicklung haben und das Sorgenkind "Gesundheitswesen" muss endlich gelöst werden. Die Vorstellung des heute hier vorgelegten Antrags der PDS bringt uns diesem Ziel nicht näher. Wir lehnen daher den Antrag der PDS ab. Vielen Dank.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Wir können die Aussprache schließen und wir kommen zur Abstimmung über den Antrag in Drucksache 3/3608. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei einer Anzahl von Jastimmen ist dieser Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 16, schließe die Tagesordnung für heute. Ich erinnere noch mal an den parlamentarischen Abend, an unsere Gastgeber im Funktionsgebäude und wünsche Ihnen einen guten Abend.