Protokoll der Sitzung vom 13.11.2003

Menschen aus dieser direkten Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus zurückziehen, und sie führt sogar zur Verharmlosung des Rechtsextremismus, wenn Sie uns hier durch Ihre beispielhafte Nennung weismachen wollen, die Videokameras am Goetheplatz würden den Rechtsextremismus in Thüringen bekämpfen. Nein, das ist denkbar das ungeeignetste Mittel und Sie werden auch nicht Menschen in Thüringen halten können, wenn Sie ihnen signalisieren, die Thüringer Landesregierung ist bereit, ihre verfassungsmäßig garantierten Grund- und Schutzrechte gegenüber dem Staat schrittweise immer weiter einzuschränken, immer weiter letztendlich zu entwürdigen.

Meine Damen und Herren, Herr Höhn hat die Begründung damit begonnen, er hat den Eindruck, die Landesregierung verfährt nach dem Motto "Learning by Doing". Wenn es denn nur so wäre, Herr Höhn, da könnten wir dem Ganzen tatsächlich noch etwas Positives abgewinnen. Aber Sie haben doch den Redebeitrag von Herrn Fiedler gehört, der noch nicht einmal die richtige Rechtsgrundlage genannt hat, sondern sich noch auf die falsche bezog. Sie haben auch den Redebeitrag von Herrn Trautvetter gehört, dort setzt doch überhaupt kein Lernprozess ein. Deswegen können wir der Landesregierung noch nicht einmal das vorwerfen, auch wenn es schon schlimm genug wäre. Ich frage natürlich auch die Landesregierung, die immer wieder behauptet, es handelt sich hier um Pilotprojekte. Meine Damen und Herren, wozu sind denn Pilotprojekte da? Um am Ende zu sehen, ob denn überhaupt etwas grundsätzlich in Gang gebracht werden kann? Herr Trautvetter, das erste Pilotprojekt, was Sie in Gang gebracht haben wollten, ist erst gar nicht in Gang gekommen. Es ist bereits in seiner Entstehungsphase gescheitert. Das zweite Pilotprojekt musste nach einer Woche eingestellt werden, weil Sie einsehen mussten, dass die Rechtsverletzungen so immanent sind, dass Sie gar nicht anders handeln können. Es waren eben nicht die Rechtsverletzungen auf dem Goetheplatz, sonst hätten Sie auf dem Theaterplatz gar nichts einstellen müssen, sondern es ging weit über die speziellen Grundrechte hinaus. Was wollen Sie denn für ein anderes Ergebnis aus Pilotprojekten erzielen als das: Die Videoüberwachung zu beenden und die Grundlage dafür in § 33 im Thüringer Polizeiaufgabengesetz hat sich nicht bewährt; sie ist grundrechtseinschränkend und damit, da wiederhole ich mich, auch durch die PDS in dieser Form nicht zu tolerieren. Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Es gibt eine weitere Meldung. Bitte, Herr Abgeordneter Pietzsch.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, auf die Äußerungen von Herrn Abgeordneten Dittes will ich nur so viel antworten: Er hat seine Rede damit be

gonnen zu sagen, er sei nicht der Pressesprecher des Innenministeriums.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Gott sei Dank.)

Wenn dem so wäre, dass er es wäre, das könnte mich dazu verleiten, den SPD-Entschließungsantrag positiv zu bescheiden.

(Beifall bei der CDU)

Aber es ist Gott sei Dank nicht so, deswegen ist mir völlig klar, wie ich diesen Entschließungsantrag beurteile.

Meine Damen und Herren, sehr verehrter Herr Gentzel, ich muss Ihnen sagen, Ihr Entschließungsantrag ist ein ganz miserabler Stil.

(Beifall bei der CDU)

Die Rede, die Sie hier gehalten haben, war ein noch miserablerer Stil.

(Beifall bei der CDU)

Herr Abgeordneter Gentzel, wenn man so weit reichende Forderungen erhebt, dann macht man das mit offenem Visier und nicht als Entschließungsantrag zwei Stunden vorher. Soll ich vielleicht davon ausgehen, dass Sie, wenn Sie den Entschließungsantrag gestern eingebracht hätten, sich Sorgen gemacht haben, dass wir heute den Tagesordnungspunkt 2 nicht positiv verabschiedet hätten im Kompromiss?

Meine Damen und Herren, da hoffe ich schon, dass Sie in Zukunft mit etwas offenerem Visier kämpfen, wenn es denn sein muss.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Haben Sie nicht mehr zu bieten?)

Herr Abgeordneter Höhn, machen Sie sich um mich keine Sorgen. Bei Ihnen habe ich manchmal auch schon meine Sorgen.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das ehrt mich.)

Meine Damen und Herren, es ist eine Unverschämtheit, Herr Gentzel, wenn Sie sagen, die einzige Qualifikation der Datenschutzbeauftragten sei ihr Parteibuch.

(Beifall bei der CDU)

Die Datenschutzbeauftragte hat bisher in den Jahren, die sie dieses Amt ausführt, bewiesen, dass sie, auch wenn es sein musste, mutig ihre Meinung durchgesetzt hat. Ich bin davon überzeugt, das wird sie auch in Zukunft tun.

(Beifall bei der CDU)

Zu sagen, es sei ein Eiertanz, was der Ministerpräsident gemacht hat, da, lieber Herr Gentzel, haben Sie nun endlich die Katze aus dem Sack gelassen. Es soll nicht nur gegen den Innenminister gehen, sondern es soll auch gegen den Ministerpräsidenten gehen.

(Beifall bei der CDU)

Übrigens, zwei Leute, die mit besonderer Popularität bei der Bevölkerung in Thüringen ausgestattet sind.

(Beifall bei der CDU)

Der Ministerpräsident hat klipp und klar deutlich gemacht, wer die Richtlinienkompetenz in der Regierung hat. Er hat sich auch klar und deutlich geäußert. Da möchte ich auf das zurückkommen, was Herr Pohl noch gesagt hat. Er hat gesagt, Verhältnismäßigkeit bei der Einschränkung von Grundrechten muss beachtet werden. Herr Pohl, das ist völlig richtig. Deswegen ist ja auch dieses Pilotprojekt erst einmal abgebrochen worden,

(Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Hätte man das nicht vorher wissen sollen?)

weil man Sorgen hatte oder weil man zu der Erkenntnis gekommen ist, dass hier die Verhältnismäßigkeit der Einschränkung der Grundrechte hart an der Grenze oder überschritten ist. Das Ergebnis ist gewesen, dass man eben in dem Augenblick, wo man zu dieser Erkenntnis gekommen ist, entweder dadurch, dass man neue Fakten bekommen hat, oder dadurch, dass Dinge zu Tage getreten sind, die vorher so nicht bekannt waren, dieses Projekt abgebrochen hat.

Meine Damen und Herren, die richtige Entscheidung, natürlich kann man darüber philosophieren, ob man vielleicht diese Entscheidung auch zwei Tage früher hätte treffen können, wenn die Befunde schon auf dem Tisch gelegen hätten. Meine Damen und Herren, ich denke, ich will über das Thema "Videoüberwachung" auch hier nicht weiter referieren, weil ja auch noch zwei andere Punkte in Ihrem Antrag gegen den Innenminister vorliegen. Ich frage Sie: Soll sich der Innenminister gegen seine Polizisten stellen? Ich bin dankbar, dass sich der Innenminister vor seine Polizisten gestellt hat.

(Beifall bei der CDU)

Das heißt, dass dort, wo Verfehlungen stattgefunden haben, auch entsprechende Konsequenzen zu treffen sind.

Meine Damen und Herren, es ist hier so oft von vorbeugender Sache die Rede gewesen - auch bei der Videoüberwachung. Ich wünsche mir schon eine gute Mischung von Repression und Prävention. Allein die Prävention wird es auch in Zukunft nicht richten. Meine Damen und Herren, Aufgabe der Opposition, so ist es eigentlich festgelegt, ist es, inhaltlich alternative Konzepte zum Regierungshandeln auf den Tisch zu legen. Ich stelle fest, die Opposition im Thüringer Landtag ist nicht in der Lage inhaltliche Konzepte auf den Tisch zu legen, deswegen beißt man sich an personellen Konzepten fest.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie denn schon meinen, dass Sie sich an personellen Alternativen ausrichten müssen, dann richten Sie diese Forderungen nach Berlin. Dort wird mehr Murks gemacht als in Thüringen.

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen klipp und klar, der SPD-Antrag ist ein Schaufensterantrag, der den Wahlkampf einleiten soll und er ist scheinheilig, aber von uns wird er einhellig abgelehnt werden.

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Das ist doch kein Wahlkampf.)

Ich denke, Sie müssen schon bessere Begründungen finden, wenn Sie meinen, den Innenminister und die CDULandtagsfraktion in Verlegenheit bringen zu können. Danke sehr.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt eine weitere Wortmeldung. Herr Abgeordneter Hahnemann zunächst.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, insbesondere Herr Kollege Pietzsch, ich glaube, es gehört sehr viel Fremdheit in der politischen Welt dazu, wenn man den Antrag der SPD-Fraktion dadurch zu kennzeichnen versucht, dass man ihm miserablen Stil unterstellt. Ich habe vorhin ganz klar gesagt, wir hätten diesen Antrag nicht gestellt, ich habe auch die Begründung dafür gegeben. Das Problem ist aber, die Augen davor zu verschließen, dass der Antrag der SPD-Fraktion das direkte Resultat miserabler Politik ist, das, Herr Pietzsch, hätte ich Ihnen ernsthaft nicht zugetraut.

(Beifall bei der SPD)

Dieser Antrag ist die Konsequenz aus einer Art und Weise des Umgangs mit Grund- und Freiheitsrechten in einer demokratischen Gesellschaft, die eigentlich nichts anderes zulässt. Ich muss ganz ehrlich sagen, was in meinen

Augen miserabler Stil war, das war der Eingang von Herrn Minister Trautvetter in seinem Redebeitrag und in seiner Begründung für Videoüberwachungen.

(Beifall bei der PDS)

Diesen herausragenden Einzelfall zu nehmen - ja natürlich, das ist ein herausragender Einzelfall, und zwar quantitativ ist es ein herausragender Einzelfall. Aber selbst bei qualitativer Betrachtung, Herr Innenminister, verraten Sie mir doch bitte - nein, das ist nicht das, was ich meine, was Sie jetzt eigentlich schon wieder antizipieren. Jetzt verraten Sie mir doch bitte mal, was den beiden jungen Frauen die Videoüberwachung genutzt hätte - können Sie mir das sagen? Es ist offen vom Innenministerium zugegeben worden, dass ein Effekt der Videoüberwachung ein noch geringerer personeller Einsatz auf den überwachten Plätzen sein wird.

(Zwischenruf Trautvetter, Innenminister)