Frau Kollegin Thierbach, Sie haben vorhin Herrn Herzog zitiert und Sie haben beklagt, was er alles vorschlägt. Ist Ihnen entgangen, wie Herr Herzog zum Beispiel Kindererziehungszeiten anrechnen will oder wissen Sie darüber Bescheid?
Frau Vopel, ich habe erstens nicht Herrn Herzog zitiert, sondern ich habe Ihnen gesagt, auch bei Herrn Herzog ist das Problem der Gesamtentwicklung der sozialen Sicherungssysteme in Bezug auf die Vorschläge in 76 Seiten unausgegoren und habe Ihnen gesagt,
dass die Kopfpauschale, die in die Krankenkasse einbezogen wird, nämlich genau das Problem wird, dass nicht die Gesamthaushaltsbelastung beachtet wird, sondern nur Einzelbeispiele. Und ich sage Ihnen ehrlich an dieser Stelle, über die Anerkennung von Kindererziehungszeiten im Herzog-Papier sollte man diskutieren, aber in einer Gesamtstruktur für ein Frauenrentenrecht und nicht einfach die Frau weiter über die Abhängigkeit vom Mann, vielleicht am allerbesten indem man die Witwenrente noch auf 80 Prozent erhöht. Das ist dann die ökonomische Abhängigkeit pur.
Ich kann nun die Aussprache zu dem Bericht schließen und stelle fest, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist, falls dem nicht widersprochen wird. Im Anschluss daran komme ich zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der PDS in der Drucksache 3/3760. Herr Abgeordneter Kummer.
Wir stimmen namentlich über diesen Entschließungsantrag ab und ich bitte darum, die Stimmkarten einzusammeln.
Ich nehme an, dass jeder die Gelegenheit hatte, seine Stimmkarte abzugeben. Ich bitte um das Auszählen.
Mir liegt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zur Drucksache 3/3760 vor. Es wurden 77 Stimmen abgegeben. Mit Ja haben 15 gestimmt, mit Nein 44 und 18 haben sich enthalten. Damit ist dieser Entschließungsantrag abgelehnt (namentliche Abstimmung siehe Anlage 2). Ich schließe den Tagesordnungspunkt 16 und komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 10
Bericht der Landesregierung über die Situation und Entwicklung der Suchtprävention, Suchtkrankenhilfe und Drogenbekämpfung in Thüringen Beratung des Berichts der Landesregierung - Drucksache 3/3635 - auf Verlangen der Fraktion der CDU dazu: Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 3/3657 dazu: Entschließungsantrag der Fraktion der CDU - Drucksache 3/3739 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/3763
Die Begründung ist offensichtlich nicht vorgesehen, so dass wir zur Beratung des Berichts kommen und ich rufe als Erste die Abgeordnete Wolf, PDS-Fraktion, auf.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Bericht der Landesregierung gibt ein Bild über die Initiativen der Suchtprävention, der Suchtkrankenhilfe und der Drogenbe
kämpfung. Thüringen galt bisher als ganz gut in diesem Bereich. Dies ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass über 20 Suchtpräventionsfachkräfte nicht nur schlechthin tätig waren, sondern gute Arbeit geleistet haben. Diesen Fachkräften sowie allen Mitarbeitern der Beratungs- und Koordinierungsstellen, den Fachkräften an den Schulen und Betrieben gilt dafür Dank. Was sie unter dem Druck der Kostenreduzierung leisten, verdient Anerkennung. Weniger anerkennenswert ist die Tatsache, dass in den letzten Jahren nicht nur permanent an den Sachkosten gespart wurde, sondern inzwischen auch Personalstellen dem Rotstift zum Opfer fielen und, wie es aussieht, auch weiterhin zum Opfer fallen werden. Dies ist schon ein Skandal, trifft es doch einen Bereich, wo eine Zunahme in Thüringen zu verzeichnen ist, gerade im Bereich Drogenkonsum, aber auch im Bereich Sucht. So existiert die Thüringer Landesstelle gegen Suchtgefahr nicht mehr. Die Verbände konnten sie nicht mehr finanzieren. Die Existenz von Projekten hängt leider oft von SAM-Stellen ab, deren Finanzierung läuft aber im nächsten Jahr aus. Hinzu kommt das Problem, dass es SAM in dieser Form nicht mehr geben wird und wer macht dann wie Prävention? Meine Damen und Herren, ich frage mich an dieser Stelle ehrlich, wo bleibt ein Feststellenprogramm? Es ist bedauerlich, dass gute Programme, zum Beispiel die Nichtraucherkampagne, in Thüringen durch Einsparungen gefährdet sind. Wir wissen ja alle, dass diese Programme gerade in der Schule durchaus erfolgreich waren.
Wenn im Bericht der Landesregierung vom Ausbau der Suchtprävention die Rede ist, dann dürfen an dieser Stelle auf keinen Fall weitere Einschnitte vorgenommen werden. Die Prävention muss im Gegenteil unbedingt gestärkt werden. Eine weitere Schwäche im Bericht sehe ich in der Tatsache, dass zu wenig konkrete Zahlen über die Entwicklung der Suchtformen und Abhängigkeiten in Thüringen geliefert werden. Ein Beispiel möchte ich herausgreifen. 1999 wurde aufgrund einer Studie die Abhängigkeit von Medikamenten in Thüringen auf 30.000 hochgerechnet. Im Bericht wird aktuell die Abhängigkeit von Medikamenten mit rund 42.000 Personen angegeben. Betroffen sind in besonderem Maße Frauen. An keiner Stelle wird auf die Ursachen dieser Entwicklung eingegangen. Wie will ich aber erfolgreiche Prävention machen, wenn ich die Ursachen nicht kenne oder aber nicht benenne?
Meine Damen und Herren, es ist alarmierend, wenn 48 Prozent der 20-Jährigen rauchen. Es ist auch deshalb alarmierend, weil es einen Zusammenhang zwischen dem jungen Rauchereinstiegsalter, dem Rauchverhalten von jungen Frauen und der Zunahme von Frühgeburten gibt. Thüringen versucht hier zwar gegenzusteuern, doch die Zahlen stimmen bedenklich. Ob es mit einem tiefschwarzen Aufdruck zur Gesundheitsgefährdung auf Zigarettenschachteln getan ist, bezweifle ich.
Meine Damen und Herren, der CDU-Antrag thematisiert unter anderem wieder einmal das Thema Legalisierung weicher Drogen. Es ist und bleibt Meinung der PDS, dass
wir ein Ende der strafrechtlichen Verfolgung wollen, so wie auch der Besitz und Genuss von Alkohol und Nikotin nicht strafrechtlich verfolgt wird. Für uns heißt das im Gegenzug aber nicht, dass wir für den Genuss weicher Drogen werben werden.
Der von Ihnen favorisierte Weg verstärkter Repressionen ist nicht generalpräventiv und wird auch nicht so wirken. Natürlich werden solche Beiträge wie Ihr Antrag sehr gern genutzt, die Diskussion um die Legalisierung von Cannabis zu attackieren. Dabei wird all zu gern vergessen, dass es nicht um die Freigabe von Haschisch an Minderjährige geht. Unsere Positionen sind da eindeutig, wir sind gegen jede Abgabe von weichen Drogen an unter 16-Jährige. Es würde auch niemand auf die Idee kommen, Alkohol zu verbieten, weil immer mehr Minderjährige vor, nach, während oder anstatt der Schule trinken. Wir wollen einen aufgeklärten, kritischen, verantwortungsvollen Umgang mit weichen Drogen.
Einige Fragen hätte ich neben den bereits aufgeworfenen noch gern beantwortet. Wie viel Mittel wurden in den vergangenen Jahren für Fortbildung und Supervision für Mitarbeiter ausgegeben? Wie soll die Thüringer Koordinierungsstelle für Suchtprävention ihre Arbeit in den nächsten Jahren fortsetzen? Die Frage, die sich natürlich auch stellt, ist, welche Rolle soll Schulsozialarbeit in Zukunft spielen? Wie können Schulpsychologen weiter gefördert und in die Situation mit einbezogen werden? Welche Sach- und Personalkosten gedenkt das Ministerium noch zur Verfügung zu stellen bzw. wo besteht die Gefahr, dass gestrichen werden soll?
Meine Damen und Herren, verzeihen Sie mir den Eindruck vom Bericht, mein Gefühl ist, es ist wie beim Lotto: Alle Angaben ohne Gewähr.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, in Anbetracht der Zeit und auch in Anbetracht dessen, dass ich davon ausgehe, dass Sie alle den Bericht gelesen haben, bemühe ich mich relativ kurz zu sein. Wir hatten bereits im März einen Antrag gestellt als SPD-Fraktion, um uns über die Situation und Entwicklung im Bereich der Suchtund Drogenhilfe in Thüringen berichten zu lassen. Es wurde damals auf den Bericht, der uns jetzt vorliegt, verwiesen und ich darf mich an dieser Stelle auch ganz herzlich für den Bericht bedanken. Wenngleich er natürlich
auch, was die Zahlen angeht, und das ist eben auch schon von Vorrednerin Frau Wolf gesagt worden, dass die Zahlen natürlich oftmals nicht deutlich die Situation widerspiegeln bzw. auch die Entwicklung innerhalb der letzten Jahre. Es ist natürlich ein großes Problem, was das Rauchen bei Jugendlichen angeht, auch dieses ist angesprochen worden und dass immer mehr Jugendliche immer früher mit dem Rauchen beginnen. Ähnlich ist es auch, was den Drogen- und Tablettenmissbrauch angeht, auch hier ist es so, dass junge Menschen vermehrt unter kriminellen, das heißt unter Beschaffungsdelikten, früher und auch mehr damit unter Kriminalitätsaspekt fallen. Ich glaube, das ist hier in diesem Bericht deutlich wiedergegeben worden.
Was ein absoluter Schwerpunkt aus meiner Sicht in dem Bericht ist, das ist die schulische Suchtprävention und auch das, was unter dem Kapitel des Thüringer Kultusministeriums, was den dortigen Zuständigkeitsbereich angeht, geschrieben worden ist. Hier steht sehr deutlich drin, dass Suchtprävention in den Thüringer Schulen darauf gerichtet ist, durch Bildung und Erziehung im gesamtgesellschaftlichen Kontext Kinder und Jugendliche zu einem Leben ohne Drogen zu befähigen. Hier sei mir der Punkt gestattet, dass auch in dem Bereich der Lehrerfortbildung, ich will nicht behaupten, dass nichts gemacht wird, aber dass natürlich insbesondere die Lehrer weiter geschult werden müssen, fortgebildet werden müssen, um zu erkennen, wann ein Kind, ein Jugendlicher von Tabletten oder von anderen Drogen abhängig ist, dass dies durchaus auch mit persönlichen Problemen und mit dem persönlichen Umfeld zu tun hat, und was zu tun ist. Ansonsten möchte ich in Anbetracht der Zeit, wie ich es am Anfang gesagt habe, eingehen auf unseren Entschließungsantrag, der nicht bedeuten soll, dass der CDU-Antrag von uns in Gänze abgelehnt wird, sondern dass wir an einigen Punkten sehr unterschiedliche Bewertungen haben. Lassen Sie mich ganz kurz auf die einzelnen Punkte eingehen. Unter 1. haben wir gesagt, dass wir für Selbsthilfegruppen in ihrer Arbeit - und im Übrigen sei an dieser Stelle auch noch mal den Selbsthilfegruppen auch gedankt, weil dieses ein ganz wichtiger Aspekt ist in dem Bereich der Begleitung von Drogen- und Suchtabhängigen, zur Bewältigung von Drogenmissbrauch und Drogenabhängigkeit durch die Förderung einer arbeitsfähigen Koordinierungsstelle zu unterstützen. Dieses ist uns ein ganz wichtiges Anliegen, weil es diese Koordinierungsstelle bereits einmal gegeben hat, aber Mangels Finanzen steht sie nicht mehr zur Verfügung. Wir haben dies deshalb in unserem Antrag festgehalten. Unter Punkt 2, was die Maßnahmen zur Prävention beim Tabakkonsum bei Kindern und Jugendlichen angeht, haben wir eine Unterschiedlichkeit hinsichtlich dessen, was die CDU in ihrem Entschließungsantrag geschrieben hat. Wir gehen davon aus, dass allein mit Verboten das Problem nicht gelöst ist, sondern möglicherweise die Raucherecke dann verlagert wird, das heißt, vom Schulgelände nach außerhalb des Schulgeländes. Deswegen ist es uns wichtig, hier die Aufklärung, die Prävention in den Mittelpunkt zu stellen, die Schule in Zusammenarbeit zwischen Lehrern, Schülern und Eltern Entscheidungen treffen zu lassen, was
die rauchfreie Schule und den rauchfreien Schulort angeht. Ich glaube, dann wird es ernster genommen, als wenn nur mit Verboten agiert wird. Insofern hätte mich einmal interessiert, wie denn die CDU das meint, wenn sie sagt, ein generelles Rauchverbot ist durchzusetzen: Ist das eine gesetzliche Grundlage oder wie haben Sie gedacht, dieses machen zu wollen? Wir haben unter Punkt 3 die frühzeitige Elternberatung noch einmal mit eingebunden. Wir haben unter Punkt 4, und das ist ein ähnlicher Punkt wie ihn auch die CDU in ihrem Antrag erwähnt hat, die Vorbildwirkung angesprochen, was Kinder und Jugendliche angeht, und was den Bereich angeht, rauchfreier öffentlicher Raum. Ich sage das ausdrücklich, und habe es das letzte Mal schon gesagt, auch als jemand, der selber raucht - vielleicht auch gerade deshalb, nicht dass man mir das dann nachher noch einmal sagt, und auch die Einhaltung der Null-PromilleGrenze im Straßenverkehr. Genauso wollen wir auch die Zusammenarbeit mit der Landesärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung weiterentwickeln, was Prävention angeht. Die Maßnahmen, um den Missbrauch zu senken, was psychoaktive Substanzen angeht, denke ich, da sind wir uns an diesem Punkt einig oder es gibt eine gewisse Übereinstimmung. Unter Punkt 7 werden wir uns wieder streiten. Wenn man alles das will, was auch an kritischen Bemerkungen, an Zahlen und an schwierigen Situationen in dem Bericht festgehalten ist, und wenn man dann einen Entschließungsantrag formuliert, wie ihn die CDU formuliert hat, dann muss man natürlich auch die finanzielle Förderung für den Bereich der Sucht- und Drogenhilfe wieder herstellen, zumindest auf dem Niveau des Jahres 2002. Wir haben die Kürzungen in diesem Bereich immer kritisiert und wir hoffen, dass es hier noch einmal zu einem Umdenken kommt. Insofern würde ich mir herzlich wünschen, wenn wir uns dieses Themas, was den Suchtund Drogenbereich, das heißt, legale und auch illegale Drogen angeht, weiterdiskutieren können im zuständigen Ausschuss, nämlich im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit. Deshalb beantragen wir als SPD-Fraktion die Weiterberatung im Ausschuss und die Überweisung der beiden Anträge ebenfalls an den Ausschuss. Ich glaube, bei den Übereinstimmungspunkten müsste es möglich sein, hier einen Konsens zu finden. Mich würde das jedenfalls freuen, weil ein solches Thema zu wichtig ist, als dass es sich unter parteipolitischen Aspekten eignet, um Wahlkampf zu machen oder das Thema zu zerreden. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, Frau Kollegin Pelke, ich kann und möchte es mir nicht so einfach machen und auch nicht so schnell abhandeln. Ich
glaube, das Thema ist so wichtig, dass wir uns auch zu fortgeschrittener Zeit wie heute öffentlich damit ausführlich auseinander setzen können.
Deswegen bin ich sehr wohl dafür, dass wir das hier im Landtag tun, unter allen Abgeordneten, unter den Abgeordneten, die hoffentlich, wie Sie es gerade bemerkt haben, den Bericht gelesen haben und die vielleicht deswegen ein Stück weit verstehen, über was wir hier miteinander diskutieren können.
Wir haben die Fragen der Suchtprävention und der Drogenhilfe hier im Thüringer Landtag innerhalb von einem Jahr zum dritten Mal auf der Tagesordnung. Wenn Sie sich den vorliegenden Bericht der Landesregierung anschauen, dann werden Sie feststellen, dass die Notwendigkeit dazu besteht, denn die Zahlen, die sich uns aus diesem Bericht erschließen, zeigen durchaus, dass sich die Situation auch im letzten Jahr weiter verschlechtert hat. Für die CDUFraktion kann ich sagen, wir wollen zugleich mit dem Ihnen heute vorgelegten Entschließungsantrag die Weiterentwicklung der Suchtprävention und Suchtkrankenhilfe anregen und im Ergebnis der letzten Diskussion zu dem Suchtpotenzial in Thüringen wenden wir uns mit unserem Antrag insbesondere den so genannten legalen Drogen, Tabak und Alkohol, sowie dem Medikamentenmissbrauch zu und drängen auch in diesem Bereich auf neue Initiativen und Maßnahmen. Das ist nach meiner Auffassung konsequent und begegnet dem unterschwelligen Vorwurf, dass die Drogenbekämpfungspolitik sich in der Vergangenheit immer nur auf illegale Drogen beschränkt hat und sich niemand an die so genannten legalen Suchtmittel wie Alkohol und Tabak herantrauen würde.
Die CDU-Fraktion geht dieses Thema an und wir haben gute Gründe dafür. Ich habe gesagt, der Tabak ist unbestritten die Volksdroge Nummer 1 in Deutschland. Der Bericht der Landesregierung belegt dies erneut. Jeder weiß es und doch begnügte man sich bis jetzt mit plakativen Appellen, Aufdrucken auf Zigarettenpackungen und Aufklärungsaktionen. Werbeverbote aber und die gesellschaftliche Stigmatisierung des Rauchens oder rechtliche Einschränkungen gestalten sich hingegen in Deutschland außerordentlich schwierig.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Kernaussagen des Berichts sind unter anderem, dass das durchschnittliche Einstiegsalter für den Zigarettenkonsum bundesweit bei 13,7 Jahren liegt und in den jungen Bundesländern, also auch in Thüringen, bei nunmehr sogar schon 13,2 Jahren. Bis zum 18. Lebensjahr raucht fast die Hälfte aller Jugendlichen, Frau Kollegin Wolf hat darauf hingewiesen. Anfang der 90er-Jahre war bei den 12- bis 15-Jährigen, das ist die Gruppe Kinder, die sich noch unter dem Schutz des Jugendschutzgesetzes befinden, die Raucherquote schon bei 9 Prozent. Das sind zum jetzigen Zeitpunkt schon
18 Prozent. Diese Verdoppelung macht ja die Dramatik der Zahlen der letzten Jahre sehr deutlich. Noch etwas Erschreckendes - auch da hat, glaube ich, Frau Kollegin Wolf schon darauf hingewiesen: Junge Mädchen beginnen früher und häufiger als in der Vergangenheit mit dem Rauchen. Sie haben inzwischen ihre Alterskollegen, die Jungen, schon überholt und jeder weiß, zu was für einer Zunahme an Herz- und Krebserkrankungen dies bei jungen Frauen geführt hat. Darüber hinausgehende gesundheitliche Folgen sind auch uns hier im Landtag hinlänglich bekannt. Wir haben bei der Diskussion der Großen Anfrage zur Gesundheitspolitik darauf schon Bezug genommen. Jeder zweite chronische Raucher stirbt letztlich an den Folgen des Nikotinkonsums. Ich glaube, das ist auch etwas, auf was man nicht oft genug hinweisen kann. Es hat alles ein Stück weit Ursachen. Wir müssen in Deutschland konstatieren, dass wir einen extrem hohen Anteil an öffentlich zugänglichen Zigarettenautomaten haben. In Europa, vielleicht einmal als Vergleich die Zahl, gibt es 1,1 Mio. Zigarettenautomaten, davon über 70 Prozent in Deutschland. Diese Zigarettenautomaten, die wir in Deutschland haben, darauf verweist auch das statistische Jahrbuch Sucht, sind zu 98 Prozent öffentlich zugänglich. Es sind immerhin 429.000 Automaten in Deutschland. Dies dokumentiert, dass hier gerade auch Kinder und Jugendliche einen relativ ungehinderten Zugang zu Zigaretten haben. Das ist ein Stück weit natürlich für mich auch Ausdruck der erschreckend hohen Akzeptanz von Zigaretten. Da verwundern eigentlich, Frau Wolf, weil Sie danach fragten, die steigenden Zahlen jugendlicher Raucher kaum noch. Wir haben glücklicherweise für die Zigarettenautomaten nun verbindlich vereinbarte Übergangsfristen zur Umrüstung auf den Chipkartenbetrieb. Das geht sehr langsam, für mich viel zu langsam. Aber wir begrüßen es, dass endlich in diesem Bereich etwas geschieht. Ich könnte mir auch vorstellen, dass es schneller und weiter gehen wird.
Ich komme aber, sehr geehrte Damen und Herren, gern zu dem Punkt, der in den letzten paar Tagen für die meisten Emotionen bei der Diskussion gesorgt hat. Raucherecken und Raucherzimmer, die gibt es in vielen Schulen, leider in viel zu vielen Schulen in Thüringen und auch in manchen Lehrerzimmern könnte sicherlich mehr Rücksicht auf nicht rauchende Kolleginnen und Kollegen genommen werden. Man kann diesen Umstand beklagen, aber wir, werte Kolleginnen und Kollegen, von der CDU-Fraktion sind der Auffassung, man muss endlich in diesem Bereich handeln und auch etwas unternehmen. Das Jugendschutzgesetz, was die Rahmenbedingungen für den Schutz von Kindern und Jugendlichen setzt, sagt eigentlich ganz klar dazu aus, dass sowohl der Jugendschutz in der Öffentlichkeit definiert ist, als auch auf die Durchsetzung gedrungen wird. Sie finden in § 9 des Jugendschutzgesetzes ganz klare Aussagen zum Verzehr und zum Ausschank alkoholischer Getränke in Bezug auf Jugendliche und Sie finden in § 10 auch klare Aussagen für Zigaretten und insbesondere zum Rauchen in der Öffentlichkeit. Das finden Sie im Jugendschutzgesetz und das ist eigentlich der Anhaltspunkt für uns zu sagen, wir wollen dieses Rauchen in der Öffentlichkeit tatsächlich
Es ist unbestritten so, von Raucherecken und Raucherzimmern an Schulen geht eine negative Vorbildwirkung aus. Man meint, man sei in, wenn man dort raucht, man fühlt sich als Schüler dem Erwachsensein näher und in Schulen von 500 bis 800 Schülern - verhehle ich nicht wird es relativ schwierig sein, für die Pausenaufsicht das Alter und die Zugangsberechtigung zu kontrollieren. Wir wollen daher, und das machen wir mit unserem Antrag deutlich, neben verstärkten Präventionsbemühungen - das steht nämlich da drin - auch ein generelles Rauchverbot an Grund-, Regelschulen, Gymnasien und Förderschulen durchsetzen. Ja, es stimmt, Frau Pelke, was Sie gesagt haben und was auch der Staatssekretär im Bundesbildungsministerium gesagt hat, Schüler suchen sich Schlupflöcher, und das größte Schlupfloch ist in der Tat das Schultor, wo ältere Schüler dann das Schulgelände verlassen und außerhalb der Schule rauchen. Aber für mich ist, und das sage ich auch sehr deutlich, wesentlich dominierender das Argument, dass wir mit einem Rauchverbot auf dem Schulgelände den Schülern den Zugang zur Zigarette ein Stück weit erschweren und dass wir - das hatte ich vorher angefügt das Rauchen in der Öffentlichkeit gesellschaftlich ächten. Darauf kommt es mir mit dieser Formulierung an.
Die Diskussion, und das ist auch jedem klar, darf nicht bei Schulen verweilen. Jugendeinrichtungen, für Kinder und Jugendliche zugängliche Plätze, auch diese Plätze müssen ebenfalls in den Blick genommen werden und ich sage Ihnen ganz ehrlich, es wird allerhöchste Zeit, dass wir erste Forderungen in diesem Bereich umsetzen. Da wissen wir uns sogar in Übereinstimmung mit der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, der SPD-Drogenbeauftragten der Bundesregierung, die ganz klar nämlich dies fordert, das Rauchen an öffentlich zugänglichen Plätzen, Krankenhäusern, Schulen, Jugendeinrichtungen schlichtweg zu unterbinden und zu verbieten.
Ich bin durchaus dem Parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion, Herrn Pidde, dankbar, dass er sich persönlich am Wochenende sehr deutlich dazu bekannt hat und gesagt hat, er hält dies für einen richtigen Vorstoß. Ich bin durchaus der Auffassung, wir können über den Weg, wie wir ein Rauchverbot an Schulen hinbekommen wollen, ja miteinander diskutieren und wir werden sicherlich auch einen gemeinsamen Weg finden. Heute geht es aber hier zuallererst darum, dass wir eine klare Positionierung der Landespolitik dazu finden und dass wir natürlich einen Handlungsauftrag formulieren. Ich bedaure es, Herr Kollege Pidde, dass offensichtlich Sie sich da ein Stück weit für Ihre Fraktion zu weit nach vorn gewagt haben, denn der Antrag, so wie wir ihn heute von Ihrer Fraktion vorliegen haben, relativiert das ja sehr stark, was Sie zumindest am Wochenende öffentlich kundgetan haben.
Ein Wort auch noch zur Position von den Kollegen der PDS. Ich war etwas überrascht, dass von der PDS-Fraktion
sofort das Signal kam, Rauchen an Schulen - das geht am Ziel vorbei, das ist nicht zielführend. Ich bin deswegen überrascht, weil eigentlich Ihre Kollegin Sojka als Lehrerin ja durchaus wissen müsste, wie sich das an Schulen darstellt,
welche negative Vorbildwirkung von den Raucherecken ausgeht, ich hatte es beschrieben, und wie es so ist mit den so genannten coolen Typen, die in den Raucherecken zusammenstehen und wo nicht nur die jungen Mädchen dann gern begeistert auch mit dabeistehen und zu den Großen mit dazugehören wollen. Es überrascht mich etwas, es überrascht mich ähnlich wie die nicht besonders stringente Drogenpolitik, die die PDS uns immer wieder empfiehlt. Wir haben es eben auch gerade wieder von der Frau Kollegin Wolf gehört, es mag ja sein, dass Schulpsychologen, dass Sozialarbeiter an Schulen so ziemlich für jedes Defizit herhalten sollen. Sie fordern das ja auch seit Monaten unverdrossen und meinen, dass man damit allein Probleme lösen könnte. Ich sage Ihnen, das wird so nicht gehen, es wird natürlich auch nur über Präventionsbemühungen insgesamt in unserer Gesellschaft funktionieren. Da nützt es auch gar nichts, wenn man den Lehrern die Aufklärungskompetenz abspricht. Wir müssen darüber diskutieren, wenn es denn so sein sollte, wie man Lehrer in ihrem eigenen Interesse und im Interesse ihrer Schüler fiter machen kann auf diesem Gebiet und wie sie sich mit Schülern auseinander setzen können.
Ein weiterer Punkt ist die Teillegalisierung oder Legalisierung von weichen Drogen - da werden wir nicht zueinander finden. Das ist ein Thema, was wir hier im Landtag hinlänglich diskutiert haben, ich werde nachher bei dem Antrag der SPD-Fraktion noch mit einigen Sätzen darauf eingehen.
Sehr geehrte Damen und Herren, Alkohol folgt in dem Bericht der Landesregierung an zweiter Stelle und die uns vorliegenden Zahlen sind in diesem Bereich nicht minder erschreckend. Rund 280.000 der 18- bis 69-jährigen Thüringer haben einen riskanten Alkoholkonsum und von ihnen sind laut diesem Bericht 52.000 alkoholabhängig. Trotz eindeutiger Aussagen dazu im Jugendschutzgesetz - ich habe es eben gerade angeführt - trinken rund 30 Prozent der Jugendlichen regelmäßig, das heißt also mindestens einmal wöchentlich. Wir müssen sogar konstatieren, dass nach aktuellen Zahlen 14 Prozent der 12- bis 14-jährigen Jugendlichen mehr als 120 g Alkohol pro Woche zu sich nehmen. Das sind erschreckende, dramatische Zahlen für meine Begriffe. Da müssen wir konsequenterweise, und das tun wir mit unserem Entschließungsantrag im zweiten Punkt, auch ansetzen.