Protokoll der Sitzung vom 11.12.2003

Sie setzt dabei auf die faktische Macht des Geldes. Aber auf diesen Leim, meine Damen und Herren, gehen wir ihr nicht. Wir werden die föderalen Strukturen mit Zähnen und Klauen verteidigen.

(Beifall bei der CDU)

Denn Föderalismus ist ein Stück unserer deutschen Identität, und Sie lachen, meine Damen und Herren von der SPD, ich weiß nicht warum.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Mein Gott, wie kann man so etwas...)

Ich habe immer das Gefühl, diese Bundesregierung will eigentlich einen zentralistischen Staat. Aber das wird es mit uns nicht geben, auch nicht durch die Schultür.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: So ein Quatsch.)

Fazit: Wir nehmen das Geld, wir machen etwas Vernünftiges damit, wir haben nämlich auch einen Anspruch darauf, käme es endlich zu einer gerechten und aufgabenbezogenen Verteilung der Mittel zwischen Bund, Ländern und Gemeinden,

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Blödsinn!)

wären wir nicht auf die Brosamen eines Programms mit dem hochtrabenden Namen "Zukunft Bildung und Betreuung" angewiesen. Wir nehmen das Geld, aber Dankbarkeit, meine Damen und Herren, kommt dabei nicht auf.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt hat das Wort der Abgeordnete Döring, SPD-Fraktion.

Herr Kollege Goebel, dass Ihnen das nicht in den Kram passt, das ist mir schon klar. Aber Sie müssen damit leben.

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Goebel, CDU: Ja. Gerne.)

Ich habe ja viel Verständnis, was den Kollegen Emde betrifft,

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Doch, das passt...)

aber 4 Mrd.   4"#3  und gleichzeitig ein Programm zu feiern, was mit 3,2 Millionen datiert ist, das ist wirklich ein Wunder, was Sie hier vorlegen.

(Beifall bei der SPD)

Ich denke, wenn man sich wirklich mal genau anschaut wie viel Geld für die Thüringer Schule übrig bleibt, für jede Schule möglicherweise, das sind immerhin 126.000  pro

Schule, die sozusagen anspruchsberechtigt wären. Und da könnte man sehr wohl in Richtung Auf- und Ausbau ganztägiger schulischer Angebote sehr viel bewerkstelligen. Aber ich sage bewusst, man könnte. Denn es sieht so aus, als wollte die Landesregierung das Innovationspotenzial des Ganztagsschulprogramms nicht wirklich nutzen. Minister Krapp hat das hier noch einmal deutlich gemacht. Wir haben uns ja vor rund acht Monaten schon einmal in einer Aktuellen Stunde mit der Thematik befasst. Ich habe damals gefordert, dass wirklich die Schulen dabei engagiert zu begleiten sind. Dies bedeutet einerseits die nötigen personellen Rahmenbedingungen zu schaffen und andererseits ein professionelles Beratungs- und Unterstützungsnetzwerk wirklich ins Leben zu rufen. Passiert ist seitdem weder das eine noch andere. Weder stehen den Thüringer Schulen, die sich am Bundesprogramm beteiligen wollen, mehr Lehrerwochenstunden und zusätzliche pädagogische Fachkräfte zur Verfügung noch existieren zentrale Informationsbörsen oder Diskussionsforen und von Ganztagschulfachberatern und Ähnlichem habe ich auch noch nichts gehört. Es wird ja gebetsmühlenartig auch das haben wir heute wieder erfahren - darauf verwiesen, dass die Schulen ihren personellen Mehrbedarf über das Landesprogramm zur Schuljugendarbeit abdecken können. Dieses Argument, meine Damen und Herren, trägt nicht. Zum einen stehen den antragsberechtigten Schulen aus diesem Programm jährlich im Schnitt rund 8.000  Verfügung und zum anderen können sie mit den Landesmitteln lediglich Honorarkräfte befristet beschäftigen, nicht aber pädagogisches Fachpersonal einstellen.

Meine Damen und Herren, ein Blick über den bildungspolitischen Gartenzaun zeigt uns, dass man mit der Personalfrage auch anders umgehen kann, wenn man einen wirklich flächendeckenden Auf- und Ausbau ganztägiger schulischer Angebote wirklich will. In Rheinland-Pfalz etwa stellt die Landesregierung den Schulen ohne Wenn und Aber das nötige Plus an Pädagogen zur Verfügung. Durch diese spezielle Personalzuweisung gibt das Land den Schulen die Sicherheit, ihr Konzept mit einem hohen Qualitätsanspruch umzusetzen. Derart halbherzige Personallösungen, wie sie bei uns mit dem Landesprogramm praktiziert werden, stehen dort überhaupt nicht zur Debatte.

Aber auch in anderer Hinsicht lässt sich von RheinlandPfalz lernen. Schulen mit Ganztagsangeboten erhalten systematische Unterstützung durch pädagogische Serviceeinrichtungen, aber auch durch wissenschaftliche Begleitung. Meine Kritik an die Landesregierung bezieht sich aber nicht allein auf die Personalunterstützungsproblematik. Ein weiterer Schwachpunkt - und darauf hat auch schon Kollegin Stangner hingewiesen - liegt in der praktizierten Aufteilung der 114 Mio. " 4gramm nach Schülerzahlen und Gebietsfläche der Schulträger. Kleinere Schulträger laufen durch diese Vorgehensweise Gefahr, ihre Projekte bei einer weit höheren Eigenbeteiligung als sie anfangs seitens des Kultusministeriums verlautbarten 10 Prozent realisieren zu können. Und das ist kleineren Schulträgern angesichts der kommunalen Finanzsituation

oftmals nur mit größter Mühe möglich, mitunter auch gar nicht. Zudem führt das Kultusministerium so das Ganztagsprogramm ad absurdum, denn die Mittelausschüttung orientiert sich nicht primär, und das haben wir heute wieder erfahren, an der Qualität der eingereichten pädagogischen Konzepte, sondern an Kopf- und Flächenzahlen, also rein quantitative Kriterien. Ob der Schulträger wirklich etwas pädagogisch Sinnvolles will oder nur sein Schulgebäude sanieren, findet dabei kaum Berücksichtigung. Eigentlich haben wir heute erfahren, Herr Minister Krapp, dass Sie Ganztagsangebote überhaupt gar nicht wirklich mit ehrlichem Herzen wollen. Der Thüringer Gemeinde- und Städtebund hat Anfang November in einem Schreiben an das Kultusministerium den Modus der Mittelausreichung ja völlig zu Recht als nicht nachvollziehbar kritisiert.

Meine Damen und Herren, ein weiterer Blick über den bildungspolitischen Gartenzaun lehrt, dass eine derart mechanistische und sinnwidrige Förderpraxis in keinem anderen Bundesland existiert. Bloß Hessen arbeitet ebenfalls mit der Mitteltranchierung. Diese erstreckt sich aber lediglich über 75 Prozent der Gesamtmittel. Die restlichen 25 Prozent gehen dort in einen Sondertopf, mit dessen Hilfe Benachteiligungen kleinerer Schulträger ausgeräumt werden sollen. Wenn also schon Tranchierung, dann wenigstens mit Verstand.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss zusammenfassen: Die bisherige Umsetzung des 4-Milliarden-Ganztagsschulprogramms in Thüringen befriedigt uns ganz und gar nicht. Der Landesregierung fehlt offenbar der Wille die bildungspolitischen Entwicklungspotenziale dieses Programms wirklich zu nutzen.

Herr Abgeordneter Döring, Sie sehen Ihre Uhr. Bitte kommen Sie zum Schluss.

Zu Lasten unserer Schulen, der Schüler, Lehrer und Eltern, meine Damen und Herren, sind wir dabei in Thüringen Bildungspolitik zu verschlafen, aber das ist ja leider nichts Neues.

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Emde, CDUFraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist schön, dass ich Herrn Döring ein paar Dinge entgegnen kann. Herr Döring, Schulen die Ganztagsangebote machen und damit Ganztagsschulen sind, gibt es in

Thüringen schon lange und das ist nichts Neues. Das wissen Sie auch ganz genau.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Ach was?!)

(Beifall bei der CDU)

Wir haben Förderschulen, die unterrichten ganztags. Wir haben den Hort, das gibt es nirgendwo in ganz Deutschland. Wir haben an allen Regelschulen schon immer AGTätigkeit gehabt und 20 Prozent der Stundenzuweisungen sind Möglichkeiten zur Abminderung. Das schließt eben AGs und damit Nachmittagstätigkeit und nachunterrichtliches Tätigwerden mit ein. Wir haben auch an den Gymnasien diese Stundenzuweisungen. Unsere Gymnasien, das wissen Sie auch, unterrichten ja mindestens in den oberen Klassen auch ganztags. Also das ist doch überhaupt gar nichts Neues. Unsere Schulgesetzgebung und Schulordnung gibt das schon lange her und unterstützt solche Formen der Unterrichtsgestaltung. Es ist also eine böse Mähr, wenn hier behauptet wird, wir wollten das im Herzen überhaupt gar nicht.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Natürlich, das hat doch die Diskussion deutlich gemacht.)

Wir haben es immer möglich gemacht und es gibt seit Jahren an jedem staatlichen Schulamt in Thüringen unterstützende Berater für Schulentwicklung. Das schließt eben auch Ganztagsschule und Ganztagsbetreuung mit ein. Also erzählen Sie nicht so ein Zeug, dass die CDU hier irgendetwas nicht will, was nur Sie als moderne fortschrittliche Partei wollen. Das ist völliger Unsinn.

(Beifall bei der CDU)

Ich sage Ihnen auch noch einmal etwas zu den Rahmenbedingungen, um nur einmal eine Zahl zu nennen. Das ist ja so Ihr Schlagwort, Rahmenbedingungen. Die Ausgaben pro Schüler in Thüringen an allgemein bildenden Schulen liegen bei 4.900  "  0 5'' Hoffentlich haben die alten Länder weggehört. Wir lassen uns gute Bildung etwas kosten. Herr Döring, noch etwas, Schule wird nicht dadurch besser, dass man sie einfach über den ganzen Tag zieht. Das wissen Sie auch.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Das ist doch nicht die Frage. Das hat doch keiner gesagt.)

Da sind wir uns eigentlich sogar einig. Es kommt auf die Qualität an.

Jetzt sage ich einmal etwas zu dieser Art und Weise, wie dieses Bundesprogramm versucht, bei uns hineinzuregieren. Herr Göbel hat es schon gesagt, na klar, wir nehmen das Geld, das ist gar keine Frage. Aber ich sage, es ist eine riesengroße Sauerei dieser Bundesregierung mit ih

rer katastrophalen Finanz- und Steuerpolitik,

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Mein Gott, das geht doch nicht.)

dass sie nämlich die Länder und Kommunen in den Ruin treibt.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Das geht doch nicht, verdammt noch einmal.)

Zu den Zahlen - Herr Döring, hören Sie sich die Zahlen an -: Thüringen bekommt 114 Mio.   %   Investitionen an Schulen. Was nimmt man uns? Wir haben in diesem Doppelhaushalt 1 Mrd.  mindereinnahmen. Das ist das Neunfache.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Das ist aus dem Bundeshaushalt gekommen.)

Dann lasst uns dieses Geld bitte im eigenen Säckel. Da brauchen wir keine Brotkrumen vom Bund, um an unseren Schulen etwas zu machen.

(Beifall bei der CDU)

Das haben wir auch in den letzten Jahren bewiesen.

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Dann müssen wir das Merz-Konzept durchsetzen. Damit wären die Steuern noch viel geringer.)

Noch ein Wort zu den vollmundigen Ankündigungen der SPD-Regierung, die ja ein Jahr lang nur angekündigt hat, bevor sie einmal gehandelt hat. 1.000 Schulen sollten saniert oder neu gebaut werden. Aber was ist denn daraus geworden? Hierzulande will die SPD jetzt, dass wir das Geld nur noch an einigen Punkten einsetzen, damit sie schöne neue Tempel errichten können.