Wird Begründung durch den Einreicher gewünscht? Wird nicht gewünscht. Dann kommen wir unmittelbar zur Aussprache. Als Erster hat das Wort der Abgeordnete Wetzel, CDU-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Kollegen Abgeordneten, werte Gäste, in der Drucksache 3/3807 vom 02.12. dieses Jahres liegt uns ein Antrag der PDS-Fraktion vor zum Thema "Länderkooperation Sachsen, SachsenAnhalt und Thüringen".
Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat in ihrem 17-Punkte-Katalog bereits in den verschiedensten Bereichen eine enge Kooperation eingeleitet. Dies wurde anlässlich des Treffens der Ministerpräsidenten am 25. Oktober dieses Jahres in Merseburg sehr deutlich. Deshalb verstehe ich den letzten Satz der Begründung der PDS nicht, ich kann das auch nicht nachvollziehen, denn hier steht: "... scheint dieser Prozess vor dem Aus zu stehen." Hier hätte nur noch das Ausrufezeichen gefehlt. Ich frage die PDS, ob sie etwa hellseherische Fähigkeiten hat - wenn ja, sollten Sie nicht in die Politik gehen, sondern Ihr Geld leichter verdienen.
Meine Damen und Herren, eine Vielzahl von Projekten ist mittlerweile vorbereitet und abschlussreif, wird weiter betrachtet und auch weiter verfolgt.
Es geht hier speziell um Sicherheitspartnerschaften, speziell auch im Justizbereich, Strafvollzug wie letztendlich auch um langfristige Projekte wie E-Government oder Big-up-Center, um nur einiges zu nennen. Auch die Thematik des Grundbuches liegt hier mit zugrunde. Ich denke, dass auch in anderen Bereichen, wie z.B. in der präventiven Polizeiarbeit, sicherlich weitere länderübergreifende Tätigkeiten angegangen werden durch die drei mitteldeutschen Länder.
Meine Damen und Herren, was wir tun werden als Landesregierung und als Freistaat Thüringen, wir werden ein sinnvolles, kontinuierliches Weiterverfolgen dieser Gedanken und Ideen mit betreiben. Aber was nicht mit uns sein wird, dass wir unseriöse Politik machen, unseriöse Arbeit machen, dass vielleicht à la DDR blinder Aktionismus uns irgendwo an eine Seite drängt, die dem Frei
staat Thüringen, vielleicht auch allen drei Ländern Mitteldeutschlands letztendlich schadet. Dies wird mit uns nicht zu machen sein. Aus diesem Grunde verstehe ich Ihren Antrag wirklich nicht und wir werden diesen Antrag auch ablehnen, meine Damen und Herren. Ich darf der Landesregierung und auch dem Freistaat Thüringen bei der weiteren phantasievollen Zusammenführung von bestimmten Dingen, die letztendlich vielleicht auch eine Einsparung, Effizienz bedeuten würden, auch wirtschaftliches Wachstum, wirtschaftliche Effizienz bedeuten würden, wünschen, auf diesem Weg weiterzuschreiten, denn was wir brauchen, ist sicherlich auch in den drei mitteldeutschen Ländern ein gewisses Leuchtturmdenken. Und dieses Leuchtturmdenken, denke ich, geht von Halle, Leipzig, Chemnitz, Erfurt durchaus aus und das wird sicherlich auch verfolgt werden. Ich bin mir sicher, dass, wenn man auch mit ein bisschen Phantasie an diese Wirtschaftspolitik und an diese Landespolitik denkt, man dabei Großräume wie RheinMain und Rhein-Neckar als Beispiel im Auge haben darf, wenn wir unser Gebiet mit Erfolg entwickeln wollen. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, auch aus Sicht der SPD-Fraktion erschöpft sich die "Initiative Mitteldeutschland" bislang in vollmundigen Ankündigungen der Landesregierung, in schönen Pressefotos, in denen sich drei Ministerpräsidenten zusammenscharen,
Bei dem ersten Treffen zur "Initiative Mitteldeutschland" ist eine Agenda verabschiedet worden, die einen ganzen Katalog von Punkten umfasst: Verwaltungskooperation, Kooperation im Bereich der Justiz, im Bereich der Statistischen Landesämter, Zusammenarbeit im Bereich von Wirtschafts- und Infrastrukturentwicklung. Bei dem nächsten Treffen ist man so Schritt für Schritt von all dem wieder abgerückt bis hin zu Aussagen, z.B. aus der sächsischen Staatskanzlei, dass es ja doch große mentale Unterschiede gäbe, die die Zusammenarbeit behindern. Ich weiß nicht, wo diese großen mentalen Unterschiede sein sollen.
Mag sein. Jedenfalls liegt bislang nichts Konkretes vor und das hat die SPD-Fraktion auch dazu veranlasst, in Zusammenarbeit mit den SPD-Fraktionen der beiden anderen Bundesländer Sachsen-Anhalt und Sachsen sich mit einer Großen Anfrage an die Landesregierung zu wenden, wo wir genau die Punkte, die hier im PDS-Antrag stehen, auch hinterfragen und wo wir Antwort erwarten.
Meine Damen und Herren der PDS, deshalb - muss ich sagen - bin ich über Ihren Antrag doch etwas erstaunt und die Art und Weise der parlamentarischen Arbeit hier nach dem Motto: "Man nehme die Große Anfrage einer anderen Fraktion, greife sich die Schwerpunkte heraus, formuliere die dann zu einem Antrag um.", also da ist mir das Lied von den Prinzen eingefallen: "Es ist alles nur geklaut, es ist alles gar nicht meine."
Deswegen wollen wir auch heute hier nicht über Ihren Antrag abstimmen. Die SPD-Fraktion möchte, wenn Sie zustimmen, diesen Antrag an die Ausschüsse überweisen. Und wenn die Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage vorliegt, dann sollten wir dies gemeinsam beraten. Sie dürfen sicher sein, wenn die Antwort vorliegt, werden wir die sehr intensiv auch hier im Plenum beraten und dann wird die Landesregierung auch Farbe bekennen müssen, wie ernst sie es denn wirklich mit der Zusammenarbeit der Länderkooperation im Rahmen der "Initiative Mitteldeutschland" meint.
Meine Damen und Herren! Frau Doht, eines müssen Sie natürlich mal erklären, wenn Sie Ende November 2003 eine Große Anfrage stellen mit einer Beantwortungszeit von sechs Monaten, dann liegt die Antwort der Landesregierung Ende Mai 2004 vor, ungefähr zwei Wochen vor der Landtagswahl.
Oh, drei Monate, Entschuldigung, aber wir hatten auch eben eine Geschäftsordnungsunkenntnis. Aber ich glaube, Sie verkennen auch den Inhalt Ihrer eigenen Großen Anfrage, weil Sie sich bemühen, tatsächlich Licht in das Dunkel der Länderkooperation zu bringen, in den konkreten Regelungen, die tatsächlich jetzt noch auf dem Tisch liegen. Ich werde in meiner Rede darauf eingehen.
Was wir mit diesem Antrag wollen, ist, Grundsätze dieser Länderkooperation festlegen, die Herangehensweise festlegen, weil dies zwischen den drei Ministerpräsidenten selbst nicht verabredet worden ist, und wir wollen natürlich auch das Verhältnis der Landesregierung zu den Landesparlamenten selbst in diesem Antrag thematisieren. Und das ist ein Ausgangspunkt unseres Antrags.
Am 31. März dieses Jahres haben Herr Althaus, damals noch als Fraktionsvorsitzender der CDU-Fraktion, Herr Gentzel und auch der PDS-Fraktionsvorsitzende, Herr Ramelow, in Lübeck einer Erklärung der deutschen Landesparlamente zugestimmt, deren wesentlicher Bestandteil war, die Landesparlamente in ihrem Verhältnis zu den Landesregierungen zu stärken. Das war auch der Untertitel der einstimmig verabschiedeten Erklärung "Landesparlamente stärken". Zur Ausgestaltung dieser Forderung wurde im Bereich der Bundespolitik, aber auch im Bereich der Europapolitik festgelegt, dass die Landesregierungen verpflichtet werden sollen, rechtzeitig die Landesparlamente über beabsichtigte Schritte zu informieren, eine Stellungnahme einzuholen und diese Stellungnahme in Ihrem Regierungshandeln maßgeblich mit zu berücksichtigen.
Meine Damen und Herren, ich frage Sie: Ist dies denn im vorliegenden Fall geschehen? Ist dies geschehen, als am 29.08.2002 die Initiative ins Leben gerufen worden ist? Ist dies etwa geschehen, als Thüringen bereits die Verabredung zur Lösung einzelner Probleme blockierte und sich im Dezember 2002 Kabinettsbeschlüssen von Sachsen und Sachsen-Anhalt nicht angeschlossen hat? Ist dies etwa geschehen...
Herr Trautvetter, Sie können lachen, aber das ist die Auffassung des Leiters der Stabsstelle in Sachsen-Anhalt, der das in einem Artikel feststellen musste, der tatsächlich ausführt:
"Das Land Thüringen konnte sich diesem Begehren" - gemeint sind die verabredeten Beschlüsse in den Kabinetten "von Sachsen und Sachsen-Anhalt nicht anschließen und brachte damit die gesamte Arbeit, einschließlich der bereits vereinbarten Prüfung, zum vorläufigen Stillstand." So bewerten die an der Kooperation beteiligten Länder die Aktivitäten der Thüringer Landesregierung, Herr Trautvetter, und da würde ich nicht so leichtfertig darüber hinweggehen, wenn Sie die Mitteldeutschlandinitiative, wie Sie sie nennen, immer noch nach oben halten.
Aber, meine Damen und Herren, eine Beteiligung des Landesparlaments hat es auch dann nicht gegeben, als Herr Althaus noch in Lübeck als Fraktionsvorsitzender die Stärkung der Landesparlamente einforderte, als er in die Exekutivfunktion wechselte, auch dann hat er seinen Anspruch aus Lübeck nicht in die Tat umgesetzt, den Landtag maßgeblich mitzubeteiligen, als am 25. Oktober beim vorerst letzten Treffen in Merseburg die Kooperationspunkte der drei Länder zurückgeschrumpft worden sind, so dass man von einer tatsächlichen Kooperation zwischen den Ländern nicht mehr reden kann.
Nein, meine Damen und Herren, Regierungen, Ministerpräsidenten einer Partei verhandeln hier; die Parlamente haben keinen Einfluss, sie bekommen im günstigsten Fall nur eine Information, wenn sie die entsprechenden Nachfragen stellen. Aber die müssen sie auch stellen, von allein kommt die Landesregierung nicht auf die Idee, etwa das Parlament hier zu beteiligen. Und das, Herr Gentzel, das, Herr Pietzsch, steht auch im Widerspruch zu dem, was die Fraktionen auch mit Ihrer Zustimmung in Lübeck vereinbart haben.
Meine Damen und Herren, aber es geht in diesem Zusammenhang der Beteiligung der Landesparlamente nicht allein nur um die ureigensten Interessen des Landtags oder der Parlamentarier selbst, sondern die Beteiligung der Parlamente gewährleistet eben auch eine Beteiligung der Öffentlichkeit, wenn auch nur auf informationellem Wege, weil diese Auseinandersetzung hier im Parlament wesentlich öffentlicher geführt wird als beispielsweise die Treffen der Ministerpräsidenten der drei Länder. Diese informationelle Beteiligung der Öffentlichkeit ist eben auch unmittelbar eine Voraussetzung dafür, dass Bürgerinnen und Bürger mit den Mitteln der direkten Demokratie ihre Interessen später dann auch im eigentlichen Entscheidungsprozess zur Länderkooperation vertreten und wahrnehmen können.
Meine Damen und Herren, der zweite Ausgangspunkt unseres Antrags ist in der Tat unsere Feststellung, Herr Wetzel, dass die so genannte Initiative Mitteldeutschland noch nicht einmal ein Papiertiger mehr ist, sondern nur noch ein mit heißer Luft gefüllter Ballon.
Gestartet im August 2002, um "die drei Länder zu einer wettbewerbsstarken, sozial- und ökologisch fortschrittlichen Region in der Mitte Europas zu machen", passt die "Initiative Mitteldeutschland" jetzt auf zwei Seiten Papier. Ich kann Ihnen am Rande sagen, die Absichtserklärung, diese Initiative ins Leben zu rufen, umfasste allein vier Seiten, war demnach doppelt so stark. Das, was an konkreter Regelung übrig bleibt, passt auf zwei Seiten Papier. Ich will Ihnen auch gern sagen, Herr Wetzel, was auf diesen zwei Seiten Papier steht:
Es sind 21 konkrete Maßnahmen in der Tat dort aufgeführt, aber acht Projekte sind davon zurückgestellt bzw. als gestrichen vermerkt, beim neunten und zehnten Projekt macht der Freistaat Thüringen nicht mit, beim 11. und 12. klinkt sich Sachsen-Anhalt vollständig aus. Übrig bleiben der Verbund, nicht etwa die Zusammenlegung, der Verbund der Landesämter für Statistik, die Verabredung von Handlungsstrategien für das elektronische Grundbuch - Umsetzung geplant bis zum Jahr 2008 -, fünf Maßnahmen im Bereich des Justizvollzugs, und zwar in seiner internen Wirkung, Herr Wetzel, Abstimmung der E-GovernmentStrategien und last, but not least der konzeptionelle Abschluss der Kooperationsmöglichkeiten im Bereich der gemeinsamen Führungskräfte und Aufstiegsfortbildung. So, meine Damen und Herren, sieht nach einem Jahr Arbeit der Ministerpräsidenten die Länderkooperation, die "Initiative Mitteldeutschland" aus, um die drei Länder - ich zitiere noch mal - "zu einer wettbewerbsstarken, sozial und ökologisch fortschrittlichen Region in der Mitte Europas zu machen". Nehmen Sie es mir nicht übel, meine Damen und Herren der Landesregierung und der CDU-Fraktion, die anderen Wirtschafts- und Lebensräume Europas zittern schon angesichts dieser fortschrittlichen Entwicklung
in der Region hier. Ich glaube, die Wirtschaftsstandorte um Paris und London werden zukünftig tatsächlich mit den Augen angstvoll auch nach Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt schauen.