Unsere Glücksgefühle darüber halten sich wirklich in argen Grenzen. Nein, wir haben hier auch gerade in der Landespolitik vieles außerordentlich kritisch begleitet. Herr Wolf und Frau Dr. Fischer haben ja auch schon darauf hingewiesen, dass es in dieser Gesundheitsreform eine Reihe von Ungereimtheiten gibt und eine Reihe von Festlegungen, die nach meiner Überzeugung wieder an anderer Stelle zu Kostenzuwächsen führen werden. Aber etwas, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat mich doch außerordentlich betroffen gemacht und das ist die große Verunsicherung, die es bei den Patienten gegeben hat,
und zwar vor allen Dingen bei den Patienten, die chronisch krank sind, die schwer chronisch krank sind und die auch nicht so viel Geld haben. Ich glaube, diese Personengruppen waren am meisten betroffen, auch Heimbewohner beispielsweise. Ich bin froh, dass sich der Sozialminister, Herr Dr. Zeh, so intensiv um diese Personengruppen bereits frühzeitig gekümmert hat. Denn dadurch, dass der Bundesausschuss, der gemeinsame Ausschuss von Ärzten, Krankenkassen und jetzt auch mit Patientenvertretern, nicht zu Fache gekommen ist gerade bei der Definition, wer ist denn nun schwer wiegend chronisch krank, das war eines der größten Handicaps und ich
finde, so können wir in der Politik einfach nicht mehr weitermachen. Wir müssen aufhören, solche Notfalloperationen zu machen, und ich habe es an anderer Stelle schon mal gesagt, Notoperationen kann man nur in begrenztem Umfang durchführen, wenn man sie zu oft macht, dann ist eines Tages der Patient nicht mehr am Leben,
Ich wollte noch mal auf diese Chronikerregelung eingehen, also chronisch Kranke, die die Pflegestufe II oder III haben, haben Anspruch auf niedrigere Bemessungsgrenzen, wenn man einen Grad der Behinderung von mindestens 60 Prozent hat, wenn eine kontinuierliche medizinische Versorgung notwendig ist usw. usf. Das sind auch alles Dinge, die bürokratisch sehr aufwändig sein werden, die unsere Versorgungsämter beschäftigen werden. Ich bin der Auffassung, dass diese Dinge natürlich in Ordnung sind, weil sie den Personenkreis erweitern, aber sie tragen nicht unbedingt zur Klarheit bei, denn es wird gerade hier in diesen Punkten sehr viel Streit geben, und zwar Streit, der auf dem Rücken der Patienten und der Ärzte ausgetragen werden wird. Deswegen muss man hier sicherlich auch noch mal überlegen, ob diese Dinge überhaupt in der Art und Weise Bestand haben. Wenn jemand Krebs hat, wenn jemand an Nierenversagen leidet, also zur Dialyse muss, wenn jemand schwer gehbehindert ist usw. und nicht genau weiß, bekomme ich meine Fahrtkosten erstattet, denn nicht nur die Definition des Arztes ist ja wichtig, sondern auch, dass die Krankenkassen diesen Dingen zustimmen. Das alles trägt mit dazu bei, dass die Dinge eher komplizierter als einfacher werden. Ich denke mal, Vorschläge liegen ja auf dem Tisch für wirkliche strukturelle Reformen. Das ist es, was Deutschland braucht, meiner Auffassung nach, und ich halte den Vorschlag der CDU, den sie auf ihrem letzten Parteitag gefasst hat, für solidarisch, weil, wenn man dazu übergeht die Lohnkosten abzukoppeln von den Gesundheitskosten und damit Impulse setzt für den Arbeitsmarkt, das ist das eine, das halte ich für wichtig und dringend notwendig. Ich finde es auch in Ordnung, wenn der soziale Ausgleich über die Steuern erfolgt, denn da hat man eine ganz andere Bemessungsbasis und wichtig ist, dass diese Dinge ordentlich vorbereitet werden und in ihrer Durchführung durchdacht sind und zu Ende gedacht sind. Das sind die Aufgaben, die vor uns stehen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, um es vorweg zu sagen, dieses Gesetz war notwendig. Wir haben an dieser Stelle ja schon mehrfach darüber diskutiert und ich zitiere gern noch mal meine Frau Kollegin Arenhövel, die in diesem Zusammenhang gesagt hat: "Hätte dieses Gesetz nicht zu einem Kompromiss geführt werden können, dann wäre das Gesundheitssystem an die Wand gelaufen."
Meine Damen und Herren und Frau Kollegin Ellenberger, Sie hatten in einem Zwischenruf so etwas gesagt: "Wer hat denn das verursacht?" - mit Blick auf die CDU. Darf ich Sie noch mal erinnern, wie die Situation 1998 war?
Gut, dann nehme ich das zurück. Es hatte sich so angehört, als hätten Sie gesagt, wer hat denn das verursacht, dass das so ist. Dennoch will ich die Zahlen noch mal ins Gedächtnis rufen. Das ist ganz nützlich. 1998 hatten wir einen durchschnittlichen Krankenversicherungsbeitrag von 13,6 Prozent und wir hatten einen Überschuss von rund 500 Mio. 7 kassen. Zuletzt im Jahr 2003 lag der durchschnittliche Beitragssatz bei 14,5 Prozent und das Defizit betrug etwa 7 Mrd./8 Mrd. so genau ist das nicht bekannt gegeben worden.
Meine Damen und Herren, dieser Kredit von 1998 ist - und das muss man eindeutig sagen - von der derzeitigen Bundesregierung unter Kanzler Schröder leichtfertig verspielt worden. Es wurden der gesetzlichen Krankenversicherung finanzielle Mittel in erheblichem Umfang entzogen. Als Beispiel nenne ich die Reduzierung der damals geltenden Zuzahlung, die allein einen Einnahmeausfall von 500 Mio. /- 8 9 hat die damalige Gesundheitsministerin Fischer diese falsche Weichenstellung vollzogen.
Meine Damen und Herren, das vom Deutschen Bundestag in seiner Sitzung am 26. September 2003 beschlossene Gesetz war überfällig - ich sagte es bereits -, aber es ist ein Kompromiss. Und in einem Kompromiss ist es so, dass einem das eine weniger gefällt, das andere mehr gefällt, aber wir stehen zu dem Kompromiss. Ohne diese Reform hätte ein weiterer ungebremster Kostenanstieg in der gesetzlichen Krankenversicherung dazu geführt, dass in absehbarer Zeit die medizinische Versorgung unserer Bürgerinnen und Bürger nicht mehr gewährleistet gewesen wäre. Insofern gebe ich meiner Kollegin Arenhövel Recht, es war die Notbremse vor dem finanziellen Kollaps. Ich möchte an dieser Stelle hervorheben, dass das Land bei einigen wichtigen Entscheidungen mitgewirkt hat und insbesondere war uns wichtig, die familienfreundlichen Komponenten zu erhalten bzw. zu erreichen. So bleibt
zum Beispiel die beitragsfreie Familienversicherung für Kinder und nicht erwerbstätige Ehegatten in vollem Umfang bestehen. Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr bleiben grundsätzlich von Zuzahlungen befreit.
Aber auch die im Rahmen des Angleichs der Lebensverhältnisse in den neuen Ländern wichtige Angleichung der Arzthonorare, auch das ist eine wichtige Maßnahme, die wir aus Thüringer Sicht mit vorangebracht und begleitet haben.
Meine Damen und Herren, der drohende Ärztemangel, das ist ja keine Fata Morgana, sondern wir stehen davor, und hier ist eine der erheblichen Ursachen darin zu sehen, dass die unterschiedlichen Arzthonorare in Ost und West dazu führen, dass viele niedergelassene Ärzte sich eben Richtung Westen aufmachen.
Sehr geehrte Damen und Herren, es ist bedauerlich, dass die Bundesregierung erhebliche Fehler bei der Umsetzung der Reform gemacht hat. Frau Künast, ich muss Ihnen das noch einmal ausdrücklich sagen, es war absehbar, dass viele Fragen am 01.01.2004 nicht geklärt sind. Ich sage das so, das hätte von der Bundesebene gemacht werden können, es hätten alle Beteiligten rechtzeitig an einen Tisch geholt werden können, um die absehbaren Probleme rechtzeitig zu klären.
Deshalb habe ich, meine Kollegin Arenhövel hat darauf hingewiesen, am 18. Dezember alle Verantwortlichen der Stellen, die hier in Thüringen mit der Umsetzung des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes befasst sind, eingeladen. Dabei stellte sich als ein besonderer Schwerpunkt heraus, dass gerade die Problematik der Zuzahlung bei Sozialhilfeempfängern, die in Heimen untergebracht sind, äußerst problematisch war. Da der Gesetzgeber für diesen Personenkreis ausdrücklich keine Ausnahmen bei der Zuzahlung vorgesehen hat, haben wir darauf gedrängt, dass die Kassen eine unbürokratische Lösung mittragen müssen. Wir haben erreicht, dass es möglich ist, dass die Krankenkassen nach erfolgter Einmalzahlung der jährlichen Belastungsgrenze an die jeweiligen zuständigen Krankenkassen bereits mit Beginn des Jahres 2004 eine Befreiungsbescheinigung für diesen Personenkreis ausstellen werden.
Ein weiterer Schwerpunkt war die Übergangsregelung bei den Sehhilfen. Hier wurde bei der Frage, ob das Datum der Verordnung oder der Abgabetermin der Sehhilfen für die Gewährung eines Zuschusses maßgeblich ist, von Seiten der Krankenkassen angekündigt, dass die für die Versicherten günstigere Variante akzeptiert wird.
Meine Damen und Herren, es gäbe noch sehr viel zu sagen. Wir haben unter anderem an einer Telefonaktion teilgenommen. Ich habe mich mit an einen Schalter gesetzt und habe direkt mit den Bürgern Kontakt aufgenommen, um gerade im Gespräch mit den Bürgern die wichtigsten Probleme mit zu erkennen. Die grundsätzliche Notwendigkeit der Reform wurde von fast allen akzeptiert. Es hat keiner gesagt, es ist nicht notwendig. Aber die Versäumnisse bei der Umsetzung gerade am 01.01.2004 waren so gravierend, dass in Einzelfällen die Menschen sehr verzweifelt waren. Deshalb meine ich, und ich stehe auch dazu, die Bundesregierung hat hier versagt. Bei der Einführung hätte sie die Verantwortlichen an einen Tisch holen müssen.
Meine Damen und Herren, das als die letzte Bemerkung zu diesem Thema: Wir brauchen in Zukunft eine Reform, die den Namen auch verdient hat. Denn es ist bereits jetzt absehbar, noch streiten sich die Experten, ob diese Gesundheitsreform vier Jahre oder drei Jahre oder fünf Jahre halten wird. Wir haben jetzt die Zeit, ohne finanziellen Druck eine Reform mit auf den Weg zu bringen. Meine Damen und Herren von der PDS, auch hierzu lade ich Sie ein, konstruktive Vorschläge zu erarbeiten. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir haben keine vier Jahre, zwei Jahre oder drei Jahre Zeit für eine Gesundheitsreform. Wenn der Minister dieses hier sagt, dann ist es meiner Meinung nach unverantwortlich, denn er selbst hat eben gesagt, bereits am 18.12. war absehbar, dass das In-Kraft-Treten des Gesetzes zum 01.01.2004 alle Probleme mit sich bringt. Wenn Sie das am 18.12. schon wussten, warum haben Sie dann im Bundesrat, warum haben Sie dann nicht der CDU-Fraktion im Bundestag diese Probleme so aufgemacht, dass die CDU nicht jammert, dass sie einen Kompromiss machen musste, sondern dass sie sich einem Kompromiss in den Weg stellt, wenn sie schon weiß, dieser wird zum 01.01.2004 alle Probleme noch zusätzlich anhäufen. Das ist einfach nicht in Ordnung. Sie machen hier eine Demagogie,
als hätten Sie keine Möglichkeit gehabt, dieses Chaos, was die Patienten auszutragen haben - alle nicht Sie - zu beeinflussen. Das haben Sie mit zu verantworten, weil Sie sich einmal nicht in den Weg gestellt haben.
Frau Künast, Sie wollen uns etwas schmackhaft machen, an dem man einfach erstickt. Sie wollen uns eine Gesundheitsreform, die von vornherein mehrfach in ihren Grundzügen nachgewiesen, nicht nur von PDS, von Fachexperten, dass sie nicht aufgehen kann, weil Sie nämlich nur schauen, wie die GKV in ihren Einnahmen durch ihre eigenen Mitglieder und die Einnahmen durch ihre eigenen Mitglieder die finanzielle Situation verbessert werden kann. Wo waren da in Bundesregierung und SPDFraktion Vorschläge über die Veränderung der Einnahmesituation in Bezug auf die Einbeziehung all derer, die von der Gesundheitsreform wunderbar geschont wurden?
was ist geworden aus all ihren Sätzen in den Jahren davor? Kein Stück ist übrig geblieben. Oder, Herr Minister Zeh, Sie sagen, das war so gefährlich, weil die Kostensteigerung in der GKV so entsetzlich hoch gegangen ist. Na klar, setzen Sie das mal ins Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt. Da war diese Kostenexplosion nämlich überhaupt nicht vorhanden. Man muss nämlich die gesellschaftlichen Parameter ins Verhältnis setzen. Die Gesundheitsleistungen waren nicht zu teuer, überhaupt nicht. Das Bruttoinlandsprodukt ist entschieden schneller gestiegen. Wir haben keine Zeit gegenüber denen, die medizinische Leistungen brauchen. Es ist nicht nur ein dilettantisches Gesetz, es ist einfach ein unsoziales Gesetz. Durch diesen unsozialen Charakter ist die Verunsicherung von Patienten in Pflegeheimen, da ist diese Eintrittsgebühr, die niemand will, auch Sie plötzlich nicht mehr. Die ist dann eben nicht nur eine Eintrittsgebühr, sondern für einen Sozialhilfeempfänger mit einem durchschnittlichen Monatstaschengeld von 80 ( 3 ! zent seines frei verfügbaren Geldes im Monat. Es ist instinktlos, dass zur selben Zeit,
wo anderen die Leistungen gekürzt werden, gleichzeitig Befreiungstatbestände eingefügt werden. Chronisch Kranke wissen nicht, wie lange sie durchhalten bis sie endlich einmal eine Berechnung ihrer 2 bzw. 1 Prozent in einem Quartal nachweisen können. Aber Befreiungstatbestände für pensionierte Beamte, die gibt es schon. Die bezahlen nicht mit. Das macht doch deutlich, dass von vornherein auf einen Teil der Gesellschaft überhaupt nicht geguckt wurde, ob man sie in ein solidarisch paritätisch finanziertes Gesundheitswesen mit einbeziehen kann.
326.000 Seniorinnen haben in Thüringen eine durchschnittliche Rente von 630 :'* Monatseinkommen. Da will Minister Zeh Zeit haben, bis er über die Probleme, dass diese Menschen jetzt zuzahlen sollen und im Alter nimmt ja wohl bekanntlich Krankheit auch zu, entscheiden will. Die sollen nun abwarten. Worauf? Dass ihnen noch mehr Geld aus der Tasche genommen wird?
Es gibt übrigens genauso eine Mehrkostenbelastung in den Kommunen. Wenn Sie wussten, Herr Minister, dass dieses Gesetz alle Probleme bringt und das am 18.12. schon, wo war Ihr Engagement, den Kommunen über den Sozialhilfelastenausgleich zu helfen? Seit 1997 kein My. Sie sagen der PDS, wir würden Demagogie mit den Ängsten machen, denn wir schreiben genau das auf, was Sie in der Zeitung lesen können. Wir haben genau das, was die Unzufriedenheit von Bevölkerung ausmacht, hier in den Plenarsaal geschleppt, damit Sie nicht sagen können, es hat ja keiner gesagt er ist gegen die Regelung. Sie selbst haben gesagt, dass Sie gegen das Gesetz waren, aber angeblich keinen anderen Weg gefunden haben.
Wir haben mehrfach andere Wege vorgezeigt. Sie sind mitschuldig, indem Sie sich nicht in den Weg gestellt haben. Das müssen Sie all denjenigen im Land Thüringen auch erklären.
Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Damit können wir auch diesen Teil der Aktuellen Stunde schließen und kommen zurück zur laufenden Tagesordnung.
Thüringer Gesetz zu dem Staatsvertrag zwischen dem Freistaat Thüringen und dem Land Nordrhein-Westfalen über die Zugehörigkeit der Steuerberater und Steuerberaterinnen des Freistaats Thüringen zum Versorgungswerk der Steuerberater im Land Nordrhein-Westfalen Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/3705 - Neufassung dazu: Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses - Drucksache 3/3951 ZWEITE BERATUNG
Kollege Gerstenberger wird die Berichterstattung aus dem Ausschuss vornehmen. Bitte Herr Abgeordneter Gerstenberger.