Verehrter Kollege Gentzel, nachdem Sie eben zu Recht die Taschenspielertricks der Fraktion DIE LINKE auf Landesebene angeprangert haben, können Sie sich ernsthaft vorstellen, mit der Truppe nächstes Jahr zu koalieren?
Also, Herr Schwäblein, ich will da ganz offen sein: Es fällt mir mindestens genauso schwer, mit Ihnen zusammenzuarbeiten.
Wir haben da in bestimmten Bereichen auch große Probleme untereinander. Deshalb, finde ich, lassen Sie uns das an dem einen oder anderen Punkt festmachen. Ich finde es ganz gut, dass zunächst erst mal der Wähler das Wort hat. Dann werden wir uns hinsetzen und werden sehen, was passiert. Sie wissen, wir haben uns an einer Stelle ganz klar positioniert und diese Position steht. Wir wählen keinen Ministerpräsidenten der LINKEN; alles andere mag Sie interessieren, alles andere mag den einen oder anderen Talkmaster interessieren oder den einen oder anderen Redakteur einer Zeitung. Die Position steht und ich will ganz ehrlich sagen, Herr Schwäblein, Sie sind wahrscheinlich einer der letzten hier in dem Raum, der diese Position kippt.
Kollege Gentzel, funktioniert Ihr Gedächtnis noch gut genug, um sich an eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen CDU und SPD in diesem Lande zu erinnern?
Wissen Sie, dann reden Sie doch erst mal, wenn Sie der Meinung sind, die ich übrigens teile, dass das eine ganz gute Zeit war, mit Ihren eigenen Kollegen, was die mittlerweile für einen Unfug erzählen. Die wollen uns ja, wenn es darum geht, hier irgendwie Stimmung zu machen, jede Kompetenz absprechen. Ich freue mich, dass Sie zumindest noch aus Erfahrung der damaligen Zeit erkennen, dass es sehr viele Kompetenzen bei der Thüringer SPD gibt. Wir werden das den Wählern sagen. Wie bereits gesagt, die entscheiden dann und dann schauen wir uns das Wahlergebnis an. Aber es gibt Aussagen, die stehen und die ändern sich nicht durch irgendwelche Zwischenbemerkungen und die ändern sich nicht durch irgendwelche Beiträge in Talkrunden oder durch irgendwelche Gastbeiträge in den Thüringer Medien.
Mir geht es darum, bei allen Problemen, die wir im finanzpolitischen Bereich haben - und, Herr Kuschel, ich verstehe Ihre Strategie dahinter, aber ich werde
das auch am nächsten Freitag im Eisenacher Stadtrat sagen; ich glaube, das gehört in jedem Stadtrat gesagt -, die Krise, in der wir unweigerlich stecken, wird nicht dadurch kleiner oder zur Seite geschafft, wenn wir sie ständig größer machen. Nicht alle Entwicklungen, die wir hier haben, haben ursprünglich etwas mit der Finanzkrise zu tun. Ich frage ihn in so einer Situation, wo die Menschen auch ein Stückchen Mut brauchen, wo man den Menschen nicht immer ständig nur erzählen kann, wie schlecht das Leben ist: Wer, wenn nicht bei den Stadträten angefangen, soll den Menschen Mut machen, wenn es Anlass dazu gibt? Ich wehre mich einfach dagegen, dass Sie über Zeitungswissen oder irgendwelches anderes Wissen hier Tatsachenbehauptungen aufstellen, die nicht stimmen.
Weitere Redeanmeldungen gibt es. Zunächst Abgeordnete Groß, CDU-Fraktion, danach Abgeordneter Dr. Pidde, SPD-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, das, was wir hier jetzt gehört haben von dem parlamentsunwürdigen Stasispitzel, ich denke, das kann man einfach so nicht stehen lassen.
Sie können noch zehnmal sagen, was sich der Freistaat für Schulden aufgehalst hat. Wenn man zusammenzählen würde, was Sie für Anträge gebracht haben in den Haushaltsdiskussionen, dann weiß ich nicht, wo wir da wären. Das müsste die Finanzministerin mal nachrechnen lassen und müsste Ihnen dann mal den Spiegel vorhalten.
Dann auch die Anspielung, dieses Geld wäre verplempert worden. Schauen Sie sich an, wie unser Freistaat, damals war es ja noch kein Freistaat, ausgesehen hat. Fahren Sie heute durch unser Land, durch unsere Kommunen, durch unsere Dörfer und Städte, schauen Sie auf die Straßen, schauen Sie die Flüsse an, schauen Sie die Kindereinrichtungen an, die Altenheime. Da ist das Geld geblieben. Das ist richtig, dass das gemacht worden ist. Da können wir stolz auf Thüringen sein und auch auf unsere Bürger, die das alles auch mitgetragen haben. Danke.
Bevor ich jetzt Dr. Pidde das Wort erteile, möchte ich das Einvernehmen mit den Fraktionen herstellen, dass zunächst dieser Punkt abgearbeitet wird und danach die Fragestunde aufgerufen wird. Ich sehe allseits Nicken. Damit ist das Einvernehmen hergestellt. Dr. Pidde, SPD-Fraktion, hat das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, jetzt muss gehandelt werden. Jetzt muss alles getan werden, um Arbeitsplätze zu erhalten. Wenn Sie jetzt nicht handeln, dann macht sich die Thüringer CDU mitschuldig am weiteren wirtschaftlichen Abschwung, dann macht sich die Thüringer CDU mitschuldig am Anstieg der Arbeitslosigkeit.
(Zwischenruf Dr. Zeh, Minister für Bun- des- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei: Herr Steinbrück sagt etwas ganz anderes. So ein Un- sinn.)
Deshalb ist die Polemik, die Frau Groß im ersten Redebeitrag hier an den Tag gelegt hat, meines Erachtens vollkommen unangebracht.
Meine Damen und Herren, immer mehr erreichen die Auswirkungen der Finanzkrise die Realwirtschaft. Die Welt schlittert in eine schwere Wirtschaftskrise. Die Thüringer CDU, der Ministerpräsident, gestern zu hören, heute nachzulesen, sagt, dass eigene konjunkturstützende Maßnahmen im Freistaat nicht notwendig sind. Eine verhängnisvolle Fehleinschätzung ist das.
Lothar Späth, den Sie, meine Damen und Herren von der CDU, sonst so oft bemühen als Wirtschaftsexperten, fordert öffentliche Investitionen jetzt. Im Handelsblatt, am Mittwoch dieser Woche nachzulesen, schreibt er, dass das also nicht nur kleine Investitionen sein dürfen, sondern da kann man das Zitat lesen: „und da muss man klotzen“; und weiter: „nur so kann der Motor anspringen“. Lothar Späth hat recht. Aber genau den von Lothar Späth vorgeschlagenen Funken will die Thüringer CDU nicht zünden lassen.
(Zwischenruf Dr. Zeh, Minister für Bun- des- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei: Der Bundesfi- nanzminister sieht das ganz anders.)
Entschuldigung, ich bitte auch von den Regierungsbänken die Zwischenbemerkungen zu unterlassen, damit die Redner hier vorne aussprechen können. Danke.
Andere Bundesländer haben längst reagiert. Rheinland-Pfalz hat ein 800-Millionen-Sonderprogramm auf den Weg gebracht - als Beispiel. Nun können Sie wieder sagen, SPD-regiert, die haben ja sowieso keine Ahnung. Aber in Mecklenburg-Vorpommern, da ist ja die CDU an der Regierung beteiligt, wird ein umfangreiches Programm beschlossen mit der CDU zur Unterstützung der Unternehmen, zur Unterstützung der Kommunen, zur Unterstützung der Bauwirtschaft.
Meine Damen und Herren, während auf Bundesebene derzeit immer neue Ideen für konjunkturstützende Maßnahmen geboren werden, befindet sich die Thüringer CDU im Winterschlaf. Außer einigen kleinen Maßnahmen zur Verbesserung bestehender Programme, das ist einmal das GuW Plus oder das Bürgschaftsprogramm, hat die Landesregierung bisher eigenes Handeln von sich gewiesen. Jetzt kommt wenigstens das Straßenbauprogramm von 70 Mio. € - sehr gut -, aber nicht, wie es nötig wäre, im Jahr 2009, sondern 70 Mio. € auf fünf Jahre gestreckt. Das macht gerade mal 14 Mio. € pro Jahr. Ansonsten sagen Sie: Investitionen nein mit dem Verweis auf finanzielle Risiken, das können wir uns nicht leisten.
Wenn man mal im Haushalts- und Finanzausschuss schaut, wo regelmäßig in über- und außerplanmäßigen Ausgaben Millionensummen abgehakt werden und Sie keine Deckungsquelle vorzuweisen haben und Sie dann sagen, dass zur Einsparung keine Gegenfinanzierung vorliegt - das ist ja ein sehr bequemer Weg -, und dann wird das Ganze mit der Jahresrechnung glatt gezogen, dann heißt das doch auf gut deutsch, Sie verfrühstücken die Steuermehreinnahmen, die wir in den Jahren 2007 und auch 2008 haben, für laufende Sachkosten. Das ist Ihre solide Haushaltswirtschaft.
Ich könnte noch eine ganze Reihe von Beispielen anfügen, die alle nach dem gleichen Schema laufen, und denke an die GA Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur, wo in der Vergangenheit Fördermittel des Bundes einfach nicht in Anspruch genommen worden sind. Dadurch sind der Thüringer Wirtschaft seit dem Jahr 2000 insgesamt mehr als 300 Mio. € Fördermittel vorenthalten worden. Noch katastrophaler wäre es, wenn die Thüringer Lan
desregierung auch in Zeiten der Wirtschaftskrise auf eine volle Kofinanzierung von erhaltenen bzw. zugesicherten Fördermitteln verzichten würde.
Frau Groß, ich hätte wenigstens erwartet, dass Sie eine vernünftige Frage stellen, auf die ich auch hätte antworten können.
Natürlich spreche ich zum jetzigen Tagesordnungspunkt, über die Investitionstätigkeit auf der kommunalen Ebene und für die Wirtschaft.
Meine Damen und Herren, die Bundeskanzlerin, Frau Merkel, hält den Damm im Moment noch. Wie lange sie den noch hält, ist die Frage. Die CDU-Granden fordern ja lautstark aus den verschiedensten Ecken der Bundesrepublik Steuersenkungen. Jeder weiß aber, dass die Auswirkungen von Steuersenkungen auf die derzeitige Konjunkturlage höchst zweifelhaft sind. Steuersenkungen landen erfahrungsgemäß zu einem großen Teil auf den Sparkonten der Gutverdiener. Auch die Thüringer CDU hat daran ihren Anteil. Den Wegfall der Erbschaftsteuer hätten Sie billigend in Kauf genommen. Die fällt ja in Thüringen so gut wie nicht an mit den 10 Mio. €, weil wir ja gar nicht so viele reiche Erben haben, aber in den alten Bundesländern. Auf über 100 Mio. €, die wir über den Länderfinanzausgleich erhalten nur aufgrund der Erbschaftsteuer, hätten Sie einfach glatt verzichtet - das offenbart das große Ausmaß an politischer Heuchelei bei der Thüringer CDU.
gesagt haben, wie Sie gestern gesagt haben, eine Erweiterung brauchen wir nicht, weil wir 2008 bisher nur 35 Mio. in Anspruch genommen haben und der Bürgschaftsrahmen 200 Mio. umfasst, wenn Sie diese Aussage vor dem September gemacht hätten, hätte ich Ihnen vollkommen zugestimmt. Aber, Herr Mohring, das Leben geht weiter. Die Aussage, die Sie getroffen haben, entspricht einem guten wirtschaftlichen Jahr. Wir sind einfach ein Stück weiter. Dass das Jahr 2009 nicht so wird wie das Jahr 2008, weiß jeder. Deshalb ist die Erweiterung des Bürgschaftsrahmens eine sinnvolle Maßnahme, die wir vorgeschlagen haben. Die gewerbliche Wirtschaft und die freien Berufe werden Sie händeringend anflehen, das zu tun. Erweitern Sie den Bürgschaftsrahmen rechtzeitig. Sie müssen es ja keinem sagen, dass Sie die Idee von uns haben und dass wir das vorgeschlagen haben.
Meine Damen und Herren, sinnvolle Investitionen sparen für die Zukunft viel Geld, aber Nichthandeln wird teuer. Ich will Ihnen nur ein Beispiel sagen, ein ganz kleines Beispiel aus meinem Wahlkreis. Die Landesstraße von Schönau nach Georgenthal soll abgewidmet werden als Kreisstraße - schon zehn Jahre her. Die ist aber in so einem miserablen Zustand, dass die Instandsetzung 4 Mio. € gekostet hätte. Hätte das Land die 4 Mio. € genommen und hätte sie investiert, hätte es die Straße schon längst abgeben können. Inzwischen sind über zehn Jahre für das Ausflicken der Straße, Winterdienst usw. mehr als 4 Mio. € gezahlt worden. Die Straße ist aber immer noch in dem saumäßigen Zustand und liegt immer noch dem Land auf der Tasche. Deshalb sage ich noch einmal: Sinnvolle Investitionen sparen für die Zukunft viel Geld. Jetzt haben wir den finanziellen Spielraum für nachhaltige Investitionen und sollten den nutzen. Die Investitionspauschale, die von den LINKEN vorgeschlagen wird - da denken wir, wir haben bessere Lösungen. Aber man muss zumindest darüber reden.
Welche Voraussetzungen sollten denn nun solche Maßnahmen haben, was sollten sie denn erfüllen in der gegenwärtigen Lage? Als Erstes: Schnelle Wirksamkeit ist wichtig. Das Geld muss möglichst unmittelbar in den Wirtschaftskreislauf fließen. Wir brauchen eine Hebelwirkung, dass dadurch auch weitere Investitionen ausgelöst werden. Wichtig ist der Nachhaltigkeitsgedanke, dass man Investitionen, die sowieso notwendig sind, bestimmte Gebäude zu sanieren oder Straßen, jetzt vorzieht, und auch Nachhaltigkeit im Hinblick auf den Klimaschutz, weil dort sowieso noch riesige Ausgaben anstehen, die wir leisten müssen. Wenn ich dann immer höre, auch Herrn Mohring, der ja gern den Begriff „Strohfeuer“ in den Mund nimmt - ich sage, Einmal
maßnahmen belasten die Staatskassen weitaus weniger als Steuersenkungen und haben entsprechende Effekte. Steuersenkungen müssen Sie beim nächsten Aufschwung durch Ausgabenkürzungen wieder gegenfinanzieren. Deshalb ist es wichtig, jetzt sinnvolle Investitionen für 2009 zu beschließen - das wäre das richtige Signal. Vielen Dank.