Jetzt könnte ich noch näher auf den schon mehrfach angesprochenen Drei-Stufen-Test eingehen, ich lasse das aber aufgrund des damit verbunde
nen Zeitaufwands weg und verweise diesbezüglich auf die entsprechende Fachliteratur. Nur so viel: Alle bestehenden Telemedienangebote müssen bis zum 31. August 2010 ebenfalls den Drei-Stufen-Test erfolgreich durchlaufen. Ein weiterer wesentlicher Punkt des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrags betrifft die Angleichung von Definitionen im Rundfunkstaatsvertrag an europäische Vorgaben. So wird in § 2 eine neue Definition des Rundfunks eingeführt, ferner werden die Begriffe Programm, Sendung und presseähnliche Angebote definiert. Der fünfte Kernpunkt des Staatsvertrags betrifft die kommerzielle Bestätigung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und der -anstalten. Erstmals wird klar festgelegt, in welchem Umfang die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten kommerzielle Angebote machen dürfen.
Zusammenfassend ist zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag zu sagen, die bestehenden programmlichen Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sollen erhalten werden. Punktuell sollen die Programme sogar aufgewertet werden, der Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zur Veranstaltung bestimmter Fernsehprogramme wird im Staatsvertrag dadurch konkretisiert und gesichert, dass sie nun namentlich auch aufgeführt werden. Unser KIKA ist im Staatsvertrag erstmalig ausdrücklich erwähnt. Damit unterliegt das KIKA-Programm einer staatsvertraglichen Garantie in dem beschlossenen System, folglich konnte damit auch der Standort Erfurt ebenfalls gesichert werden. Die bestehenden Internetangebote werden überwiegend bestehen bleiben und auch erweitert werden können. Allerdings regelt der Staatsvertrag die Internetangebote nicht abschließend, vielmehr überlässt er die Entscheidung mit dem Drei-Stufen-Test im Wesentlichen den Gremien, also den Rundfunkräten. Nicht sendungsbezogene presseähnliche Auswüchse, Ratgeberportale, Kontaktbörsen, Chats, Foren und ähnliche Angebote werden untersagt oder eingeschränkt. Vor diesem Hintergrund bitte ich um Zustimmung zu dem vorliegenden Gesetzentwurf. Vielen Dank.
Danke schön. Die Begründung ist gegeben. Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat das Wort Herr Abgeordneter Dr. Pidde, SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Minister Wucherpfennig hat die Gründe für den Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag, nämlich den ausgehandelten Kompromiss in Sachen Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, genannt. Ausgangspunkt des Verfahrens war ja eine Beschwerde des Verbandes der privaten Rund
funk- und Fernsehveranstalter gegen ARD und ZDF bei der Generaldirektion Wettbewerb. Das führte natürlich zu einer allgemeinen Verunsicherung. Das wird mit diesem Rundfunkänderungsstaatsvertrag glattgezogen. In der Zielsetzung, Herr Minister, stimme ich Ihnen vollkommen zu. Unser Ziel muss es sein, beiden Bereichen, also der Bestands- und Entwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wie auch den Weiterentwicklungsmöglichkeiten der privaten Medienhäuser, Rechnung zu tragen und eine Zukunftsperspektive zu geben.
Die Inhalte des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrags hat der Minister ausführlich erläutert, dem gibt es nichts hinzuzufügen. Deshalb möchte ich nur noch einmal kurz die Konfliktlinien aufzeigen. Der Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist ein Kompromiss, wie wahrscheinlich jeder Staatsvertrag und er wird auch durch den Dreizehnten oder Vierzehnten und Ähnliche weiterentwickelt werden. Wichtig war uns, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk vom Verbreitungsweg Internet nicht ausgeschlossen wird, dass das System der Binnenkontrolle und der nachgelagerten Rechtsaufsicht der Länder akzeptiert ist und dass die Möglichkeit des Rechteerwerbs der ASportarten nicht eingeschränkt wird. Den unionsgeführten Ländern sind in harten Auseinandersetzungen wesentliche Freiräume für den öffentlichrechtlichen Rundfunk abgerungen worden, obwohl ich natürlich auch sagen muss, wir sind nicht mit allem zufrieden und konnten auch nicht alles erreichen, zum Beispiel die materiell-rechtlichen Beschränkungen für den Onlineauftrag des öffentlichrechtlichen Rundfunks. Ich denke, sie sind zu eng gefasst und dass ARD und ZDF auf neue Entwicklungen nicht flexibel genug reagieren können. Aber vonseiten der unionsgeführten Länder wurde gleich eine nationale Katastrophe herbeigeredet, falls hier noch größere Freiheiten gestattet werden würden. In der aktuellen Auseinandersetzung geht es also noch um die Zulässigkeit eines Unterhaltsangebots bei nicht sendungsbezogenen Telemedien und zur Bewertung der bisherigen Mediatheken. Auch darüber wird in Zukunft noch zu reden sein. Wie der Drei-Stufen-Test funktionieren wird, auch das wird die Zukunft zeigen, ob er hinreichend effektiv ist oder nur ein großer Hemmschuh. Das ist eine Bewährungsprobe für die Rundfunk-, Fernseh- und Hörfunkräte.
Zum Abschluss möchte ich für meine Fraktion noch einmal unmissverständlich sagen, Unterhaltung in Telemedien gehört wie bei Radio und Fernsehen neben Kultur, Bildung, Information zum Auftrag des gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Wer ARD und ZDF dieses Feld nehmen will, der schränkt seine Bestands- und Entwicklungsgarantie ein und nimmt ihm zugleich eine große Chance, auch über unterhaltende Elemente als
Medium und Faktor zu wirken. Gerade für Kinder und Jugendliche ist die Kombination aus Information und Unterhaltung besonders wichtig und in ihrer Nutzungserwartung eine Selbstverständlichkeit. Danke.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Rundfunkgebührenzahler, Politik ist die Kunst des Machbaren. Es ist hier bereits erwähnt worden, es handelt sich bei dem Rundfunkstaatsvertrag um einen Kompromiss zwischen allen Beteiligten und allen Betroffenen. Ich kann hier mehrere Konfliktebenen erkennen, es ist ja bereits vom Minister bzw. von Herrn Dr. Pidde darauf eingegangen worden. Einmal gab es von der europäischen Seite her das Beihilfeverfahren, auf das Bezug genommen werden musste, und es gab Zusagen seitens der Bundesregierung, dies auch zu berücksichtigen. Das ist in der Tat hier der Fall. Die zweite Konfliktebene ist natürlich die Ebene der Betroffenen. Auf der einen Seite steht der öffentlich-rechtliche Rundfunk, der nicht gerade darüber begeistert ist, dass er eine Einschränkung erfahren hat, wobei er auf der anderen Seite auch einen Rahmen vorgegeben hat, in dem er sich bewegen kann, also auch dazugewonnen hat. Auf der anderen Seite stehen die privaten Veranstalter bzw. Verlagsunternehmen, die sagen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk jetzt zu viel Spielraum für seine Aktivitäten bekommen hat.
Auf der anderen Seite gibt es aber auch eine Erwartungshaltung der Rundfunkgebührenzahler und der Politik. Also, ich bin jetzt seit 1999 im Landtag und habe selbst drei Diskussionen zur Rundfunkgebührenerhöhung hier miterlebt. Wenn man sich erinnert, wir hatten im Jahre 2000, 2004 und dann erst vor wenigen Wochen oder Monaten eine Rundfunkgebührenerhöhung. Wenn ich das so zusammenrechne, ich glaube, wir haben 2000 begonnen bei ca. 15 bis 16 €. Jetzt sind wir schon knapp unter 20 €. Das ist eine Erwartungshaltung, die uns die Rundfunkgebührenzahler mit auf den Weg gegeben haben, aber die wir auch von der politischen Seite, Sie alle, die, wenn es um Rundfunkgebührenerhöhung geht, dafür oder dagegen stimmen, in der Regel haben Sie es alle mitgetragen, die Mehrheit zumindest immer, mit berücksichtigen müssen. Ich meine, mit dem vorliegenden Staatsvertrag ist dem Rechnung getragen worden. Es ist nicht der Stein der Weisen, aber es ist ein Instrumentarium. Ganz
konkret - ich nenne das Beispiel des Drei-StufenTests. Es ist ein Instrumentarium vielleicht einer weiteren Gebührenerhöhung. Ich befürchte eine weitere Gebührenerhöhung in vier Jahren. Wenn kein anderes zukunftsfähiges Modell entwickelt wird, wird es noch eine weitere Erhöhung geben. Den Auftrag, den Rundfunkauftrag genau zu definieren, zu konkretisieren und den Spielraum der Öffentlich-Rechtlichen genau einzuschränken bzw. vorzugeben, ist ein Weg, eine weitere Erhöhung, die Spirale doch für eine gewisse Weise, die Bewegung der Spirale etwas abzubremsen. So empfinde ich es zumindest.
Zum Verfahren: Es ist bereits angesprochen worden, es ist ein Zustimmungsgesetz. Wir können uns heute über viele Inhalte unterhalten, aber wir haben nun als Landtag nicht mehr die Möglichkeit, noch einmal in die Inhalte direkt einzugreifen. Wir haben drei Möglichkeiten: mit Ja zu stimmen, mit Nein zu stimmen und sich zu enthalten. Änderungen können wir nicht mehr vornehmen. Es ist Eile geboten, darauf ist verwiesen worden. Im Dezember letzten Jahres haben die Ministerpräsidenten den Vertrag unterschrieben und die Landtage haben ihre Zustimmung abzugeben. Wie Ihnen bekannt ist, soll es ab 1. Juni in Kraft treten. Es ist ein sehr umfangreiches Werk, wer es von Ihnen gelesen hat, ca. 100 Seiten, eine große Lektüre. Ich gehe davon aus, Sie alle haben ihn gelesen, aber, er mag sich zwar etwas trocken lesen, besonders für Nichtjuristen, er ist hoch brisant, weil es um das Beste der Gebührenzahler geht, nämlich um deren Geld. Auch wenn er nicht direkt gebührenrelevant ist, aber er ist indirekt gebührenrelevant.
Es ist bereits gesagt worden, um was es im Wesentlichen geht. Auf die Details will ich mich jetzt nicht festlegen, sie sind sehr ausführlich vom Minister vorgetragen worden. Ganz im Wesentlichen geht es um die Konkretisierung des Rundfunkauftrags im Hinblick auf die Zulassung neuer digitaler Programme bzw. Kanäle sowie Telemedienangebote, das heißt, um die Internetauftritte der öffentlich-rechtlichen Anstalten. Hier gibt es klare Regelungen, in § 11 vorgegeben und definiert. Dieser Paragraph ist erweitert worden und gibt natürlich jetzt dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk Spielraum und Möglichkeiten; grenzt ihn aber auch ein und darum geht es, wenn man doch die Gebührenspirale für die Zukunft etwas abbremsen möchte. Das ist, denke ich, damit gewonnen, auch wenn es seitens der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, ich will nicht sagen massive Kritik, aber nicht gerade Begeisterung gibt.
Es gibt den Vorwurf, dass aufgrund dieses DreiStufen-Tests natürlich wieder zusätzliche Kosten entstehen, dass viel Bürokratie entsteht. Ich hatte gestern bei der Veranstaltung der TLM, die sehr gut war, das will ich noch einmal besonders hervorhe
ben und loben, die Gelegenheit, mit unserem Rundfunkdirektor des MDR, Herrn Dieste, ins Gespräch zu kommen. Er hat angekündigt, dass wahrscheinlich Mehrkosten entstehen; allein durch den Tatbestand, Gutachten einzuholen, was dieser Vertrag vorsieht. Ich meine, diese Mehrkosten sind überschaubar. Wenn ich das Finanzvolumen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Gänze sehe, das sind 7,3 Mrd. €, kein Pappenstiel, das ist fast der gesamte Haushalt des Freistaats Thüringen - es fehlen ca. 2 Mrd. €. Es ist nicht wenig und, ich denke, da ist das Geld, was man für den sogenannten bürokratischen Aufwand und für die Kontrollinstrumentarien, die man jetzt noch eingefügt hat, aufwenden muss. Es ist gut angelegtes Geld, wenn es gelingt, diese Gebührenspirale auf Dauer zu bremsen, zu stoppen oder am besten auszusetzen. Es gibt natürlich, wenn man das möchte, andere Varianten und Möglichkeiten, die Rundfunkgebührenerhöhung auf Dauer auszuhebeln. Das verlangt Mut und eine Abstimmung aller 16 Länder, was ziemlich schwierig ist. Das können Sie sich vorstellen, weil alle Länder schauen, welche Bereiche sie zu verteidigen haben.
Thüringen denkt mit Recht - das ist richtig so - an den Kinderkanal. Das ist uns sehr schutzwürdig und wichtig. Es freut mich, dass wir den Kinderkanal erstmals festgeschrieben haben; das ist ein Erfolg. Es ist nämlich sehr schwierig, dann vielleicht eine Regelung zu finden, die zukunftsfähig ist und die auch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zukunftsfähig macht. Denn, machen wir uns nichts vor, das steht und fällt natürlich auch mit der Gebührendiskussion. Wir haben es jetzt erlebt - ich persönlich 10 Jahre lang. Die Diskussion hat an Schärfe zugenommen. Ich erinnere Sie, bei der vorletzten Gebührendiskussion sind die Länder nicht mit der Empfehlung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs mitgegangen; sie sind darunter geblieben. Danach gab es eine Klage. Die Länder konnten sich leider nicht durchsetzen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat Recht bekommen. Sie sehen also, auch diese Problematik wird noch an Schärfe gewinnen.
Es gibt Modelle, die in der Vergangenheit diskutiert worden sind, die sehr hilfreich sein könnten, aber auch viel Mut verlangen, z.B. den öffentlich-rechtlichen Rundfunk über eine eigene Mehrwertsteuer zu finanzieren und sicher zu machen. Es waren in der Diskussion 0,7 Prozentpunkte. Das wird vor großen Wahlen, die anstehen, nicht passieren. Ich rede jetzt nicht von unserer Landtagswahl, aber von der Bundestagswahl. Man sollte trotzdem den Blick nach links und nach rechts wenden und sollte sich damit auseinandersetzen und nicht nur den Tunnelblick einnehmen, weil es uns sonst nicht weiterhilft, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk von seiner Existenz her sicher zu gestalten.
Meine Damen und Herren, natürlich ist es nachvollziehbar, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk sich in diesem Bereich, im Digitalbereich - wir haben sechs digitale Spartenprogramme, jeweils drei beim ZDF und bei der ARD, die sich in diesen modernen, technisch neuen Bereichen bewegen und diese Potenziale nutzen. Aber das ist eben das Problem und deshalb war es wichtig, diesen Staatsvertrag zu machen, das kostet natürlich auch - neue Angebote kosten. Wir werden das im Laufe der Plenardebatte noch erleben, es gibt ja noch einen weiteren Antrag der Fraktion DIE LINKE zur freiwilligen Feuerwehr, so hieß das Thema, zur GEZ-Gebühr, aber alles, was man zusätzlich einbringt an Angeboten und Befreiungstatbeständen, das darf man nicht vergessen, kostet uns eine Erhöhung der Rundfunkgebühr, weil es finanziert werden muss. Dennoch halte ich es für richtig und gut und befürworte den Drei-StufenTest. Herr Dr. Pidde ist darauf eingegangen und hat gesagt, es muss sich bewähren. Ich denke, die Zeit bleibt nicht stehen und der Test kann weiter bearbeitet, verfeinert und ausgebaut werden. Zu diesem Drei-Stufen-Test will ich vielleicht noch kurz zwei Worte verlieren. Bei neuen Angeboten, die eingebracht werden im Öffentlich-Rechtlichen, muss geprüft werden, ob er konform geht mit dem Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, das ist Ihnen bekannt. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat die Aufgabe, in verschiedenen Bereichen von Kultur und Politik zu informieren, hat aber auch den Auftrag, Unterhaltung anzubieten und damit muss es konform gehen. Die zweite Stufe ist die Frage nach dem Mehrwert. Wenn sie ein neues Angebot annehmen, muss es ein zusätzlicher Gewinn sein. Die dritte Stufe, das ist mit eine der entscheidenden Stufen, ist nicht die Frage nach den Kosten, das muss natürlich geklärt werden, das muss abgefragt werden, wie teuer uns dieses zusätzliche Angebot zu stehen kommt.
Was ich nicht schlecht finde und für charmant halte, ist die Tatsache, dass bei zusätzlichen Angeboten jetzt dieses Angebot in den Gremien der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten geprüft werden muss. Sie brauchen bei einer Genehmigung eine Zweidrittelmehrheit, also nicht nur die einfache Mehrheit. Es ist schwieriger durch die Gremien hindurchzukommen mit diesen neuen Angeboten. Darüber hinaus - und das finde ich besonders gut und das fordern wir ja auch immer wieder ein - ist die Transparenz zu nennen. Wir wissen, der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist bei neuen Angeboten verpflichtet, diese Angebote öffentlich darzustellen, z.B. im Internet, und dann eine entsprechende Diskussion mit Dritten zu führen. Besonders interessant - und das war ja auch der Vorwurf -, der Öffentlich-Rechtliche hat natürlich dann auch die Auflage, externe Gutachten einzuholen. Das kann man so oder so sehen. Es gibt dann die Befürchtungen, dass auf
grund der externen Gutachtertätigkeit zusätzliche Kosten entstehen, das liegt sicherlich auf der Hand, aber ich halte diese Gutachten für überschaubar. Auch die öffentliche Hand, ob das die Kommune ist, ob das das Land ist oder ob das der Bund ist, bedient sich ja dieses Instruments und ich halte das für sinnvoll.
Meine Damen und Herren, ich werbe noch einmal dafür, dass Sie diesem Staatsvertrag zustimmen. Er ist eine Möglichkeit, die Gebührenspirale auf Dauer, wenn nicht aufzuhalten, aber doch abzubremsen. Ich lade Sie alle ein, lassen Sie uns gemeinsam auch nach vielleicht noch effizienteren Wegen suchen. Danke.
Weitere Wortmeldungen liegen mir zurzeit nicht vor. Dann schließe ich die erste Beratung und wir kommen jetzt, wie zwischen den Fraktionen vereinbart war, zur zweiten Beratung des Gesetzes. Widerspricht dem jemand? Es widerspricht keiner. Dann eröffne ich jetzt die Aussprache zur zweiten Beratung. Herr Abgeordneter Blechschmidt, Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Intendant des Hessischen Rundfunks, Helmut Reitze, hat im Rahmen einer Anhörung zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag im Hessischen Landtag die Abgeordneten aufgerufen, diesem Staatsvertrag nicht zuzustimmen. Sein Fazit war - ich darf zitieren -: „Wir haben es mit einer Überregulierung zu tun, die der ARD und dem Hessischen Rundfunk in ihrer Auswirkung keine ausgewiesene Teilhabe mehr an der Medienentwicklung gewährleistet.“ Und weiter Reitze: „Durch alle Entwürfe des Staatsvertrags zieht sich wie ein roter Faden das Bemühen, einen Schutzraum für Zeitungen und Zeitschriften zu schaffen.“ Diese Position, meine Damen und Herren, diese Aussage wird durch die Bemerkungen des ZDF-Intendanten Markus Schächter sowie der Medienunternehmerin Christiane zu Salm, Vorstandsmitglied des Verlagshauses Burda, nicht nur bekräftigt, sondern, ich finde, besonders auf Frau zu Salm bezogen, fast geadelt. Markus Schächter sagt - Zitat -: „Wer das, Textinhalte im Internet, den öffentlich-rechtlichen Sendern im Jahr 2008 verbieten will, steht unter Zensurverdacht.“ Und die schon erwähnte Medienunternehmerin deutet mit Richtung der weiteren technischen Entwicklung und dem Internet geradezu visionär an - Zitat -: „In fünf bis sieben Jahren werde das Fernsehen als Leitmedium durch das Internet abgelöst sein.“, und warnt
gleichzeitig als Unternehmerin - Zitat - „diese kommende jugendliche Zielgruppe nicht zu vernachlässigen“. Die Schlacht am Medienbuffet ist schon längst im Gange. Nicht dass ich missverstanden werde, meine Damen und Herren, DIE LINKE will, geschweige denn kann die technische Entwicklung und deren Auswirkungen auf die Medienlandschaft nicht aufhalten. Aber DIE LINKE will die gleichberechtigte Teilhabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und dessen technische Entwicklung, wie es das duale Rundfunksystem und die entsprechenden Bundesverfassungsgerichtsurteile vorsehen und festschreiben. Lassen Sie mich drei Gedanken in diesem Zusammenhang anreißen:
Erstens die Probleme, man kann sogar sagen, die ungelösten Probleme der früheren Staatsverträge: Mit dem Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurde uns versprochen, dass zeitnah bis zum Jahr 2009 ein neues Rundfunkgebührenmodell entwickelt und dabei gleichzeitig der Widerspruch aufgehoben wird, dass eine Person, die nur einmal sehen und nur einmal Radio hören kann, mehrmals zahlen muss - zu Hause, im Garten, im Firmenwagen oder vielleicht in einer Nebenwohnung. Ja, es wurde uns versprochen, dies zeitnah in Angriff zu nehmen und umzusetzen. Dies war vor vier Jahren. Nun spricht man schon so ein wenig von 2013. In schlappen acht Jahren haben die Ministerpräsidenten dann dieses Problem vielleicht gelöst.
Mit dem Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurde eine Befreiungsregelung für Hartz-IV-Empfänger anhand der entsprechenden Hartz-IV-Bescheide getroffen. Die GEZ wurde dank der Abheftung von Kopien dieser Bescheide zum Datenmoloch, was wiederum die Datenschützer auf den Plan rief, und dies lautstark. Diese forderten nämlich eine sofortige Rücknahme dieser Datenerfassung. Das war 2005 - auch hier keine Lösung. Der Zehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag konnte und musste feststellen, dass es kein Trennungsgebot zwischen Netzbetreibern und Kabelnetzen sowie Programmanbietern gibt. Damit traten bei den öffentlich-rechtlichen, aber auch bei den privaten Rundfunkanstalten Benachteiligungen ein. Änderungen und Lösungen dieses Problems - Fehlanzeige.
Zweiter Gedanke: Was wird die Zukunft bringen? Was müssen zukünftige Staatsverträge in den Blick nehmen? Die Frage ist doch: Was wollen Medienanbieter? Oder ist die wichtigere Frage eigentlich: Wer ist heute eigentlich Medienanbieter? Es gibt heute - und das haben wir sehr anschaulich auf dem gestrigen parlamentarischen Abend nicht nur in den Reden zur Kenntnis nehmen müssen - nicht nur die sogenannten klassischen Medienanbieter wie Fernsehen und Radio, sondern mittlerweile sind es, wie gesagt, Kabelnetzbetreiber, Plattforman
bieter, Suchmaschinenanbieter wie z.B. Google. 95 Prozent des Suchmaschinenangebots wird durch Google beherrscht. Diese drängen gezielt auf den Internetmarkt. Bei ihren Angeboten mit Videos, Videoclips und bewegten Bildern treten sie auf, was de facto ein Fernsehangebot ohne Lizenz darstellt. Müssten diese nicht auch in Rundfunkregelungen aufgenommen werden? Bei der Beantwortung könnten wir ganz schnell zur Erkenntnis gelangen, dass es nicht möglich sein wird, das Internet zu regulieren - richtig. Wenn dies aber so ist, warum - und da bin ich wieder beim Intendanten des Hessischen Rundfunks - versuchen wir es dann durch Überregulierung beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk? Und wo, meine Damen und Herren, werden heute Meinungs- und Willensbildungsprozesse, so wie wir sie für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gesetzlich verankert haben, gerade für junge Menschen im Wesentlichen angeboten bzw. vorgenommen? Natürlich im Internet. Wer dort - ich erinnere an die Aussage von Frau zu Salm - nicht präsent ist, wird über kurz oder lang auch in der Medienlandschaft nicht mehr präsent sein. Demzufolge haben wir es bei der Regelung des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrags mit beschränkten oder eingeschränkten Zugängen und Entwicklungsmöglichkeiten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zum bzw. im Internet zu tun. Die hier angebotenen Kompromisse, wie sie in den Vorreden meiner Kolleginnen und Kollegen genannt worden sind, sind aus unserer Sicht schlechte Kompromisse - Stichwort Zwölfter Rundfunkänderungsstaatsvertrag.
Dritter Gedanke - Drei-Stufen-Test: Ich werde mich ausschließlich auf diesen Drei-Stufen-Test in meiner Argumentation beziehen, mich also der Frage des Problems im Zusammenhang mit der SiebenTage- bzw. 24-Stunden-Regelung zur Aufbewahrung von Sendungen im Internet nicht zuwenden, was ich - die Frage von sieben Tagen bzw. 24 Stunden - für ein Grundproblem halte. Wenn Bund und Länder neue Gesetze und Richtlinien erlassen, meine Damen und Herren, haben in der Regel drei Berufsgruppen viel zu tun: Anwälte, Steuerberater und Gutachter. So ist es auch beim Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Der Staatsvertrag ist ein veritables Arbeitsbeschaffungsprogramm für Gutachter. Die Bewerber bringen sich bereits in Stellung. ARD und ZDF müssen zukünftig im Rahmen des sogenannten Drei-Stufen-Testes unabhängige gutachterliche Expertisen über die marktrelevanten Auswirkungen neuer Programmangebote einholen. Es soll dabei geklärt werden - das hat Kollege Seela schon angedeutet -, in welcher Weise bereits bestehende privatfinanzierte Internetangebote durch neue gebührenfinanzierte Onlineangebote beeinträchtigt oder gar gefährdet werden. Da auch die bestehenden Onlineangebote von ARD und ZDF zu beurteilen sind, muss im nächsten Jahr eine ganze
Reihe von Gutachten in Auftrag gegeben werden. Die Kosten gehen in die Millionen. Kein Wunder also, dass ARD und ZDF ob des drohenden bürokratischen und finanziellen Aufwands bereits vom „DreiSeufzer-Test“ sprechen. Der MDR hat hierfür bereits - die konkrete Zahl - 900.000 € eingestellt, das ZDF 1,25 Mio. €. Wenn Sie allein für diese beiden Anstalten die Summen zusammenrechnen, kommen Sie auf über 2 Mio. €. Davon könnte man spielend zig 45-minütige Dokumentationen herstellen. Neben der exorbitanten Auswirkung, was letztendlich auch der Gebührenzahler zahlen wird, sehen wir auch das Problem im Rahmen des Drei-Stufen-Tests in den Aufsichtsgremien, sprich Rundfunkräten. Bislang obliegt diesen Rundfunkräten die publizistische Aufsicht und Kontrolle. Also mehrere 100 ehrenamtlich tätige Vertreter sogenannter gesellschaftlich relevanter Gruppen - z.B. dem Rundfunkrat des WDR gehören 43 Mitglieder an, im ZDF sind es 77 von Kirchen, Parteien Gewerkschaften und anderen Verbänden -, sollen in Zukunft dann auch auf der Grundlage der entsprechenden Gutachten von der bisherigen - ich möchte es so beschreiben - Kontrolle von Programmen zu Entscheidern über Programme werden - welch ein Paradigmenwechsel. Norbert Schneider, Direktor der Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen, hat in diesem Zusammenhang formuliert: „Der Drei-Stufen-Test wird zum Elchtest für die Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Gremien werden.“ Wir, DIE LINKE, melden vorsorglich schon jetzt unsere Zweifel und Bedenken gegenüber dieser Regelung an und werden dies auch durch unsere Ablehnung zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag dokumentieren.
Zwei Schlussbemerkungen: Gerade die in der Medienlandschaft so rasante Entwicklung von Technik muss auch mit Blick auf die Zukunfts- und Entwicklungsmöglichkeiten nicht nur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch ein flächendeckendes Breitbandversorgungssystem intensiv begleitet werden. Hier sind die aktuellen Entwicklungen und die damit verbundenen Maßnahmen unserer Meinung nach noch völlig unzureichend - erste Bemerkung.
Zweite Bemerkung: Ich wünsche mir als Medienpolitiker und auch als Nutzer des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, so wie es Herr Fasco in seiner gestrigen Rede zum parlamentarischen Abend zum Ausdruck gebracht hat, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk die Jagd nach dem Quotenkalb endlich aufgibt. Die öffentlich-rechtlichen Programme müssen sich zu einem Teil aus dem Wettlauf mit den Privaten verabschieden und stattdessen an ihrer Unverwechselbarkeit und ihrer Identität zunehmend arbeiten. Eine hohe Zuschauerzahl ist auch und gerade bei guten Programmen ein Wert, aber es ist ein relativer Wert. Ein Programm, das einzigartig ist, nachhaltig relevant oder innovativ, darf es
nicht schwerer haben, sich intern gegen Programme durchzusetzen, das womöglich mehr Zuschauer erreicht, aber die Kopie eines seelenlosen, beliebigen, gerade angesagten Formats beinhaltet.
Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben formuliert, der Zwölfte Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist ein Kompromiss, mit dem alle leben können. Das glauben wir nicht. Die einen werden leben können und die anderen dahinvegetieren. Danke.
Weitere Redeanmeldungen von Abgeordneten liegen mir nicht vor, vonseiten der Landesregierung auch nicht. Dann kann ich die Aussprache schließen und wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 4/4957 in zweiter Beratung. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei einigen Stimmenthaltungen mehrheitlich so beschlossen.
Damit kommen wir jetzt zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung. Wer für den Gesetzentwurf ist, bitte ich, sich von den Plätzen zu erheben. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Danke schön. Stimmenthaltungen? Bei einer Reihe von Gegenstimmen ist der Gesetzentwurf mehrheitlich angenommen worden.
Als erste Mündliche Anfrage rufe ich auf, die von Herrn Abgeordneten Kalich, Fraktion DIE LINKE, in Drucksache 4/4974.
Passierbarkeit der in Planung, Bau und im Bestand befindlichen Thüringer Autobahntunnel für Gefahrguttransporte
Mit Beschluss des Landtags in der 63. Sitzung am 22. Juni 2007 wurde die Landesregierung aufgefordert, für Thüringer Straßentunnel in Planung, Bau und Bestand Risikoanalysen nach einer einheitlichen Methodik unter Einbeziehung der relevanten europäischen Richtlinien und harmonisierten Sicherheitsnormen sowie der Richtlinie für Ausstattung und Betrieb von Straßentunneln von unabhängigen Einrichtungen durchführen zu lassen und auf dieser Basis unverzüglich einzelfallbezogene Entscheidungen zur Nutzung von Thüringer Straßen
1. Gib es seitens des Bundes ländereinheitliche Regelungen in Bezug auf die Risikoanalysen und wenn ja, welche?
2. Welche Thüringer Tunnel sind entsprechend der oben genannten Regelwerke bereits mit welchem Ergebnis analysiert und klassifiziert und welcher Zeitraum wird noch beansprucht, bis diese Zertifizierung abgeschlossen ist?
3. Welche zusätzlichen Maßnahmen müssen ergriffen werden, um die Möglichkeit des Passierens zu realisieren, und auf welche Höhe belaufen sich die diesbezüglichen Kosten und welcher Zeitraum wird bis zur Realisierung noch beansprucht?