Protokoll der Sitzung vom 07.05.2009

zieherinnen, die heute beschäftigt werden in diesem Bereich. Es sind auch - und das sage ich deutlich - mehr Kinder, die betreut werden und wir haben auch den Rechtsanspruch zwischenzeitlich abgesenkt. Auch das gehört zur Wahrheit dazu.

Wir müssen uns aber auch die Frage stellen, wenn wir über 8.321 Vollbeschäftigteneinheiten im Kindertagesstättenbereich reden: Wie viele müssten es denn laut Gesetz sein und was geschieht denn mit den Erzieherinnen, die in den Einrichtungen diese Betreuung leisten? Wenn man die Zahlen miteinander vergleicht - das Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetz gibt eine klare Norm vor, was die Personalmindestausstattung angeht -, dann stellen wir fest, wir haben in Thüringen wohlgemerkt derzeit eine Größenordnung von etwa 400 Erzieherinnen mehr, die beschäftigt werden, als das Kindertageseinrichtungsgesetz vorschreibt - 400 Vollbeschäftigteneinheiten Erzieherinnen mehr. Die tun das deswegen, weil augenscheinlich die kommunale Seite in vielen Bereichen bereits zusätzlich noch eine Scheibe zu dem drauflegt, was das Kita-Gesetz vorgibt. Wir sagen als CDU-Fraktion, wir finden es richtig und notwendig, wir wollen das auch. Wir haben mit dem Kita-Gesetz eine Personalmindestausstattung formuliert und haben gesagt, bitte schön, ihr als Kommunen, wenn ihr in der Lage seid, wenn ihr das auch für notwendig erachtet, legt entsprechend eurer Leistungsfähigkeit da etwas drauf. 400 Erzieherinnen mehr, die es in Thüringen gibt, müssen selbstverständlich auch in die Betreuungsqualität mit eingerechnet werden. Das geschieht momentan bei all den Studien, die Zahlen miteinander vergleichen, eben nicht. Da wird lediglich das genommen, was im Gesetzestext drinsteht, dann wird formuliert, wo wollen wir gern hin - 2.000 Personalstellen mehr, Herr Matschie - und da wird gesagt, jetzt brauchen wir 2.000 Erzieherstellen mehr. Augenscheinlich ist das nicht so. Es gibt eine ganze Menge Erzieherstellen, die bereits auch mehr in den Einrichtungen sind. Wir wollen, dass sie dort bleiben, wir wollen den Kommunen helfen, dass sie zusätzliche Erzieher auch einstellen können.

Ich will das gern mal an einem Beispiel illustrieren. In der Landeshauptstadt in Erfurt genauso wie in Jena - mein Kollege Seela, wir haben gerade darüber gesprochen - ist es in Erfurt üblich, dass wir mehr Personal zur Verfügung stellen, weil wir der Auffassung sind, dass wir bei den Null- bis Zweijährigen mehr Personal brauchen. Das führt dazu, dass die Stadt Erfurt bereits jetzt einen Personalschlüssel der Null- bis Zweijährigen von 1 : 6 sicherstellt. Jetzt hat sich eine Kollegin der LINKEN Stadtratsfraktion gedacht, na ja, jetzt müssen wir mal fragen, was bedeutet denn das, was der Dieter Althaus da als Wahlgeschenk verkündet. Das heißt, was sind die Auswirkungen für die kommunale Seite,

wie viel müssen die denn drauflegen, müssen die vielleicht die Zeche bezahlen und wie geht denn die Sache aus. Also hat sie die Stadtverwaltung in einer Anfrage damit konfrontiert, erstens, wie viel Geld bekommen wir, zweitens, wie viele Personalstellen bräuchten wir, um auf einen Schlüssel von 1 : 5 bzw. 1 : 8 zu kommen und drittens, wer soll die Differenz tragen. Ich war durchaus angenehm überrascht über die Beantwortung der Anfrage, weil die Beantwortung der Anfrage deutlich macht, die Kommunen tun mehr und sie brauchen Hilfe des Landes, um auf diese Quote zu kommen, die wir gern hätten. Die Stadt Erfurt - Oberbürgermeister Bausewein ist nicht verdächtig, dass er das nur uns zuliebe getan hat, Sozialbeigeordnete Thierbach ganz sicher auch nicht -, Oberbürgermeister Bausewein hat geantwortet, wir bekommen in diesem Jahr, in 2009, vom Land 367.000 € zusätzlich, damit könnten wir 18 Personalstellen zusätzlich finanzieren für die Null- bis Zweijährigen und exakt damit ist der Bedarf gedeckt, 19 bräuchten wir, um auf einen Personalschlüssel von 1 : 5 zu gelangen. Für nächstes Jahr hat er es auch schon mal gleich vorsorglich ausgerechnet und gesagt, na ja, danach bekommt die Stadt Erfurt 2,1 Mio. € vom Land zusätzlich und bräuchte exakt 2,48 Mio. € - also rund 2,5 Mio. € -, um genau 62 zusätzliche Personalstellen zu schaffen, aber 53 bezahlt allein das Land mit dem Geld, was es der Kommune gibt.

Ich sage an dieser Stelle, und das sage ich ganz deutlich, die Kommunen sind auch in der Lage dazu, wenn sie ihren Beitrag dazu leisten, genau diesen Personalschlüssel zu erreichen. Sie wollten das immer im Gespräch mit uns gemeinsam. Es gab die Gespräche vonseiten des Kultusministeriums mit den kommunalen Spitzenverbänden. Ich muss sehr wohl registrieren, es gab nicht eine übergroße Bereitschaft, jetzt vor der Wahl noch zu sagen, wir treffen da auch gemeinsame Entscheidungen. Das darf man hier an dem Pult mal deutlich sagen. Es gab aber immer wieder in Gesprächen das Signal, wir wollen, wir akzeptieren, wir wissen, dass es einen besseren Betreuungsschlüssel gibt und wir müssen nur mal sehen, wer wie was bezahlt.

Prof. Opielka sagt das ganz gut in seinem Gutachten, wer hat bis jetzt was bezahlt und trifft dann auch eine Empfehlung dazu. Er sagt, der Freistaat Thüringen bezahlt mit rund 37 Prozent einen hohen Anteil, die kommunale Seite mit rund 42 Prozent ebenfalls einen hohen Anteil, die Eltern mit 18 Prozent, zumindest im nationalen Maßstab, einen vergleichsweise niedrigen Anteil. Ich habe das hier an der Stelle schon mal gesagt, jetzt müssen wir überlegen, wem können wir welche Lasten aufhalsen, wenn wir tatsächlich zu einer qualitativen Verbesserung kommen wollen. Die Variante, dass es das Land allein bezahlt, scheidet nach meinem Dafürhalten aus.

Auch Prof. Opielka sagt, bitte redet mit den beteiligten Partnern, schaut, wie man eine einigermaßen gerechte Verteilung zwischen allen Beteiligten hinbekommt. Den Eltern wollen wir es auch nicht aufhalsen. Wir haben das hier mal diskutiert, Steigerung von Elternbeiträgen kann nicht unser aller Ziel sein, also bleibt letztendlich als Verhandlungspartner das Land und die kommunale Seite. Genau das fordern wir in unserem Entschließungsantrag, genau das fordern wir vom Kultusministerium, mit der kommunalen Seite eine einvernehmliche Regelung dazu zu treffen, das dann auch in eine gesetzliche Form zu fixieren, denn das ist sehr wichtig, dass wir das tatsächlich dann auch so normieren, dass sich auch die kleineren Kommunen, die nicht so zahlungsbereit oder zahlungsfähig sind, dann in diesem Gesetz wiederfinden und das auch finanzieren und sicherstellen müssen. Das ist sicherlich ein Anspruch. Das haben wir aber in unserem Antrag sehr klar beschrieben.

Dann komme ich auch zu dem zurück, was ich vorhin gesagt habe. Wir wollen, dass dieses Geld, was jetzt fließt, in zusätzliche Betreuungsqualität fließt. Wir wollen festschrieben - und das soll per Verordnung geschehen -, dass das, was bis jetzt mehr geschieht, auch bleibt und dass zusätzlich additiv etwas draufkommt. Wir legen mit dem Antrag, den wir Ihnen heute hier vorlegen, den Grundstein dafür, dass für die Personalentwicklung der Null- bis Zweijährigen und der Zwei- bis Dreijährigen die Quote von 1 : 5 bzw. 1 : 8 erreicht werden kann. Das Land bezahlt mit dem Geld, was wir bereitstellen, über zwei Drittel der Kosten, die dazu notwendig sind. Ich halte das für angemessen, dass wir in Gesprächen mit der kommunalen Seite klären, wie mit dem weiteren Teil verfahren wird. Ich halte das für angemessen, dass wir die kommunale Seite binden, dass sie da, wo sie mehr leisten, auch weiterhin mehr leisten. Ich halte es dann aber auch für richtig, dass wir bei so einer Diskussion wie heute sehr ehrlich sagen, was geht und was nicht geht. Das, was wir Ihnen vorgeschlagen haben, geht, es ist finanzierbar. Das, was Sie uns vorgestellt haben, haben wir im Sozialausschuss errechnet, das kann eine Größenordnung von bis zu 120 Mio. € Mehrkosten bedeuten, 80 Mio. € allein für die 2.000 geforderten Personalstellen, 20 bis 40 Mio. € für das, was an weiteren zusätzlichen Leistungen in diesem Paket noch mit drin ist. Sie haben uns die Antwort nicht gegeben, wer die Differenz bezahlt, die Differenz zu den 60 Mio. €, die Sie an Mehrkosten dem Land aufbürden.

In Ihrem Gesetzentwurf ist klar definiert, 60 Mio. € bezahlt das Land mehr. Der Rest bleibt offen. Ich habe Ihnen mehrfach die Frage gestellt, wem Sie den Rest aufbürden wollen, 40 bis 60 Mio. € - der kommunalen Seite, den Eltern, den Trägern, wem auch immer. Ich halte es für unredlich, wenn man

sagt, wir stellen nur die 60 Mio. € in diesem Bereich zur Verfügung und um den Rest kümmern wir uns nicht. Ich halte es deswegen auch für unredlich, weil Sie in der Diskussion der letzten Tage uns immer wieder vorgeworfen haben, wir würden die Kommunen über Gebühr belasten und die Kommunen würden sich das Geld über den Kommunalen Finanzausgleich sowieso zurückholen müssen von uns. Deswegen geben Sie die Antwort darauf, wie Sie glauben mit den 40 bis 60 Mio. € in diesem Bereich umzugehen. Bis jetzt haben wir diese Antwort nicht erhalten. Deswegen, Herr Matschie, ist es auch unredlich, zu sagen, wir wollen 2.000 Personalstellen mehr. Wir lassen 2.000 gelbe Luftballons aufsteigen mit heißer Luft oder mit Helium gefüllt. Die kommen schneller wieder runter, als dass Sie die Antwort geben können, wie Sie das finanzieren wollen. Selbstverständlich, jemand, der sachlich Politik auch machen möchte, wird Ihnen immer wieder diese Frage stellen, wie Sie denn das zu bezahlen meinen. Ihre einzige Antwort, die Sie darauf geben mit dem vorliegenden Gesetzentwurf, heißt: Eltern das Geld wegnehmen, Landeserziehungsgeld den Eltern wegnehmen, Familienstiftung auflösen. Die können Sie nur einmal auflösen, weil das Geld nicht jedes Jahr wieder zur Verfügung stehen wird, und ansonsten schauen wir mal, wie wir es finanzieren. Das ist unredlich. Deswegen, das habe ich in den letzten Sitzungen deutlich gemacht, haben wir im Sozialausschuss Ihren Antrag abgelehnt und wir werden ihn auch heute hier im Plenum ablehnen. Deswegen, das habe ich aber auch das letzte Mal gesagt, werden wir als CDU-Fraktion Ihnen unsere Vorschläge unterbreiten, was wir in diesem Bereich tun wollen und tun werden.

Ich werbe um Zustimmung zu unserem Antrag. Ich werbe vor allem aber auch um eine sachliche Diskussion in diesem Bereich. Das, was wir emotional in den letzten Monaten, in den letzten Jahren auch erlebt haben, ist eine aufgeheizte Stimmung, ist viel Verunsicherung auch bei Erzieherinnen. Wir waren in dieser Woche erst - Frau Kollegin Taubert, war dabei - bei einer Diskussionsrunde in Gera. Da ist viel Unsicherheit, da ist viel Angst, da ist auch viel berechtigte Kritik bei den Erzieherinnen. Sie haben aber einen Anspruch darauf, dass man ihnen auch erklärt, was jährlich geht, und dass man ihnen nicht Nebel streut und sagt, wir versprechen euch das zu irgendwann und das wird und das geht ganz schnell. Mir haben Trägervertreter im Anschluss an das Gespräch gesagt, 2.000 Erzieherstellen, das ist eine ganz tolle Sache, wo sollen denn die überhaupt herkommen. Habt ihr hin und wieder mal den Markt derzeit an Arbeitskräften beobachtet, was denn an Erzieherinnen derzeit auf dem Arbeitskräftemarkt verfügbar ist? Glaubt ihr denn, wir können das nicht einigermaßen auch einschätzen, wie realistisch die Situation ist, wenn wir heute behaupten, 2.000 Er

zieherstellen, man müsste es nur wollen, wir stellen sie sofort ein.

Herr Matschie, Sie haben mit Ihrer Fraktion einen Antrag vorgelegt, zu dem kommen wir im Rahmen des morgigen Plenums sicherlich noch mal, da fordern Sie das selbstverständlich zusammen gleich in einem Topf mit kostenfreiem Mittagessen, mit 2.000 Erzieherstellen, alles, was Ihnen dazu eingefallen ist, ohne auch nur einen Satz zu sagen, wie das finanziert werden soll. Das ist nicht redlich, das ist Wahlkampf. Aus diesem Grund werden Sie sicherlich von uns nicht erwarten, dass wir das in dieser Form mitmachen. Ich bitte um Zustimmung zu dem von uns Ihnen vorgelegten Antrag. Wir werden den Gesetzentwurf, der uns heute vorliegt, ablehnen. Danke schön.

(Beifall CDU)

Das Wort hat jetzt Abgeordneter Matschie, SPDFraktion.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, Herr Kollege Panse, wenn Sie hier so mit den Worten „redlich“ und „ehrlich“ rumwerfen, dann stellen sich bei mir die Nackenhaare auf. Das muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen.

(Beifall SPD)

Denn Redlichkeit und Ehrlichkeit, das müssen Sie zuerst einmal von der eigenen Fraktion einfordern.

Lassen Sie uns noch einmal einen Blick zurückwerfen. Es war Dezember 2005, als die CDU-Fraktion hier im Landtag beschlossen hat, bei den Kindergärten massiv die Gelder zu kürzen und stattdessen Geld für das Zuhausebleiben zu bezahlen. Das war und bleibt eine falsche Grundentscheidung. Das hat dazu geführt, dass heute 2.000 Erzieherinnen in den Kindergärten fehlen, Herr Panse.

(Unruhe CDU)

Wenn man die Zahlen vergleicht, was das Land den Kindergärten zur Verfügung gestellt hat 2005 und 2009, dann ist dazwischen ein Minus von 48,5 Mio. €. Das ist das Geld, was Sie den Kindergärten weggenommen haben, Herr Panse. Das ist Ehrlichkeit, das ist Redlichkeit, das mal endlich hier einzugestehen.

(Beifall SPD)

(Unruhe CDU)

Dann haben Sie gesagt und behauptet, wir sparen ja nicht insgesamt, wir verteilen nur um. Wenn man sich die Ausgaben für die Familienpolitik anschaut, und zwar insgesamt alle familienpolitischen Leistungen, dann kommt ein ähnliches Bild zustande; Zahlenvergleich zwischen 2005 und 2009 - minus 35 Mio. €, das ist Ihre Politik für Familien.

(Beifall SPD)

Sie haben alle Warnungen in der Debatte in den Wind geschlagen. Sie haben dafür gesorgt, dass das erste Volksbegehren der Eltern, die gesagt haben, wir wollen diese Familienpolitik nicht, wir wollen mehr Investitionen in die Kindergärten, wir wollen nicht das Geld für das Zuhausebleiben; dieses erste Volksbegehren haben Sie vor Gericht gestoppt. Man hätte auch anders damit umgehen können. Man hätte konstruktiv damit umgehen können. Man hätte sich mit den Eltern hinsetzen und gemeinsam nach Lösungen suchen können, aber das war nicht Ihr Interesse. Ihr Interesse war, die eigene Ideologie durchzusetzen und sonst überhaupt nichts.

(Beifall SPD)

Wir haben dann, nachdem Sie das gestoppt haben, einen Gesetzentwurf im Landtag eingebracht. Den haben Sie jetzt fast anderthalb Jahre lang blockiert - fast anderthalb Jahre lang, nur um ihn dann ohne jede weitere Debatte im Ausschuss einfach abzulehnen. Ich finde, das ist kein konstruktiver Umgang mit Vorschlägen für eine bessere Familienpolitik und das gehört auch zur Ehrlichkeit und Redlichkeit dazu. Hinhaltetaktik war das und sonst überhaupt nichts.

(Beifall SPD)

Es war nicht nur SPD oder DIE LINKE, die Ihnen vorgehalten haben, dass wir erheblich mehr Personalbedarf haben. Schauen Sie sich mal den Bertelsmann-Bericht von 2008 „Länderbericht zur frühkindlichen Bildung“ an. Da stellt die Bertelsmann Stiftung fest, dass Thüringen beim Personalschlüssel in die Gruppe der Bundesländer gehört, die in den Kitas die schlechtesten Betreuungsschlüssel haben. Zu einem ganz ähnlichen Ergebnis kommt in Thüringen die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege. Die haben im Sommer letzten Jahres ein Papier dazu vorgelegt, darin heißt es: „Mit dem derzeitig gesetzlich festgelegten Personalschlüssel ist eine ganzjährige Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern nicht zu gewährleisten.“ Das ist die Situation, die wir in Thüringen haben. Da macht es überhaupt keinen Sinn, das, was Sie angerichtet haben, hinterher auch noch schönzureden.

(Beifall SPD)

Ich weiß nicht, in welchen Kindertagesstätten Sie in den letzten Jahren waren. Ich bin in ziemlich vielen Einrichtungen gewesen über die letzten Jahre. Dort war die Situation im Wesentlichen vergleichbar, dass die Kindergärtnerinnen geschildert haben, dass sie an der Grenze der Leistungsfähigkeit fahren, oft über die Grenzen hinausgehen müssen, dass sie länger arbeiten, als eigentlich die Arbeitszeit vorsieht, weil sie sich für die Kinder einsetzen, dass aber der gegenwärtige Betreuungsschlüssel die Umsetzung des Bildungsplans für Kinder überhaupt nicht zulässt. Hier fehlt das Personal in den Kindergärten und das ehrlich einzugestehen, das wäre der erste notwendige Schritt.

(Beifall SPD)

Ich weiß auch nicht, wie Sie das erklären, dass die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege eine Kampagne begonnen hat unter der Überschrift „6 Minuten sind zu wenig“. Wenn alles so toll eingerichtet wäre hier in Thüringen, wie Sie uns das glauben machen wollen, Herr Panse, dann wäre das doch nicht notwendig. Die machen das doch nicht aus Jux und Tollerei. Die machen das, weil es an allen Ecken und Enden knirscht, weil sie sagen, es ist überhaupt nicht mehr zu verantworten, was mit den Erzieherinnen in den Kindergärten passiert. Hier wird auf Verschleiß gefahren, auf Verschleiß von Menschen gefahren. Das ist Ihre Verantwortung, Herr Panse.

(Beifall SPD)

In den letzten Jahren ist überall in der Bundesrepublik über den Ausbau der frühkindlichen Bildung geredet worden. Die Einzigen, die im Rückwärtsgang waren in dieser Frage, war die Thüringer CDU - die Einzigen, die im Rückwärtsgang waren. Alle anderen haben ausgebaut, Sie haben die Zuschüsse für die Kindergärten gekürzt und massiv zusammengestrichen. Sie haben das aus ideologischen Gründen getan, weil Sie meinten, es sei sinnvoller, dass wir das Zuhausebleiben von Kindern bezahlen, als Geld in die Kindergärten zu stecken.

(Unruhe CDU)

Das ist Ihre ideologische Grundphilosophie. Ihr Geschrei zeigt mir doch, dass ich voll ins Schwarze getroffen habe offensichtlich.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Herr Matschie seien Sie mal ein bisschen solide.)

Das war eine ideologische Grundentscheidung und sie widerspricht …

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Goebel zu?

Kollege Matschie, wie viele Kinder sind denn zu Hause geblieben?

Herr Goebel, die Frage ist doch nicht, wie viele Kinder sind zu Hause geblieben, sondern - nein. Kleinen Moment mal.

(Unruhe CDU)

Die Frage ist doch, sind Kinder zu Hause geblieben aus Familien, in denen die Entscheidung gefällt worden ist, wir brauchen das Geld eher in der Familienkasse, als dass wir es uns leisten können, das Kind in den Kindergarten zu schicken. Das ist die Frage.

(Unruhe CDU)

Dafür gibt es genügend Belege.

(Zwischenruf Müller, Kultusminister: Das stimmt doch nicht.)

Herr Minister Müller, vielleicht gehen Sie mal in Kindertagesstätten, die sich in Brennpunktgebieten befinden, wo es viele Familien gibt, die über wenig Einkommen verfügen. Dann können Sie sich die Erfahrungsberichte mal anhören von den Kindergärtnerinnen, die Ihnen bestätigen werden, dass zunehmend Kinder nicht mehr angemeldet werden aus Familien mit niedrigem Einkommen, weil die Familien sagen, wir brauchen das Geld in der Familienkasse. Wir können es uns nicht leisten, das Kind in den Kindergarten zu geben. Das ist die Realität in Thüringen und daran dürfen Sie nicht vorbei diskutieren.

(Beifall SPD)