Protokoll der Sitzung vom 07.05.2009

(Beifall SPD)

Dann nützt es auch nichts, wenn Sie Globalzahlen auf den Tisch legen und sagen, der Rückgang ist ja insgesamt nicht so stark gewesen, weil diese Globalzahlen nicht aussagekräftig sind. Weil wir natürlich beim Anziehen des Arbeitsmarkts den Trend hatten, dass wieder mehr Frauen einen Job gefunden haben und dadurch mehr Kinder in die Kinder

gärten geschickt worden sind. Aber wenn man unter die Zahlenoberfläche schaut und sich anschaut, wie die Verteilung ist, dann gibt es klare Anzeichen dafür, dass gerade Kinder aus ärmeren Familien zu Hause geblieben sind aufgrund Ihrer Maßnahmen.

Sie haben sich da ja sogar bei einem anderen, von Ihnen immer hochgehaltenen Grundprinzip total widersprochen. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie sich der Ministerpräsident - ich weiß auch gar nicht, warum er bei dieser Debatte fehlt, wenn er das zu einem solch wichtigen Thema machen wollte, warum der heute fehlt bei so einer Debatte, ist schwer erklärlich -

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Der hört schon zu.)

hier hingestellt und gesagt hat: Subsidiarität sei das wichtige Grundprinzip und der Staat dürfe nur dort eingreifen, wo der Bürger nicht selbst handeln könne.

Jetzt verraten Sie mir mal, wie es mit diesem Prinzip vereinbar ist, dass wir Familien, die ein ordentliches Einkommen haben, die gar kein zusätzliches Landeserziehungsgeld brauchen, jetzt plötzlich eine staatliche Leistung auszahlen dafür, dass das Kind zu Hause bleibt. Erklären Sie mir mal diese Logik. Diese Logik ist nicht zu erklären.

(Unruhe CDU)

Genauso gut könnten Sie denjenigen, die die Autobahn nicht benutzen, eine Gebühr dafür auszahlen, dass sie diese Autobahn nicht benutzen, sondern auf den Landstraßen unterwegs sind.

(Zwischenruf Müller, Kultusminister: Weil Sie Kinder mit Autobahnen vergleichen.)

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine weitere Zwischenfrage zu?

Nein, ich lasse keine weitere Zwischenfrage zu. Nein, die Frage ist doch, hat der Staat die Aufgabe, Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, oder hat der Staat die Aufgabe, denjenigen Geld in die Hand zu geben, die diese Infrastruktur nicht nutzen? Das ist die Frage. Wenn man nach dem Prinzip geht, der Staat muss nur Aufgaben erfüllen, die die Bürger nicht selbst erfüllen können, dann war Ihre Entscheidung, Familien, die ein ordentliches Einkommen haben, zusätzlich Geld für das Zuhausebleiben der Kinder zu zahlen, eine falsche, eine im Grunde auch

nicht finanzierbare Entscheidung.

(Unruhe CDU)

(Beifall SPD)

Nachdem Sie uns drei Jahre lang erklärt haben, wie toll die Familienpolitik der CDU ist, dass das mit den Stellen in den Kindergärten auch alles wunderbar hinhaut, dass die Opposition Alarmgeschrei macht, kommt jetzt plötzlich das Wendemanöver.

Dieter Althaus ist zurück und erklärt plötzlich, jetzt gibt es 1.000 zusätzliche Stellen für die Kindergärten. Bis vor Kurzem haben Sie noch bestritten, dass es Engpässe gibt beim Personal. Aber gut, das Wendemanöver ist jetzt eingeleitet und Herr Panse hechelt auch kräftig hinterher, wie wir eben gesehen haben. Aber 1.000 Stellen bis 2013 sind bei genauerem Hinsehen nicht ausreichend, denn alle Untersuchungen, die wir haben, die zeigen, allein wenn man auf den Durchschnitt kommen will beim Betreuungsschlüssel, der in der Bundesrepublik üblich ist, fehlen uns 2.000 Erzieherinnen und Erzieher in den Kindergärten. Außerdem will ich noch einmal die Frage stellen: Wer soll Ihnen das überhaupt glauben jetzt so kurz vor der Wahl, nachdem Sie jahrelang etwas anderes behauptet haben? Ich sage Ihnen ganz deutlich, das, was hier angekündigt worden ist, das ist eine ganz klare Mogelpackung und so sehen das nicht nur wir. Der Geschäftsführer des Gemeinde- und Städtebundes, Herr Rusch, hat sich im „Freien Wort“ dazu geäußert, am 30. April, ich darf ihn zitieren - die haben nämlich nachgerechnet, wie Ihre Angabe 1.000 Stellen und das, was Sie finanzieren wollen, zusammenpasst, und dann sagt er dazu: „Wie wir auch rechnen, wir kommen nicht auf die Zahl.“ Ähnliche Aussagen gibt es auch aus der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege, die auch sagen, das, was die CDU da vorgelegt hat, ist eine Rechnung mit vielen Unbekannten. Das ist nicht nachvollziehbar. Deshalb sage ich Ihnen hier in aller Klarheit und Deutlichkeit: Was Sie hier angekündigt haben, das ist das nächste Betrugsmanöver kurz vor einer Landtagswahl. Wir haben das 2004 erlebt, wie sich der Ministerpräsident hingestellt hat und gesagt hat, wir lösen das Problem der Abwasserbeiträge. Wir haben das erlebt und er wusste zu diesem Zeitpunkt, dass das, was er vorgeschlagen hat, nicht verfassungskonform ist. Er wusste es, er hat es wider besseres Wissen vorgelegt, hat das in Gesetzesform durchgesetzt, Sie haben zugestimmt. Jetzt hat das Verfassungsgericht Sie gestoppt und hat nicht einmal nur gesagt „nicht mit der Verfassung vereinbar“, sondern es hat die schärfste mögliche Form gewählt und hat das, was Sie da gemacht haben, für nichtig erklärt, weil es klipp und klar mit der Verfassung nicht vereinbar ist. Diesem Betrugsmanöver, was Sie 2004 gemacht haben, versuchen Sie jetzt das nächste

(Zwischenruf Abg. Jaschke, CDU: Das ist eine pure Unterstellung.)

Aber zum Glück leben wir in einer Demokratie. Man kann für eine bessere Familienpolitik entscheiden, man kann das tun, indem man heute unterschreibt für das Volksbegehren für eine bessere Familienpolitik, wie das Hunderte und Tausende in den letzten Tagen schon getan haben und sich dafür einsetzen, dass endlich wieder mehr in die Kindergärten investiert wird, und man kann auch bei der nächsten Landtagswahl am 30. August eine bessere Familienpolitik für Thüringen wählen und ich bin mir sicher, dass sich viele Bürgerinnen und Bürger dafür entscheiden werden.

(Beifall SPD)

Das Wort hat jetzt Abgeordnete Jung, Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, nachdem wir uns jetzt über ein Jahr in unserem Ausschuss mit unserem Gesetzentwurf beschäftigen durften, und es ist ja heute schon mehrfach gefallen, wissen wir nun durch mehrfache Studien abgesichert, dass wir recht hatten, und ich sage das sehr bewusst, wir hatten recht. Es fehlen Erzieherinnen in den Kitas und das geht auf Kosten des jetzigen Fachpersonals und vor allem auf Kosten der Kinder. Die Argumente haben wir im Ausschuss in zahlreichen Reden, Podiumsdiskussionen usw. und auch hier im Plenum des Öfteren ausgetauscht. Mittlerweile hat diese Erkenntnis - und das hat Herr Panse ausgeführt -, unterstützt von ihrem eigenen Gutachten, auch schon die Landesregierung ereilt. Zu Ihrem Gutachten will ich nur anfügen, dass dieses Gutachten - das können Sie in der Kleinen Anfrage von mir nachlesen, ich habe die Nummer jetzt nicht im Kopf - ohne inhaltlichen Auftrag ausgegeben wurde. Wir haben damals sehr intensiv nachgefragt und für eine Evaluation eines Gesetzes ist das schon etwas merkwürdig, das kann man wirklich so sagen. Aber wie so oft haben wir nichts anderes erwartet als Wahlkampfgeschenke, Verheißungen und geschönte Zahlen. 60 Mio. € sollen für die frühkindliche Bildung ausgegeben werden, auf 1.000 Erzieherinnen sollen sich die Träger, die jetzigen Erzieherinnen und die Kinder, freuen. Die Kinder freuen? Da muss man sich die Frage stellen, wie viel Kinder von den jetzigen Kindern in Kindertagesstätten sind in 2013 eigentlich noch in der Kindertagesstätte; sie werden manche Leistungen überhaupt nicht in Emp

fang nehmen können. Zahlen, deren Größenordnungen mehr als durchsichtig sind. Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Regierung, der CDU-Fraktion vorgehalten bekommen, dass Sie bei den Kitas 50 Mio. € gekürzt haben, versuchen Sie, die Menschen mit 60 Mio. € zu beeindrucken. Sie haben bereits vier Jahre den Kindern gute optimale Bildungschancen im frühkindlichen Bereich verwehrt. Sie planen noch einmal vier Jahre, bis insgesamt 1.000 Stellen wieder geschaffen werden. Noch nicht einmal die Angleichung auf bundesdurchschnittliches Niveau ist damit erreicht, von europäischen Normen überhaupt nicht zu reden. Vielleicht dann noch mal vier Jahre sind insgesamt 12 Jahre, damit ist eine Entwicklung in Gang getreten für Thüringen, der wir uns natürlich entschieden entgegensetzen.

Wenn das Volksbegehren, die Oppositionsfraktionen und Experten mindestens 2.000 zusätzliche Fachkräfte fordern, so sagen Sie ihnen, es besteht Handlungsbedarf. Das haben wir jetzt über 16 Monate vermisst. Wir brauchten eigentlich dieses Gutachten überhaupt nicht, um den Handlungsbedarf wirklich festzustellen.

Sie alle, die in Kindertagesstätten sind, wissen, die Situation in unseren Kindertagesstätten ist prekär. Jetzt täuschen Sie wieder. Die von Ihnen angekündigten 60 Mio. € sind mitnichten in Gänze für die Verbesserung des Personalschlüssels. Allein 35 Mio. € - Herr Panse sagte vorhin 38 Mio. € - davon werden kommendes Jahr für die Ausweitung des Thüringer Erziehungsgelds zur Verfügung gestellt. Sicherlich ein Teil - und ich hoffe einer großer Teil - davon wird in die Kitas zurückfließen, weil ein abgesenkter Rechtsanspruch auch dazu führen wird, dass wesentlich mehr Kinder schon mit einem Jahr die Kita besuchen werden.

Hier noch einmal ein paar Anmerkungen zu dem Erziehungsgeld. Ganz konform, Herr Panse, sind wir beim Erziehungsgeld nicht. Wir sagen, wir sind durchaus dafür, Erziehungsleistungen zu honorieren, das steht außer Frage, aber nicht dadurch, dass das Geld aus dem Kita-Bereich herausgezogen wurde; das haben Sie getan. Wir sind gegen diese Kombination Ihrer sogenannten Wahlfreiheit. Ich werde nie verstehen und ich werde auch nicht müde, das immer wieder zu sagen, warum man diese Bürokratie überhaupt machen muss. Warum bekommen denn nicht die Eltern, die Erziehungsgeld und Erziehungsleistungen zu Hause bringen, auf Antrag dieses Erziehungsgeld, ansonsten fließt das Geld in die Kita. Ich kann nicht nachvollziehen, warum man dieses so machen muss, wie es momentan bürokratisch passiert.

Herr Matschie, mit Ihnen kann ich natürlich auch nicht übereinstimmen. Ich sage auch ganz deutlich,

das war immer unser Ansatz, wir sind dafür, jedes Kind als solches zu betrachten. Damit hat für uns das Kind den Anspruch auf dieses Geld, wenn wir auf der einen Seite sagen Kindertagesstätte und auf der anderen Seite sagen Erziehungsleistung, aber - ich wiederhole es noch mal - unter der Voraussetzung, dass ausreichend Mittel in den Kindertagesstätten zur Verfügung stehen. Zunächst bleiben lediglich 25 Mio. €, die direkt für die Kitas zur Verfügung gestellt werden sollen. Herr Panse sprach vorhin von 21, das sind die Differenzen beim Erziehungsgeld. Das ist nicht mal die Hälfte dessen, was Sie in den Kitas gekürzt haben. Anstatt das parlamentarische Verfahren unseres Gesetzentwurfs zu nutzen und wirklich gesetzliche Regelungen und ein neues Gesetz oder Veränderungen des Gesetzes vorzulegen, werden entscheidende Verbesserungen weiter verschleppt. Mit Ihrem Entschließungsantrag, der uns nun vorliegt, soll es ab dem 1. August pro Kind 20 € mehr für die Kommunen geben. Das wird aber nicht in das Gesetz geschrieben, sondern mittels einer Verordnung soll das angewiesen werden.

Was bedeutet das eigentlich? Es bedeutet wiederholt eine völlig ungleiche Entwicklungsmöglichkeit für die Kinder im Land Thüringen. Das bedeutet, große Städte wie Erfurt, Herr Panse sagt es, oder Gera könnten angeblich davon profitieren, kleine Gemeinden sehr viel weniger. Ich will es Ihnen an der Stadt Gera einfach mal vorrechnen. In Gera gibt es durchschnittlich 700 Geburten im Jahr. Das sind 28.000 € pro Monat, was der Kommune zur Verfügung steht. Wenn man von 3.500 € pro Erzieherin ausgeht, sind das acht Erzieher. Da wir in Gera aber den Rechtsanspruch ab dem ersten Lebensjahr schon lange verwirklicht haben und dadurch natürlich bereits jetzt einen Anteil der Betreuung von über 50 Prozent haben, musste die Stadt nach Ihrem letzten Gesetz über 40 Erzieherinnen in diesem Krippenbereich kündigen. Jetzt schaffen wir acht. Daran sieht man diese Mogelpackung, die das beinhaltet, wenn wir diese Stellen schaffen. Ich bin wirklich gespannt, wie Ihre Verordnung aussehen wird. Nicht nur wir, sondern auch der Gemeinde- und Städtebund befürchtet, ob dann Städte wie Gera, die einer Haushaltskonsolidierung unterliegen, dies wirklich zusätzlich ausgeben dürfen. Auf diese Regelung sind wir wirklich gespannt.

Aber ich will noch mal was zu kleinen Gemeinden sagen. Ihr Entschließungsantrag bringt überhaupt keine Lösung für kleine Einrichtungen. Eine Gemeinde, in der im Jahr zwei Kinder geboren werden, bekommt im Monat 80 €. Wenn diese vier Kinder wirklich in die Einrichtung gehen und wir einen Schlüssel von 1 : 5 haben, können Sie sich selbst ausrechnen, welche Belastung auf diese Gemeinde wirklich zukommt. Für diese Gemeinden gibt es überhaupt keine Entlastung. Der Schlüssel von 1 : 5, den Sie vor

schlagen und den wir natürlich auch als Verbesserung begrüßen, das will ich ausdrücklich sagen, stellt aber auch zu der vorhergehenden Praxis, nicht zu Ihrem Gesetzentwurf, eine Verschlechterung dar. Dort hatten wir schon mal einen Schlüssel von 1 : 4. Im Gesetz stand Betreuung 1 : 8, in der Praxis wurde eine Krippengruppe mit 2 VbE bestückt. Darin lagen auch immer unsere Auseinandersetzungen, ich will das einfach noch mal wiederholen. Wie gesagt, für dieses Jahr heißt das, dass ca. 3,4 Mio. zu erwarten sind. Der Gemeinde- und Städtebund geht davon aus, dass gerade mal 200 Stellen geschaffen werden können. Ich hatte das gleiche Zitat wie Herr Matschie, ich erspare mir das jetzt. Das geht aber nur, wenn das Geld tatsächlich für Personal eingesetzt wird.

Was aber kommt wirklich in das Gesetz - das ist für uns dann die entscheidende Frage - und wann kommt dieses Gesetz? Das fragen sich nicht nur wir, sondern auch die kommunalen Spitzenverbände, die in Sachen Kitas ohnehin etwas verschnupft sind. Ich finde, es war ein sehr schlechter Stil, dass eine Arbeitsgruppe einberufen worden ist und Ergebnisse vorher verkündet worden sind, die dort eigentlich erst erarbeitet werden sollten. Ich erinnere sehr gern an unsere Diskussion im Ausschuss, wo wir gesagt haben, was soll denn jetzt noch mal eine Arbeitsgruppe leisten, wo wir vorher die Ergebnisse verkündet haben. Der Gemeinde- und Städtebund ist aber nicht der einzige, der den Ankündigungen dieser Regierung nicht mehr vertraut. Der Auftakt des Volksbegehrens für eine bessere Familienpolitik hat gezeigt, dass sich viele Menschen in Thüringen nicht mehr auf Ihr Versprechen verlassen wollen, sondern konkrete Festlegungen erwarten. Anders ist für mich nicht zu erklären, warum der zweite Anlauf des Volksbegehrens so erfolgreich gestartet ist. Allein an einem Tag wurden über 3.000 Unterschriften für die Zulassung zu einem zweiten Anlauf gesammelt, obwohl mehr als sechs Wochen Zeit sind. Ich will Herrn Althaus sehr gern an dieser Stelle auch mal korrigieren, der zweite Anlauf besagt überhaupt nicht, dass das Erziehungsgeld abgeschafft wird, das steht da nicht drin, und er besagt auch nicht, dass die Stiftung FamilienSinn abgeschafft wird, das steht auch nicht drin. Aber in dem Interview, warum gegen das Volksbegehren geredet wird, war gestern in der TA zu lesen. Ich denke, die Entschlossenheit der Eltern ist wirklich zu erkennen, wenn Eltern vier Jahre an so einem Prozess festhalten, wo die Kinder zum Teil nicht mal mehr in den Einrichtungen sind, dann kann man an dieser Stelle diesen Eltern wirklich nur danke sagen.

Wie immer bei den großen Ankündigungen der Regierung wissen die Menschen nicht, was sie nun wirklich erwartet. Gibt es mehr Erzieherinnen in ganz Thüringen oder in kleinen Einrichtungen? Was

passiert da mit den 80 €? Kommt überhaupt Geld bei den Kommunen an? Werden bürokratische Hindernisse abgebaut oder müssen wieder viele unsinnige Papiere ausgefüllt werden? Für uns ist eins klar: Wenn Sie mit Ihren unverbindlichen Ankündigungen weitermachen, wird es auch im Jahr 2013 keine 1.000 zusätzlichen Vollzeitstellen in Thüringen geben. Uns freut jedoch, dass sich die Menschen kein X vor dem U mehr vormachen lassen. Ihr Versuch, dem Volksbegehren mit großen Zahlen den Wind aus den Segeln zu nehmen, ist gescheitert. Herr Fiedler hat heute in der Aktuellen Stunde gesagt, wenn wir Geld in die Hand nehmen müssen, dann tun wir es. Alle sagen, wir müssen, also tun wir es. Unsere Fraktion wird sich trotz aller Kritik an Ihrem Antrag - weil wir hoffen, dass es zu einer Verbesserung führt - dem Entschließungsantrag nicht verwehren, schon aus einem einzigen Grund, dass Sie nicht sagen können, dass Sie die Verbesserungen herbeigeführt haben. Wir werden uns dem nicht verwehren, wir werden bei der Kritik bleiben. Es ist nur ein erster Schritt, es ist nicht ausreichend und wir hoffen, dass die Menschen es erkennen, um am 30. August genau diese Entscheidung treffen zu können.

(Beifall DIE LINKE)

Seitens der Abgeordneten liegen mir jetzt doch Redeanmeldungen vor. Für die CDU-Fraktion Herr Abgeordneter Panse, bitte.

Dafür durfte ich ja auch als Erster reden. Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Werter Herr Kollege Matschie, das bleibt ja nicht so unwidersprochen hier im Raum stehen, was Sie verkündet haben. Sie haben zwar während meiner Rede ja augenscheinlich im Raum gesessen, aber ganz offensichtlich nicht zugehört. Ich habe sehr wohl weder hier etwas schöngeredet noch etwas versucht zu beschönigen, sondern es lediglich erklärt, wie die Situation ist, habe auch erklärt, was wir tun. Das, was Sie hier an einigen Stellen vorgetragen haben, das war nicht nur unredlich, das war schlichtweg gelogen. Volksbegehren heißt nicht Volksverdummung. Dass das erste Volksbegehren gescheitert ist, lag daran, dass es verfassungswidrig war, nicht daran, dass es der CDU nicht gefallen hat, sondern es war verfassungswidrig. Sie als Berater, der dieses Volksbegehren mit Ihrer Fraktion mitgeschrieben haben, tragen die Verantwortung, dass ein verfassungswidriges Gesetz gegebenenfalls hier das Parlament passiert hätte. Genau deswegen hat das Verfassungsgericht gesagt, es ist verfassungswidrig und wurde gestoppt. Nehmen Sie das bitte

zur Kenntnis, weil es objektiv ja für jeden auch nachlesbar ist. Stellen Sie sich hier vorn nicht hin und versuchen Sie im Stil von Volksverdummung den Leuten etwas anderes zu erklären. Das ist der erste Punkt.

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Sie haben keine Ahnung.)

Nein, Herr Matschie, das ist ja geschwindelt, was Sie machen und das ist eben nicht redlich. Auch in einem Wahlkampf ist das nicht redlich, das hat Ihnen ja selbst Kollegin Jung an einer Stelle hier gesagt.

Ein weiterer Punkt: 48 Mio. € den Kitas weggenommen, das ist genauso gelogen. Sie unterschlagen bei jeder Diskussion, dass - wie es Frau Jung auch gerade vorgerechnet hat - 25 Mio. € Landeserziehungsgeld bei Abtretungserklärung den Kitas wieder zufließen - bei jeder der Diskussionen. Sie stellen sich unisono hin und sagen 48 Mio. € den Kitas geklaut, deswegen fehlen jetzt 2.000 Erzieherstellen. Das passt alles mit rechnen zusammen, 48 Mio. € führen nicht zu 2.000 Erzieherstellen, das wissen Sie und 48 Mio. € sind auch nicht richtig, weil eben 25 Mio. € als Landeserziehungsgeld weiter in die Kindertagesstätten fließen.

Ein dritter Punkt: Sie haben sich hier vorn hingestellt und haben gesagt, wir hätten im Sozialausschuss das Gesetz ohne weitere Debatte abgelehnt. Das ist gelogen. Das lag aber daran, dass Sie im Sozialausschuss augenscheinlich kein einziges Mal teilgenommen haben. Genau zu jeder SozialausschussSitzung haben wir zu dem Thema diskutiert, sehr wohl, Anhörungen veranstaltet, Prof. Opielka eingeladen, Prof. Winkler eingeladen, uns mit dem Gutachten auseinandergesetzt in nahezu jeder Sitzung. Sich hier vorn hinzustellen und zu sagen, wir hätten das ohne weitere Beratung abgelehnt, ist unredlich und gelogen, Herr Matschie,

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Wie lange hat die Beratung in der letzten Sit- zung gedauert? Eine oder zwei Minuten?)

weil Sie an keiner einzigen dieser Beratungen, nicht einmal an den Anhörungen teilgenommen haben.

Ein dritter Punkt: Sie beklagen die Situation der Kitas in Thüringen und blenden dabei völlig aus, wie die Kita-Situation in ganz Deutschland aussieht. Gestern gab es in ganz Deutschland Streiks in Kindertagesstätten, nicht in Thüringen, aber in ganz Deutschland gab es Streiks in Kindertagesstätten, weil überall die Kritik daran besteht, dass man in den Kindertagesstätten einen Happen drauflegen kann. Ich habe das vorhin deutlich gesagt, dass es in den einen Einrichtungen um mehr Betreuungsqua

lität geht, in anderen Ländern um mehr Betreuungsquantität geht, in den dritten Länder es darum geht, dass man überhaupt erst mal Plätze bereitstellt. Stellen Sie sich hier vorn bitte nicht hin und suggerieren den Menschen im Freistaat Thüringen, uns geht es hier in Thüringen außerordentlich schlecht. Ich habe vorhin sowohl die Betreuungsquoten als auch die Betreuungsrelationen als auch das, was von allen anderen Bundesländern anerkannt wird, hier dargestellt und das ist eben diese hohe Zahl an Kindern, die eine Einrichtung besuchen. Das ist augenscheinlich die Situation, dass die Eltern den Kindertagesstätten vertrauen und das ist aber auch, dass wir in Thüringen uns auch jetzt schon als einzige einen Rechtsanspruch ab zwei Jahren leisten - als einzige. Kein anderes Bundesland tut das.

Ein letzter Punkt, Herr Matschie, und da enttäuschen Sie mich wirklich: Wenn Sie fragen, warum wir Eltern, die Kinder in häuslicher Gemeinschaft betreuen und erziehen, unterstützen und warum das so sein soll, da sage ich Ihnen ganz deutlich, ein Blick in Verfassung und Grundgesetz reicht. Das steht wörtlich in Grundgesetz und Verfassung: Eltern, die Kinder in häuslicher Gemeinschaft betreuen und erziehen, verdienen Förderung und Anerkennung. Förderung und Anerkennung - nicht nur Anerkennung in Sonntagsreden, dass man denen sagt, wie schön das ist, liebe Eltern, dass ihr das zu Hause tut, sondern auch Förderung. Das tun wir, das tun wir mit dem Landeserziehungsgeld, wohlgemerkt auch für die Eltern, die sich in sozial schwieriger Situation befinden und ihr Kind zu Hause betreuen. Weil, da hat nämlich Frau Jung ausnahmsweise völlig recht, auch dieses Kind uns gleich viel wert ist. Wenn die Eltern ihr Kind zu Hause betreuen, sehr wohl können die das qualitativ ordentlich tun. Und wenn sie das deswegen tun, weil das Familieneinkommen nicht ausreicht, bei jemandem, der Sozialhilfeleistungen empfängt, sollten Sie sich als jemand, der in der Bundesregierung mal Mitverantwortung getragen hat, als Hartz-IV eingeführt wurde, die Frage stellen, ob die Hartz-IV-Regelsätze auskömmlich sind.

(Beifall CDU)

Wenn diese Eltern diese 150 € auch nehmen, um sie dem Familieneinkommen zugutekommen zu lassen, ihre Kinder vernünftig betreuen, mit ihren Kindern vernünftig umgehen, haben Sie nicht das Recht, sich hier vorn hinzustellen, diese Eltern schlechtzureden, diesen Eltern zu misstrauen und zu unterstellen, sie würden das zu ungunsten ihrer Kinder tun. Das ist unredlich, Herr Matschie, das weise ich für die CDUFraktion entschieden zurück.

(Beifall CDU)