(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Das ist doch Quatsch, was Sie erzählen.)
Nein, das ist kein Quatsch. Sie müssen mal mit mir eine Woche durch dieses Land ziehen, da können Sie sich das anschauen.
(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Na, das kenne ich, mein Guter.)
Ja, machen Sie das mal, die CDU glänzt dort meist durch Abwesenheit und lassen die Kommunalpolitiker und die Bürger aufeinander los und sich die Köpfe einschlagen und Sie ziehen sich zurück. Das ist einfach unanständig.
(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Wenn wir es so machen würden wie Sie, dann ja.)
Wenn ich eingestehe, dass ich Mist gebaut habe, muss ich dafür geradestehen. Ich mache das beispielhaft. Okay.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Wassergesetz ist ein guter Ansatz, aber die Aufgabenträger können mit dem Problem nicht alleingelassen werden. Nicht sie können allein über dezentrale Einrichtungen entscheiden, weil das Land weitestgehend vorher zentrale Einrichtungen geplant hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hatte schon dazu gesagt, die Erstattung der gestundeten Beiträge oder die Privilegierung ist ein Eingeständnis, dass diese Grundstücke überhaupt nicht an eine Anlage angeschlossen werden sollen, damit sind die Anlagen überdimensioniert. Da sehen wir aber durchaus einen Ansatz. Wir bitten wirklich, insbesondere auch den Umweltminister, weil der die fachlichen Dinge begleitet, der Innenminister ist eher für die rechtsaufsichtlichen Dinge zuständig, wir brauchen einen Dialog mit den Aufgabenträgern: Was machen wir mit den 3,9 Mrd. €, die noch nicht investiert sind? Wo können wir dort tatsächlich ein
sparen? Wir sind überzeugt, bei einer konsequenten Orientierung auf dezentrale Anlagen kann ein Großteil dieser 3,9 Mrd. € gespart werden. Dann stellt sich manche Frage anders dar, aber da dürfen Sie heute nicht das Signal aussenden, investiert mal die 3,9 Mrd., weil 25 Prozent übernehmen wir auf alle Fälle. Das ist das falsche Signal.
Wir können uns im Ausschuss darüber - ich lasse mich gern belehren, Herr Mohring, wenn ich da etwas verkehrt interpretiert habe, dann können wir das gern im Ausschuss beraten. Ich habe es so interpretiert. Ich will nur nicht, dass tatsächlich die Aufgabenträger vom Gesetzgeber dieses Signal bekommen, also lassen Sie uns darüber diskutieren.
Das Rumdoktern am System wird uns nicht davon befreien, dass wir uns im Landtag nicht mehr mit der Sache beschäftigen müssen. Ich will auf zwei Dinge hinweisen. Auch dieser Gesetzentwurf löst rechtliche Probleme nicht, wenn man im System verbleibt, es bleiben also rechtliche Unsicherheiten und Anwendungsprobleme. Das wissen Sie. Seit vier Jahren streiten die Aufgabenträger und die Bürger: Was ist ein nicht bebautes Grundstück? Der Wille des Gesetzgebers war es bei der Privilegierung, dass nur das Grundstück beitragspflichtig sein soll, wo auch Abwasser anfällt. Das war der Grundgedanke, deswegen soll das unbebaute Grundstück erst dann beitragspflichtig werden, wenn es bebaut wird. Jetzt haben wir viele Grundstücke, da steht nur eine Garage, ein Carport oder ein Schuppen drauf. Da sagen die Aufgabenträger, gilt als bebaut nach Thüringer Bauordnung, also beitragspflichtig. Da verstehen die Leute wieder nicht, warum sie für ein Grundstück mit einer Garage einen Abwasserbeitrag bezahlen sollen, obwohl kein Abwasser anfällt. Da sehen wir, das lösen wir mit dem Gesetzentwurf nicht. Oder die Frage: Wie ist die 130-Prozent-Regelung zustande gekommen? Sie erscheint sehr willkürlich und ich vermute, dass irgendwann ein Gericht auf diese 130-Prozent-Regelung kommt, weil man sagt, warum nicht 125 Prozent oder 145 Prozent. Die 130-Prozent-Regelung...
Nein, gibt es nicht. Gut, zeigen Sie es mir, ich lese es gern nach. Ich lese so gern. Wir haben es nicht gefunden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, seit 1994 versucht der Thüringer Landtag und die Landesregierung das Gesetz so hinzubiegen, dass es rechts
sicher ist, dass der Bürger damit hinkommt und die Aufgabenträger, und es ist nicht gelungen. Deswegen stellen wir die Frage: Ist es wirklich reformierbar? Da bitten wir die Landesregierung, die CDU, aber auch die SPD sich dem Dialog darüber nicht zu verweigern, ist es wirklich reformierbar. Auch die Frage der Bürgerbeteiligung, da wurden Verbraucherbeiräte eingeführt als völlig wirkungslos. Herr von der Krone weiß das. Wir in Arnstadt sind gemeinsam in einem Verbraucherbeirat. Es hat 10 Jahre gedauert, bevor der Zweckverband gesagt hat, wir machen einen. Jetzt lassen die uns mit ausgestreckter Hand einfach verkümmern. Da sagt der Zweckverband, wir beantworten einfach Fragen nicht. Herr von der Krone, der den Schlamassel verursacht hat, der soll ihn jetzt reparieren, er hat ja die Fronten gewechselt. Er war mal Vorsitzender, also Chef des Zweckverbands und ist jetzt stellvertretender Chef des Verbraucherbeirats. Das ist auch interessant. Aber das haben wir geschickt gemacht, weil wir dachten, der kennt sich ja aus. So, aber er macht es eben nicht, sondern lässt es zu, dass die Werkleitung einfach sagt, Fragen beantworten wir nicht, warum auch. Da sitzen wir da, schauen uns an und zum Schluss verliert man die Lust und dann haben die Bürgermeister das geschafft, was sie wollten. Die Bürger wenden ich völlig entnervt ab, der Bürgermeister von Arnstadt verklagt seine Bürger, weil die ein Bürgerbegehren machen. Ich frage mich, was in diesem Land los ist, also völlig unbrauchbar.
Jetzt die Frage: Warum halten Sie noch an dem überalterten System so krampfhaft fest und versuchen daran rumzudoktern.
(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Was denn für ein System?)
Herr Scherer, Sie sind ja feige, Sie sind richtig feige. Ich habe Sie als mutigen Menschen eingeschätzt, aber Sie sind feige. Sie verstecken sich hinter dem Verfassungsgerichtsurteil und sagen, die hätten dort reingeschrieben, Abwasserbeiträge können nicht abgeschafft werden.
Anstatt sich hinzustellen und zu sagen, ich will sie nicht abschaffen, das wäre doch ein Wort. Aber den Mut haben Sie nicht, Sie verstecken sich hinter neuen Verfassungsrichtern.
Das ist auch nicht gerade die feine Art als Innenminister. Sie sind ja auch für die Polizei zuständig.
Wenn die Polizisten so feige wären wie Sie, ach dann großer Gott, dann hätten wir nicht die Aufklärungsquote, auf die Sie so stolz sind. Das heißt, Sie sollten genauso viel Mut zeigen wie Ihre Polizisten und dann funktioniert das. Also sagen Sie den Leuten, was Sie wollen, und verstecken Sie sich nicht hinter dem Verfassungsgericht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf erinnern, von den 2,2 Mio. Einwohnern in Thüringen sind 1,1 Mio. -
ja, ja, gut, dann sind es 2,4 -, aber 1,1 Mio. sind von den Problemen der Beitragserhebung in Thüringen nicht mehr tangiert, nicht mehr betroffen, weil 47 Aufgabenträger - und das sind besonders große, z.B. die Stadt Erfurt und das gesamte Umland - kennen diese Form der Refinanzierung abwassertechnischer Einrichtungen nicht mehr. Herr Scherer, jetzt müssen Sie auch mal sagen, wenn Sie sagen, das geht nicht, dann handeln ja offenbar ein Teil der Aufgabenträger verfassungswidrig - das unterstelle ich denen nicht. Aber die Frage ist doch, wenn schon die Hälfte der Thüringer Bevölkerung nicht mehr davon betroffen ist, warum dann nicht zumindest diskutieren, dass die andere Hälfte davon auch befreit ist.
Wir haben es untersucht, die Aufgabenträger, die keine Beiträge erheben, die haben nicht die höchsten Gebühren, weil ja immer der kausale Zusammenhang hergestellt wird. Es gibt natürlich einen kausalen Zusammenhang und ich kann nicht nur die Beiträge abschaffen und alles auf die Gebühr umlegen, das geht nicht, da muss ich auch ein bisschen hinsichtlich der Bilanzierung etwas machen, da lässt das Gesetz ja manches verschwommen zu, z.B. Verzicht auf die Verzinsung des Eigenkapitals, das wäre eine Maßnahme, um kostendämpfend zu wirken. Darüber kann man diskutieren. Übrigens hatte Herr Baldus das mal thematisiert, als der noch Innenstaatssekretär war, er hatte nur das Problem, dass in Ihrer Fraktion offenbar keine Bereitschaft war oder keine Leute waren, die diese betriebswirtschaftlichen Zusammenhänge nachvollziehen wollten, aber die gibt es. Deswegen fordern wir Sie noch mal auf: Was für 1,1 Mio. Thüringerinnen und Thüringer geht, muss auch für den Rest zumindest diskussionswürdig sein, und nicht gleich von vornherein sagen, das geht nicht. Ich weiß ja, warum Sie keine Beiträge abschaffen wollen, Sie
haben Angst davor und wollen nicht, dass dann der Bürger weiß, was die Behandlung - es geht um Fäkalien - der Fäkalien kostet. Denn wie ist es denn jetzt? Der Bürger muss Beiträge bezahlen, er bezahlt eine Grundgebühr, er bezahlt eine Einleitungsgebühr und er bezahlt eine Oberflächenwassergebühr. Zum Schluss weiß er überhaupt nicht, was kostet denn die Behandlung dieser Fäkalien. Wenn wir die Beiträge abschaffen, dann haben wir eine reale Kostenstruktur und dann kann man auch interkommunal vergleichen
und dann kann man Fragen stellen. So wird das verschleiert und das ist vielleicht ein Grund dafür, dass Sie sich so vehement dagegen wehren.
Meine Damen und Herren, noch zwei Anmerkungen - die Erste: Wir vermissen eine Regelung für die Straßenausbaubeiträge. Das ist der zweite Komplex, 2007 angekündigt, ich hatte ja heute die Anfrage gestellt. Man versteckt sich hinter einem Gutachten. Ich darf daran erinnern, wir haben jetzt das Urteil, wir haben aber die Entscheidungen aus Sachsen. Wir haben andere Länder, die ja anders verfahren. Baden-Württemberg hat die Straßenausbaubeiträge schon vor mehr als 10 Jahren abgeschafft. Da könnte man ja mal mit Baden-Württemberg in den Kontakt treten. Ich weiß nicht, warum wir auf ein Gutachten über ein Jahr warten. Ich kann Ihnen doch sagen, was in dem Gutachten drinsteht, nämlich das, was Sie in Auftrag gegeben haben. Das kenne ich doch, das ist doch nun nicht so, dass das nun ein wertneutrales Gutachten wird.
(Zwischenruf Scherer, Innenminister: Dann können Sie doch zufrieden sein, wenn Sie es eh schon wissen.)
Aber Sie wollen vor den Landtagswahlen nicht Farbe bekennen, da wollen Sie nicht sagen, was ist. Da müssen Sie mal überlegen, 300 Kommunen können ihren Bürgern nicht sagen, was wird mit den Ausbaumaßnahmen, die seit 1991 realisiert wurden. Wir müssen ja bis 1991, wenn wir das Gerichtsurteil des OVG in der jetzigen Rechtslage anwenden, bis 1991 rückwirkend, 20 Jahre rückwirkend, die Straßen sind schon längst wieder verschlissen und werden jetzt das zweite Mal gebaut. Das geht nicht und deswegen muss eine Lösung her.
gene Änderungsanträge erarbeitet, die werden wir nachher in die Ausschuss-Sitzung einbringen, weil wir wollen, dass sie mit in die Anhörung kommen. Ich gehe mal davon aus, die CDU wird das nicht verweigern, weil wir natürlich wollen, dass die Anzuhörenden sich auch mit unseren Änderungsanträgen auseinandersetzen. Dann können wir das Für und Wider diskutieren. Es war gar nicht so leicht, Änderungsanträge dort zu formulieren, wenn man im System bleibt, weil, es ist tatsächlich so, 20 Jahre Fehlentwicklung sind nur schwer korrigierbar. Eigentlich müsste man sagen: Schluss und wir fangen neu an.
Aber ich glaube, es ist uns gelungen. Unser Ziel bleibt die Abschaffung der Abwasserbeiträge und der Straßenausbaubeiträge, aber als Zwischenlösung sagen wir: Vorrang der Gebührenrefinanzierung und ein Verrechnungsmodell mit bereits gezahlten Beiträgen, weil wir kein Förderprogramm für Banken wollen. Sie machen jetzt wieder ein Förderprogramm mit Banken, weil, die meisten dieser 1,9 Mrd. € sind Zinsen, die zu bezahlen sind. Das ist nicht unsere Aufgabe, das Wohl und Wehe der Banken im Blick zu haben, sondern unsere Aufgabe ist, den Landeshaushalt, den kommunalen Haushalt und die Bürger im Blick zu haben. Bei den Straßenausbaubeiträgen wollen wir keine Rückwirkung, weil wir wollen, dass die Gemeinden vorher entscheiden bevor sie bauen, wie sie es refinanzieren. Und wir wollen dort die sächsische Regelung als Mindestlösung, also dass die Gemeinden selbst entscheiden können, ob und in welcher Höhe Beiträge erhoben werden. Auch dort wollen wir als Alternative, dass Gemeinden auf Beiträge verzichten können, wenn sie im Rahmen der Grundsteuererhebung dann die entsprechende Refinanzierung auch der Straßenausbaumaßnahmen realisieren.
Insgesamt eine spannende Diskussion, deshalb auch spannend vor den Landtagswahlen, da können die Wähler dann die unterschiedlichen Konzepte vergleichen und können auch davon ihre Wahlentscheidung abhängig machen. Insofern sind wir durchaus der CDU-Fraktion dankbar, dass sie den Mut hatte, das Gesetz vorzulegen, Mut, den die Landesregierung bedauerlicherweise nicht aufgebracht hat. Aber es ist egal, die Bürger haben jetzt die Möglichkeit, diese Diskussion öffentlich zu verfolgen. Insofern werden wir unseren Beitrag dazu leisten, dass tatsächlich noch vor den Landtagswahlen hier im Landtag eine entsprechende Entscheidung getroffen wird. Danke.
Herr Abgeordneter Kuschel, gestatten Sie eine Anfrage durch die Frau Abgeordnete Taubert? Bitte, Frau Taubert.
Herr Kuschel, Sie haben ja unterschiedliche Lösungsansätze von Ihrer Fraktion angekündigt und es geht aber am Ende immer wieder ums Geld. Sie haben ja ausgeführt jetzt gerade, ums Geld geht es eigentlich nicht. Aber selbst wenn ich jetzt annehme, dass Sie weniger Gesamtinvestitionen wollen durch alternative Bauausführung, das kostet ja trotzdem Geld. Jetzt ist meine Frage an Sie: Wer übernimmt es dann für die Zukunft, aber auch für die Vergangenheit, wenn die Abwasserbeiträge in Thüringen abgeschafft würden zu dem jetzigen Zeitpunkt?
Danke für die Frage. Wir haben jetzt unsere Modellrechnung grob abgeschlossen. Unser Modell wird insgesamt zusätzliche Kosten von 700 Mio. € verursachen. Ihr Modell kostet 1,9 Mrd. €, ohne dass sicher ist, dass es funktioniert.