Protokoll der Sitzung vom 24.02.2005

Danke schön. Weitere Wortmeldungen liegen mir jetzt nicht mehr vor. Damit schließe ich die Aussprache zum 2. Komplex - Einzelplan 03.

Ich rufe auf den 3. Komplex - Einzelplan 04 - Kultusministerium - und die Artikel 10 und 11 des Thüringer Haushaltsstrukturgesetzes. Die vereinbarten Redezeiten sind wie folgt: CDU 26 Minuten, PDS 20 Minuten, SPD 14 Minuten. Auch hier verlängert sich die Redezeit der Fraktionen nach 8 Minuten Redezeit der Landesregierung. Als Erstes hat sich zu Wort gemeldet Abgeordneter Döring, SPDFraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, auch nach 14 Jahren Zugehörigkeit zu diesem Hause gibt es für mich noch Momente, in denen mich angesichts des Regierungshandelns blanke Fassungslosigkeit überfällt. Einen solchen Moment hatte ich, als ich erstmals den Haushaltsentwurf im Bildungsbereich zu Gesicht bekam. Immerhin 34,5 Mio.  sollen hier eingespart werden und dies trotz der inzwischen, denke ich, als Allgemeingut gewordenen Tatsache und die Bildung - und die Enquetekommission hat das ausdrücklich betont - der Erkenntnis, dass wir die Investitionen deutlich und nachhaltig erhöhen müssen, wenn wir im globalen Wettbewerb der Wissensgesellschaft wirklich auf Dauer eine Chance haben wollen. Die Landesregierung, und davon bin ich überzeugt, kümmert das offenbar herzlich wenig. Damit nicht genug: Obwohl an den Thüringer Schulen Jahr für Jahr Hunderte von Unterrichtsstunden wegen Lehrermangel ausfallen, geht der Personalkahlschlag im Schulwesen unvermindert weiter. 1.156 Lehrerstellen sollen in diesem Jahr gestrichen werden. Wie passt dies zusammen? Ein anderes Beispiel: Das neue Kultusministerium hat sich

nach eigenen Angaben das lebenslange Lernen zum Leitmotiv erkoren. Gleichzeitig sollen die Mittel für die Erwachsenenbildung um 46 Prozent reduziert werden, was unweigerlich zum Zusammenbruch der in den vergangenen Jahren aufgebauten und gut funktionierenden Erwachsenenbildungsstrukturen in Thüringen führen wird. Wer kann das nachvollziehen, Herr Minister? Ich jedenfalls nicht. Auch die Schuljugendarbeit, vor wenigen Jahren erst etabliert und vom Kultusministerium seiner Zeit als Thüringer Weg zum Ausbau schulischer Ganztagsangebote gefeiert, wird durch den Landeshaushalt plötzlich wieder zur Disposition gestellt. Sie soll mit gerade einmal 48 Prozent der bisherigen Mittel über die Runden kommen dies, obwohl die Schuljugendarbeit von den Schulen gut angenommen worden ist, obwohl zahlreiche, oftmals langfristig angelegte Projekte entstanden sind, deren weitere Existenz nun akut gefährdet erscheint. Wo ist hier die Rationalität des Regierungshandelns? Ich vermag sie nicht zu erkennen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wenn ich mir Ausmaß und Folgewirkung des von der Landesregierung geplanten Kahlschlags im Bildungsbereich vor Augen führe, bin ich fast geneigt, mir den Minister Krapp zurückzuwünschen. Damals hatten wir noch bildungspolitische Stagnationen in Thüringen zu beklagen; heute geht es bereits um die Zerschlagung bewährter Bildungsstrukturen.

(Beifall bei der SPD)

Ein Beispiel dafür bieten die beabsichtigten drastischen Einschnitte bei der Lernmittelfreiheit. Das Kultusministerium will nicht nur die Landesaufwendungen für Lernmittel um 40 Prozent reduzieren, sondern auch den entstehenden Fehlbetrag von 2,6 Mio. (    )* nen laut Artikel 10 Abs. 2 des uns vorgelegten Haushaltsstrukturgesetzes künftig an den Kosten der Lernmittel beteiligt werden. Dies ist nichts anderes als eine Aushöhlung der Lernmittelfreiheit.

(Beifall bei der SPD)

Aber wahrscheinlich ist die Lernmittelfreiheit in den Augen des Kultusministers ohnehin ein ebenso verzichtbares Relikt wie die Schülerspeisung. Aus dieser realitätsfernen Perspektive ist es nur konsequent, wenn man den Haushaltansatz für das Schulessen auf 0   % * munalen Schulträgern Belastungen aufgebürdet werden, die sie angesichts der von der Landesregierung beabsichtigten drastischen allgemeinen Kürzung nicht werden schultern können, fällt dabei offenbar nicht ins Gewicht. Es kümmert die Regierung genauso wenig, dass die so entstehenden Mehrkosten für die

Schülerspeisung zwangsläufig an den Thüringer Eltern hängen bleiben werden. Es geht für die betroffenen Eltern eben nicht nur um 26 Cent mehr oder weniger, Herr Minister Goebel.

Meine Damen und Herren, ich denke, es ist allen deutlich geworden, warum die SPD einem solchen Bildungsetat nicht zustimmen kann. Wir lehnen die von der Landesregierung beabsichtigte Zerschlagung bewährter Bildungsstrukturen ebenso vehement ab wie die geplante Kostenverlagerung auf die kommunalen Träger und die Thüringer Eltern. Unsere Änderungsanträge zum Bildungsetat liegen Ihnen vor. Ich bitte Sie mit allem Nachdruck darum, ihnen zuzustimmen. Nur so wird es möglich sein, einen bildungspolitischen Kahlschlag erschreckenden Ausmaßes abzuwehren. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Danke. Das Wort hat Abgeordnete Dr. Klaubert, PDSFraktion.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, schwergewichtig ist ja schon der Einzelplan 04.

(Heiterkeit bei der PDS)

Wir finden im Einzelpan 04 zusammengefasst den eigentlichen Reichtum Thüringens. Der Freistaat verfügt über eine reiche und vielfältige Kulturlandschaft. Forschung und Entwicklung sowie die Thüringer Hochschulen haben einen guten Ruf und die Bildungsenquete gab wichtige Hinweise für die Gestaltung von Bildungslandschaft und Bildungssituationen. Nun hätte man meinen können, dass gerade im Jahr 2005, dem Schiller- und Einsteinjahr, für und aus Thüringen neue Akzente für die Entwicklung dieser wertvollen Ressourcen gesetzt werden. Aber offensichtlich ist es mit dem Schiller und dem Einstein genauso wie mit dem Cranach - das Cranachjahr hatten wir ja gründlich verpennt. Seit dem letzten Sommer bündelt nun ein neues Kultusministerium die verschiedenen Bildungs- und Kulturbereiche. Auch dort kann man von Schwergewichtigkeit sprechen, wenn man diese Bereiche zusammengefasst betrachtet. So könnten Kooperationen, Synergien, Vernetzungen, Weiterentwicklungen und all die schönen Schlagworte, die es in der Politik so gibt, umgesetzt werden, wenn, ja wenn denn dieses Superministerium mit einem Superministerium Superpolitik machen müsste und könnte und deren Politik nicht vom Diktat des Finanzministeriums abhängen würde. Der vorliegende Haushaltsentwurf, über den wir heute abschließend beraten, wird den eigenen Ansprüchen,

die in den vergangenen Jahren und insbesondere auch seit der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten Althaus postuliert wurden, keinesfalls gerecht. Bezogen auf den Bildungsbereich kann ich dem zustimmen, was der Abgeordnete Döring von der SPD-Fraktion eben erläutert hat. Ich werde auf einige Facetten noch einmal eingehen und für die Kulturlandschaft möchte ich darauf verweisen, dass in der "Thüringer Allgemeinen" heute sogar von kultureller Einebnung des Landes auf die Jahre hinweg gesprochen wird. Ich glaube, dass dieser Beitrag nicht von leichtfertiger Einschätzung der Kulturlandschaft in Thüringen zeugt, sondern dass er aus der Kenntnis heraus resultiert, dass das, was mit diesem Haushalt gemacht wird, für den Freistaat und eben auch, da beziehe ich mich auf die Debatte zum vorhergehenden Komplex, für die Kommunen ernsthaft beschädigt Schäden hervorruft. Von einem Festhalten an der Politik der Investitionen in die Köpfe, was erst kürzlich in den Beratungen des Haushaltsund Finanzausschusses betont worden ist, kann angesichts der gießkannenartigen Streichungen im Bildungs- und Kulturbereich keine Rede sein. Dieser Haushalt ist Ausdruck entweder eines vollständigen Desinteresses an politischer Gestaltung oder der bedingungslosen Kapitulation.

(Beifall bei der PDS, SPD)

(Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Beides.)

Er ist Ausdruck der Ignoranz der konkreten Bedingungen und Situationen der Bildungs- und Maßnahmenträger vor Ort und er ist Ausdruck der Arroganz gegenüber den unmittelbar betroffenen Schülern und Eltern. Betrachten wir zur Beweisführung meiner Behauptungen die so genannten Anstrengungen, die das Kultusministerium zum weiteren Aufbau von Ganztagsschulen entsprechend ihrer Ankündigungen im Konzept "Bildung und Betreuung von 2 bis 16" unternimmt, in einigen Details. Kollege Döring ging bereits darauf ein. Die Schuljugendarbeit wird um 50 Prozent auf 2,4 Mio.   4haltsjahr gekürzt. Aus einer Antwort auf die Anfrage meiner Kollegin Reimann geht hervor, dass bereits im ersten Halbjahr, also im ersten Beantragungshalbjahr, für die Schulen schon ein Mittelvolumen von 3 Mio.   $  $; % $  hin, dass eine gleichartige Antragsfülle für das zweite Halbjahr vorliegt. Aber das Geld reicht dazu nicht. Zudem ist nun die Zusammenführung der Mittel der Schuljugendarbeit und der Jugendpauschale geplant. Diese ist aber, das muss man einfach dazu denken und rechnen, ebenfalls um 2 Mio. " 11C zent, gekürzt. Was wird also aus dem schulischen Umfeld, dessen Ausgestaltung in der Vergangenheit gerade aus Thüringen und gerade aus Erfurt vehement gefordert wurde? Da kann ich mich Ihnen auch nur anschließen, Herr Abgeordneter Döring. Ich kann

mich erinnern, dass sich der vorhergehende Kultusminister gerade für diesen Bereich ausdrücklich eingesetzt hat. Zweite Anmerkung: Die Landeszuschüsse zur Schulspeisung mit dem Hinweis darauf, dass 26 Cent Förderung pro Mahlzeit spielend von den Eltern getragen werden können, sind völlig gestrichen. Das Beispiel macht übrigens Schule, die Kommunen ziehen nach oder müssen nachziehen. Wir hatten eben die Debatte zum kommunalen Finanzausgleich. Und schon sind, und das werden Sie sicher auch wissen, in einigen Kommunen nicht nur 26, sondern 52 Cent, also die doppelte Summe, zusätzlich von den Eltern zu bezahlen. Wussten Sie, dass manche Eltern im Freistaat Thüringen aufgrund ihrer sozialen Situation dieses Geld nicht mehr bezahlen können und aus unterschiedlichen Gründen Kinder auch schon in der Grundschule nicht mehr an der Schulspeisung teilnehmen? Ich weiß es aus der Erfahrung der eigenen Familie, dass Kinder in Grundschulen darauf warten, dass der Nachschlagteller gefüllt wird, weil sie selbst die Essensbeiträge entweder von den Eltern nicht mitbekommen haben oder diese nicht bezahlt wurden, und das in einem reichen Land wie der Bundesrepublik Deutschland und das vor dem Hintergrund der Empfehlungen der Bildungsenquetekommission, dass am Landeszuschuss für das Mittagessen eigentlich weiter festgehalten werden soll, dass man diesen nicht streichen soll. Mit der Streichung der Zuschüsse für die Schulspeisung führen Sie die soziale Differenzierung so weit, dass Kinder schon am Mittagessen in der Schule in arm und reich unterschieden werden. Ich halte das für völlig verwerflich.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Drittens: Wie verträgt sich denn die Politik der Investitionen in die Köpfe mit der Reduktion der Investitionspauschale für Schulgebäude um 7,6 Mio. > Wie verträgt sich die Reduktion von ca. einer halben Mio.  D  >: tet Investition in die Köpfe, wenn Sie in den verschiedensten Bereichen nicht die volle Summe, aber wie mit dem Rasenmäher darüberstreichen und damit rechnen müssen, dass die Kommunen entsprechende Gegenfinanzierungen nicht aufbringen können? Wenn man solche Investitionen in die Zukunft streicht, muss man unterstellen, dass junge Menschen in Thüringen sowieso keinen Platz mehr haben und dass die Zukunft in Thüringen kein junges Gesicht mehr haben wird. Darauf ist übrigens auch Kollegin Taubert bei der Begründung von Familienfreundlichkeit in ihrem Redebeitrag eingegangen. Um es ein bisschen aktuell zu machen: Herr Minister Goebel, nächste Woche werden Sie das Bundesfinale "Jugend trainiert für Olympia" in Oberhof eröffnen. Werden Sie dort erwähnen, dass Sie die Zuschüsse für die Schulsporthallen um 3,3 Mio.  das heißt um 38 Prozent, gekürzt haben? Oder, Herr

Staatssekretär Prof. Bauer-Wabnegg: In einer Woche halten Sie ein Grußwort zum Abschluss des Landeswettbewerbs "Jugend musiziert" in Nordhausen. Werden Sie dort begründen, warum die Landesregierung in diesem Jahr im Bereich der Musikund Jugendkunstschulen eine halbe Mio.  streicht? Lassen Sie mich als ein weiteres unsägliches Beispiel dieser Kürzungsorgie die Zuschüsse für die Erwachsenenbildung benennen. Davon werden nicht, ich möchte es ausdrücklich betonen, die viel zitierten Häkel- und Töpfer- oder Handykurse, wie sie hier schon benannt worden sind, finanziert, denn diese werden durch die Teilnehmer selbst finanziert

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Einnahmen.)

und sind Einnahmen. Mit der Kürzung im Bereich der Erwachsenenbildung wird ein flächendeckendes und qualitativ hochwertiges Bildungsangebot im Erwachsenenbereich beschnitten. Übrigens ist dieses Bildungsangebot auch eines, welches aus den Errungenschaften vergangener Jahrhunderte resultierte. Zwangsläufige Einschnitte bei den Lehrangeboten zur kulturellen und zur politischen Bildung sind von den Trägern bereits angekündigt. Kurse, die zum Nachholen von Bildungsabschlüssen oder zur Weiterqualifikation dienen, sind von Kürzungen betroffen und die zu erwartenden Gebührenerhöhungen stehen schon für das Frühjahrssemester 2005 in den Zeitungen. Ich denke, dass an dieser Stelle nicht nur für die Volkshochschulen, sondern für den gesamten Bereich der Erwachsenenbildung und für das, was sie ursprünglich als Investition in die Köpfe meinten, ein völlig falsches Signal gesetzt wird. Ich verweise in diesem Zusammenhang auch auf das Haushaltsstrukturgesetz, denn nach unserer Auffassung und auch nach Ergebnissen der Anhörung, die wir dazu durchgeführt haben, geht es nicht darum, die Erwachsenenbildung nach Maßgabe des Haushalts zu sichern, sondern wir brauchen Planungssicherheit und deshalb den Rechtsanspruch auf Landesförderung in der Erwachsenenbildung, so wie es bisher war.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Meine Damen und Herren Abgeordneten, betrachten wir die weiteren so genannten Anstrengungen des Kultusministeriums zur Bewahrung und Entwicklung von Kunst und Kultur in unserem Land. Die Aufwendungen für Kunst und Kultur im Freistaat sanken in den letzten Jahren kontinuierlich. Manchmal haben Sie das gar nicht gemerkt, weil immer ein bisschen abgeschnitten wurde. Getreu dieser Tradition werden im Bereich der Kunstpflege in diesem Haushaltsjahr Kürzungen von einer halben Mio.  genommen. Es trifft zum wiederholtem Male und schmerzlich die Breitenkultur, die Soziokultur, die

Thüringer Künstler, die Literaturförderung, die Musikförderung und die freien Theatergruppen. Am schwerwiegendsten sind die vorgesehenen Kürzungen im Kommunalen Finanzausgleich. Hier geht es nicht nur um reine Kürzungen von Landeszuschüssen; hier wird besonders schmerzlich werden die Kürzung der Ausgaben für Kommunen mit besonderer kultureller Belastung. Ich kenne jetzt den Antrag des Kollegen Köckert nicht so, wie er ihn als Dritten aufgeführt hat - ich habe im Moment noch die schwache Hoffnung, dass dieser Antrag nicht 44 Stimmen bringt, nämlich Herrn Köckerts Stimme und die der Opposition, sondern 45 Stimmen, so dass er tatsächlich auch durchgeht und dass diese

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: 48.)

- Herr Ramelow, schön, wenn er 48 bringt, ist das natürlich noch besser - Möglichkeit, die Kommunen, die eine besondere kulturelle Last tragen, mit einem entsprechenden Zuschuss zu sichern, auch weiter geregelt werden kann. Sie kürzen übrigens auch im Bereich der Investitionen, im Bereich derjenigen Ausgaben, die für die örtliche und regionale Wirtschaft in den Kommunen besonders wichtig sind, und auch dort gehen Sie wiederum in die Museums- und in die Musikschulenfinanzierung hinein. Sie wissen, glaube ich, denn Sie kommen ja auch aus einem Kommunalparlament, dass die vorgesehenen Kürzungen der Landeszuschüsse keinesfalls durch die Kommunen aufgefangen werden können und dass in vielen Bereichen der Kommunen die freiwilligen Aufgaben schon deshalb nicht mehr finanziert werden können, weil die Pflichtaufgaben nicht mehr ausfinanziert werden. Alles das, was dann Lebensqualität unserer Städte und Gemeinden ausmacht, steht mit den beabsichtigten Kürzungen auf dem Spiel, und wir stellen die Frage, was in der Zukunft, also nach dieser Streichorgie, Thüringen überhaupt noch ausmachen wird.

Lassen Sie mich noch auf einen dritten Bereich aus dem Einzelplan 04 eingehen. Als im letzten Herbst der Ministerpräsident Althaus sich regierungserklärte, ging er u.a. auch auf das Thema Forschung in Thüringen ein. Er erweckte den Eindruck, man wolle sich nun auf dieses Thema mit besonderer Kraft konzentrieren. Dabei war der Neuigkeitswert der Aussagen des Ministerpräsidenten eigentlich null. Aber fast gleich lautend proklamierte dann der Wirtschaftsminister Reinholz diese Absicht in seiner Rede vom Oktober 2003. Mit keiner Silbe wurde jedoch auf die Schwierigkeiten eingegangen, die in der Forschungsförderung bereits herangewachsen waren, obwohl zwei Papiere - ein von der Regierung selbst in Auftrag gegebenes Gutachten "Wissenschaftsland Thüringen" und das Positionspapier des Forschungs- und Technologieverbundes Thüringen e.V. - die Probleme deutlich benannt hatten. Doch die Regierung

hält sich auch hier offensichtlich nicht an ihre eigenen Ziele und an ihre eigenen Aussagen. Sie verschärft die Situation noch einmal durch den vorliegenden Haushaltsansatz. Zunächst hat man, das ist immer bezeichnend, die Titel und die Titelgruppen zwischen den beiden Haushaltsplänen des Wirtschafts- und des Kultusministeriums hin- und herhantiert. Von Haushaltsklarheit wollen wir an dieser Stelle vielleicht überhaupt nicht sprechen. Unterm Strich blieb aber eine erneute Kürzung in diesem Bereich. Und nun wurde diese wiederum von der Finanzministerin im Haushaltsausschuss bestritten. Doch bevor die Ministerin dieses bestreiten konnte, hatte vorher ein Ministerialbeamter - vielleicht aus Versehen, weiß ich jetzt nicht - im Wissenschaftsausschuss auf Nachfrage wörtlich von Kürzungen insgesamt gesprochen und dies als unterproportional bezeichnet, aber er sprach von Kürzungen. Und diese lassen sich in der Tat nachweisen, wenn man die Mittel beider Ministerien zusammenrechnet und mit dem Vorjahr vergleicht.

Man sollte in diesem Zusammenhang auch nicht vergessen, dass bereits mit der Verabschiedung des Hochschulpakts Forschungsmittel mehrfach überproportional gekürzt worden sind. Zurzeit ist die Situation interessanterweise so weit fortgeschritten, dass keiner mehr den Hochschulpakt öffentlich anzusprechen traut. Wahrscheinlich sitzt man vor den Festlegungen des Hochschulpakts und rührt sich nicht, denn es könnte ja am Ende noch schlimmer kommen. Man ist froh, dass man wenigstens bis zum Jahr 2006 mit einem blauen Auge davongekommen ist. So kann man übrigens in Reflektion auf die Debatte vom heutigen Morgen Schweigen auch als Zustimmung betrachten. Wenn nun aber der Kultusminister einräumt, dass die Studiengebühren aus seiner Sicht geeignet seien, die Finanzierungsdefizite der Hochschulen auszuräumen, darf man gespannt sein, welche Halbwertzeit die Aussage des Ministerpräsidenten hat, bis zum Jahr 2009 wird es keine Studiengebühren in Thüringen geben. Ich glaube daran nicht.

Kommen wir zurück zur Forschungsförderung: Durch die Förderung der Forschung sollte ein wichtigstes Zukunftsprogramm in Thüringen Priorität genießen. Hier ist die Chance der Schaffung von innovativen dauerhaften Arbeitsplätzen am höchsten. Das ist nachweisbar. Das wurde übrigens auch bei der Anhörung der PDS-Fraktion vom 7. Dezember 2005 deutlich, zu der wir die Forschungseinrichtungen Thüringens eingeladen hatten. Ich hoffe, dass Ihnen aus der Anwesenheit bei unserer Anhörung kein Nachteil gereicht. Aus diesem Grunde hat allerdings meine Fraktion zum Sachgebiet zwei Änderungsanträge formuliert, um wenigstens mit dem Haushaltsansatz 2005 wieder auf den Ansatz des Jahres 2004 zu kommen. Mit diesem Titel sollten gezielt Forschung

an Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen gefördert werden. Ihrer Zustimmung sind wir uns allerdings aus Erfahrung nicht ganz sicher.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließen. Unsere Kritik richtet sich gegen den konzeptionslosen Abbau der Bildungs- und Kulturlandschaft in Thüringen und damit gegen die Tendenzen der kulturellen Verarmung eines Lebensortes, der mehr Aufmerksamkeit verdient hätte. Wir wenden uns entschieden gegen Ihre inzwischen unverhüllte Politik der Verschärfung sozialer Differenzierung in Bildung und Kultur. Es wird nicht mehr danach gefragt, was unverzichtbar ist und an welcher Stelle dafür Abstriche gemacht werden könnten. Stattdessen wird überall ein bisschen mehr oder ein bisschen weniger gestrichen. Sie haben inzwischen einen Stil erreicht, nach welchem dem Diktat der Finanzen folgend Politik ihren gestaltenden Charakter verloren hat. Nach der Haushaltsrede des Generalsekretärs der CDU, des Abgeordneten Mohring, wundert mich das eigentlich gar nicht mehr. Er hat an seinem eigenen Beispiel bewiesen, wie verkommen politische Kultur in Thüringen ist.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Sie verkünden und wundern sich dafür, wenn sie Kritik vom undankbaren Volk bekommen. Sie verlangen, den Gürtel enger zu schnallen, und merken gar nicht, dass sie den Leuten die Hose schon herunter gezogen haben. Quo vadis Freistaat Thüringen, möchte man dazu ausrufen. Ich frage mich, ob Sie durch die Haushaltsdebatte noch zur Vernunft kommen, und ich möchte abschließend auf ein Zitat verweisen, welches mir ganz gut gefällt. Ein amerikanischer Schriftsteller und Journalist hat gesagt: "Eine gute Regierung ist wie eine geregelte Verdauung. Solange sie funktioniert, merkt man kaum etwas von ihr." Von dieser Regierung merkt man ständig nur Blähungen.

(Beifall bei der PDS)

Als nächster Redner folgt Abgeordneter Bausewein, SPD.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, erlauben Sie mir, Frau Präsidentin, eingangs einige Passagen aus der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten vom 9. September des vergangenen Jahres zu zitieren. Der Ministerpräsident hat in diesem Hause zu Recht die hierzulande erbrachten Wissenschafts- und Forschungsleistungen als

"Keimzellen für die wirtschaftliche Entwicklung Thüringens" bezeichnet. Er hat ebenso richtig betont, dass "die übergroße Zahl der Thüringer Unternehmen derzeit überhaupt nicht in der Lage ist, aus eigener Kraft Forschung und Entwicklung zu betreiben". Auch den politischen Schlussfolgerungen stimme ich ohne Weiteres zu. "Hier ist der Staat gefordert", hat er gesagt und versprochen, dass "Wirtschaft und Wissenschaft noch stärker zu vernetzen" sind. Soweit die hehren Ankündigungen des Ministerpräsidenten im September des vergangenen Jahres. Doch wie ist die Realität, meine Damen und Herren? Die Landesregierung beabsichtigt, die Mittel für die Förderung der wirtschaftsnahen und Grundlagenforschung wieder einmal zu kürzen. Waren dort im Jahr 2004 noch 18,4 Mio.   0 1223 noch 16,2 Mio. 

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Reduzierungen sind höchst brisant, da die Landesregierung die Forschungsförderung bereits seit Jahren immer stärker zusammenstreicht. 1999 waren dafür noch 53,6 Mio.  1223  mit 16,2 Mio.   $  %    geblieben. Besonders betroffen von dieser Negativentwicklung ist das eigentliche Herzstück der Forschungsförderung, nämlich die Verbundforschung. Standen hier im Jahr 1999 noch 33,1 Mio.  Verfügung, sollen dies im Jahr 2005 nur noch 10,9 Mio.  sein, wenn es nach den Ansätzen der Landesregierung geht. Denn wie ich dem Änderungsantrag der CDU-Fraktion entnehmen kann, ist diese offenbar entschlossen, der Verbundforschung dieses Jahr vollends den Todesstoß zu versetzen, da sollen noch mal 200.000  " $   noch 10,7 Mio.      

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Vorgehen der Landesregierung und der Mehrheitsfraktion bei der Forschungsförderung ist mir nicht nur im Hinblick auf die Regierungserklärung absolut unverständlich. Es steht zudem im deutlichen Widerspruch zu den Empfehlungen, welche eine vom Land eingesetzte Expertenkommission im März des vergangenen Jahres abgab. Im Kommissionsgutachten mit dem Titel "Wissenschaftsland Thüringen" heißt es auf Seite 51 - Frau Präsidentin, mit Ihrer Erlaubnis zitiere ich: "Die vom TMWFK seit mehreren Jahren erfolgreich betriebene Unterstützung von F- und E-Projekten im Verbund zwischen Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Thüringer Unternehmen sollte wieder deutlich aufgestockt werden. Mit den derzeit vorhandenen Mitteln sind nachhaltige Wirkungen nur noch in geringem Umfang zu erzielen. Angesichts der positiven Wirkungen für die Wirtschaft, aber auch für die Profilierungen der Hochschulen und der Forschungseinrichtungen spricht alles dafür, das Instrument der Verbundforschung offensiv zu nutzen." Diese Empfeh

lungen reflektieren wohlgemerkt die Situation zu Beginn des vergangenen Jahres. Damals waren noch 12,1 Mio.        Dieses Mal sollen es 10,9 Mio.    $  der CDU-Fraktion verlangt, sogar nur 10,7 Mio.  Ist darunter das von der Expertenkommission dringend angemahnte Umsteuern bei der Forschungsförderung zu verstehen?

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die SPD macht diese indiskutable Mittelkürzung nicht mit. Wir verkennen nicht die gegenwärtige Haushaltslage, wir schauen aber auch nicht einfach zu, wie dem Land die technologische Zukunftsfähigkeit geraubt wird. Wir beantragen daher, die Landesförderung für die Verbundforschung um 3 Mio.    %*

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. Weitere Wortmeldungen von Abgeordneten liegen mir nicht vor. Doch, Herr Abgeordneter Schwäblein, CDU-Fraktion.