Protokoll der Sitzung vom 09.09.2004

Ich eröffne die Aussprache und rufe als Ersten von der PDS-Fraktion den Abgeordneten Hausold auf.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Ministerin Diezel, Sie haben gerade aus

finanztechnischer Sicht versucht darzulegen - wenn ich es recht verstanden habe -, dass die Sperre nur eine sehr marginale Wirkung überhaupt ausübt. Sie haben auch versucht klarzustellen, dass Sie schon seit relativ langer Zeit in diesem Jahr auf die bestehenden Probleme aufmerksam gemacht haben als Landesregierung. Ich sehe das aus meiner Sicht ein Stück weit anders, ich will aber hier vor allen Dingen auch noch einmal auf die wirtschaftspolitischen Zusammenhänge eingehen.

Ich glaube, das hat ja heute schon eine Rolle gespielt, dass es im Bereich der Wirtschaft, der Kammern doch eine erhebliche Debatte im Land gibt, auch eine kritische Debatte, über die gegenwärtige Wirtschaftspolitik. Wir können dies, meine Damen und Herren, nicht ignorieren. Ich will noch einmal hervorheben: Die Wirkung von Investitionsförderprogrammen, um die es ja hier letztendlich in diesem Antrag geht, ist, wirtschaftstheoretisch ausgedrückt, vor allen Dingen in der Verbilligung von Kapitalnutzungspreisen zu sehen. Gerade in unserer Situation ist das ein erhebliches Problem für Ostdeutschland, wie wir wissen. Namhafte Wirtschaftswissenschaftler, z.B. vom Institut für Wirtschaftsforschung in Halle, sagen, dass - z.B. Herr Ragnitz, er war hier im Hause bekannt, Mitglied der Enquetekommission des Thüringer Landtags - gerade durch solche gemeinsamen Förderprogramme in den vergangenen Jahren überhaupt erst ein Investitionsaufschwung in Ostdeutschland zustande gekommen ist. Ich glaube, in dieser Bedeutungssituation stehen wir bei der Sperre und auch bei dem Antrag, den die SPD-Fraktion heute hier gestellt hat. Ich beziehe mich auf die Zahlen, auch der Landesregierung, die mir zugänglich sind. Ich will ja nicht sagen, dass ich dort ein vollständiges Vertrauen habe, aber mir sind keine anderen zugänglich und wenn ich da das Jahr 2003 nehme, dann wurden produzierende Unternehmen in Thüringen mit 220 Mio.     .(zuschusst und damit wurden Investitionen von mehr als 1 Mrd.  initiiert und 2.750 Arbeitsplätze neu geschaffen sowie 18.700 in etwa gesichert. Daran wird auch deutlich, was natürlich diese Frage auch für das Jahr 2004 - im laufenden Jahr und im weiteren Verfolg bedeutet.

(Beifall bei der PDS)

Die Auswirkungen von Kürzungen im Ergebnis der Haushaltssperren sind meiner Meinung nach durchaus gravierender, als Sie das eben dargestellt haben, Frau Diezel. Der Antrag der SPD-Fraktion hat diese Auswirkungen ja hinterfragt und das ist aus meiner Sicht, meine Damen und Herren, sehr wichtig und sehr richtig. Jawohl, wir sind der Auffassung, es ist notwendig, sich über die vollständige Mittelfinanzierung der gemeinsamen Investitionsförderprogramme des Bundes und des Freistaats in diesem Haus

zu diesem Zeitpunkt zu beraten, und, jawohl, es ist aus unserer Sicht auch notwendig, die dazu notwendigen haushaltsrechtlichen Entscheidungen von der Landesregierung einzufordern.

Meine Damen und Herren, das ist auch deshalb sehr wichtig, weil auch die Landesregierung im Verlaufe dieses Jahres immer wieder betont hat, was damit verbunden ist, und weil sie auch kritisiert, dass die GA-Mittel im Zuge jährlich gegenwärtig um 10 Prozent reduziert werden durch den Bund. Also ist es doch ein Thema, was uns angeht. In einer ganzen Reihe von Stellungnahmen hat der Herr Wirtschaftsminister Reinholz im laufenden Jahr die Bundesregierung ja gerade wegen ihres Umgangs mit der Investitionsförderung in den neuen Bundesländern recht deutlich kritisiert.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Zu Recht!)

Ja eben, aber dann ist es jetzt auch Thema, Herr Mohring, und es ist nicht eine Frage, die nur marginal dargestellt werden kann, da gebe ich Ihnen in dem Zusammenhang doch völlig Recht. Noch im Mai wurde also bezüglich dieser Fragen vom Wirtschaftsminister in einer Pressemitteilung seines Ministeriums deutlich erklärt, dass die Wirtschaftsförderung von heute die Grundlage für wirtschaftliche Entwicklung von morgen ist und dass die Kürzungen des Bundes ein großes Problem seien. Aber - und auch da finde ich Ihre Darstellung, Frau Diezel, nicht ganz auf der Höhe - das war im Mai und natürlich vor der Landtagswahl und die Fakten sprechen eine deutliche Sprache. Nach der Landtagswahl haben Sie die Mittelsperre verkündet und damit das ausgelöst, warum heute der SPD-Antrag hier auf dem Tisch liegt.

(Zwischenruf Diezel, Finanzministerin: Wir haben doch die Bindungen bedient!)

Sie haben das ja vorhin erläutert; ich bin jetzt bei meinem Standpunkt. Sie haben damit eine Situation geschaffen, wo Sie eigentlich Ihre eigenen und völlig richtigen Aussagen, dass nämlich Thüringen im nationalen und internationalen Akquisitionswettbewerb immer mehr steht und dass hier die öffentlichen Mittel für Wirtschaftsförderung auch ein immer stärkeres Maß an Entscheidungen für Ansiedlungen z.B. bringen. Das sind Ihre eigenen Einschätzungen, die ich auch teile. Im Übrigen, das führt mich dazu, noch einmal auf die Regierungserklärung von heute früh einzugehen, gerade an dieser Tatsache, dass das eben so ist und dass öffentliche Mittel eine so große Bedeutung in der Wirtschaftsförderung haben, wird auch an diesem Punkt ganz deutlich, dass es nicht um weniger Staat in diesem Zusammenhang gehen kann, sondern um Qualifizierung und Verantwortung staatlicher Tätigkeit im Bereich der Wirt

schaftsförderung - und darin besteht die Herausforderung in der inhaltlichen Seite.

(Zwischenruf Reinholz, Minister für Wirt- schaft, Technologie und Arbeit: Staat- liche Förderung hatten wir 40 Jahre - wo sind wir denn hingekommen?)

Herr Minister, aber Sie stehen doch heute offensichtlich für eine öffentliche Förderung von Wirtschaft. Das wollen Sie doch sicherlich nicht in Abrede stellen?

Also, meine Damen und Herren, ich möchte darauf zurückkommen. Wer eine solche Haushaltssperre einführt, auch im Bereich der Wirtschaft, der muss sich dann schon gefallen lassen, auch in Kauf zu nehmen, dass das auf alle Fälle eine Behinderung der konjunkturellen Entwicklung hier im Land Thüringen darstellt und dass wir uns mit dieser Frage nicht einfach abfinden können. Es bleibt dabei, 7,5 Prozent, wenn ich einmal zurückgehe, Landesmittel gespart im Haushalt, bedeutet eben am Ende auch 7,5 Prozent Mittel des Bundeshaushalts bei uns zu verschenken, und ich glaube, dass das eine Situation ist, mit der wir uns nicht abfinden können.

Mehrfach wurde heute der Zusammenhang von Rednern im Haus zwischen wirtschaftlichen Investitionen und Arbeitsplätzen genannt. Wir sind der Meinung, und das will ich an dieser Stelle, weil es ja um Fördermittel geht, noch mal deutlich herausheben, dass alle Fördermittel, ihre Vergabe und ihre Anwendung in diesem Land wirklich endlich deutlich evaluiert werden müssen hinsichtlich ihrer Zielsetzung und insbesondere in Richtung ihrer Wirksamkeit auf die Sicherung bzw. die Neuschaffung von Arbeitsplätzen. Das, meine Damen und Herren, ist nach wie vor nicht der Fall, das gehört aber im Grunde genommen auch zu unserem Thema an dieser Stelle. Ich will sagen, wir brauchen hier eine eindeutige Erfolgskontrolle in diesen Dingen. Wer sich den vorliegenden Bericht des Landesrechnungshofs 2004 ansieht, der wird z.B. feststellen können, dass insbesondere die Bedingungen für eine solche Erfolgskontrolle bei Förderprogrammen durchaus mit einer ganzen Reihe von Mängeln versehen sind, die man meiner Meinung nach beachten sollte bei der weiteren Arbeit, bis dahin, dass viele in manueller Art und Weise geprüft werden müssen, was natürlich im Zeitraum des heute auch schon angesprochenen elektronischen Fortschritts offensichtlich nicht mehr auf der Höhe der Aufgaben ist.

Meine verehrten Damen und Herren, ich übersehe nicht die im Land entstandene Haushaltssituation. Ich bin ähnlich wie die Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion der Auffassung, dass die Thüringer Landesregierung sich vor den Wahlen um eine wirklich reale Einschätzung in der Öffentlichkeit deut

lich gedrückt hat. Ich will aber dennoch nicht negieren, dass wir uns in dieser nunmehr schwierigen, heute auch schon als katastrophal verschiedentlich bezeichneten finanziellen Lage befinden. Deshalb und verbunden mit den inhaltlichen Fragen der Evaluierung und Prüfung der Förderprogramme, die ich hier aufgeworfen habe, sind wir der Auffassung, dass der vorliegende Antrag an den Wirtschafts- und an den Haushaltsausschuss überwiesen werden sollte, bei Federführung des Wirtschaftsausschusses. Ich bedanke mich recht herzlich, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der PDS)

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Schubert zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch ich möchte den Zusammenhang zwischen der Wirtschaftspolitik und der Haushaltssperre mal etwas beleuchten. Wir alle wissen, dass die Thüringer Wirtschaft seit der Wiedervereinigung enorme Kraftanstrengungen unternommen hat. Sie hat in diesem Zeitraum Erfolge und Teilerfolge errungen und hat sich im nationalen Umfeld große Anerkennung erworben. So kommt z.B. eine Studie der KfWBankgruppe bei der Einschätzung der Wirtschaftskraft in den neuen Ländern für den Betrachtungszeitraum zwischen 1992 und 2003 zu dem Ergebnis, dass die ostdeutsche Wirtschaft jährlich um 3,3 Prozent und damit deutlich schneller als die westdeutsche Wirtschaft, die nur um 1 Prozent gewachsen ist, gewachsen ist. Der Anteil hätte noch erheblich höher ausfallen können, wäre da nicht die anhaltende Krise in der Bauwirtschaft gewesen, die bis zum heutigen Tage andauert. Hinzu kommt, dass über 70.000, also mehr als 90 Prozent der Thüringer Unternehmen, kleine und Kleinstunternehmen sind. Einige Kollegen, ich habe das auch vorhin oft gehört, dieses Hauses benutzten oft das Wort "Mittelstand". Ich würde eher von kleinen und mittleren Unternehmen sprechen. Diese Unternehmen haben den logistischen Nachteil, dass sie allein aufgrund ihrer Größe im Konkurrenzkampf mit großen Unternehmen auf den internationalen Märkten benachteiligt sind und aufgrund ihrer Kapitalschwäche ihnen der Zugang zu wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen erschwert wird. Betriebliche Forschung und Innovation ist aufgrund ihrer Finanzschwäche teilweise gänzlich unmöglich.

Als Weiteres trägt das Nichtvorhandensein eines ausgewogenen Unternehmensbesatzes aus großen, mittleren und kleinen Unternehmen in Thüringen da

zu bei, dass es bis heute selbst noch keine selbsttragende Wirtschafts- und Branchenstruktur entwickeln konnte.

Lassen Sie mich auf einige Details eingehen: Thüringen lag im Jahr 2003 bei einem Bruttoinlandsprodukt aller Bundesländer an vorletzter Stelle. Thüringens Anteil an der gesamtdeutschen Wirtschaftskraft liegt lediglich bei 1,94 Prozent bei einem Bevölkerungsanteil von 2,9 Prozent. Hier relativieren sich schon wieder die vorhin genannten hohen Wachstumsraten deutlich, denn bekanntlich ist das Wachstum von null auf eins unendlich. Hohe prozentuale Steigerungen auf der Basis eines niedrigen Ausgangsniveaus sind demzufolge bei der tatsächlichen Standortbestimmung der Wirtschaft nur die halbe Wahrheit. Sie täuschen also über die tatsächliche Wirtschaftskraft unseres Landes hinweg. In einer ddp-Meldung vom September 2003 wird auf Äußerungen des Thüringer Ministerpräsidenten verwiesen, der feststellt, dass die neuen Länder noch auf längere Sicht besonderer Aufbauhilfen bedürfen. Ein Vergleich wichtiger Wirtschaftsdaten wie Produktivität, Industriebesatz, Steuerkraft und Infrastruktur belege, dass es weiterhin großen Nachholbedarf gebe.

Meine Damen und Herren, ich möchte auch gern die vom Thüringer Wirtschaftsminister Reinholz am 17. Oktober 2003 gehaltene Regierungserklärung zum Thema "Wirtschaft stärken für mehr Wachstum und Beschäftigung in Thüringen" zitieren: "Die Unternehmen müssen sich durch überzeugende Produkte und Innovationsverfahren im Wettbewerb behaupten. Aufgabe der Wirtschaftspolitik ist es, diesen Prozess zu unterstützen. Sie muss Rahmenbedingungen so gestalten, dass die Unternehmen erfolgreich am Markt bestehen können." Er fuhr fort, ich zitiere weiter: "Wir werden dazu die Standortbedingungen in Thüringen weiter verbessern. Unternehmensinvestitionen sind der Schlüssel für neue und wettbewerbsfähige Arbeitsplätze. Nur wenn in Thüringen auch in den kommenden Jahren überdurchschnittlich viel investiert wird, ist das Schließen der Arbeitsplatzlücke und ein Aufholen gegenüber den alten Ländern möglich." Das war der Anspruch, den sich die Landesregierung gestellt hat und hier die traurige Realität. In den Jahren 2002 und 2003 hat die Landesregierung alles andere getan, als alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die Standortbedingungen in Thüringen deutlich zu verbessern. Sie hat die Barmittel der GA-Förderung des Jahres 2002 nur zu 77,5 Prozent ausgeschöpft und die Barmittel des Jahres 2003 lediglich zu 62,7 Prozent. Der Rest diente der Haushaltskonsolidierung. Wir haben vorhin von dem Brief gehört, den der Ministerpräsident Ringstorff an die Bundesregierung geschrieben hat, und es ist auch verständlich, denn Mecklenburg-Vorpommern hat seinen Anteil zu 100 Prozent ausgefüllt und bedarf offensichtlich in diesem Jahr weiterer Mittel. Vielleicht

können ja die in Thüringen eingesparten Mittel des Bundes dann in Mecklenburg-Vorpommern fließen, was natürlich für Thüringen nicht unbedingt zielführend ist. In Zahlen ausgedrückt, bedeutet das für Thüringen - die Zahlen sind schon in der Presse gewesen - 46,56 Mio. Bundesmittel, auf die bei der GA verzichtet worden ist im letzten Jahr und somit sind mit der Komplementärfinanzierung durch den Freistaat der Thüringer Wirtschaft allein 93 Mio. Investitionsmittel vorenthalten worden. Im Vergleich dazu: Im selben Zeitraum hat der Freistaat Sachsen einmal zu 116 Prozent und einmal zu 117 Prozent die Mittel ausgeschöpft. Dort sind also Mittel von anderen Bundesländern wie Thüringen, die das nicht geschafft haben, eingesetzt worden. Das sollte uns ein Beispiel geben.

Mit der Bewirtschaftungsreserve von 15 Prozent wird über das Jahr 2004 gleich analog verfahren. Gingen wir theoretisch von einem Bewilligungsstand von 85 Prozent aus, so können durch die Haushaltssperre der Thüringer Finanzministerin nicht in Anspruch genommene Mittel nicht direkt in Neubewilligungen anderer Projekte umgeleitet werden. Sie fallen der Haushaltssperre zum Opfer und werden so zur Konsolidierung des Landeshaushalts genutzt. Somit stehen wir bereits für das Jahr 2004 bei einer Nichtausschöpfungsquote von 15 Prozent plus x. Wer mit willkürlichen Verwaltungsakten dringend nötige Zukunftsinvestitionen verhindert, das Entstehen zukunftsfähiger Arbeitsplätze verhindert und somit auch mögliche steigende Steuereinnahmen, muss sich die Frage stellen lassen, ob diese Landesregierung noch im Interesse der Thüringer Wirtschaft und der dort Beschäftigten handelt.

Meine Damen und Herren, in der bereits von mir zitierten Regierungserklärung beklagte Thüringens Wirtschaftsminister Reinholz, dass der Bund in den letzten vier Jahren die Bewilligungsmittel der GA um fast 22 Prozent gekürzt hat. Ich frage Sie, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank: Was nützt es, wenn der Bund dem Land noch mal Mittel zur Verfügung stellt und das Land von vornherein gar nicht beabsichtigt, diese Mittel in Anspruch zu nehmen? Das ist nämlich Wasser auf die Mühlen der Ministerpräsidenten

(Beifall bei der SPD)

Koch und Stoiber, denen die Höhe und die Zeitdauer der GA-Ostförderung ohnehin seit langem ein Dorn im Auge ist.

Meine Damen und Herren, ich fordere die Landesregierung auf, die Haushaltssperre für gemeinsame Investitionsprogramme des Bundes und des Freistaats Thüringen unverzüglich aufzuheben, damit in die Thüringer Wirtschaftsförderung wieder Verläss

lichkeit und Vertrauen einkehrt und Rahmenbedingungen gesetzt werden, die auch das Vertrauen der Thüringer Wirtschaft genießen. Danke.

(Beifall bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Mohring zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wer heute Vormittag die Debatte zur Regierungserklärung verfolgt hat, der wird sich mit Sicherheit fragen, warum wir jetzt überhaupt noch mal zu dem Punkt so sprechen müssen und hat offensichtlich - und das ist entscheidend - die Dramatik der Lage, in der wir uns befinden, nicht erkannt. Heute in dem Antrag zu formulieren, die Finanzministerin wird gebeten, eine Haushaltssperre aufzuheben mit sofortiger Wirkung, und jetzt im Redebeitrag wurde es gesagt, und das mit einem willkürlichen Verwaltungsakt zu bezeichnen, der verkennt, wie schwierig wir in diesem Jahr Haushaltspolitik noch gestalten müssen und wie schwierig wir vor allem im nächsten Jahr und vor allen Dingen in den nachfolgenden Jahren in Thüringen Haushaltspolitik gestalten müssen. Ich will deshalb, bevor ich noch mal darauf eingehe, wie wir auch meinen, darüber gibt es gar keinen Widerstreit zwischen den Fraktionen, wie wichtig die Aufforderung ist, will ich noch mal darauf eingehen, weil Sie sagen im Antrag, die SPD-Fraktion, die Finanzministerin, sprich die Landesregierung, hätte keine ausreichenden rechtzeitigen Lenkungsmaßnahmen ergriffen im Jahre 2003 und alles sei nur Wahlkampf gewesen, danach sei alles erst gesagt worden, will ich noch mal darauf eingehen, welche Maßnahmen die Ministerin im Jahre 2003, aber auch im Jahr 2004 ergriffen hat.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Das müssen Sie doch nicht machen.)

Sie haben es gehört und trotzdem an dem Antrag festgehalten, ich glaube, deshalb tut es gut, Herr Matschie, dass ich es Ihnen noch mal sage, weil Sie offensichtlich auch schon in Ihrer Zeit in Berlin nicht erkannt haben, wie schwierig die Situation hier ist.

(Unruhe bei der SPD)

Deshalb will ich Ihnen gerne noch mal an dieser Stelle sagen:

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Ah, Hauptsache Sie haben es erkannt.)

Nein, wir haben schon im Jahr 2003 zunächst eine Bewirtschaftungsreserve, eine Sicherheitsreserve und eine umfassende Wiederbesetzungssperre ausgesprochen. Im Übrigen befinden wir uns im Jahr 2004 im dritten Jahr hintereinander in einer Wiederbesetzungssperre. Das zeigt auch die Dramatik, vor der wir stehen, auch im Personalkörper, was die Frage von jungen Kräften ist, die auch im öffentlichen Dienst nachrücken wollen. Das zeigt aber auch, dass man gar nicht anders als diese Schritte gehen kann, die hauswirtschaftlichen Maßnahmen, um überhaupt im Haushaltsvollzug einigermaßen konstant auch wirtschaften zu können. Im Juni 2003 hat die Finanzministerin die Reserven in eine Haushaltssperre umgewandelt und im August 2003 hat die Landesregierung dann ein striktes Vollzugsmanagement, das sich darauf verständigt. Sie wissen, dass der August 2003 deutlich vor dem Wahlkampf im Jahr 2004 gelegen ist. Unabhängig davon hat im Jahr 2004, also im aktuellen Haushaltsjahr, die Finanzministerin des Weiteren eine erneute Liquiditätsreserve gebildet, um so die sich abzeichnenden Steuerausfälle zu kompensieren, und hat nach der Mai-Steuerschätzung, noch vor der Wahl, endgültig die Liquiditätsreserve gesperrt und dazu 0,5 Prozent der Personal- und Sachausgaben ebenfalls mit einer Sperre belegt. Zu diesem Zeitpunkt waren auch die Förderprogramme umfasst. Ich habe es deshalb noch einmal aufgezählt, weil Sie ja unabhängig von dem angeblichen Wissensstand, der auch bei Ihnen vorliegt, gesagt haben: wurde mit dem Antrag, der übrigens vom 26.08.2004 datiert, keine ausreichenden rechtzeitigen Lenkungsmaßnahmen im Jahr 2003 ergriffen. Und jetzt sagt mir doch mal einer von Ihnen, der Ahnung von Haushaltswirtschaft hat in Ihrer Fraktion, welche anderen haushaltswirtschaftlichen Maßnahmen als diese genannten hätte denn die Finanzministerin ergreifen können? Es gibt keine anderen. Deshalb ist der Vorwurf, nicht rechtzeitig Lenkungsmaßnahmen ergriffen zu haben, falsch.

(Beifall bei der CDU)

Dann bleibt es natürlich bei der grundsätzlichen Bewertung, die auch der Wirtschaftsminister abgegeben hat und die auch der Ministerpräsident heute Morgen genannt hat. Seit 1998, das ist ein Fakt, der ist unwidersprochen und der gilt auch, hat die Bundesregierung, seitdem sie in Verantwortung ist, um 1 Mrd.  die GA Aufbau Ost abgesenkt gegenüber den Haushaltsansätzen bis zum Jahr 2005, 1 Mrd.   niger zur Verfügung steht. Da kommt natürlich das Grundsatzproblem dazu bei der GA Regionale Wirtschaftsstruktur und bei den anderen, dass wir natürlich auch seit Jahren, auch jetzt aktuell in der Föderalismuskommission, da gibt es Übereinstimmun

gen zwischen den großen Volksparteien, natürlich auch ein großes Anliegen vor allem der jungen Länder ist, diese starren Strukturen der GA-Förderung aufzuheben, besonders in diesem Bereich. Weil es doch natürlich für uns junge Länder gar nicht leistbar ist, dass der Bund eine bestimmte Summe Geld zur Verfügung stellt, die auch noch absenkt, wo gar keine Planungssicherheit da ist, und wir dann mit unserem wenigen Geld, das wir zur Verfügung haben, Steuerdeckungsquote 47 Prozent, daran will ich noch mal erinnern, gar nicht immer leisten, dass das, was uns zur Verfügung gestellt wird, vermeintlich als geschenktes Geld, auch kofinanzieren können. Natürlich würde es den jungen Ländern doch viel mehr helfen, wenn sie das Geld in gleiche Hand bekommen würden und selbst politischen Gestaltungsspielraum ausnutzen könnten und Prioritäten setzen könnten.

(Beifall bei der CDU)

Das ist doch der große Qualitätsunterschied und das ist aus Sicht der jungen Länder die große Hoffnung in die Föderalismuskommission, dass hier Bewegung hereinkommt. Da ist es wichtig, dass wir an dieser Stelle hoffentlich mehr Spielraum haben und dann auch anders entscheiden können.

(Unruhe bei der SPD)

Dann will ich Ihnen noch etwas zur Struktur von GAFörderung sagen. Da gibt es nämlich drei Unterschiede, die ganz wichtig sind, um auch für GA Verständnis zu erzielen. Es gibt zunächst das Antragsvolumen. Das Antragsvolumen ist das Volumen, wo alle Investoren in Thüringen, die nach Thüringen kommen oder auch nach Sachsen gehen, sagen, okay, wir sind bereit zu bauen, was könnt ihr uns geben an Förderung, wo können wir Arbeitsplätze schaffen, wo können wir ein Gewerbegebiet erweitern, wo können wir Infrastrukturmaßnahmen vorbereiten. Dann gibt es die Bewilligungsquote als zweite Säule. Ich kann Ihnen sagen, weil Sie es auch nachlesen können, die Bewilligungsquote in Thüringen liegt Jahr für Jahr weit über 100 Prozent. Aber dann kommt das Entscheidende, was auch unser Vorwurf ist, den wir an die Bundesregierung richten, natürlich hat doch die von uns beklagte Wirtschafts- und Finanzpolitik auch Auswirkungen. Die hat auch Auswirkungen auf das Investitionsverhalten, die hat auch Auswirkungen durch die hohe Abgabenquote, durch die hohe Steuerlastquote und die führt dann am Ende dazu, dass nicht alle Investoren, die bei der ersten Säule gesagt haben, okay, wir würden gerne Fördermittel haben wollen, dass die auch ganz am Ende, obwohl sie die Bewilligung in der Tasche haben, auch die Mittel abrufen.

(Zwischenruf Abg. Gerstenberger, PDS: Haben Sie da noch mal nachgesehen?)