Protokoll der Sitzung vom 09.09.2004

(Zwischenruf Abg. Gerstenberger, PDS: Haben Sie da noch mal nachgesehen?)

Das führt zur Differenz zwischen Antragsquote, zwischen Bewilligungsquote und zwischen Abrufquote. Dann macht es natürlich im Vergleich zu Sachsen - ich will Ihnen das noch erklären - einen ganz großen Unterschied, welche Priorität ich in Wirtschaftspolitik setze. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen. Aktuell im Jahr 2004 Moser-Baer 45 Mio. Bewilligung für die Infrastrukturmaßnahme, wenn die Investition kommt. Jetzt wollen Sie doch nicht ernsthaft sagen, dass der Wirtschaftsminister mit Blick darauf, die Investition käme nicht, diese Mittel woanders verbewilligt. Das gute Vertrauen darauf, dass diese Investition stattfindet und dass die für Thüringen wichtigen Arbeitsplätze entstehen, ist natürlich da und das fordern Sie alle ein. Wenn da aber der Investor vielleicht sagt, nein, nichts ist, ich ziehe mich aus Thüringen zurück, weil Deutschland nicht das richtige Investitionsklima für mich bietet, dann sind wir am Ende da, dass wir entgegen der Bewilligungsquote eine niedrigere Abrufquote zu verzeichnen haben. Dann sind Sie die Ersten, die sagen, wir hätten angeblich Mittel verfallen lassen. Deshalb ist es falsch.

(Unruhe bei der SPD)

Nein, weil es wichtig ist für Thüringen, dass wir an dieser Stelle solche Prioritäten setzen, weil die wichtigen Industriekerne auch dazu gehören und die für unser Industriepotenzial sehr wichtig sind.

Herr Abgeordneter Mohring, der Abgeordnete Schubert möchte Ihnen gern eine Frage stellen. Gestatten Sie das?

Bitte, Herr Abgeordneter Schubert.

Wir haben doch nun den ganzen Tag schon darüber geredet, dass Thüringen im Jahr 2002 und 2003 die GA-Mittel nur sehr schlecht ausgenutzt hat. Ich warte den ganzen Tag auf eine Antwort, warum das so ist. Können Sie uns die geben?

Unter anderem zum Beispiel, ich kann sie Ihnen nicht vollständig geben, weil Merx in Jena nicht investiert

hat zum Beispiel. Vielleicht liegt es auch daran, dass Sie ihrem Fraktionsvorsitzenden mal sagen, warum die Bundesregierung nicht so viel beigetragen hat, dass sich Wirtschafts-, Investitions- und Steuerklima so verbessern, dass Investoren Lust haben, in Deutschland und Thüringen wieder zu investieren. Dann würde es uns besser gehen.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Doht zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist noch gar nicht so lange her, da hatten wir in diesem hohen Haus eine Regierungserklärung unter dem Motto "Stadtumbau - mehr Wohn- und Lebensqualität in Thüringen". Das war im Mai, wenn ich mich richtig daran erinnere, und ich darf den damaligen Minister für Wohnungs- und Städtebau, der es heute ja auch noch ist, nur in anderer Funktion - Herr Trautvetter, ich grüße Sie - zitieren: "Die städtebauliche Entwicklung unserer Kommunen ist ein unverzichtbarer Teil der Strukturentwicklung unseres Landes." Und an anderer Stelle: "Nach Auffassung der Thüringer Landesregierung sind ungeachtet der Leerstandsdiskussion Investitionen im Wohnungsbau nötig", und dann wird explizit auf die Fortführung der Modernisierungsförderung für Mietwohnungen verwiesen. So schön die hehren Worte, nur schauen wir uns die Wirklichkeit an. Im Bereich der Modernisierungsförderung sind in diesem Jahr überhaupt noch keine Mittel bewilligt worden. Erst ist die Verwaltungsvereinbarung nicht unterschrieben worden, war ja einfach für diese Landesregierung, sich hinzusetzen und zu sagen, irgendein altes Bundesland unterschreibt da nicht, wir sind an allem nicht schuld. Insgeheim hat sich die Finanzministerin gefreut. Solange die Verwaltungsvereinbarung nicht unterschrieben war, keine Bundesmittel flossen, brauchten sie ja auch keine Landesmittel zur Kofinanzierung einzustellen.

(Zwischenruf Trautvetter, Minister für Bau und Verkehr: Die freut sich gar nicht, die kann sich gar nicht freuen.)

Nun ist für diesen Bereich die Verwaltungsvereinbarung unterschrieben, aber die Mittel fließen weiter nicht ab, denn dann kam die totale Haushaltssperre. Und da muss ich sagen, das ist doch Rasenmähermethode, wenn ich schon eine Haushaltssperre brauche, dass ich die auch noch über solche Titel lege, wo bislang kein einziger Euro abgeflossen ist. Den Wohnungsunternehmen läuft die Zeit weg.

Sie müssen abreißen. Sie haben die Finanzierungszusagen der Banken, die aber davon abhängig sind, dass die Förderung fließt, die Bauwirtschaft wartet auf die Aufträge. Da jammert der Ministerpräsident über die miese Lage der Bauwirtschaft. Ja, die ist hier hausgemacht, die ist hier mit verursacht.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Jetzt hat man auf Druck ein paar Mittel für die Eigenheimförderung freigegeben. Die Frage ist, welche Anträge werden bewilligt. Ich habe gehört, es wird eine Stichtagsregelung geben. Dann hätte ich wenigstens erwartet, wenn nur einige Anträge bewilligt werden, dass eine Sozialauswahl stattfindet und dass man innenstadtrelevante Projekte im Bestand fördert.

(Zwischenruf Trautvetter, Minister für Bau und Verkehr: Jetzt haut es mich doch weg.)

Aber wie ich die Landesregierung kenne und die bisherige Bewilligungspraxis, werden wir wahrscheinlich weiter auf der grünen Wiese bauen, während die Innenstädte weiterhin leer stehen und dem Verfall preisgegeben werden.

Meine Damen und Herren, Stadtumbau bleibt ein Kernelement der Politik der Landesregierung. Im Mittelpunkt wird für uns dabei immer das Interesse der Bevölkerung stehen. Wir werden in unseren Anstrengungen nicht nachlassen, dafür zu sorgen, dass Thüringen ein attraktiver Standort, ein lebens- und liebenswerter Wohn- und Arbeitsort bleibt. So endete damals Ihre Regierungserklärung. Und wenn Sie sich nicht Lügen strafen lassen wollen, dann stimmen Sie heute, meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, unserem Antrag zu, diese Haushaltssperre aufzuheben. Wir brauchen dazu auch keine Ausschussüberweisung, das bringt nur eine Verzögerung von mindestens einem Monat. Und gerade im Bereich der Bauindustrie - wir gehen in den Herbst, wir gehen in den Winter - müssten die Aufträge längst ausgelöst werden. Die Firmen müssten arbeiten und deswegen stimmen Sie heute diesem Antrag zu, wir möchten sofort über diesen Antrag abstimmen.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Mir liegen keine weiteren Redneranmeldungen vor. Doch, Herr Minister für Bau und Verkehr.

Sehr geehrte Frau Doht, Sie sind so lange im Thüringer Landtag, Sie beschäftigen sich so lange mit

Wohnungs- und Städtebau

(Zwischenruf Abg. Doht, SPD: Länger als Sie!)

und reden hier einen Schwachsinn. Entschuldigung, wenn ich das sage. Einen Schwachsinn, Sie wissen überhaupt nicht, wie Wohnungs- und Städtebauförderung in Thüringen funktioniert.

(Unruhe bei der SPD)

Ich habe heute bei einer Mündlichen Anfrage gesagt: Städtebau ist zu 95 Prozent bewilligt. Im Wohnungsbau haben wir ein Volumen von 27 Mio.  ! sind über 24 Mio.       Kassenansatz, der überhaupt flexibel ist, zwischen 5 und 10 Prozent, mehr nicht, weil die ganzen Programme mehrjährige Programme sind, wenn ich den Bewilligungsrahmen, den ich dieses Jahr bekomme in dem Bund-Länder-Programm - der Bewilligungsrahmen zu weniger als 5 Prozent überhaupt dieses Jahr wirksam wird. Und wenn wir jetzt abwarten, bis wir den Nachtragshaushalt beschlossen haben, bis wir den Haushaltsentwurf 2005 auf den Weg gebracht haben, dann werde ich auch mit der Finanzministerin einig, dass man nämlich den Bewilligungsrahmen entsprechend den dann zur Verfügung stehenden Kassenmitteln für das nächste Jahr dann dieses Jahr noch auf den Weg bringt. Da geht draußen niemand kaputt. Die Wohnungsgesellschaft, die da wirklich in Schwierigkeiten kommt, die schicken Sie bitte zu mir. Aber hören Sie auf, Unwahrheiten hier in diesem hohen Haus über Wohnungs- und Städtebau zu erzählen, die vollkommen an der Realität vorbeigehen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister Trautvetter, wenn Sie als Abgeordneter gesprochen hätten, dann hätten Sie für "Schwachsinn" einen Ordnungsruf bekommen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Ich bitte auch die Mitglieder der Landesregierung, dass Sie nicht schon von der ersten Sitzung an einen Tonfall einführen, der uns nicht gut zu Gesicht stünde. "Schwachsinn" ist ordungsrufwürdig.

Der Abgeordnete Gerstenberger hat sich zu Wort gemeldet, PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, nun darf ich ja das Wort nicht sagen, aber das trifft für Herrn Mohring wahrscheinlich auch zu.

(Heiterkeit und Beifall bei der PDS, SPD)

Deshalb habe ich mich eigentlich gemeldet. Herr Mohring hat uns jetzt erklärt,...

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Es sind 2 Jahre Zeit.)

Herr Mohring, Sie haben uns jetzt erklärt: Wir haben keine Unternehmen, die investieren wollen. Die nicht abgerufenen Investitionen liegen wahrscheinlich daran, dass die konjunkturellen Probleme hier so sind, und an dem fehlenden Investitionswillen der Wirtschaft. Nun gibt es eine Kleine Anfrage und darauf eine Antwort. 46 Mio. aus vergangenen Jahren sind nicht abgerufen worden. Das heißt, die müssen dieses Jahr abgerufen werden. Mit der Haushaltssperre dürfte das problematisch werden. Das wissen Sie, Herr Mohring. Vielleicht hilft es auch, wenn Ihnen der Minister Reinholz da noch einmal auf die Sprünge hilft. Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt, wo ich den Minister Reinholz bitten würde, Ihnen noch einmal auf die Sprünge zu helfen: Ich glaube nicht, dass der Investitionswille so ausgeprägt ist, wie Sie ihn dargestellt haben. Eine Überzeichnung der Mittelansätze und der Bewilligung ist in den letzten Monaten und Jahren durch den Minister Reinholz immer wieder hier an diesem Tisch betont worden. Wenn es tatsächlich so wäre, dass es keine Anträge gibt, die zu bewilligen wären, wäre das eine völlig neue Richtung, über die bisher der Landtag nicht informiert wurde.

Und ein Drittes, Herr Mohring, was richtig zu stellen wäre, und auch da würde ich Minister Reinholz bitten, das zu tun: Wenn die Haushaltssperre bestehen bleibt bis zur Verabschiedung des Nachtragshaushalts, kommt es im November frühestens zu dieser Verabschiedung. Bis zur Veröffentlichung und demzufolge zur Mittelfreigabe für die Unternehmen haben wir Anfang Dezember. Sie kennen selber die Aussagen, nur die abgearbeiteten Rechnungen dürfen abgefordert werden. Verraten Sie mir mal, wie Sie 46 Mio. in den Unternehmen investieren wollen bis zum 16. Dezember, wo in der Regel Kassenschluss ist. Sie merken, dass Ihre gesamte Argumentation auf tönernen Füßen steht. Und wenn wir wirklich etwas für wirtschaftliche Entwicklung tun, können wir nur so reagieren, dass möglichst schnell diese Mittel freigegeben werden, um die Entwicklung voranzubringen. Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Danke schön. Frau Ministerin bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Gerstenberger, alle Unternehmen, die einen Fördermittelbescheid haben, ob mit Haushaltsresten aus Vorjahren oder aus diesem Jahr, und die Mittel abrufen, bekommen die Mittel ausgezahlt, Punkt.

(Zwischenruf Abg. Gerstenberger, PDS: Bloß, wann werden die Mittel ausge- zahlt?)

Bekommen sie ausgezahlt. Es geht darum, keine neuen Bindungen einzugehen. Der Ansatz ist verbewilligt. Der Bauansatz in diesem Jahr ist verbewilligt und Haushaltsreste aus den vergangenen Jahren über 100 Mio. sind verbewilligt. Zum Wohnungsbau habe ich nichts hinzuzufügen. Der Minister Trautvetter hat es ausgeführt. Herr Gerstenberger, nein, Herr Hausold, Sie haben hier das hohe Lied der Förderung der Wirtschaft gesungen. Wenige Stunden vorher hat Herr Kollege Huster die Vermögenssteuer wieder auf den Plan gerufen. Einerseits fordern und andererseits abfließen lassen.

(Beifall bei der CDU)

(Unruhe bei der PDS)

Wissen Sie, die Unternehmen in Thüringen sind Personengesellschaften. Mit Ihrer Vermögenssteuer wollen Sie ans Eigenkapital, das ohnehin schwach ausgestattet ist. Wo wollen Sie denn den Strich ziehen zwischen betrieblichem Vermögen und privatem Vermögen?

(Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Sie nähern sich gerade dem "Begriff" von Minister Trautvetter.)

Entschuldigung, Frau Ministerin. Zunächst erst mal etwas Ruhe, dass man den Redner bzw. die Rednerin überhaupt verstehen kann. Frau Ministerin, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Matschie zu?