Protokoll der Sitzung vom 01.07.2005

Wir kommen zur nächsten Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Kuschel, PDS-Fraktion, in der Drucksache 4/941.

Ausstieg aus dem kommunalen Arbeitgeberverband

Die Stadt Königsee ist aus dem kommunalen Arbeitgeberverband ausgetreten und beabsichtigt, einen Haustarifvertrag abzuschließen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Thüringer Gemeinden sind nach dem Kenntnisstand der Landesregierung gegenwärtig nicht Mitglied des kommunalen Arbeitgeberverbandes?

2. Bedarf der Abschluss eines Haustarifvertrages für Gemeinden, die nicht Mitglied des kommunalen Arbeitgeberverbandes sind, der rechtsaufsichtlichen Genehmigung und wie wird dies durch die Landesregierung begründet?

3. Unter welchen Voraussetzungen kann eine Gemeinde aus dem kommunalen Arbeitgeberverband austreten und welche Auswirkungen hat dies auf die Anwendung tarifrechtlicher Bestimmungen?

Danke. Es antwortet Minister Dr. Gasser.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kuschel beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Frage 1: Der Landesregierung sind die Gemeinden, die nicht Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband Thüringen e.V. sind, nicht bekannt.

Frage 2: Die Eingruppierung der Angestellten und Einreihung der Arbeiter und deren Vergütung und Entlohnung sowie alle sonstigen Leistungen sind gemäß § 33 Abs. 3 der Thüringer Kommunalordnung nur im Rahmen der zwischen Arbeitgebervereinigung und Gewerkschaft getroffenen tarifvertraglichen Regelungen zulässig. Ist die Gemeinde nicht tarifgebunden, so dürfen die Eingruppierungen und Vergütungen sowie alle sonstigen Leistungen höchstens denjenigen der vergleichbaren Angestellten und Arbeiter

der tarifgebundenen Gemeinden entsprechen. Soweit dieser Rahmen nicht verlassen wird, ist eine Ausnahmegenehmigung des Innenministeriums nach der Thüringer Kommunalordnung nicht erforderlich.

Frage 3: Die Mitgliedschaft im kommunalen Arbeitgeberverband ist freiwillig. Gesetzliche Beschränkungen für den Ein- oder Austritt von Gemeinden gibt es nicht. Nach § 4 Abs. 2 der aktuellen Satzung des kommunalen Arbeitgeberverbandes Thüringen ist ein Austritt allerdings nur zum Ende des Geschäftsjahres zulässig. Für den Austritt sind keine Gründe erforderlich. Die schriftliche Austrittserklärung muss sechs Monate vor Schluss des Geschäftsjahres vorliegen. Nach dem Austritt bleibt nach § 3 Abs. 3 des Tarifvertragsgesetzes die Tarifgebundenheit bestehen, bis der jeweilige Tarifvertrag endet. Wenn die Tarifgebundenheit endet, schließt sich nach § 4 Abs. 5 des Tarifvertragsgesetzes die Nachwirkung des Tarifvertrages an. Hierbei sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht mehr an den Tarifvertrag gebunden. Aber die Rechtsnormen des abgelaufenen Tarifvertrages gelten so lange weiter, bis sie durch andere Abmachungen ersetzt werden. Diese anderen Abmachungen können zum Beispiel in einem neuen Tarifvertrag bestehen.

Danke. Es gibt Nachfragen. Abgeordneter Kuschel, bitte.

Herr Minister, ich habe zwei Nachfragen. Sie haben in Beantwortung der Frage 2 darauf verwiesen, dass bei einem Haustarifvertrag eine höhere Vergütung als im Tarifvertrag vereinbart, ausgeschlossen ist oder dann der Genehmigung durch die Rechtsaufsichtsbehörde bedarf. Wie verhält es sich, wenn es darum geht, die Angestellten und Arbeiter untertariflich zu bezahlen? Gibt es dort eine Untergrenze? Wenn die durch die Gemeinde unterschritten werden will, ist dann eine rechtsaufsichtliche Genehmigung erforderlich? Oder ist nach unten praktisch das auch genehmigungsfrei?

Und in Beantwortung auf die Frage 3 eine Nachfrage zum Austritt. Welches Organ der Gemeinde ist zuständig für die Entscheidung, ob eine Gemeinde aus dem kommunalen Arbeitgeberverband austritt? Fällt das in die Zuständigkeit des Bürgermeisters oder bedarf das eines Beschlusses des Gemeinderats?

Herr Kuschel, Ihre erste Frage ist aus meiner Sicht dahin gehend zu beantworten, es handelt sich hier

um eine Schutzvorschrift zugunsten der Gemeinden, dass sie lediglich keine höhere Vergütung vereinbaren darf. Nach unten ist hier keine Grenze gegeben. Allerdings wird sie sich natürlich an das übliche Niveau halten müssen, weil sie sonst keine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wird gewinnen können.

Die zweite Frage: Dies ist, glaube ich, eine Sache, die würde ich jedenfalls als Bürgermeister, ich weiß nicht wie es hier in diesem Fall geschehen ist, jedenfalls durch das zuständige Gremium der Stadt oder Gemeinde beraten und beschließen lassen. Ich würde es nicht allein machen. Aber es ist ein Grenzbereich, kommt auch auf die Größe der Stadt oder der Gemeinde an.

Danke. Weitere Nachfragen gibt es nicht. Wir kommen zur nächsten Mündlichen Anfrage der Abgeordneten Ehrlich-Strathausen, SPD-Fraktion, Drucksache 4/1007.

Frauen in Führungspositionen

Entsprechend den Vorgaben des Thüringer Gleichstellungsgesetzes stellt die Teilhabe von Männern und Frauen an Leitungsfunktionen innerhalb des öffentlichen Dienstes ein wichtiges Kriterium für die Gleichstellung dar. Vor diesem Hintergrund war dem Bericht der Landesregierung über die Anwendung des Thüringer Gleichstellungsgesetzes (Drucksache 4/354) auch innerhalb der Landesdienststellen ein unbefriedigender Sachstand zu entnehmen. Zudem hatten die im Bericht verwendeten Daten keinen aktuellen Bezug. Bei den folgenden Fragen wird deshalb um aktuelle und um differenzierte Angaben zu den jeweiligen Landesbehörden gebeten.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie hoch ist der prozentuale Anteil und die Anzahl der Frauen in Führungs- und Leitungspositionen mit B-Besoldung (bis B 8) innerhalb der obersten Landesbehörden?

2. Wie hoch ist die Anzahl der Beschäftigten in den Abteilungsleitungen sowie der Anteil der Frauen in diesen Funktionen innerhalb der obersten Landesbehörden?

3. Wie hoch ist der prozentuale Anteil der Frauen in Führungspositionen in den jeweiligen Geschäftsbereichen und welche Abweichung gibt es zu den veröffentlichten Daten von 2001/2002?

4. Welche konkreten Veränderungen sind seit der Einführung des so genannten Schwedischen Modells vorgenommen worden oder beabsichtigt, um in der Personalentwicklung der Fachressorts und deren Geschäftsbereichen den Anteil der Frauen in Führungspositionen entsprechend der gesetzlichen Vorgaben anzupassen und damit zu erhöhen?

Danke. Es antwortet Minister Dr. Zeh.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich beantworte die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Ehrlich-Strathausen für die Thüringer Landesregierung.

Zu Frage 1: Im Jahr 2005 gibt es in der Landtagsverwaltung drei Frauen und im Kultusministerium und im Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit je zwei Frauen, im Innenministerium eine Frau in Führungs- und Leitungsposition mit B-Besoldung (bis B 8). Das ergibt einen Frauenanteil von 7,2 Prozent. In den anderen obersten Landesbehörden gibt es keine Frauen in B-Besoldung.

Zu Frage 2: In den obersten Landesbehörden gibt es 2005 insgesamt 53 Abteilungsleitungen. Im Kultusministerium gibt es unter den sechs Abteilungsleitungen eine Abteilungsleiterin, in der Landtagsverwaltung gibt es bei den zwei Abteilungenleitungen eine Frau. In den anderen obersten Landesbehörden gibt es keine Abteilungsleiterin. Dies bedeutet insgesamt einen Anteil von 3,8 Prozent.

Zu Frage 3: Aufgrund der Kurzfristigkeit der Anfrage und der Notwendigkeit der Erhebung umfangreichen Datenmaterials für die nachgeordneten Geschäftsbereiche können keine vollständigen Angaben zu Frauen in Führungspositionen insgesamt gemacht werden. Darüber hinaus ist eine unmittelbare Vergleichbarkeit zu den veröffentlichten Daten aus 2001/ 02 nicht immer möglich. Das beruht auf einer unterschiedlichen Datenbasis sowie auf geänderten Ressortzuschnitten.

Im Jahre 2005 sind im Thüringer Landtag 28,9 Prozent Frauen in Führungspositionen. Dies entspricht einer Erhöhung um 14 Prozent gegenüber 2001/ 2002. In der Thüringer Staatskanzlei erhöhte sich der Anteil von Frauen in Führungspositionen von 20 Prozent in 2001/02 auf 27,78 Prozent im Jahr 2005. Im Geschäftsbereich des TMBV beträgt der Frauenanteil an den 180 Führungskräften im Jahr 2005 19,4 Prozent. Im Geschäftsbereich des Thüringer Finanzministeriums hat sich der Frauenanteil im Jahr

2003 um 0,9 Prozent auf 43,2 Prozent gegenüber den veröffentlichten Daten von 2001/2002 von 42,3 Prozent erhöht. Im Geschäftsbereich des TMLNU gelang es gegenüber 2001/2002 im Bereich der Dienststellenleitungen den Frauenanteil geringfügig zu erhöhen. Der Frauenanteil beträgt 2005 dort 9 Prozent. Im Thüringer Justizministerium betrug der Frauenanteil in Führungspositionen im Jahr 2003 22,5 Prozent und im Jahr 2004 19,6 Prozent. Damit liegt gegenüber den veröffentlichten Daten von 2001/2002 für das Jahr 2003 eine Erhöhung des Anteils um 3,9 Prozent, im Jahr 2004 ein Absinken um 2 Prozent vor. Im TMWTA einschließlich Thüringer Landesamt für Mess- und Eichwesen liegt der Frauenanteil im Jahr 2005 bei 18 Prozent. Im TMSFG hat sich im Vergleich der Frauenanteil in Führungspositionen von 40 Prozent in 2001/2002 auf 41,5 Prozent 2005, das heißt um 1,5 Prozent erhöht. Der Frauenanteil in Führungspositionen beim Thüringer Rechnungshof beträgt 2005 36,4 Prozent.

Zu Frage 4: Bei der Umsetzung von Gender Mainstreaming handelt es sich um einen dauerhaften Prozess. Dazu bedarf es eines breiten Bewusstseinswandels in den Köpfen aller Beteiligten. Darüber hinaus gilt es, im Bereich der Personalentwicklung auch finanzielle und dienstrechtliche Restriktionen zu beachten. In allen Bereichen der Landesverwaltung werden die Vorgaben des Gleichstellungsgesetzes bei Ausschreibungen und Auswahlverfahren beachtet. Aufgrund der Verringerung der Zahl von Führungspositionen insgesamt ist eine Erhöhung der Zahl von Frauen in Führungspositionen jedoch praktisch schwer umsetzbar. Ziel ist es weiterhin, den Anteil der Frauen in Führungspositionen zu erhöhen. Das wird insbesondere durch eine Erweiterung des Fortbildungsprogramms der Landesregierung in Form von Seminarangeboten und Modulen im Rahmen von Führungstrainings zu Gender Mainstream verfolgt. Durch altersbedingte Abgänge werden sich in den nächsten Jahren Chancen ergeben, den Frauenanteil in Führungspositionen in den nächsten Jahren zu erhöhen. Es ist beabsichtigt, diese Chancen mittels einer gezielten gleichstellungsorientierten Personalplanung zu nutzen. Es wurde in allen Ministerien ein Ansprechpartner, ein so genannter Gender-Koordinator, benannt. Die Beauftragte für die Gleichstellung von Frau und Mann entwickelt darüber hinaus ein Mentoringprogramm für Berufsrückkehrerinnen und -einsteigerinnen. Dadurch soll das Selbstvertrauen und die Kompetenz von Frauen unterstützt werden, die sich für Führungspositionen eignen. Vielen Dank.

Danke. Gibt es Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Damit kommen wir zur nächsten Mündlichen Anfrage, eine der Abgeordneten Scheringer-Wright, PDS-Fraktion, in Drucksache 4/1010.

Ausschreitungen von Rechtsextremisten in Leinefelde

In der Nacht vom 27. Mai 2005 zum 28. Mai 2005 riefen Bewohner der Leinefelder Südstadt die Polizei, weil 20 bis 40 rechtsradikale junge Männer laute Musik abspielten und Drohparolen ausriefen. Die Anwohner hatten erhebliche Angst. Als die Polizeibeamten dann eintrafen, wurden sie von den Männern physisch angegriffen. Front- und Seitenscheibe des Streifenwagens wurden demoliert. Offensichtlich handelte es sich um extrem gewaltbereite und gewalttätige Rechtsradikale.

Leinefelde ist eine Stadt, die aus ihrer historischen Struktur zweigeteilt ist. Es gibt die Innen- und Nordstadt mit überwiegend bürgerlichen Häusern und die Südstadt mit Wohnblocks und hoher Arbeitslosigkeit unter den Bewohnern, die das Gefühl haben, bei der Stadtverwaltung nicht viel Gehör zu finden.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Das ist eine Frechheit, so etwas...)

(Unruhe bei der CDU)

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele...

Darf ich bitten, die Abgeordnete ihre Frage vortragen zu lassen?

1. Wie viele Ingewahrsamnahmen wurden in dieser Nacht vorgenommen und wie viele Verfahren wurden gegen die Gewalttäter eingeleitet?

2. Wird auch gegen die Rechtsradikalen ermittelt, die verfassungsfeindliche Parolen riefen oder verfassungsfeindliche Symbole trugen?

3. Welches Konzept hat die Stadtverwaltung und der Bürgermeister, um verängstigte Bürger, die sich als Zielscheibe der Rechtsradikalen sehen, zu unterstützen?

4. Gibt es ein Sozial-Konzept für Leinefelde, das einer Entwicklung der Südstadt zu einem sozialen Brennpunkt und Aufmarschplatz von Rechtsradikalen entgegenwirkt?

Danke. Es antwortet Minister Dr. Gasser.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Scheringer-Wright beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Drei Personen wurden auf der Grundlage des Thüringer Polizeiaufgabengesetzes in Gewahrsam und eine Person auf der Grundlage der Strafprozessordnung vorläufig festgenommen. Gegenwärtig laufen gegen zwei Beschuldigte Ermittlungsverfahren, gegen eine Person wird ein Ordnungswidrigkeitsverfahren durchgeführt.