Protokoll der Sitzung vom 15.09.2005

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Das ist aber eine Nummer jetzt.)

Herr Abgeordneter Gentzel, Sie wissen, dass sich unsere Auffassungen in diesem Punkt unterscheiden, und das ist auch gut so, dass wir anderer Meinung sind.

(Beifall bei der CDU)

Wenn man Teilbereiche analysiert hat, die notwendigen Erkenntnisse gewonnen hat, dann ist es notwendig, diese Erkenntnisse auch umzusetzen, Herr Abgeordneter Gentzel.

(Beifall bei der CDU)

Der ganz große Wurf steht hier im Raum - der Allwissende, der dort sitzt und sagt, wir machen ein neues Land, wir erschaffen ein neues Land aus einem Wurf, das hat doch mit der Realität überhaupt nichts zu tun.

(Unruhe bei der SPD)

Aufgabenkritik, Kommunalisierung, Privatisierung und personalwirtschaftliche Maßnahmen sind die wichtigsten Elemente des begonnenen Umstrukturierungsprozesses. Im Zusammenhang mit der Aufgabenkritik haben die Ressorts Optimierungsanalysen durchgeführt und die Aufgabenverteilung auf kommunaler Ebene und Landesebene sowie die Verwaltungsabläufe geprüft. Parallel zur Aufgabenkritik wurden und werden externe Untersuchungen zur Verwaltungsstruktur und Organisation von Unterneh

mensberatungen durchgeführt, u.a. das Projekt „Micus“ im Thüringer Innenministerium. Zu Beginn der neuen Legislatur haben die Ministerien erste Ergebnisse ihrer Analysen vorgelegt und erste Schritte der Verwaltungsreorganisation werden gegenwärtig realisiert. Was die Kommunalisierung und die Privatisierung anbetrifft, sollen Aufgaben gebündelt und möglichst vor Ort erledigt werden, zumeist in Verwaltungseinrichtungen der Landkreise und kreisfreien Städte. Dadurch stärken wir gleichermaßen Bürgernähe und Selbstverwaltung. Das bedeutet, Aufgaben sollten nicht von einer größeren Einheit erledigt werden, solange der Sachverstand und die Kraft der kleineren Einheit ausreichen, diese Aufgabe zu erfüllen. Durch diese Grundsatzentscheidung sparen wir soziale und materielle Ressourcen ein und wir verstärken die Kontrolle staatlichen Handelns auf der untersten Ebene. Einige Hierarchieebenen fallen bei diesem Prozess weg. Leistungen, die nicht zwingend durch das Land oder durch Kommunen erbracht werden müssen, werden in private Strukturen übergeben. Im Hinblick auf die personalwirtschaftlichen Maßnahmen ist es unser Ziel, bis 2009 7.400 Stellen sozialverträglich abzubauen, 400 Stellen in den Ministerien, 7.000 Stellen in der Landesverwaltung.

Herr Staatssekretär, der Abgeordnete Hauboldt möchte Ihnen offensichtlich eine Frage stellen. Gestatten Sie das?

Herr Abgeordneter Hauboldt, wenn Sie mir gestatten, den Gedanken noch zu Ende zu führen, werde ich Ihnen gerne die Möglichkeit geben, anschließend die Frage zu stellen.

Einerseits können wir diesen Stellenabbau realisieren durch die Bündelung von Aufgaben und Zusammenlegung von Verwaltungseinrichtungen. Auf der anderen Seite bieten wir den öffentlichen Bediensteten im Freistaat verschiedene Teilzeit- und Prämienmodelle sowie Ausgleichszahlungen für einen vorzeitigen Renteneintritt an. Diese Angebote wurden bereits von zahlreichen Bediensteten in Anspruch genommen und aus diesem Prozess haben wir auch Erkenntnisse über die Akzeptanz solcher Maßnahmen in verschiedenen Gruppen der Bediensteten.

Unser Ziel ist es, öffentliche Dienstleistungen in Zukunft schneller, besser und kostengünstiger zu erledigen. Gesetze und Verordnungen werden auf ihre zwingende Notwendigkeit hin überprüft und gegebenenfalls gestrichen. Thüringen ist nicht das einzige Land, das einen umfassenden Umbau seiner Landesverwaltung beschlossen hat. Im Sinne des

Dienstleistungsgedankens sind fast alle Bundesländer dabei, ihre Landesverwaltungen nach mehr oder weniger einheitlichen Konzepten umzustrukturieren. Und wie im Sport oder in der freien Wirtschaft, so gilt auch in der Verwaltung, Vergleichen lohnt sich, denn nur die Besten können punkten und daher orientieren wir uns in Thüringen an den Besten.

Das Benchmarking mit anderen Ländern ist nicht nur in Bezug auf die wirtschaftlichen Daten entscheidend, sondern auch in Bezug auf eine bürger- und unternehmerfreundliche Verwaltung. Eine solche Verwaltung ist mit entscheidend für die Qualität des Wirtschaftsstandorts Thüringen. Die ersten Schritte in dieser Richtung haben wir bereits getan, erste Maßnahmen der Umstrukturierung wurden bereits realisiert.

Meine Damen und Herren, es ist also notwendig, dass Behördenstandorte zusammengefasst und Aufgaben gebündelt, dass Aufgaben privatisiert und auf Landkreise bzw. kreisfreie Städte übertragen werden, um die Effektivität und Effizienz unserer Verwaltung zu stärken. Dabei kann sich folgendes Problem ergeben: Im Zuge von Umstrukturierungen entfallen eine Vielzahl von Planstellen. Für die betroffenen Beamten stehen in anderen Aufgabengebieten jedoch keine freien Planstellen zur Verfügung. In diesem Fall können die herkömmlichen beamtenrechtlichen Instrumentarien der Versetzung, Abordnung oder Umsetzung nicht greifen. § 20 des Beamtenrechtsrahmengesetzes sieht allein für diesen Fall die Möglichkeit vor, Lebenszeitbeamte in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen. Zur Umstrukturierung der Thüringer Landesverwaltung möchten wir von dieser gesetzlichen Regelung nun Gebrauch machen können.

Das Fünfte Gesetz zur Änderung des Thüringer Beamtengesetzes ermöglicht es dem Freistaat Thüringen als Dienstherren, Beamte ab dem 50. Lebensjahr mit ihrer Zustimmung, also unter der Voraussetzung der Freiwilligkeit, in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen. Dies ist allerdings nur möglich, wenn das Aufgabengebiet des betreffenden Bediensteten von der Auflösung oder Umstrukturierung einer Behörde betroffen ist, entsprechende Planstellen eingespart werden und der betroffene Beamte nicht an anderer Stelle eingesetzt werden kann. Diese Maßnahme erleichtert den Behördenumbau, führt zu Einsparungen und vermeidet soziale Härten. Darüber hinaus sollen die bereits vorhandenen, aber ursprünglich befristeten Personalsteuerungsinstrumente im Bereich der begrenzten Dienstfähigkeit sowie die Beurlaubung aus arbeitsmarktpolitischen Gründen dauerhaft im Thüringer Beamtengesetz verankert werden.

Weiterhin werden in § 41 die Bezeichnung der Beauftragten mit politischen Schlüssel- und Spitzenstellungen redaktionell aktualisiert, insbesondere wird der Beauftragte für Menschen mit Behinderungen beim Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit aufgenommen.

Im Rahmen einer Anhörung haben Gewerkschaften und Berufsverbände die Möglichkeit erhalten, Fragen, Anregungen und Hinweise zur Änderung des Thüringer Beamtengesetzes anzubringen. Aus Sicht der Landesregierung wie auch aus Sicht des Innenausschusses haben sich aus der Anhörung keine Anhaltspunkte für eine Änderung des Entwurfs ergeben.

Meine Damen und Herren, es geht nicht darum, Beamten durch Umstrukturierung Freizeit auf Staatskosten zu verschaffen. Dies wird deutlich an den notwendigen Voraussetzungen von Altersgrenze, Zustimmungserfordernis und Fehlen einer adäquaten Stelle. Vielmehr wollen wir mit dem Fünften Gesetz zur Änderung des Thüringer Beamtengesetzes Personalsteuerungsinstrumente nicht zuletzt im Interesse unserer Beamtinnen und Beamten anwenden und weiterentwickeln. Mit diesem Anspruch fügt sich das Gesetz in die Reihe der Maßnahmen ein, die ich eingangs dargelegt habe. In diesem Sinne trägt es dazu bei, den Haushalt unseres Freistaats zu konsolidieren und auf eine solide Basis zu stellen.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung bittet um Zustimmung zu diesem Gesetz. Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt ist Ihr Gedanke vollständig zu Ende geführt und der Abgeordnete Hauboldt kann Ihnen die Frage stellen. Bitte.

Herr Staatssekretär Baldus, Sie haben ja sehr grundsätzlich und plakativ argumentiert. Ich versuche es aber trotzdem noch mal eine Frage zu formulieren: Können Sie diesbezüglich die finanziellen Auswirkungen doch noch mal in Grundsätzen benennen bzw. eine Prognose, mit wie vielen Beamtinnen und Beamten Sie rechnen, die diesen Passus des Beamtengesetzes in Anspruch nehmen würden, erstellen?

Herr Abgeordneter Hauboldt, wir haben diese Frage im Innenausschuss, wie Sie selbst ausgeführt haben, diskutiert, und ich habe auf die diesbezüg

liche Frage geantwortet, dass dieses Recht, die Möglichkeit gebunden ist an das Prinzip der absoluten Freiwilligkeit. Da das Behördenstandortekonzept noch nicht in allen Punkten ausdifferenziert ist, Sie wissen, dass sich die Umstrukturierung z.B. der Sozialverwaltung in der Entscheidungsphase befindet, deshalb ist es schlicht nicht möglich, sowohl den Umfang der potenziellen Inanspruchnahme als auch die Akzeptanz seitens der betroffenen Beamten, die ja von diesem Umstand zum Teil noch gar nichts wissen, zu prognostizieren. Die Landesregierung wird aber in der Lage sein, sehr schnell nach In-KraftTreten des Gesetzes und der Behördenstrukturreform in allen ihren Elementen die finanziellen Auswirkungen darzustellen und wird dieses sicherlich leisten.

Der Abgeordnete Höhn möchte offensichtlich auch gern eine Frage stellen. Gestatten Sie das?

Aber gern.

Bitte, Herr Abgeordneter Höhn:

Herr Staatssekretär, Sie haben während Ihrer Ausführungen vorhin dargelegt, dass mit der Umsetzung dieser Gesetzesänderung unter anderem soziale Ressourcen eingespart würden. Da mir dieser Begriff so nicht geläufig ist, würden Sie diesen bitte noch einmal etwas näher erläutern?

Ich würde den Begriff in diesem Zusammenhang so definieren, dass man Personalkosten und Sachkosten einsparen kann, wenn Stellen wegfallen.

Es gibt keine weiteren Nachfragen. Es gibt auch keine weiteren Redemeldungen, so dass ich die Aussprache schließen kann. Wir kommen, weil die Beschlussempfehlung des Innenausschusses die Annahme des Gesetzentwurfs empfiehlt, direkt zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Landesregierung in der Drucksache 4/917. Wer diesem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Das ist eine Mehrheit. Die Gegenstimmen bitte. Es gibt eine Gegenstimme. Stimmenthaltungen? Es gibt eine Reihe von Stimmenthaltungen. Wir werden das jetzt in der Schluss

abstimmung bekunden. Wer für den Gesetzentwurf steht, den bitte ich aufzustehen. Danke schön. Die Gegenstimmen jetzt bitte. Danke schön. Die Stimmenthaltungen. Danke schön. Der Gesetzentwurf ist angenommen. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 4 und komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 5

Gesetz zur Änderung des Thürin- ger Schulgesetzes Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drucksache 4/971 - ZWEITE BERATUNG

Ich eröffne die Aussprache und es hat sich für die CDU-Fraktion zu Wort gemeldet der Abgeordnete Emde.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir reden über diesen Antrag zum Gesetzentwurf der SPD-Fraktion „Änderung des Schulgesetzes“ hier zum zweiten Mal. Es gab keine Ausschussbefassung dazu. Ich sagte schon damals, dass ich das für eine sehr polemische und ausschließlich taktisch bezogene Maßnahme der SPDFraktion halte, denn es war klar, dass die Einführung der Lernmittelpauschale zu diesem Zeitpunkt vor den Ferien längst auf dem Weg war und umgesetzt werden musste.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Das liest sich in der Presse anders.)

Im letzten Bildungsausschuss wurde sich auch darüber unterhalten, wie diese ganze Sache funktioniert hat.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Sie hat nicht funktioniert.)

Es hat funktioniert - Sie waren ja nicht da im Bildungsausschuss - und ich gehe davon aus, dass es auch weiter funktionieren wird.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Es funktioniert überhaupt nicht.)

Die Einführung der Lernmittelpauschale ist sowohl in organisatorischer Hinsicht als auch mit Blick auf von der Opposition heraufbeschworene juristische Unklarheiten zum Schuljahreswechsel sehr gut angelaufen. Ich sage dazu nur, wir Lehrer sind eben flexibler und belastbarer, als oftmals angenommen. Böse Zungen behaupten, dass die Lernmittelpauschale die erste Salamischeibe bei der folgenden kompletten Abwälzung der Kosten für Bildung in Thüringen wäre. Dem stelle ich entgegen, Herr Döring,

denn das Stichwort „Salamitaktik“ kommt ja von Ihnen, dass Thüringen sich die höchsten Ausgaben pro Schüler unter den deutschen Flächenländern leistet. Das ist nach wie vor so.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Auch das ist typisch.)

Auch vorher, Herr Döring, haben Eltern bereits Kosten für Lernmittel, nämlich für Gebrauchsmaterialien, getragen. Durch die Einführung einer Obergrenze mit der neuen Regelung ist die Belastung der Eltern teilweise gleich geblieben, teilweise am Ende nur gering gestiegen. Wenn wir es uns leisten könnten, das sage ich auch, wären natürlich kostenlose Schulbücher auch weiterhin ein schöner Luxus.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Ist doch kein Luxus.)

Wir können es uns aber nicht leisten, Herr Döring, Rotgrün hat dafür gesorgt, dass wir jährlich eine Neuverschuldung von 1 Mrd. € haben,

(Unruhe bei der SPD)

und da muss eben an jeder Stelle gespart werden.

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Das ist doch Ergebnis Ihrer Finanzpolitik, nichts sonst!)

Die SPD weiß das auch ganz genau, dass wir hier im Land ein Einnahmeproblem haben, das verschuldet wird durch Ihre Genossen in Berlin, und deswegen sage ich es noch mal: Dieser Gesetzentwurf ist nichts anderes als ein populistisches Manöver, Herr Matschie, nichts anderes.