Protokoll der Sitzung vom 16.09.2005

Meine Damen und Herren, es sind aber nicht nur die energieintensiven Branchen, die aus diesen Gründen ihren Standort ins Ausland verlagert haben oder sich mit derartigen Gedanken tragen. Auch der Mittelstand, meine Damen und Herren, der prägend ist für die Thüringer Wirtschaftsstruktur, und die privaten Verbraucher stöhnen unter der vom Staat verursachten Energiekostenbelastung. Wichtigster staatlicher Kostentreiber ist und bleibt dabei die Ökosteuer, die vom Stromverbraucher im vergangenen Jahr mit rund 6,7 Mrd. € zu tragen war. Weitere Kostenbelastungen resultieren aus dem ErneuerbareEnergien-Gesetz, Frau Becker, mit immerhin 2,3 Mrd. €, der Konzessionsabgabe mit 2,2 Mrd. €

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Und nächstes Jahr wird die dann wieder ab- geschafft?)

und auf dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz liegen immerhin noch 0,7 Mrd. Damit lag der staatliche An

teil am Strompreis der privaten Verbraucher im letzten Jahr bei mehr als 40 Prozent.

Frau Becker, am Ende meiner Rede bin ich gern bereit, auf eine Nachfrage zu antworten.

Ja, ich hätte jetzt gefragt, ob Ihnen Frau Becker eine Frage stellen darf. Nehmen wir die Antwort vorweg.

Danke, Frau Präsidentin. Die Thüringer Landesregierung hat in den zurückliegenden Jahren mehrfach gemeinsam mit anderen Ländern über entsprechende Initiativen im Bundesrat versucht, weitere Erhöhungsstufen der Ökosteuer und somit steigende Kostenbelastungen für Wirtschaft und Verbraucher zu verhindern. Die Ergebnisse, meine Damen und Herren, sind Ihnen hinlänglich bekannt. Aufgrund der noch bestehenden Mehrheitsverhältnisse im Bundestag waren letztendlich sämtliche Anträge zum Scheitern verurteilt. Rotgrüne Energiepolitik beinhaltet also - und so deutlich, Herr Dr. Schubert, kann man das sagen -

(Zwischenruf Abg. Dr. Schubert, SPD: Da wird sie wohl abgeschafft?)

ein ganz erhebliches Gefährdungspotenzial für den Wirtschaftsstandort Deutschland und die Sicherheit von Arbeitsplätzen. Gehen Sie raus in die Wirtschaft; jeder, der Energieabnehmer ist in Größenordnungen, wird Ihnen das bestätigen, egal, ob das die Lebensmittelindustrie in Thüringen ist, die Kunststoffindustrie und von der Metallverarbeitung will ich gar nicht erst reden. Hinzu, meine Damen und Herren, kommen handwerkliche Fehler bei der Umsetzung von Gesetzesvorhaben, z.B. bei der Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes oder beim Treibhausemissionshandelsgesetz. Ein entsprechend strukturierter Emissionshandel kann durchaus wettbewerbsneutral und kosteneffizient zu einer signifikanten Reduzierung der Kohlendioxidemission führen. In Deutschland, meine Damen und Herren, wurde allerdings die Chance dafür vertan, frühzeitig die Weichen für eine an Wirtschaftlichkeit und Umweltschutz orientierte Klimaschutz- und Energiepolitik zu stellen. Die Zuteilung - und daran würde ich gern noch mal erinnern - der Verschmutzungsrechte konnte erst in allerletzter Sekunde sozusagen mit dem Beginn des Emissionshandels überhaupt auch nur abgeschlossen werden. An diesem Beispiel offenbart sich im Grunde die gesamte Widersprüchlichkeit rotgrüner Energiepolitik. Die vorhandenen Instrumente, wie Ökosteuer, Erneuerbare-Energien-Gesetz und

Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz, sind nach einer unabgestimmten Einführung inzwischen modifiziert und erweitert, aber nach wie vor nicht aufeinander abgestimmt worden. Durch die gegenseitige Überlappung von Regulierungstatbeständen hat dies zu Doppelbelastungen zwangsweise führen müssen. Dies betrifft gleichermaßen auch den Emissionshandel, wo es bislang zu keiner Abstimmung mit den anderen Gesetzen gekommen ist.

Ein weiteres rotgrünes Trauerspiel war die Einführung des neuen Energiewirtschaftsgesetzes, das nach EU-Vorgaben von der Bundesregierung bereits zum 1. Juli 2004 - ich wiederhole das noch mal, zum 1. Juli 2004 - hätte umgesetzt werden müssen. Herr Dr. Schubert, ich bin selbst Mitglied im Beirat der Regulierungsbehörde, wo das angedockt ist; ich habe das Trauerspiel über ein Jahr lang miterleben müssen.

(Zwischenruf Abg. Doht, SPD: Ja, das haben Sie mit verursacht.)

Zu diesem Termin, meine Damen und Herren, hat es nicht einmal einen entsprechenden Gesetzentwurf gegeben. Danach gab es in Berlin über Monate hinweg heftige Auseinandersetzungen zwischen dem Wirtschaftsminister und dem Umweltminister über die Ausgestaltung der vorgesehenen Energiemarktregulierung zu Lasten der Wirtschaft und der Verbraucher.

Schließlich waren es dann die CDU-geführten Länder, darunter auch Thüringen, Herr Dr. Schubert, die über den Bundesrat dem Gesetzesvorhaben letztendlich zum Durchbruch verholfen haben. Dies geschah allerdings erst nach zahlreichen Änderungen, die insbesondere die Einführung einer Genehmigungspflicht bei der Erhöhung von Netzentgelten und den Systemwechsel hin zur so genannten Anreizregulierung betrafen.

Das Mitte Juli dieses Jahres nun in Kraft getretene neue Energiewirtschaftsgesetz soll nun endlich für mehr Wettbewerb in den Leitungsnetzen der deutschen Strom- und Gaswirtschaft sorgen. Eine wesentliche Rolle fällt dabei der Bundesnetzagentur zu, die als bundesweiter Regulierer fungieren soll und vor allem die Erhöhung der Entgelte für die Durchleitung von Strom und Gas künftig erst nach einer umfassenden Vorabkontrolle genehmigen wird. Große Erwartungen verbinden sich zudem mit der nach einer Übergangsphase vorgesehenen Einführung einer Anreizregulierung.

Hierunter, meine Damen und Herren, ist zu verstehen, dass nicht mehr die individuellen Kosten eines Unternehmens den Maßstab für die Preisbildung darstellen, sondern dass die Bundesnetzagentur an

hand von statistischen Unternehmenskennzahlen effiziente Vergleichsunternehmen abbildet, deren Preise dann die künftige Richtschnur vorgeben.

Allein die Tatsache, dass die Durchleitungsgebühren in Deutschland zu den höchsten in Europa gehören, macht deutlich, wie dringend notwendig die Regulierung des Netzzuganges ist, um allen Akteuren einen diskriminierungsfreien Marktzutritt auch zu ermöglichen. Die jüngsten Erhöhungen der Netznutzungsentgelte und Stromverkaufspreise durch die Stromkonzerne sind für mich schlichtweg nicht nachvollziehbar. Aufgrund der unverändert bestehenden Preisdisparitäten haben Wirtschaft und Verbraucher in Thüringen und im Osten Deutschlands hierunter natürlich besonders zu leiden. Für das produzierende Gewerbe und die energieintensiv produzierende Industrie stellen sie ein nahezu unüberwindbares Wettbewerbshindernis dar. Den privaten Verbrauchern wird auf diesem Wege dringend benötigte Kaufkraft entzogen, was wiederum negative Auswirkungen auf unseren ohnehin schon brach liegenden Binnenmarkt hat.

Nach überschlägigen Berechnungen würde eine funktionierende Marktöffnung den Verbrauchern in Deutschland eine Energiekosteneinsparung von jährlich bis zu 5 Mrd. € bescheren.

Meine Damen und Herren, das Energiewirtschaftsgesetz ist nicht das letzte Beispiel in der Geschichte des energiepolitischen Schlendrians, die Rotgrün über Jahre hinweg geschrieben hat. Hinzu kommt eine Reihe von ideologisch motivierten Ungereimtheiten. Es mag sein, meine Damen und Herren von der SPD, dass Sie durchaus anderer Auffassung sind, was Ihre eigenen Verfehlungen betrifft, aber wahrscheinlich haben Sie sich gegenüber Ihrem grünen Partner einfach nicht durchsetzen können.

Ich will mal ein Beispiel nennen: In der Vergangenheit hat Deutschland von einem Energieträgermix aus fossilen Brennstoffen, regenerativen Energien und der Kernenergie profitiert. Diesem Energieträgermix hat die Bundesregierung durch eine einseitige Subventionspolitik und den beschlossenen Ausstieg aus der Kernenergienutzung einfach mal den Garaus gemacht. Die Bundesregierung ist bis heute die Antwort schuldig geblieben, wie mittelfristig 30 Prozent der deutschen Stromerzeugung aus Kernenergie ersetzt und gleichzeitig die Emission an Treibhausgasen reduziert werden soll. Darauf gibt es bis heute auch nicht den Funken einer Antwort. Dagegen machen einfache Berechnungen deutlich, dass sich schon durch die Verlängerung der Laufzeiten der deutschen Kernkraftwerke auf durchschnittlich 40 Jahre, d.h. bis zum Jahr 2020, zusätzlich mehr als 500 Mio. Tonnen Kohlendioxid vermeiden lassen, und das bei den besten Kern

kraftwerken, die es in Europa gibt. Tun Sie doch nicht einfach so, als wenn die französischen und die tschechischen Kernkraftwerke im Ernstfall einen großen Bogen um Deutschland machen würden. Mit dem Ausstieg aus der Kernenergienutzung und dem damit verbundenen Verzicht auf 30 Prozent kostengünstigere Stromerzeugung konterkariert die rotgrüne Bundesregierung das selbst gesteckte Ziel der Emissionsminderung. Im Gegenteil, bei dem geplanten Atomausstieg wäre vielmehr zwingend von einem deutlichen Anstieg der Emissionen an Kohlendioxid aufgrund von fossilen Brennstoffen auszugehen, denn auch optimistische Szenarien zum Ausbau erneuerbarer Energien erfordern wegen der naturgemäß unregelmäßigen Einspeisung die Vorhaltung konventioneller Kraftwerke.

Ein anderes Beispiel für ideologiegetriebene rotgrüne Energiepolitik: Über garantierte Netzeinspeisungen und feste Einspeisevergütungen werden Milliardenbeträge bis dato in nicht wettbewerbsfähige Energieträger gepumpt. Durch die Ausgrenzung vom Wettbewerb fehlt diesen Energien jeglicher Anreiz, die Wirtschaftlichkeitsschwelle zu erreichen. Wir reden hier immerhin von rund 7,5 Mrd. € seit In-Kraft-Treten des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Meine Damen und Herren, ich meine, das können wir uns nicht länger leisten.

(Beifall bei der CDU)

Natürlich ist es über Parteigrenzen hinweg unbestritten, dass wir in Deutschland den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien brauchen, nicht zuletzt, weil es sich um Zukunftstechnologien für eine nachhaltige Energieversorgung handelt. In Thüringen hat sich in jüngster Vergangenheit ein Netzwerk aus Forschungs-, Entwicklungs- und Produktionskapazitäten insbesondere für solare Energieerzeugung entwickelt. Dieses Beispiel, meine Damen und Herren, unterstreicht, dass Thüringen für erneuerbare Energien ist und Unternehmen aus diesem Bereich willkommen heißt. Sie können sich das ansehen, rund um Erfurt und Arnstadt ist dort eine große Anzahl von Unternehmen inzwischen angesiedelt. Mehr als 20 Prozent der deutschen Industrie im Solarzellenbereich befinden sich im Erfurter Raum. Der gewollte weitere Ausbau erneuerbarer Energien kann allerdings nicht auf der Grundlage des rotgrünen Fördermodells geschehen. Der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien muss vielmehr darauf abzielen, die Subventionen zurückzuführen und mittelfristig weitgehend auch abzubauen. Zielstellung sollte vielmehr die schnellstmögliche Erreichung der Wirtschaftlichkeitsgrenze auch bei den erneuerbaren Energieträgern sein. Eine Dauersubvention können wir uns auch auf diesem Gebiet künftig nicht mehr erlauben. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz muss spätestens Ende 2007 marktwirt

schaftlich weiterentwickelt werden. Die Thüringer Landesregierung wird daher auf einen möglichst subventionsfreien Energieträgermix drängen. Dies bedeutet Abbau der Subventionen für die heimische Steinkohle, ebenso wie die Option für die friedliche Nutzung der Kernenergie, die aus ökonomischen und ökologischen Gründen offen gehalten werden muss. Bei der angestrebten Verlängerung der Betriebslaufzeiten der Kernkraftwerke ließen sich Millionen von Tonnen an Kohlendioxid vermeiden; die gleichzeitige Entlastung in Milliarden-Euro-Höhe würde zur Stärkung der deutschen Volkswirtschaft beitragen. Ein Wechsel hin zu einer unionsgeführten Bundesregierung würde dazu führen, dass künftig andere Schwerpunkte in der Energiepolitik gesetzt werden. Das beträfe in erster Linie den von der rotgrünen Bundesregierung geplanten hemmungslosen Ausbau der Windkraft, der Kranichhäcksler, wie ich sie so gerne nenne, deren Zukunft vor allem bei den Offshore-Anlagen, also in Nord- und Ostsee, gesehen wird. Ich erinnere einfach an der Stelle nur daran, dass Ihr grüner Umweltminister Trittin die Errichtung einer Offshore-Anlage mit 3.000 Megawatt in der Ostsee plant. Dann dreht sich in Deutschland, Herr Dr. Schubert und Frau Becker, wie Sie sich vielleicht physikalisch vorstellen können, die Stromrichtung um, dann fließt der Strom nämlich nicht mehr von Süd nach Nord, weil zum Scheren der Heidschnucken Sie da oben an der See nicht so viel Strom brauchen, sondern der Strom dahin muss, wo er hingehört, nämlich nach Bayern und nach Baden-Württemberg, dort ist die Abnahme.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: So toll sind die ja nun wirklich nicht.)

Dazu kommt, dass letztendlich der Bau einer Leitung nach Süden pro Kilometer 1 Mio. € kostet, dass wir damit durch den Thüringer Wald müssen, vorbei an Goldisthal, damit uns nicht das passiert, was in Kanada und Italien passiert ist, dass uns die Netze um die Ohren fliegen, und dann dreschen wir durch den Thüringer Wald eine Schneise, da ist der ICE ein schmales Bändchen dagegen.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Aber das interessiert doch Trittin nicht.)

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Ihr habt doch so wunderschöne Windräder im Eichsfeld …)

Ungeachtet dessen aber - und ich betone das ausdrücklich - werden wir an dem anvisierten 12,5-prozentigen Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung festhalten und Thüringen betreibt, wie Sie ja wissen, dort bereits eine Vorreiterrolle.

Lassen Sie mich nach sieben Jahren rotgrüner Energiepolitik noch ein kurzes Fazit ziehen. Die Energiepreise in Deutschland sind nicht zuletzt aufgrund staatlicher Sonderlasten geradezu explodiert. Die Staatsquote hat sich erhöht, der Beschäftigungseffekt ist negativ und mangels zuverlässiger Rahmenbedingungen durch die Politik war die Investitionsbereitschaft der Energiewirtschaft nur gering. Die rotgrüne Bundesregierung hat in den vergangenen Jahren mit einer ideologisch überfrachteten und realitätsfernen Energie- und Umweltpolitik zum Abbau von Arbeitsplätzen beigetragen, Investitionen verhindert und sogar dafür gesorgt, dass Deutschland zum Schlusslicht beim Wirtschaftswachstum in Europa geworden ist. Deutschland braucht deshalb gerade in der Energiepolitik wieder verlässliche Rahmenbedingungen. Wie eine unionsgeführte Bundesregierung diese Rahmenbedingungen gestalten würde, habe ich Ihnen gerade dargelegt. Diese Rahmenbedingungen betreffen, über wettbewerbsrechtliche Fragen und eine sinnvolle Nutzung der verfügbaren Energieträger hinaus, übrigens auch den Ausbau und die Modernisierung des Kraftwerkparks und der Netzinfrastruktur. Hier gilt ganz klar, meine Damen und Herren, Entscheidungen über den Bau neuer Kraftwerke und die Erweiterung der Netzstrukturen dürfen nicht blockiert werden. Denn in Deutschland müssen in den nächsten 10 bis 20 Jahren etwa die Hälfte aller Kraftwerke ersetzt werden. Die damit verbundenen Investitionen werden auf etwa 40 Mrd. € veranschlagt. Darin steckt eine große Chance für den Wirtschaftsstandort Deutschland, insbesondere aber auch für den Klimaschutz. Moderne Technologien werden den Wirkungsgrad bei Stein- und Braunkohlekraftwerken deutlich verbessern. Damit verbindet sich auch die Erwartung einer Erhöhung von Energieeffizienz und Energieeinsparung in den Kraftwerken, was wiederum zu einer Reduzierung der Kohlendioxidemission führt. Voraussetzung dafür ist ein funktionierender Wettbewerb auf den Strom- und Gasmärkten. Rotgrün ist es in den vergangenen Jahren nicht gelungen, für mehr Wettbewerb, eine höhere Investitionsbereitschaft und niedrige Energiepreise zu sorgen. Deshalb, meine Damen und Herren, ist es jetzt höchste Zeit für eine andere Politik, eine Politik ohne ideologische Verbrämung. Ab der kommenden Woche regiert dann hoffentlich wieder der klare Menschenverstand. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Frau Becker, Sie hatten noch eine Frage?

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Ich ziehe zurück. Es hat keinen Zweck.)

Herr Minister, Frau Becker möchte Ihnen keine Frage mehr stellen.

Danke.

Möchte die Aussprache zum Bericht beantragt werden? Für die CDU-Fraktion macht das Frau Abgeordnete Groß. Ich rufe als ersten Redner für die Fraktion der Linkspartei.PDS den Abgeordneten Kummer auf.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, so richtig weiß ich auch nicht, was ich zu den Worten des Ministers sagen soll, bloß erst einmal ein paar kurze Dinge. Herr Minister Reinholz, das war eigentlich mehr eine Bundesrede, wo Sie etwas zur Bundespolitik gesagt haben. Zu Ihrer eigenen Landespolitik im Energiebereich kam leider sehr wenig. Das, was Sie gesagt haben, was die Belastung des Strompreises angeht, das hörte sich an, als wäre das gigantisch, was z.B. für das Erneuerbare- Energiegesetz ausgegeben wurde. In Wirklichkeit ist es nicht viel mehr an Belastung als Sie mit Ihrer Mehrwertsteuererhöhung letzten Endes vorhaben. Wenn man vom deutschen Strompreis alle staatlichen Gebühren abzieht, wäre er immer noch der zweithöchste in Europa. So sieht es aus. Das hat konkrete Gründe und deshalb werden wir uns zu diesem Thema auch über die Kontrolle von Stromkonzernen unterhalten müssen. Dazu komme ich aber noch im nächsten Teil meiner Rede.

Vielleicht auch noch mal generell zu den Subventionen. Auch heute ist es noch so, dass die Steinkohle stärker subventioniert wird als die erneuerbaren Energien in Deutschland, und ich glaube, das ist ein unerträglicher Zustand.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Meine Damen und Herren, am 3. Juni haben wir uns auf Antrag der PDS-Fraktion hier im Haus über die Grundsätze der Energiepolitik und der Preisspirale im Energiesektor unterhalten. Wir hatten damals bemerkt, dass Energiepolitik sehr selten eine Rolle gespielt hat hier im Thüringer Landtag. Wir hatten von der Landesregierung ganz konkret gefordert, dass sie sich verstärkt engagieren soll beim Aufbau einer Energiewirtschaft in Thüringen auf Basis der erneuerbaren Energien. Wir haben auch gefordert, dass etwas gegen die Preisanstiege in Thü

ringen getan wird. Außerdem haben wir einen regelmäßigen Energiebericht verlangt. Unser Antrag wurde von der Fraktion der CDU abgelehnt, wahrscheinlich aus dem Grund, dass unsere Fristen für den Energiebericht viel zu lang waren; sie wollen den in Zukunft jedes Quartal. Ich glaube, das ist auch notwendig, denn die Landesregierung scheint sonst das, was notwendig ist, zu verschlafen.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Aber dann haben wir doch kein Feindbild mehr.)

Ich will bloß mal kurz ein paar Dinge zu dem sagen, was Herr Reinholz am 3. Juni gesagt hat. Thüringen hat im Bundesrat die Forderung von Wirtschafts- und Verbraucherschutzverbänden aufgegriffen, meinte er, und eine wirksamere Regulierung von Strom- und Gasnetzen und die wirksame Überwachung der Netznutzungsentgelte durchgesetzt, dass die in Zukunft gewährleistet wird. Das ist schön, die Frage ist nur: Was tut man dann? Sie sind ja vorhin noch mal auf die Kontrollnotwendigkeit eingegangen, Herr Minister Reinholz, ich verweise nur auf die Anfrage Nr. 428 von mir, wo ich folgende Antwort bekommen habe auf die Frage, ob Thüringen die Möglichkeit nutzen wird, eine eigene Regulierungsbehörde zu bilden, also eine Landesregulierungsbehörde: „Zur Frage, inwieweit Thüringen Aufgaben an die Bundesnetzagentur überträgt, laufen noch Verhandlungen. Thüringen wird die für sich günstigste Variante wählen.“ Sie scheinen also hier mit den Gedanken schon sehr weit zu sein. Ich frage mich: Wollen Sie wirklich Kontrolle oder wollen Sie Kontrolle nicht? Denn die Netznutzungsentgelte haben den größten Anteil am Strompreis und dementsprechend muss man hier wirklich als Land auch seine Verantwortung wahrnehmen und da dürfte es gar keine Frage sein, ob hier von Ihnen kontrolliert wird oder nicht. Es kann natürlich sein, dass Sie es von der Farbe der neuen Bundesregierung abhängig machen wollen, ob Sie hier selber kontrollieren. Das würde auch zu dem Suggestivantrag der Fraktion der CDU passen. Ich meine, wenn man schon solche Fragen stellt, welche falschen Anreize die Bundesregierung gegeben hat, brauche ich mich nicht wundern, was dann hier vom Minister auch gesagt wird.

Aber ich möchte auf meine Anfrage noch weiter eingehen. Die Landesregierung weiß merkwürdigerweise noch nicht mal, welche Energieversorgungsunternehmen unter die De-minimis-Regelung fallen. Das Land weiß nicht, welche Unternehmen es kontrollieren müsste. Es kann nicht sagen, wie die Vermögensübertragung im Rahmen des Anbandlings, also der Trennung von Netz und Erzeugung, laufen soll, wie sie steuerlich privilegiert werden soll. All diese Fragen sind uns nicht beantwortet worden. Auf die eine Frage möchte ich auch noch mal

eingehen. Wir haben gefragt, wie der Stand der Vorbereitungen der in Thüringen tätigen Energieversorgungsunternehmen auf das Anbandling eingeschätzt wird. Da sagt die Landesregierung, sie geht davon aus, dass die von dem Anbandlingvorgaben betroffenen Unternehmen ihre gesetzlichen Fristen fristgemäß erfüllen werden. Also, meine Damen und Herren, aus solchen Antworten kann man nur schließen, dass die Landesregierung nichts weiß. Wenn man dann bedenkt, dass man sich auch noch zwei Wochen länger Zeit ausbedungen hat, diese Frage zu beantworten, dann weiß ich nicht, wozu man überhaupt Zeit gewähren sollte, wenn dann keine Antworten gegeben werden.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Diese Landesregierung muss gezwungen werden, sich endlich mit den Problemen im Energiesektor zu beschäftigen, aber nicht mit so einem Wahlkampfantrag und auch nicht mit der Aussage von Minister Reinholz vom 03.06., dass die laufenden Kartellverfahren nicht erschöpfend behandelt werden können, in einigen Fällen wäre man mit Unternehmen schon mit einer Einigung zurechtgekommen. Wenn ich mir dann anschaue, was auch damals noch gesagt wurde zur Fusion TEAG mit der Gasversorgung Thüringen, wo gesagt wurde, die kann nicht abschließend bewertet werden, scheint diese Landesregierung nur Fragen zu haben. Auf der anderen Seite muss man aber sagen, wir haben das damals kritisch angemahnt, diese Fusion und die Marktmacht, die damit entsteht, und es ist deutlich geworden, dass diese kritische Sicht gerechtfertigt ist, wenn man sich jetzt die Energiepreiserhöhungen anschaut in der letzten Zeit und wenn man sich auch anschaut, wie hier die Verbraucher empört reagieren, zu Recht empört reagieren, denn das, was den Menschen in Thüringen zugemutet wird, ist eine Katastrophe. Wir haben in der Zeitung Überschriften wie „Gasrebellen in Thüringen“, „Das Kartellamt prüft erneut“ oder die Frage „Gas in Mitteldeutschland am teuersten?“ und „die alten Gründe für die neuen Preise“. Da möchte ich aus der STZ vom 9. September noch zitieren, hier steht: „Erst das Benzin, nun das Gas, die Preise für Energieträger schnellen in die Höhe. Nun will auch Thüringen-Gas wieder an der Preisschraube drehen. Damit tritt ein, was Kritiker bei der Fusion von Thüringens größtem Gasversorger mit dem größten Stromanbieter Thüringen-Energie befürchtet hatten.“ Genau das, meine Damen und Herren, war eindeutig vorherzusehen und hier hätte die Landesregierung zeitig reagieren müssen. Herr Minister, es gilt nicht nur, Druck auf die Stadtwerke in Thüringen auszuüben, die Thüringen-Gas als größter Gasversorger in Thüringen will um 11 Prozent die Preise erhöhen, ab November, so viel war zu lesen. Das Bundeskartellamt hat ein Prüfverfahren gegen E-ON bereits ein

geleitet, die hatten immerhin im ersten Halbjahr 2005 6,8 Mrd. € Überschuss. Wenn ich dann sehe, dass man aus diesem Grund heraus die Gaspreise um 11 Prozent in Thüringen erhöhen will, halte ich das für eine Unverschämtheit, meine Damen und Herren. Hier muss etwas getan werden und hier erwarte ich ein verantwortungsbewusstes Handeln der Landesregierung und nicht Wahlkampfparolen im Landtag. Vielen Dank.