und Sie haben mit Zahlen operiert, haben gesagt, es gibt 126 Plätze auf 100 Kinder. Oder in absoluten Zahlen, wir haben 84.000 Plätze bei 70.000 Kindern und Sie haben von Einsparpotenzialen von 20 bis 30 Prozent gesprochen. Aber die Zahlen sind falsch. Das wissen Sie, Herr Zeh, das wissen Sie, Herr Althaus. Auch Sie, Herr Goebel, wissen, dass die Zahlen falsch sind. Würden die Zahlen nur annähernd zutreffen, dann hätte die Landesregierung seit Jahren überhöht gefördert und sie hätte den Landtag hintergangen
Schauen Sie sich doch mal die Zahlen Ihrer eigenen Institutionen an, Herr Althaus. Das Landesjugendamt hat in der letzten Sitzung des Landesjugendhilfeausschusses die Zahlen vorgelegt und es wurden folgende Zahlen berichtet: Im Monat der höchsten Belegung des letzten Jahres, das ist der Juni, waren 78.600 Kinder in den Kindergärten. Gefördert wurden zu diesem Zeitpunkt 79.322 Plätze - Angaben des Landesjugendamtes.
Macht eine Differenz von 720 Plätzen und bei ca. 1.300 Einrichtungen einen halben Platz pro Einrichtung zu viel. Da frage ich Sie mal: Kann man denn punktgenauer eigentlich überhaupt noch fördern?
Und selbst wenn man die Durchschnittszahlen nimmt, dann hatten wir im Jahr 2003/2004 im Durchschnitt rund 79.000 geförderte Plätze und knapp 75.000 Kinder im Durchschnitt in den Einrichtungen. Im Durch
schnitt ergibt sich also eine Differenz von etwa 4.000 Plätzen, das sind bezogen auf die Anzahl der Einrichtungen etwa drei Plätze pro Einrichtung. Herr Althaus, wenn Sie in Ihrer Pressekonferenz am Dienstag dieser Woche erneut den Eindruck erweckt haben, dass bis zu 30 Prozent Überkapazität besteht, dann betreiben Sie eine bewusste Irreführung der Öffentlichkeit.
Ihre eigenen Zahlen strafen Sie Lügen, Herr Althaus. Man fragt sich natürlich auch, wie soll eigentlich § 13 Ihres Gesetzes, das Sie uns heute auf den Tisch gelegt haben, erfüllt werden? Da steht nämlich in Absatz 3: „Die Organisation der Tageseinrichtung sowie die Gestaltung des Dienstplans und des Tagesablaufs soll Kontinuität und Verlässlichkeit der Beziehungen zwischen pädagogischem Fachpersonal und Kindern gewährleisten.“ Das kann doch nur heißen, dass die Personalplanung auf jeden Fall so ausgerichtet ist, dass genügend Erzieherinnen und Erzieher für den Fall da sind, dass die höchste Belegung erreicht wird. Andernfalls müssten wir ja im Laufe des Jahres Kindergärtnerinnen entlassen und wieder einstellen. Ist das die Vorstellung, die Sie bei der neuen Förderung haben? Oder wie wollen Sie Ihre angeblichen Überkapazitäten dann abbauen? Denn zwischen tatsächlich geförderten Plätzen und tatsächlicher Kinderzahl klafft eine Lücke, ich sage es noch einmal, bei der höchsten Belegung von gerade mal einem halben Platz pro Einrichtung. Die Lüge von den 30 Prozent Überkapazität - und anders kann ich das hier nicht nennen -, die hat nur einen einzigen Sinn, sie soll nämlich Mittelkürzungen um 30 Prozent für den Betrieb der Kindergärten rechtfertigen.
Wenn man sich mal die Finanzdaten anschaut, dann hatten wir im letzten Haushaltsjahr 2004 Fördermittel des Landes für den Betrieb der Kindergärten von 148 Mio. €. Nach der Übersicht in Ihrem Gesetzentwurf schmilzt diese Summe bis 2009 auf 115 Mio. € ab. Rechnet man jetzt noch die Nutzung der Infrastrukturpauschale für den Betrieb heraus, die ja 2008 ausläuft, dann bleiben ganze 98 Mio. € Förderung für den Betrieb der Kindergärten übrig - 148 Mio. € 2004 und 2009 sollen es noch 98 Mio. € sein. Sie kürzen ein Drittel, rund 50 Mio. € in den nächsten Jahren für den Betrieb der Kindergärten. Das ist die Wahrheit Ihres Gesetzes und nichts anderes.
Diese 30-prozentige Kürzung der Landesförderung für den Betrieb der Kindergärten heißt massive Steigerung der Elternbeiträge, denn Kommunen und Trä
ger allein können diese Kürzungen nicht auffangen. Nun sind Sie ja, das gebe ich zu, sehr trickreich vorgegangen bei diesem Gesetz. Sie sagen nämlich, die Elternbeiträge dürfen erst ab 2007 gesteigert werden. Der einzige Zweck dieser Vorschrift ist vergessen zu machen, wer der eigentliche Urheber dieser Steigerung der Elternbeiträge ist.
Sie setzen darauf, dass sich 2007 niemand mehr daran erinnert, dass Sie 2005 dieses Gesetz gemacht haben, was zwangsläufig - und das sehen viele so - zu Steigerungen der Elternbeiträge führen muss.
Das Gesetz, das Sie machen, mit den massiven Kürzungen wird auch dazu führen, dass insbesondere kleine Einrichtungen unter massiven Druck geraten und dass im ländlichen Raum kleine Einrichtungen schließen werden in den nächsten Jahren. Und auch das haben Sie zu verantworten mit dem, was Sie heute hier vorlegen.
Und natürlich muss man sich auch fragen, was heißt denn Ihr Vorgehen eigentlich für das Ziel, die frühkindliche Bildung zu stärken? Was wird denn in den Kindergärten passieren in den nächsten Jahren, wenn Sie umsetzen, was Sie uns heute auf den Tisch gelegt haben? Die müssen sich beschäftigen mit Standortschließungen, die müssen sich beschäftigen mit Sozialplänen und Entlassungen. Davon werden die nächsten Jahre geprägt sein und nicht von einer Verbesserung der Qualität der frühkindlichen Bildung und Erziehung.
Denn wenn Sie die Qualität verbessern wollen, dann müssen Sie darein auch investieren, dann müssen Sie die Freiräume dafür schaffen, dass Erzieherinnen und Erzieher mehr Möglichkeiten bekommen, sich um frühkindliche Bildung und Erziehung zu kümmern und dafür zu sorgen, dass Chancengleichheit in diesem Land auch über das Bildungssystem hergestellt werden kann. Kinder aus Familien mit niedrigem Einkommen, die werden in der Tat am meisten bestraft bei Ihrem Gesetz. Kinder aus Familien mit niedrigem Einkommen sind in aller Regel diejenigen, die die frühkindliche Bildung aber am meisten brauchen und denen wird der Kindergartenbesuch mit Ihrem Gesetz erschwert. Die einkommensschwachen Familien sind die großen Verlierer Ihrer Reform, Herr Zeh, da brauchen Sie nicht drum herumzureden.
Ich will Ihnen das noch mal vorrechnen. Eine Familie mit einem Kind, die bisher den vollen Anspruch auf Erziehungsgeld hatte, die hatte im dritten Lebensjahr des Kindes 1.800 € Landeserziehungsgeld zur Verfügung, nämlich sechsmal 300 €, ein halbes Jahr lang ist gefördert worden. 1.800 € zur Verfügung, davon hat die Familie ihre Kindergartengebühr bezahlt und wenn das eine durchschnittliche Kindergartengebühr war, dann hat sie im Jahr etwa 800 € aufgebracht. Dieser Familie bleiben nach dem heutigen Modell etwa 1.000 € übrig. 1.000 €, die sie anderweitig für das Kind noch einsetzen können. Nimmt man die neue Regelung, dann bekommt die gleiche Familie im dritten Lebensjahr des Kindes jetzt 12mal 150 €, das sind auch wieder 1.800 €, aber wenn die Familie das Kind weiter im Kindergarten lässt, dann gehen diese 1.800 € direkt an den Kindergarten. Außerdem werden aber auch die bisherigen Kindergartengebühren in Höhe von etwa 800 € fällig. Das heißt, diese Familie hat nach Ihrem Modell 1.800 € weniger im Jahr zur Verfügung als nach dem heutigen Modell. Und das ist ein Skandal, das ist ungerecht und das darf nicht Wirklichkeit werden.
Das Ganze verkaufen Sie dann noch als Wahlfreiheit. Da schlägt dann wirklich der Zynismus zu. Wahlfreiheit für eine Familie, die deutlich weniger Geld hat, wenn sie das Kind in den Kindergarten schickt. Ich glaube, Sie müssen noch mal gründlich nachdenken, was Sie mit diesem Gesetz eigentlich bei Familien mit geringem Einkommen anrichten.
Bei dieser Betrachtung ist überhaupt noch nicht einbezogen, was eigentlich ab 2007 passiert, wenn die Gebühren steigen werden, bis dahin sind sie ja gedeckelt, oder was passiert, wenn im ländlichen Raum kleinere Einrichtungen schließen müssen und höhere Fahrtkosten für die Eltern anstehen. All das ist noch unberücksichtigt. Nein, was Sie machen beim Elterngeld, es ist ungerecht, es benachteiligt die wenig verdienenden Familien und begünstigt die Familien mit Einkommen, die bisher über der Bemessungsgrenze liegen. Ich frage mich: Welches Bild von gesellschaftlicher, von staatlicher Verantwortung steht eigentlich hinter dieser Umverteilung, den Familien, die es dringend brauchen, Geld wegzunehmen, und den Familien, für die es zwar schön ist, mehr zu haben, die es aber nicht dringend brauchen, mehr Geld zu geben? Den Sinn müssen Sie mir noch mal erklären. Ich habe es nicht verstanden, aber vielleicht die Kollegen von der CDU-Fraktion. Das, was Sie hier machen, setzt in jedem Fall Anreize dazu, Kinder zwischen zwei und drei Jahren nicht mehr in
den Kindergarten zu schicken. Die Familien, die geringe Einkommen haben, verlieren Geld nach Ihrem Modell, aber auch die Familien, die höhere Einkommen haben, bekommen einen finanziellen Anreiz, das Kind zu Hause zu lassen. Das kann doch nicht Sinn und Zweck der Politik in diesem Land sein, dass wir dafür sorgen, dass Kinder möglichst zu Hause bleiben, sondern wir müssen doch alles dafür tun, dass Kinder Einrichtungen besuchen können. Dafür müssen wir doch die Anreize setzen, dafür müssen wir die Infrastruktur ausbauen, dafür müssen wir die frühkindliche Bildung in den Kindergärten verbessern. Sie reden in Sonntagsreden von Gleichberechtigung, aber Sie tun mit diesem Gesetz alles dazu, damit Mütter zu Hause bleiben. Das ist Fakt! Die Frau soll an den Herd. Kinder, Küche - Kirchhof, das ist die neue Politik der CDU, das ist Ihr Weltbild zur Familienpolitik.
Es ist eine Offensive gegen die Familien und es wird zu Kindergartenschließungen und massiven Entlassungen in den Kindergärten führen.
aber Sie haben genügend Geld, um Fluglinien zu fördern, Luxushotels zu fördern, Spielbanken zu fördern. Sie geben insgesamt 1 Mrd. € aus, um Ihr teures Wahlgeschenk bei Wasser und Abwasser zu finanzieren, aber Sie erzählen uns, dass das Geld für die Kindergärtner nicht da ist. Sie verweigern eine Verwaltungs- und Gebietsreform, die mittelfristig deutlich Einsparungen für den Landeshaushalt bringen könnte. Aber Sie nehmen den einkommensschwachen Familien das Geld weg und Sie schließen die Kindergärten.
Weil Ihnen der Mut fehlt für echte Reformen, Herr Althaus, sparen Sie die Zukunft kaputt. Ich kann Sie
nur auffordern, kehren Sie um von diesem Weg, ziehen Sie das Gesetz zurück, das Sie heute auf den Tisch gelegt haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, werter Herr Ministerpräsident, es ist wirklich ein erstaunliches Gefühl, an einem solchen Tag einen Eindruck zu bekommen, wie es früher mal in der DDR gewesen sein muss. Das, was hier von Herrn Zeh vorgetragen wurde, hat bei mir das Gefühl ausgelöst, die Politik der Landesregierung ist immer richtig, sie muss nur den Menschen richtig erklärt werden, und wenn die Menschen sagen, die Politik ist falsch, dann sind die Menschen von der Opposition aufgehetzt. So scheint mir wirklich DDR funktioniert zu haben. Nicht ganz so schlimm, nicht ganz so schlimm - ja, ich bin Westdeutscher, ich bin Zugezogener, ich habe das ja nicht erlebt, ich versuche mir nur ein Gefühl zu verschaffen, wie die mittlere Sitzreihe hier das Gefühl der Nationalen Front beschwört und ein wenig das Gefühl aufleben lässt, dass es alles Aufgehetzte sind, die sich mit Ihrem Gesetz auseinander setzen und der Meinung sind, dass das Gesetz falsch ist, einfach falsch.