Protokoll der Sitzung vom 16.09.2005

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir bringen heute das Familienfördergesetz ein und gleichzeitig fordert die SPD in ihrem Antrag, alles beim Alten zu lassen, die bestehenden Landesförderungen im Bereich der Kindertagesstätten und der Unterstützung von Familien in Art und Umfang aufrechtzuerhalten. So steht es wörtlich in Ihrem Antrag. Das ist natürlich keine besonders intelligente Art des Umgangs mit dem Gesetz. Wir hören in der Debatte solche Worte wie „freier Fall“, „Bruchlandung“ oder „die Familienförderung würde zerstört“, so hat es Frau Pelke gesagt.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das sind Horrorszenarien, die Sie hier aufmachen, die wir kennen. Die Vorsitzende der CDU-Fraktion hat schon darauf hingewiesen: Vor fünf Jahren bei der vorangegangenen Änderung des Gesetzes gab es die gleichen Debatten. Sie haben damals den Untergang der Kinderbetreuung in Thüringen prognostiziert. Sie stellen heute fest, dass es sich alles bewährt hat, bis auf Herrn Kuschel vielleicht, der ja mitgeteilt hat, er hätte auch damals an dem Gesetz nicht gerne mitgewirkt, das Sie jetzt so gut finden.

Also wenigstens gibt es einen kleinen Unterschied zwischen den beiden Oppositionsparteien, das bemerke ich mindestens doch noch mal.

Sie haben dann im Jahre 2002 - um das fortzuführen - im Landtag einen Antrag eingebracht und haben ein Gesamtkonzept der Landesregierung zur Steigerung der Leistungsfähigkeit von Kindertagesstätten gefordert. Heute - wie gesagt - stellen Sie fest, dass alles ganz gut gewesen ist, aber aus dem einzigen Grund, weil wir inzwischen Reformbedarf sehen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, Die Links- partei.PDS: Da hört man ja schon einen Namen!)

Meine Damen und Herren, alles erhalten, wie es ist, da erinnere ich mich gerne an ein Wort des Dichters Erich Fried, der einmal gesagt hat: „Wer will, dass die Welt so bleibt, wie sie ist, der will nicht, dass sie bleibt.“ Eine solche Vorgehensweise eröffnet keinerlei Perspektive.

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS)

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Es geht um das Gesetz und nicht um die ganze Welt.)

Es geht um ein konkretes Gesetz, aber eine solche Perspektive, wie sie Sie in Ihrem Antrag eröffnen - es geht auch um Ihren Antrag -, eröffnet keine Perspektive. Die Haltung, lasst alles so, wie es ist, es ist gut, ist die ganze Botschaft. Das ist im Übrigen auch die ganze Botschaft, die man momentan an anderer Stelle von der SPD hört. Dabei haben Sie im Jahr 2002 durchaus einen grundsätzlich richtigen Ansatz verfolgt. Natürlich müssen wir die Kindertagesstätten weiterentwickeln, gerade beispielsweise im inhaltlichen, im pädagogischen Bereich, und wir haben sie weiterentwickelt. Wir haben die „Leitlinien für die frühkindliche Bildung“ gemeinsam mit Wissenschaftlern und Praktikern erarbeitet und wir entwickeln jetzt einen „Bildungsplan bis zehn“. Das neue Kindergartengesetz im vorgelegten Familienfördergesetz eröffnet die Möglichkeiten, diesen Bildungsplan zu einer verbindlichen Arbeitsgrundlage der Einrichtungen werden zu lassen. Damit werden Bildung, Erziehung und Betreuung in den Thüringer Kindergärten gestärkt und wir sorgen auch für eine auskömmliche Finanzierung in der Betreuung der Kindergärten. Es ist ja schon mehrfach gesagt worden von Minister Zeh bei der Einbringung, auch vom Kollegen Panse, dass die Aufwendungen für die Kindertageseinrichtungen in den letzten Jahren drastisch gestiegen sind und dass es dafür keine sächlichen Gründe gab.

Im Jahre 2000, bei der letzten Debatte, sind wir von 65.000 finanzierten geförderten Kindertagesplätzen

ausgegangen, heute wird von bis zu 79.300 geredet. Das Statistische Landesamt hat in seinem Mikrozensus für das Jahr 2004 festgestellt, auf diesen 79.300 Kindertagesplätzen, die das Land bezuschusst als belegte Plätze, befinden sich ganze 64.000 Kinder aus Thüringen. Das ist die Feststellung des Mikrozensus, also eine durchaus verlässliche statistische Zahl.

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Das Landesjugendamt hat andere Zahlen.)

Das Landesjugendamt nennt die Zahlen, die wir - etwas anderes wissen sie nicht - bezuschussen, 79.300 in der Spitze. Und weil es eine so große Diskrepanz gibt und weil der Modus der Finanzierung offensichtlich nicht mehr kalkulierbar ist, deshalb steuern wir um und wir folgen einem Vorschlag der kommunalen Spitzenverbände und finanzieren kindbezogen. Die haben im vorigen Jahr gesagt, die kindbezogene Finanzierung sei einfacher, unbürokratischer und klarer nachvollziehbar.

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Des- halb sind die jetzt gegen Ihr Gesetz.)

Und das, meine Damen und Herren, tun wir und wir finanzieren den Landesanteil pro Kind im Bereich des jeweiligen örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe und geben diesem natürlich dann auch Gestaltungsspielraum bei der Aufstellung des Bedarfsplans. Wenn man es genau nimmt, meine Damen und Herren, dann kommen wir mit dem Familienfördergesetz der Überschrift des Antrags der SPDFraktion durchaus nach, die lautet nämlich: Familienförderung erhalten - Kindergärten sichern. Wir wollen Familienförderung zukunftsfähig machen, und zwar bezogen auf ein wesentliches Element, die verlässliche Kinderbetreuung in Kindergärten wie auch durch ein Bündel weiterer Familien unterstützender Maßnahmen. Wir wollen die Wahlfreiheit von Eltern erhöhen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern und ein zuverlässiges Unterstützungsangebot dauerhaft sichern, qualitativ und quantitativ, aber nicht durch Nichtstun, wie es die SPD in ihrem Antrag vorschlägt, sondern durch aktives Handeln mit diesem Gesetz. Und dieser Gesetzentwurf ist in den letzten Wochen ganz intensiv beraten worden mit vielen Beteiligten. Wir haben verschiedenste Änderungen vorgenommen - sie sind hier im Wesentlichen schon angesprochen -, im Bereich der Kindergärten beispielsweise die Möglichkeit von Stichtagen für die Aufnahme. Wir haben die Personalschlüssel verändert. Wir haben im Bereich der Frage der Elternbeteiligung Dinge neu geregelt. Wir haben die Flexibilisierung der Betreuungszeit vorgenommen. Eines ist mir dabei ganz wichtig, das Land steht zu seiner Finanzierungsverantwortung. Wir haben auch

die Klausel des Berichts an den Landtag und die jährliche Überprüfung der Entwicklung der Kostenstrukturen extra aufgenommen, um hier durchsichtig und überschaubar vorgehen zu können. Die neue Bedarfsorientierung kommt allen Beteiligten - Eltern, Kommunen, Trägern und dem Land - zugute. Wir sorgen dafür, dass die Fördermittel des Landes berechenbar und planbar eingesetzt werden, dass mit der Umstellung von der anteiligen gruppenbezogenen auf eine kindbezogene Finanzierung mehr Transparenz und Gerechtigkeit erreicht wird. Wir erreichen eine gleichberechtigte Stellung der Träger, der öffentlichen und der freien. Dadurch werden auch die Elternbeiträge sozial verträglich belassen werden können und die Verantwortung der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe wird erhöht bei der Bewältigung inhaltlicher, organisatorischer wie auch finanzieller Sachverhalte. Und schließlich mit dem „Bildungsplan bis zehn“ wird die Qualität in den Einrichtungen deutlich erhöht.

Die Landesregierung will nicht an dem für Kinder im Alter bis zum Schuleintritt zur Verfügung gestellten Geld sparen, vielmehr wollen wir die Mittel im Interesse der Stärkung der Familien einsetzen. Und das gelingt mit der Familienoffensive. Das gelingt auch mit dem Thüringer Erziehungsgeld. Meine Damen und Herren, Erziehungsgeld ist kein Einkommensersatz, sondern soll Erziehungsleistung in der Familie möglich machen und natürlich auch dort helfen, wo Erziehungsleistung in der Familie aus den unterschiedlichsten Gründen nicht erbracht werden kann, dass sie auch in den Einrichtungen für die Kindererziehung möglich ist. Und wenn man alle Mittel, die in dem Fall in Rede stehen, zusammenfasst und aufsummiert, dann stellt man fest, dass nicht gespart wird, sondern dass wir lediglich wirksamer mit den Mitteln umgehen und die Mittel durchaus in voller Höhe ausschöpfen.

Meine Damen und Herren, es ist hier von verschiedenen Rednern gesagt worden, wir würden uns bei der Betreuung behinderter oder von Behinderung bedrohter Kinder nicht angemessen weiter verhalten. Auch das ist nicht der Fall. Für Kinder mit erhöhtem Förderbedarf werden neben der Eingliederungshilfe für 4,5 Prozent des jeweiligen Altersjahrgangs, die eine Einrichtung besuchen, weitere 50 € pro Monat zur Verfügung gestellt. Diese 4,5-Prozentregel ist eine Regel, die sehr erfolgreich im Bereich der Grundschulen angewendet wird und dort vollkommen ausreicht. Außerdem wird die Umstellung - auch die Frage, welche Kinder erhalten Eingliederungshilfe - nicht abrupt erfolgen. Wir wollen keine Abstriche machen bei Kindern, die jetzt als behindert und von Behinderung bedroht eingestuft sind, die derzeit Kindertageseinrichtungen nutzen. Die zur Betreuung notwendigen zusätzlichen Fachkräfte stehen auch in den kommenden Jahren zur Verfügung.

Meine Damen und Herren, es wird Veränderungen bei Planung und Organisation der Kinderbetreuung in Kindergärten geben. Den örtlichen Jugendhilfeträgern soll künftig eine größere Verantwortung zukommen. Sie werden planungsverantwortlich und haben die Sicherstellungspflicht für den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz, wie es bundesrechtlich auch vorgegeben ist. Aber die Städte und Gemeinden haben zugleich ein umfassendes Mitgestaltungsrecht bei der Aufstellung des Bedarfsplans. Sie können die Einbeziehung eigener Einrichtungen in den Bedarfsplan verlangen, sie können untereinander Zweckvereinbarungen schließen und tragen für die Einrichtungen in ihrem Wirkungskreis die alleinige Verantwortung. Es gibt also ein ausgewogenes Miteinander bei der Planung.

Auch die Finanzierung der Einrichtungen bleibt im Grundsatz unverändert. Der örtliche Jugendhilfeträger stellt 50 Prozent der notwendigen Personalkosten bereit, das heißt, die Veränderungen, die sich aus dem Kitagesetz hinsichtlich der Finanzierung ergeben, werden überall dort, wo es ein bedarfsgerechtes Angebot vor Ort bereits gibt, zu keinen Veränderungen im praktischen Betrieb führen. Überall dort, wo Überangebote vorhanden sind, können diese im Verlauf dieses Kindergartenjahres, das heißt, bis in die zweite Jahreshälfte 2006, abgebaut werden. Eine großzügige Übergangsregelung sichert für die Gemeinden und Kreise ein Hineinwachsen in die neuen Regeln. Dazu werden die Finanzströme im ersten Halbjahr 2006 analog denen in diesem Jahr fließen. Freie Träger erhalten für diese Übergangszeit auch weiterhin einen Sachkostenzuschuss in Höhe von 10 €. Es ist alles getan, damit die Umstellung des Finanzierungssystems ohne Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit der Einrichtungen ablaufen kann. So, meine Damen und Herren, werden sich auch die Erwartungen, die man aus dem SPD-Antrag herauslesen kann und die hier in der Debatte von verschiedenen Oppositionsrednern immer wieder geäußert wurden, nicht erfüllen. Wir wollen die Familienförderung in Thüringen erhalten, mehr noch, wir wollen sie verbessern, aber der Weg, alles beim Alten zu lassen, wird da nicht hinführen; der Weg geht über das vorgelegte Gesetz. Sie verfallen eher in eine konservative, aber in eine strukturkonservative Pose, wenn Sie alles beim Alten lassen wollen und wenn Sie die Korrektur offensichtlicher Fehlentwicklungen verweigern. Das ist nicht unsere Politik. Wir setzen auf Veränderung, auf Innovation, wir wollen der Zukunft Zukunft geben. Ganz besonders für die Zukunft unserer Kinder gilt das. Daran bauen wir mit diesem Gesetz.

(Beifall bei der CDU)

Ich schließe jetzt die Aussprache. Wir kommen zu den Ausschussüberweisungen. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf der Landesregierung - ich werde es erst einmal insgesamt vortragen - an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit, den Bildungsausschuss, den Gleichstellungsausschuss, den Innenausschuss und den Haushalts- und Finanzausschuss zu überweisen. Ich hoffe, dass ich alle Anträge damit erfasst habe.

Ich lasse zuerst darüber abstimmen, wer der Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Es gibt 1 Gegenstimme. Gibt es Stimmenthaltungen? Es gibt keine Stimmenthaltungen. Damit ist der Gesetzentwurf an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit überwiesen.

Wer der Überweisung an den Bildungsausschuss zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Es gibt 1 Stimmenthaltung. Damit ist der Gesetzentwurf an den Bildungsausschuss überwiesen.

Wer der Überweisung an den Gleichstellungsausschuss zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Es gibt 1 Stimmenthaltung. Damit ist der Gesetzentwurf an den Gleichstellungsausschuss überwiesen.

Wer der Überweisung an den Innenausschuss zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Es gibt 1 Stimmenthaltung. Damit ist der Gesetzentwurf an den Innenausschuss überwiesen worden.

Wer der Überweisung an den Haushalts- und den Finanzausschuss zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? Gibt es nicht. Damit ist der Gesetzentwurf an den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen worden.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Federführung. Es ist beantragt worden, die Federführung beim Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zu haben. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Es gibt 1 Stimment

haltung. Die Federführung liegt beim Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit.

Als nächstes kommen wir noch zum Antrag der Fraktion der SPD. Wenn ich es richtig verstanden habe, ist hier keine Ausschussüberweisung beantragt worden. Dann werden wir direkt über diesen Antrag abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Gibt es hier Stimmenthaltungen? Die gibt es nicht. Dieser Antrag der Fraktion der SPD ist abgelehnt worden.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 7 und komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 8

Keine Auflösung eines Landgerichts und einer Staatsanwaltschaft in Thü- ringen Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/218 - dazu: Beschlussempfehlung des Aus- schusses für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten - Drucksache 4/1205 -

Der Abgeordnete Blechschmidt hat die Aufgabe der Berichterstattung und ich bitte den Abgeordneten Blechschmidt, diese vorzunehmen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, mit Blick auf die Parlamentshistorie der Drucksache 4/218 - Antrag der SPD: Keine Auflösung eines Landgerichts und einer Staatsanwaltschaft in Thüringen - möchte ich im Interesse der Vermeidung von grundsätzlichen Wiederholungen sowie der bisherigen Einzigartigkeit der Behandlung der Drucksache unter Einbeziehung der durch die SPD gemäß § 77 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags und der damit verbundenen Berichterstattung über die Ausschussarbeit in der 20. Sitzung des Landtags auf diese meine umfangreiche Berichterstattung in der damaligen Sitzung ausdrücklich verweisen. Da diese Berichterstattung schon protokollarisch erfasst ist, würde ich in der heutigen Berichterstattung nur die Ergebnisse der Ausschusstätigkeit der 13. Sitzung des Ausschusses für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten und die entsprechende Beschlussempfehlung ergänzen wollen.

Der Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten hat sich - wie gesagt - in seiner 13. Sitzung am 1. September 2005 abschließend mit der Drucksache 4/218 - Keine Auflösung eines Landgerichtes und einer Staatsanwaltschaft in Thürin

gen - befasst. Dabei informierte der Justizminister anknüpfend an die 12. Sitzung des Ausschusses über den Abschluss eines Mietvertrags zwischen dem Landkreis Mühlhausen und dem Freistaat Thüringen zur Unterbringung des Landgerichts und der Staatsanwaltschaft in Mühlhausen. Im Rahmen der Meinungsbildung über die Beschlussempfehlung wurde nochmals der Inhalt des Antrags - Keine Auflösung eines Landgerichts und einer Staatsanwaltschaft in Thüringen - diskutiert und mehrheitlich die Auffassung vertreten, dass dieser Antrag auch Veränderungen, Auflösung bzw. Schließung von Außenstellen, z.B. Jena, mit einschließt und somit der Antrag abzulehnen sei. Auf der Grundlage dieser Argumentation und Bewertung des Antrags wurde die Beschlussempfehlung 4/1205 - Ablehnung des Antrags - mehrheitlich angenommen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ich eröffne die Aussprache und rufe als erste Rednerin für die CDU-Fraktion Frau Abgeordnete Walsmann auf.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, in einer Zeit, in der die Haushaltskassen leer sind und viele Entscheidungen getroffen werden müssen, die die Abkehr von lieb gewordenen Standards bedeuten, kann, ja darf es bei der Frage nach effektiveren, kostengünstigeren Strukturen einfach keine Denk- und Handlungsverbote geben. Und es ist deshalb an der Zeit, die nach der Wende getroffenen Entscheidungen neu zu überdenken und die damals geschaffenen Strukturen den gegenwärtigen Bedingungen anzupassen und dafür zu sorgen, dass sie zukunftsfähig sind. Und wenn alle Strukturen der Landesverwaltung auf dem Prüfstand stehen, dann können nicht von vornherein per se Gerichte und Justizbehörden ausgenommen werden. Denn auch hier muss einfach geprüft werden dürfen, ob es straffere und effizientere Strukturen gibt.

Ursächlich für diese Situation - und da erzähle ich Ihnen ja nichts Neues - ist auch die demografische Entwicklung, die es mit sich bringt, dass sich zukünftig das Verfahrensaufkommen der Gerichte zunehmend verringert oder in sich selbst verschieben wird. Ein längerfristig geringeres Verfahrensaufkommen heißt aber auch eine Verminderung des Personaleinsatzes und das heißt bei kleineren Struktureinheiten, dass sich das nur bedingt vor Ort umsetzen lässt, ohne die Qualität der Arbeit zu gefährden.

(Zwischenruf Abg. Pilger, SPD: Das ist uralt!)

Ganz unabhängig davon versteht sich wohl von selbst, dass der Justizgewährleistungsanspruch in keinem Fall in Frage gestellt werden darf, und eine bürgerfreundliche Justiz - das habe ich Ihnen aber auch schon das letzte Mal in der Plenarsitzung gesagt - heißt für mich zuallererst eine effektive, verständliche Rechtsprechung mit kurzer Verfahrensdauer. Neben den Amtsgerichtsstrukturen wurden durch die Landesregierung auch die Strukturen bei den Landgerichten und den Staatsanwaltschaften überprüft. Und wegen der Unterbringungsfrage war es auch wichtig, den Standort Mühlhausen besonders kritisch zu hinterfragen. Das Ergebnis der Prüfung hat seinen Niederschlag im Behördenstrukturkonzept der Landesregierung vom 1. März 2005 gefunden. Danach hat die Thüringer Landesregierung in ihrem Konzept zur Behördenstrukturreform nachlesbar beschlossen, auf die Schließung von Landgericht und Staatsanwaltschaft am Standort Mühlhausen zu verzichten, wenn und soweit eine angemessene Unterbringung am Standort Mühlhausen zu den Konditionen des vom Landrat des Unstrut-Hainich-Kreises vorgeschlagenen Investorenmodells und damit unterhalb der Kosten bisheriger Planung für ein Justizzentrum realisiert werden kann. Herr Justizminister Schliemann hat im Justizausschuss darüber berichtet, dass dies in Zusammenarbeit mit dem Unstrut-Hainich-Kreis und einem Privatinvestor gelungen ist und ein entsprechender Mietvertrag unterzeichnet wurde. Damit ist klar, dass der Landgerichts- und Staatsanwaltschaftsstandort Mühlhausen erhalten bleibt. Und es ist gut, dass es eine Lösung für eine kostengünstige Variante gibt. Niemand, der für Justizpolitik spricht, hätte sich natürlich freuen können, den Landgerichtsbezirk Mühlhausen aufzulösen.

Dem vorliegenden Antrag der SPD fehlt damit eigentlich inzwischen die Beratungsgrundlage. Dies war auch deutlich, weil im Ausschuss Herr Abgeordneter Höhn eine Minute gezögert hat, ob er den Antrag nicht zurückzieht. Maßgeblich für die Ablehnung des Antrags durch die CDU-Fraktion ist schlicht die Tatsache, dass sich die SPD-Fraktion nicht auf die Aussage - keine Auflösung eines Landgerichts und einer Staatsanwaltschaft in Thüringen, wie in der Überschrift und Begründung zu lesen - beschränkt, sondern das Ganze erweitert und sich grundsätzlich gegen die Auflösung eines Landgerichts- und Staatsanwaltschaftsstandorts in Thüringen ausspricht. Die Absolutheit dieser Empfehlung wird es zum Beispiel nicht ermöglichen, die Außenstellen der Staatsanwaltschaft Gera in Jena und Rudolstadt zu schließen. Es würden damit bereits heute Festlegungen für die Zukunft erfolgen, die so nicht zu verantworten wären.

Darüber hinaus ließen sich auch noch einige Details der Begründung kommentieren und dazu Ausführungen machen. Ich verzichte darauf, weil es zum

Teil auf eine Wiederholung dessen hinausläuft oder liefe, was bereits in der letzten Plenarsitzung dazu gesagt wurde.

Wenn es darum geht, Zukunftsfähigkeit der Strukturen der Justiz in Thüringen zu sichern, dann muss es gestattet sein, darüber nachzudenken, wie die Aufgaben und Ziele mit effektiven Mitteln, und das heißt auch mit vertretbarem angemessenem Kostenaufwand, realisiert werden können. Und deshalb werden wir den Antrag ablehnen. Danke.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Pilger zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, nachdem Herr Justizminister Schliemann im Justizausschuss den Erhalt des Landgerichts und der Staatsanwaltschaft in Mühlhausen als 4. Thüringer Standort bestätigt hatte, folgte eine Beschlussempfehlung, wir haben es gerade gehört, durch die CDUMehrheit in diesem Ausschuss, die Verwunderung hervorruft. Ein Antrag wird in einem Ausschuss über 11 Monate mit der Begründung liegen gelassen, man müsse die Entscheidung der Landesregierung abwarten. Jeder normal denkende Mensch erwartet bei dieser Ausgangslage, dass sich das folgende Votum logisch auf diese Entscheidung bezieht.

(Zwischenruf Abg. Buse, Die Linkspar- tei.PDS: Das ist normal!)