Das Wort hat Herr Minister Zeh. Entschuldigung, erst Herr Schwäblein. Ich hatte Ihre Wortmeldung nicht mehr als existent angesehen.
Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, da Frau Thierbach eine Zwischenfrage von mir nicht gewährt hat, muss sie es hinnehmen, dass ich das jetzt von diesem Pult aus vortrage. Frau Thierbach, da Sie sich offensichtlich so intensiv mit meiner Biografie befasst haben, ist Ihnen aber genauso offensichtlich entgangen, dass der größte Teil meines Studiums aus den 95 Prozent Steuern, die mein Vater zu entrichten hatte, finanziert wurde, bevor Ihre Partei ihn enteignet hat.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir sind bei der Insolvenzordnung. Frau Becker, nur eine kurze Bemerkung: Mit Blick auf die Insolvenzordnung ist es natürlich so, dass in Heiligenstadt nicht zwangsläufig die Frage der Anerkennung eine Rolle gespielt hat, sondern die Frage der Kontrolle hat dort nicht gefußt.
Demzufolge ist natürlich ausdrücklich zu begrüßen, dass hier gesetzliche Veränderungen angestrebt werden.
Lassen Sie mich noch einige Anmerkungen zum Entwurf machen aus Blick des Justizpolitikers. Es wird zurzeit nicht zuletzt unter dem großen Schlagwort „Große Justizreform auf Bundesebene“ über angebliche Überlastung der Justiz diskutiert. Es wird über die Verkürzung von Instanzenwegen, die Beschneidung von Rechtsmitteln und die mögliche Privatisierung von Aufgaben diskutiert, auch um dieser angeblichen Überlastung beizukommen. Eher am Rande wird in dieser öffentlichen Diskussion auch darauf verwiesen, dass die Möglichkeiten der außergerichtlichen Streitbeilegung und Konfliktlösung erheblich zu einer Entlastung der Justiz führen könnten. Ich möchte im Namen meiner Fraktion dafür werben, Modelle und Verfahrensweise der außergerichtlichen bzw. der konsensfähigen Streit- und Konfliktlösung mehr in den Mittelpunkt dieses Diskussionsprozesses zu stellen und solche Möglichkeiten auf- und auszubauen. Das geht besonders dann, wenn der Landesgesetzgeber in diesem Sinne tätig werden kann. Deshalb sind die Änderungen zum Ausführungsgesetz ausdrücklich zu begrüßen. Aber auch am Rande die
ser so genannten großen Justizreform sollte an dieser Stelle eingehend und öffentlichkeitswirksam diskutiert und sollten die Voraussetzungen zum Aufbau dieser Konfliktlösungsinstrumente geschaffen und gesetzlich verankert werden. Eine qualifizierte und engagierte Insolvenzberatung und Begleitung der Betroffenen bei der Abarbeitung von Schuldentilgungsplänen sind entscheidend für die Vermeidung von Verfahren vor Insolvenzgerichten. Eine außergerichtliche Klärung gerade im Insolvenzverfahren hat ja meist den Vorteil, dass eine Verhärtung der Fronten, wie sie bei Gerichtsverfahren oft passiert, so nicht eintritt. Im außergerichtlichen Bereich ist grundsätzlich mehr Platz für unkonventionelle, für unformalere Lösungen, die passgenauer und sozial besonders verträglich und in der schwierigen Lage der Betroffenen größere Wirkung entfalten kann.
Allerdings möchte ich hier nochmals darauf verweisen: Eine Stärkung der außergerichtlichen Streitschlichtungsinstrumente kann nur gelingen, wenn die betroffenen Schuldner qualifizierte, engagierte und finanziell ausreichende Unterstützung haben. Die Menschen, die als Begleiter in den Beratungen tätig sind, haben dabei natürlich ausdrücklich eine hohe Verantwortung. Um diesen fachlichen und persönlichen Anforderungen gerecht zu werden, sollte das Personal in den Beratungsstellen einer kontinuierlichen Weiterbildungsverpflichtung nachkommen. Das müsste auch ins Ausführungsgesetz aufgenommen werden. Diese Verpflichtung sollte ebenso den rechtlichen Bereich umfassen als auch psychologische Schulung oder die Aneignung und Weiterbildung solcher Techniken wie z.B. Meditation. Es sollte auch überlegt werden, inwieweit der Nachweis solcher Weiterbildung als Kriterium zur Anerkennung oder Weiterbestehen im Gesetz aufgenommen werden sollte. Details dazu könnten in einer Rechtsverordnung zum Gesetz geregelt werden. Allerdings sollte der Erlass einer solchen Verordnung an das Zustimmungserfordernis des Landtags - wie wir es ja in der Vergangenheit jetzt öfter praktiziert haben - gebunden werden. Solche Maßnahmen können dazu beitragen, zu einer tatsächlichen Entlastung der Gerichte zu führen. Vor allem für die Betroffenen dürften die außergerichtlichen Lösungen in der sowieso schon schwierigen Situation, der schwierigen Belastung, der schwierigen Wege zu den Gerichten hilfreich sein.
Die Beratungsstellen müssen in die Lage versetzt werden, den betroffenen Schuldnern Unterstützung so zu geben, dass die Beratung auch Hilfe zur Selbsthilfe wird, damit eine zukünftige Verschuldungs- oder Armutskarriere vermieden und nicht ganze Familien zum Dauerklientel vor Gerichten und Gerichtsvollziehern werden. Aber da bin ich schon beim Stichwort des Tagesordnungspunkts 13. Bis dahin, vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte jetzt keine inhaltliche Vertiefung des Gesetzentwurfs hier weiterführen, dazu haben wir die Beratung im Ausschuss. Ich will nur noch mal auf eins hinweisen: Die Finanzausstattung der Verbraucherinsolvenzberatungsstellen ist nicht reduziert worden, das heißt, die Finanzmittel sind in der unveränderten Höhe vorgehalten worden, weil es eine gesetzliche Leistung ist. Wir hatten im Jahr 2002 sogar einmal 1,6 Mio. in dem Titel. Dieser wurde nicht ausgeschöpft. Wir haben im Jahr 2006 und 2007 sogar eine Steigerung in dem Titel im Vergleich zu 2005, also keine Reduzierung im Bereich der Verbraucherinsolvenzberatungsstellen, dass das hier nicht falsch stehen bleibt.
Ich würde gern noch mal auf Ihre Einlassung, Frau Thierbach, eingehen. Sie haben gemeint, Sie müssten den Tagesordnungspunkt 1 mit den Studiengebühren und den Tagesordnungspunkt 2 „Verbraucherinsolvenz“ noch einmal verknüpfen, weil mein Studienweg offenbar zeigt,
wie optimal die Studienbedingungen in der DDR waren. Ich will Ihnen gar nicht meine Odyssee beschreiben, bis ich nach der Ablehnung zu dem Abitur konnte und auch zum Studium. Nur das Letzte noch, Frau Thierbach: Ich habe - ja, Frau Thierbach, Sie lachen jetzt, das war damals nicht zum Lachen -
1988 z.B. von diesem Staat die Verweigerung erhalten, meine Dissertation, die fertig war, verteidigen zu dürfen. Erst 1989 zur Wende hat sich dann die entsprechende Stelle besonnen und hat gemeint, ich könne jetzt noch die Verteidigung machen. Erst im Juni 1990 war es mir möglich, den Abschluss nach einer Dissertation auch zu führen. So viel zu den optimalen Bedingungen in der DDR, Frau Thierbach.
für die Verbraucherinsolvenzberatung. Das ist richtig. Ist Ihnen bekannt, dass in Ihren Richtlinien vom 12.07.2004 zum 15.10.2004 aus der Überschrift „Anerkannte Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatungsstellen in Thüringen“ innerhalb kürzester Zeit geeignete Stellen im Verbraucherinsolvenzverfahren im Freistaat Thüringen wurden und dass sie im Prinzip aus der Schuldnerberatung ausgestiegen sind in der Finanzierung mit der Begründung, dass die Kommunen diese vornehmen könnten. Ist das für Sie kein Ausstieg, keine Reduzierung? Es ist natürlich ein Trick, wenn Sie sagen, Verbraucherinsolvenz bleiben wir und Schuldner gehen wir raus.
Hatte ich begonnen damit: Ist Ihnen bekannt, dass Sie innerhalb von drei Monaten Ihre eigene Richtlinie so verändert haben, dass Sie natürlich nur noch die Verbraucherinsolvenzberatung gefördert haben?
Frau Abgeordnete Thierbach, Frau Abgeordnete Becker sagte, wir hätten bei den Verbraucherinsolvenzberatungsstellen die Finanzmittel reduziert. Dieses ist nicht der Fall. Die Aufteilung zwischen der Schuldnerberatung und der Verbraucherinsolvenzberatung, zwischen der Kommune und zwischen dem Land ist mir natürlich bekannt. Diese Aufteilung widerspricht auch nicht den gesetzlichen Regelungen, da die Kommunen für diese Aufgabe auch die Zuständigkeit haben, was die Schuldnerberatung an
geht. Hier ist die Zuständigkeit klar geregelt. In den Titeln, die wir im Haushalt 2006/2007 eingestellt haben, damit Sie das noch einmal vor Augen haben, in 2005 war der Ansatz 1.415.000 €, im Jahr 2006 1.415.500 € und im Jahr 2007 1.415.500 €. Also der Titel ist gleich geblieben. Vielen Dank.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, dass die Verbraucherinsolvenzverfahren vielmals in den Verbraucherzentralen, in den Verbraucherberatungen beginnen und dass Sie die Verbraucherberatungsstellen von 1 Mio. auf 400.000 gekürzt haben? Ist Ihnen das bekannt im Haushaltsentwurf?
Es geht in diesem Gesetzentwurf, Frau Abgeordnete Becker, um die Verbraucherinsolvenzberatungsstellen.
Die Verbraucherinsolvenzberatung ist eine gesetzliche Leistung, die wir aufrechterhalten und an keiner Stelle reduzieren.
Die Frage der Verbraucherberatungsstellen ist eine völlig andere Frage. Es ist eine freiwillige Leistung des Landes. Die Beratungen, die dort auch im Bereich des Finanzbereichs gemacht werden, werden natürlich auch von anderen Stellen vorgenommen. Manche gehen natürlich auch zu den Verbraucherberatungsstellen. Das ist richtig. Aber es gibt dazu eine Menge anderer Angebote, die wahrgenommen werden können.
Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Es ist Ausschussüberweisung beantragt worden an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit, an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten, an den Haushalts- und Finanzausschuss. Wir stimmen jetzt ab über diese Anträge zur Überweisung.
Als erstes stimmen wir ab über den Antrag zur Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit. Wer ist für die Überweisung, den bitte ich um das Handzeichen. Die Überweisung an diesen Ausschuss ist einstimmig angenommen.
Wir stimmen ab über den Antrag zur Überweisung an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten. Wer ist für die Überweisung an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten? Wer ist gegen die Überweisung? Wer enthält sich der Stimme? Damit ist diese Ausschussüberweisung abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag zur Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss? Wer ist für die Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss? Wer ist gegen die Ausschussüberweisung, den bitte ich um das Handzeichen. Wer enthält sich der Stimme? Damit ist auch diese Ausschussüberweisung abgelehnt.
Ja, Frau Präsidentin, bevor Sie den Tagesordnungspunkt 3 aufrufen, beantrage ich namens der SPDFraktion gemäß § 34 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags die Herbeirufung des Ministerpräsidenten zu Tagesordnungspunkt 3. Wir schlagen vor, bis zum Eintreffen des Ministerpräsidenten mit der Beratung anderer Tagesordnungspunkte fortzufahren.
Zur Begründung: Wir halten es für wirklich empörend, dass zum ersten Mal in der Geschichte des Thüringer Landtags der Ministerpräsident zur Einbringung des Haushalts hier nicht anwesend ist.
Diese Anwesenheit halten wir für zwingend erforderlich und sein Verhalten stellt wirklich eine grobe Missachtung des Parlaments dar, das wir in dieser