Ich bitte jetzt die gewählten stellvertretenden Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs vorzutreten: Herr Peter Franz Granderath, Herr Elmar Schuler, Frau Martina Hornstein und Herr Prof. Dr. Manfred Baldus.
Ich verlese Ihnen die Eidesformel: „Ich schwöre, dass ich das mir übertragene Amt nach bestem Wissen und Können verwalten, Verfassung und Gesetze befolgen und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.“
Ich verlese Ihnen die Eidesformel: „Ich schwöre, dass ich das mir übertragene Amt nach bestem Wissen und Können verwalten, Verfassung und Gesetze befolgen und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.“
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich gratuliere allen Ernannten auch in Ihrem Namen nochmals herzlich und ich wünsche Ihnen alles Gute für die Amtsführung.
Damit verabschiede ich die Damen und Herren aus der heutigen Plenarsitzung. Ich bitte Sie gemeinsam mit Herrn Schliemann noch zu einem kleinen Umtrunk und Imbiss. Ebenso bitte ich den bisherigen Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs, Herrn Bauer, uns zu begleiten und ebenso die gewählten Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs, Herrn Goetze, und das stellvertretende Mitglied des Verfassungsgerichtshofs, Herrn Weisskopf, deren Amtszeit fortgesetzt wird.
Ich danke allen Abgeordneten und ich danke den Herren und Damen des Verfassungsgerichtshofs und wünsche jetzt der Sitzung einen weiteren guten Verlauf. Ich bitte meine Kollegin Frau Pelke, dass sie die Sitzungsleitung wieder übernimmt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, damit kommen wir zur Fortsetzung der Tagesordnung und des unterbrochenen Tagesordnungspunkts 13. Hierzu lagen keine weiteren Wortmeldungen von Abgeordneten vor. Das Wort hat Minister Schliemann.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, nach dieser Unterbrechung möchte ich doch noch einmal zurückkommen auf den anstehenden Tagesordnungspunkt. Die Landesregierung hat die Große Anfrage durch die Auskünfte aus meinem Haus beantwortet. Die Anfrage war gerichtet auf die Situation der Gerichtsvollzieher im Land Thüringen. Der Auslöser war in der Tat diese Zeitungsmeldung, die uns natürlich im Haus auch nicht entgangen ist. Mich hat einerseits die Zeitungsmeldung etwas irritiert, andererseits das Ergebnis eines ausführlichen Gesprächs mit dem Verband, in dem die Situation weiß Gott nicht so geschildert wurde, wie sie sich der Zeitungsmeldung möglicherweise entnehmen ließ. Aber es ist ja auch viel geschehen, es ist sehr viel geschehen. Bevor ich nun sage, was geschehen ist, möchte ich die Gelegenheit nutzen, einmal in aller Öffentlichkeit den Damen und Herren zu danken, die in Thüringen Gerichtsvollzieheraufgaben wahrnehmen.
Wahrlich ein Berufsstand, dessen Beliebtheit sich sehr in Grenzen hält, und der Vergleich von Ihnen, Herr Höhn, mit den Zahnärzten und den Gerichtsvollziehern hinkt an dieser Stelle. Beim Zahnarzt kommt man geheilt raus, beim Gerichtsvollzieher leider nicht immer.
Die Chance ist jedenfalls da. In der Tat, wenn in Medien zu lesen ist, es sollten 40 Gerichtsvollzieher zu wenig sein, und dadurch der Eindruck erweckt wird, es sollten 30 Prozent Überlast durch die Gerichtsvollzieher durchgehalten werden, so wäre das für jeden Justizminister - träfe es denn wirklich zu - ein Schreckensszenario. Indessen ist dies, Gott sei Dank, nicht so. Die Personalausstattung im Bereich der Gerichtsvollzieher wurde und wird in Thüringen dem realen Bedarf angepasst und ist im Wesentlichen auskömmlich. Dies bitte, und das sage ich mit großem Dank an meine Kollegin Diezel, auch in Zeiten absoluter Haushaltsenge. Wenn wir gleichwohl Gerichtsvollzieher übernommen haben, dann ist das nicht nur eine Verpflichtung unter dem Gesichtspunkt gewesen, dass vor einiger Zeit geradezu angelockt wurde, sich in diesem Beruf ausbilden zu lassen, sondern es ist dem Umstand geschuldet, dass ein funktionierendes Gerichtsvollzieherwesen einen Teil eines Wirtschaftskreislaufes ebenso darstellt. Denn wenn Forderungen nicht beigetrieben werden können, dann geht das zu Lasten der Gläubiger, die ihrerseits möglicherweise durch Nichtbeitreiben von Forderungen ihrerseits wiederum in Not geraten.
Eine statistische Zahl mag zunächst erschrecken. Wenn die Auslastung eines Gerichtsvollziehers in Thüringen im Jahr 2004 etwa 127 Prozent betrug, dann mag das erst mal insinuieren, es sei eine Größenordnung 30 Prozent Überlast. Zunächst ist die Zahl 2005 auf 116 in etwa gesunken, jedenfalls bisherige Zahlenwerte. Aber was besagt diese Zahl? Diese Zahl besagt eigentlich zunächst für sich alleine nichts, denn dieser Zahl liegt zugrunde eine Pensenbemessung, weil die Pensen selber in den 60erJahren festgelegt wurden. In den 60er-Jahren hatten wir - Gerichtsvollzieher ist nicht nur hingehen und beim Schuldner etwas tun - auch ganz viel Administration, ziemlich viel Büroarbeit. Wir hatten auch ganz andere Bürotechnik und wir hatten also die mechanische bzw. als Fortschritt die elektrische Schreibmaschine. Die elektronische hatten wir noch nicht, den Computer gab es erst recht nicht. Das heißt, wir messen das in allen Bundesländern gleichmäßig mit einem Pensenansatz, der der Wirklichkeit schlicht nicht mehr entspricht. Dabei sind die Pensenansätze trotz der Entwicklung eben ungeordnet und nicht nachgehalten worden.
Die wirtschaftliche Situation in einem Land berührt selbstverständlich die Arbeitsweise der Gerichtsvollzieher. Da sind zwei Dinge zu beobachten, die nicht zur Freude Anlass geben, das sage ich in aller Offenheit, nicht, weil ich meinte, es wäre schön zu prozessieren, sondern die Zahl der Mahnverfahren und der Zivilklagen am Amtsgericht und Landgericht erster Instanz ist rückläufig. Sie ist nicht so rückläufig, dass die Justiz nicht ausgelastet wäre, aber sie ist doch so rückläufig, dass die Zahl der Titel, die zur Vollstreckung kommen, kleiner wird. Das hat zur Folge, dass die Zwangsvollstreckungsaufträge an die Gerichtsvollzieher schon ob der kleiner werdenden Titel geringer werden. Vorsicht aber an dieser Stelle. Ein Rückschluss eins zu eins ist nicht möglich, denn sehr viele Titel, die ausgeurteilten Summen, werden ohne Einschaltung eines Gerichtsvollziehers ganz schlicht beglichen. Die Situation ist also nicht so, dass man sagen kann, eins zu eins weniger Titel, also die Situation Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung.
Etwas anders sieht es aus bei den Versicherungen an Eides statt. Diese Zahl ist gestiegen, 12,2 Prozent in etwa. Das macht schon Sorgen, denn die Versicherung an Eides statt ist letztlich der vorletzte Versuch eines Gläubigers, mit Hilfe eines Gerichtsvollziehers überhaupt noch die Chance zu eröffnen, seine Forderung beglichen zu bekommen. Eine eidesstattliche Versicherung wird in aller Regel erst verlangt und abgefordert, wenn eine Mobiliarvollstreckung, also Wegnahmevollstreckung, Bargeld oder sonst wie, fruchtlos geblieben ist. Eine eidesstattliche Versicherung ist der Versuch, vom Gläubiger zu erfahren, wo hat dieser Gläubiger denn sonst noch verwertbares Vermögen. Wenn Sie da den Durchschnittsgläubiger nehmen, dann ist die Sache mit dem verwertbaren Vermögen natürlich nicht groß, aber weil es der letzte Versuch ist, doch etwas zu erfahren, wird die eidesstattliche Versicherung sehr gerne in Anspruch genommen. Man kommt dann auch als jemand, der sie abgeben musste, in das so genannte Schuldnerverzeichnis, was andererseits dann bei der Vergabe von Krediten durchaus ein Indikator sein kann, ob dieser Mensch denn noch hinreichend kreditwürdig ist.
Das nächste ist dann die Zahl der Insolvenzen, die angesprochen worden ist. Das ist eher eine Nebenfrucht des Gerichtsvollziehers, aber auch da sind zwei Dinge zu beobachten. Die Entwicklung der Zahl der Verbraucherinsolvenzen kann nicht richtig eingeschätzt werden, wenn man sich nicht immer wieder eins vor Augen hält: Es handelt sich hierbei um ein relativ junges, neues Instrument. Es ist erst mit dem Jahr 1999 überhaupt in Deutschland eingeführt worden. Vorher gab es zwar immer schon den persönlichen Konkurs, auch für den Einzelnen, aber der wurde praktisch nicht durchgeführt. Und um diese
Unerträglichkeit zu beseitigen, ewig, lebenslang in der Schuldenfalle kleben zu bleiben, wurde die Verbraucherinsolvenz als ein Instrument eingeführt. So was muss sich aber erst entwickeln, so was muss auch erst einmal akzeptiert werden. Es hat sich am Anfang dann gezeigt, es funktioniert nicht so ganz gut. Man hat dann die Zahl der Jahre von sieben auf sechs reduziert und hat vor allen Dingen eins gemacht, das hat dann die Zahl der Insolvenzverfahren explosionsartig anwachsen lassen, man hat Insolvenzen in der Weise ermöglicht, dass die dafür nötigen Gebühren, auch so ein Verfahren kostet Gebühren, gestundet werden, so dass man also heute lastenfrei sozusagen zum Insolvenzgericht gehen kann. Wie weit man aus dieser Entwicklung allerdings dann schließen darf, das läge ausschließlich an der veränderten Einkommenssituation, da habe ich so meine Zweifel. Eine solche Statistik wird nicht geführt, es gibt keine Basis, eine solche zu führen. Man kann auch in Schulden geraten, ohne dass das Einkommen sinkt - Stichwort: Handy und junge Leute, ja, da ist noch kein Einkommen, trotzdem werden Kredite gewährt, die Kredite laufen auf und die Schuldenfalle ist sehr schnell erreicht. Da läuft dann teilweise Erstaunliches auf. Ich sage das nicht im Sinne eines Vorwurfs, sondern nur, um davor zu warnen, zu meinen, wenn ich eine Insolvenz habe oder wenn ich ein Zwangsvollstreckungsverfahren habe, dann liege das nur am sinkenden Einkommen. Es liegt auch am Verschuldensverhalten.
Bei den Systemen der Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatungsstellen ist zu bemerken, das ist schon eine wichtige Unterstützung. Die kreisfreien Städte, die Landkreise finanzieren für jede Stadt oder Landkreis eine solche Schuldnerberatungsstelle, während der Freistaat Thüringen Verbraucherinsolvenzberatungsstellen mitfinanziert. Bei den Insolvenzen ist Folgendes zu sehen: Wir haben eine relative Stabilisierung. Die Zahl ist sogar, wenn Sie es statistisch ganz genau nehmen, ein kleines bisschen zurückgegangen, aber das ist nicht bemerkenswert im eigentlichen Sinne. Die Stabilisierung der Unternehmensinsolvenzen mag vielleicht hoffnungsfroh darin begründet sein, dass die wirtschaftliche Situation in Thüringen eine gewisse Konsolidierung erreicht hat, wenn auch nicht zu verkennen ist, die Zahl ist immer noch hoch. Andererseits, Thüringen weist im Verhältnis der neuen Länder die geringste Insolvenzhäufigkeit bei Unternehmensinsolvenzen auf. Je 10.000 bestehende Unternehmen gab es in Thüringen 142 Insolvenzen, in Sachsen 180, in Sachsen-Anhalt sogar 272.
Zur Zukunft der Gerichtsvollzieher: Es gibt eine Beschlusslage der Justizministerkonferenz. Danach ist gesagt worden, okay, die Idee der Unternehmensbeleihung könnte weiterführen. Auf dieser Basis bitte sollen nun Diskussionsentwürfe erarbeitet werden
und die sollen im Jahre 2006 vorgelegt werden. Was dann daraus wird, das steht heute noch nicht fest, das muss man sehen. Gerade bei diesem sehr heiklen Thema „hoheitliches Handeln des Staates einerseits und Gläubigerbefriedigung andererseits“ sind wir auf eine intensive Diskussion angewiesen und die lässt sich eigentlich erst führen - so sind Juristen nun einmal -, wenn sie sich an den einzelnen Normen festhangeln können; vorher reden sie eigentlich nur über Ideen. Bisher sind wir in dem Stadium, dass wir uns über Ideen verständigt haben, aber doch bitte sehr nicht über die Durchführungsweise, die da kommen soll. Der Wunsch der Gerichtsvollzieher nach anderer, besserer Ausbildung ist mir geläufig. Indessen wird man sich überlegen müssen - Stichwort „Kosten und Sinn und Auftrag der Gerichtsvollzieher“ -, woran das denn später auszurichten sei. Und der bloße Hinweis, wir würden nur eins zu eins austauschen, ja, das mag man als zureichend oder unzureichend einordnen. Eines ist zu sehen und das ist nicht als Vorwurf gesagt, die ersten Gerichtsvollzieher, die wir in den jungen Ländern hatten, waren welche mit Schnellausbildung, denn wir hatten ja keine. Jetzt haben wir voll Ausgebildete und die kennen und wissen schon eine ganze Menge mehr. Das heißt nicht, dass die anderen schlechtere Arbeit leisten, nur, die Jungen sind besser geschult. Danke schön.