Protokoll der Sitzung vom 31.03.2006

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Kann ich davon ausgehen, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist, oder erhebt sich Widerspruch? Es erhebt sich kein Widerspruch. Damit ist das Berichtsersuchen erfüllt. Es liegt ein Antrag vor, eine weitere Aussprache durchzuführen im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit. Über diesen Antrag können wir nur dann abstimmen, wenn alle drei Fraktionen, die die Aussprache beantragt haben, auch mit dieser Überweisung einverstanden sind. Ich frage die Fraktionen. Bitte, Herr Abgeordneter Schröter.

Wir sind mit der Ausschussüberweisung nicht einverstanden.

Eine Fraktion ist mit der Ausschussüberweisung nicht einverstanden. Die SPD und die Linkspartei.PDS waren einverstanden. Damit brauchen wir nicht darüber abzustimmen und es wird keine weitere Diskussion dieses Antrags im Ausschuss geben.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 12 auf

Arbeitslosenunterstützung in Lohn umwandeln Antrag der Fraktion der Links- partei.PDS - Drucksache 4/1796 -

Wünscht die Fraktion der Linkspartei.PDS das Wort zur Begründung? Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile das Wort dem

Abgeordneten Pilger, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, vor wenigen Wochen in der Plenarsitzung Ende Januar haben wir uns bereits mit der Umsetzung des SGB II befasst. Trotz der unterschiedlichen Auffassungen der Fraktionen dieses Hauses und den üblichen Bagatellisierungsversuchen des wirtschaftspolitischen Sprechers der CDU gab es doch offensichtlich eine Gemeinsamkeit: Alle drei Fraktionen haben Beratungsbedarf anerkannt und die Anträge von SPD und Linkspartei.PDS an den zuständigen Ausschuss überwiesen. Nicht zuletzt dank Ihrer Kleinen Anfrage Nr. 4/572, Frau Kollegin Leukefeld, zur beschäftigungswirksamen Umsetzung des SGB II in Thüringen wurde deutlich, dass es eine große Baustelle in den Arbeitsgemeinschaften und den optierenden Kommunen gibt - eine Baustelle, bei der zwar das Kellergeschoss steht, bei der aber längst nicht klar ist, wie und wie schnell der weitere Ausbau erfolgen soll. Das Kellergeschoss, das ist der Ort, an dem die Auszahlungen an die Arbeitslosengeld-II-Empfänger geleistet werden, an dem die Widersprüche bearbeitet werden und der Verwaltungsablauf organisiert wird. Dies scheint landesweit überall befriedigend zu funktionieren und ich möchte nochmals die Gelegenheit nutzen, den beteiligten Kommunen, der Bundesagentur für Arbeit und den vielen Mitarbeitern für die in einem guten Jahr geleistete Aufbauarbeit zu danken.

Wer Umstrukturierungen von Behörden kennt, der weiß, wie unterschiedlich die Kulturen kommunaler Verwaltungen und Bundesverwaltungen sind. Und wer sich ein wenig mit den neuen gesetzlichen Anforderungen auseinander gesetzt hat, dem ist klar, dass hier in relativ kurzer Zeit enorm viel geleistet wurde. Nur zur Erinnerung: Es ist eben ein gutes Jahr her, seit das neue Gesetz in Kraft getreten ist, und es gab damals genügend Unkenrufe, insbesondere aus den Reihen der Linkspartei.PDS, dass Tausende Arbeitslose ohne Leistungsbezug dastehen würden. Dies ist nicht eingetreten und es war eine Herkulesarbeit aller Beteiligten. Schauen Sie sich im Vergleich dazu nur die Regierungserklärung unseres Ministerpräsidenten vom Herbst 2004 an. Auch dort wurde eine umfangreiche angebliche Verwaltungsmodernisierung angekündigt und geschehen ist außer willkürlichen Umsetzungen, einer Ausweitung der Beschäftigtenzahl der Ministerien und einer großen Verunsicherung in den nachgeordneten Behörden nichts Konstruktives.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Das ist doch eine Unverschämtheit. Wie kann man denn so etwas sagen.)

Deshalb - bei aller Kritik im Detail bei der Umsetzung des SGB II, die auch ich hier und da habe - sei zunächst einmal Respekt gezollt für das Geleistete. Jetzt geht es an den weiteren Ausbau der Obergeschosse und dort vor allen Dingen um die Abteilung, die mit der Überschrift „Fördern“ versehen ist. Nun gibt es ja einige interessante Beobachtungen, wenn wir uns den Mittelabfluss des vergangenen Jahres und die wenigen uns bisher bekannten Fakten zu den Förderinstrumenten vor Augen führen. Wir haben erfahren müssen, dass ausreichende Finanzmittel nicht automatisch zu einer guten Förderung führten. Wir haben auch erfahren müssen, dass die gewählte Organisationsform - optierende Kommune oder ARGE - nicht automatisch mit besserer Mittelbindung und besserer Förderung einhergeht. Noch ist bei landesweiter Betrachtung nicht zu erkennen, ob bestimmte kommunalpolitische Konstellationen zu einer besseren Förderung geführt haben. Genau dort, liebe Kolleginnen und Kollegen von der PDS und der CDU, beginnt die ernsthafte Auseinandersetzung mit dieser Baustelle. Es geht um die Frage, wie die Förderung dort in den Jobcentern zu verbessern ist und welche Unterstützung wir als Fraktion dabei landespolitisch und als Parteien kommunalpolitisch zu leisten haben. In jedem Fall aber muss diese Abteilung ausgebaut werden, und das vor allen Dingen qualitativ. Ich glaube, so viel lässt sich bereits mit Sicherheit sagen. Dazu aber brauchen wir auch genauere Informationen und belastbare Daten. Wir brauchen vor allen Dingen den Gedankenaustausch und die Diskussion mit denen, die als Akteure vor Ort tätig sind und die diesen begonnenen Bau Stück für Stück hochziehen und ausbauen. Deshalb begrüße ich ausdrücklich die im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit beschlossene mündliche Anhörung. Wenn das ein Zeichen für eine künftigere höhere Konstruktivität der Mehrheitsfraktion dieses Hauses bei der Auseinandersetzung mit dem Thema ist,

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Schau doch mal in die Unterlagen.)

dann bin ich guter Hoffnung, Herr Kretschmer.

Ich begrüße die von allen drei Fraktionen mitgetragene Veranstaltung mit dem Arbeitslosenparlament am 10. April. Auch dort werden wir einiges über die Großbaustelle SGB II hören. Mit Blick auf den Antrag der Kollegen der PDS wage ich jetzt schon zu behaupten, noch längst sind die ARGEn und die optierenden Kommunen nicht in der Lage, das vorhandene Förderinstrumentarium des SGB II und des SGB III ausreichend oder gar gut zu nutzen. Noch längst ergänzen die Mittel des Landes und des Europäischen Sozialfonds das Förderinstrumentarium des SGB II und des SGB III nicht klug und unbürokratisch. Noch stehen sich viele Handwerker dieser Bau

stelle im Wege, behindern sich hier und da und stolpern über liegen gebliebene Materialien. Manches Werkzeug bleibt ungenutzt liegen. Innerhalb der ARGEn, liebe Kolleginnen und Kollegen, existiert noch ein mehr oder weniger offener Streit zwischen Kommunen und Bundesagentur wegen der Bauleitung.

Auch da möchte ich eine These voranstellen: Der Ausbau der Förderung wird nur dort gut gelingen, wo die kommunale Seite die entscheidende gestalterische Verantwortung für das Projekt übernimmt, gleichzeitig aber gut darauf achtet, dass sich der Hauptfinanzier Bundesagentur nicht aus der Verantwortung zieht oder durch Störmanöver glänzt. Diese Stärkung der kommunalpolitischen Verantwortung wird eine Aufgabe sein, die alle drei Fraktionen dieses Hauses mit beeinflussen sollten, zum einen, weil wir die Kommunen dabei nicht allein lassen dürfen, sie brauchen keine Gängelung, keine Bevormundung, aber sie brauchen Unterstützung, vor allen Dingen aber deshalb, weil die Menschen in unseren Regionen und vor allen Dingen diejenigen, die in irgendeiner Art und Weise benachteiligt sind, von der Qualität der Arbeit in den Jobcentern abhängig sind. Diese Qualität der Förderung gilt es zu entwickeln. Sie befindet sich bestenfalls im Aufbau, längst nicht im Ausbau. Deshalb, meine Damen und Herren von der PDS, und deshalb auch, Frau Leukefeld, es ist falsch, zum jetzigen Zeitpunkt eine weitere Baustelle zu öffnen. Wir brauchen jetzt kein neues Förderinstrument. Wir brauchen auf der Grundlage gesicherter Erkenntnisse, auf der Grundlage einer offenen und ehrlichen Diskussion mit den Akteuren einen wohl organisierten Aufbau der Förderung unter Nutzung aller dort vorhandenen Instrumentarien. Wir können doch mit den vorhandenen gesetzlichen Möglichkeiten und den zusätzlichen Möglichkeiten des ESF auch jetzt Förderketten von mehr als einem Jahr entwickeln. Wir können doch Arbeitsbeschäftigungsmaßnahmen und Arbeitsgelegenheiten in Entgeltvarianten finanzieren. Wir können Qualifizierung und Ausbildung anbieten und wir können auch bei den so genannten Ein-Euro-Jobs Qualität vor Quantität gehen lassen. Wer vor Ort die ARGEn besucht, der weiß doch, dass wir uns bei all diesen Möglichkeiten erst in einem Orientierungsprozess befinden. In dieser Situation die Diskussion um ein neues Förderinstrument anzuzetteln, wird bei vielen Akteuren nur dazu führen, das Chaos an der gerade sich ordnenden Baustelle neu zu entfachen. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, halte ich den Antrag in der vorliegenden Form zum jetzigen Zeitpunkt für falsch. Bei den Diskussionen um die Höhe eines Mindestlohns bitte ich die Kollegen der PDS außerdem um eine Entscheidung, was denn nun gilt, das, was im Vergabegesetzentwurf von Ihnen gefordert wurde - 1.500 € - oder was hier als Mindestlohn - 1.400 € - gefordert wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns die Anhörung im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit und lassen Sie uns die Ergebnisse der Evaluation der Bundesregierung zu Hartz IV abwarten. Wir sollten im Ergebnis der dann vorliegenden Erkenntnisse darüber streiten, ob wir zusätzliche Förderinstrumente benötigen und welche und wie wir die vorhandenen Förderinstrumente besser nutzen als bisher. Lassen Sie uns die Zwischenzeit in jedem Falle dazu nutzen, die Kommunen in den ARGEn bei der Übernahme der Verantwortung für die weitere Bauleitung zu stärken, ohne die Bundesagentur aus der Verantwortung zu entlassen. Meine Fraktion wird deshalb eine Überweisung dieses Antrags an den Ausschuss unterstützen; er kann als Material zu der Anhörung dienen. Eine Zustimmung aber werden wir aus den genannten Gründen nicht geben. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion der Linkspartei.PDS hat sich Frau Abgeordnete Leukefeld zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir haben Beschäftigungspolitik hier schon oft debattiert, manchmal auch als letzten Tagesordnungspunkt. Aber nach dem Beitrag von Herrn Pilger bin ich mir ziemlich sicher, dass die Debatte auch weiterhin spannend bleibt, denn wir wollen Lösungsvorschläge unterbreiten und nicht nur die notwendige kritische Bilanz zur Umsetzung der Hartz-IV-Gesetze ziehen. Herr Pilger, niemand stellt die Bemühungen vor allen Dingen der Verantwortlichen in den ARGEn und in den Kommunen in Abrede, vor allen Dingen, was die Leistungsgewährung angeht, aber letztlich reicht das nicht und wir müssen weiter überlegen, was man tun kann. Denn die Bilanz von Hartz IV - da mögen wir uns unterscheiden, ich beziehe mich beispielsweise auf das Urteil von Harald Thomé, der Gründungsmitglied der Wuppertaler Sozialberatung Tacheles ist und der das als „vernichtend“ bezeichnet hat - ist ein Programm zur Massenverarmung. Wir sagen als Linkspartei in Auseinandersetzung mit dieser Arbeitsmarktreform, Hartz IV muss weg, aber es geht um mehr. Mit diesem „Mehr“ ist die inhaltliche Weiterentwicklung im Interesse der Betroffenen gemeint, solange es Hartz IV gibt. Herr Pilger, ich weiß nicht, ob wir warten wollen, bis die Bauleute auf der Baustelle sozusagen ihr Handwerk beherrschen, oder ob man vielleicht im Verlauf dieses Prozesses nicht doch die Arbeitsmethoden ändern könnte und die Mittel, die ihnen zur Verfügung stehen, um diesen langwierigen und schwierigen Prozess vor allen Dingen im Interesse von Betroffenen etwas zu verein

fachen und tatsächlich Wege zur existenzsichernden Arbeit zu finden.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Denn eine Veränderung bei Hartz IV, die es ja gegeben hat, auch jetzt im Verlauf des Prozesses, ist nicht gleich eine Verbesserung. Nehmen wir zum Beispiel die Erhöhung der Regelsätze im Osten. Sie war längst überfällig, eine Forderung von Anfang an, da konnte die Koalition nicht zurück, doch sie hat es hinausgeschoben und vielleicht kommt es ja dann ab 01.06. Die Schlussfolgerung, die die CDU/CSU/ SPD-Koalition im Bund außerdem zieht, geht meines Erachtens komplett in die falsche Richtung. Sie erhöht den Druck auf die Betroffenen, die nichts für die handwerklichen Mängel des Gesetzes können und

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

für die völlig verfehlte Zielstellung übrigens auch nicht. Ich meine konkret die Veränderungen für jugendliche Arbeitslose, die Umkehr der Beweislast bei unverheirateten Paaren - für Arbeitslose gilt nämlich der Rechtsgrundsatz, im Zweifel für den Angeklagten, nicht mehr - und ich denke auch an die Kürzungen bei der Rentenversicherung und die Verpflichtung Arbeitsloser zur Teilnahme zum Beispiel an den dubiosen Telefonumfragen. Diese Reaktion auf die offensichtliche Erfolglosigkeit von Hartz IV ist schlicht eine Schande, angefangen bei der erlebbaren Chancenlosigkeit bis hin zu der Armutsfalle, aus Hartz IV wieder herauszukommen. Ich meine, wir haben jetzt gerade gelesen, die Thüringer Wirtschaft ist im Jahr 2005 um 0,1 Prozent gestiegen, also das Wunder mit der Schaffung von Arbeitsplätzen in der Wirtschaft wird wohl noch weiter auf sich warten lassen.

Was ist außerdem im Jahr 2005 noch passiert? Die Mittel für den Eingliederungstitel, Herr Pilger hat es angesprochen, also ein Teil der aktiven Arbeitsmarktpolitik aus Bundesmitteln, wurden nicht vollständig eingesetzt, in Thüringen eben nur zu 56 Prozent. Noch dazu sind mit den genutzten Mitteln weit überwiegend und in inflationärer Form Ein-Euro-Jobs finanziert worden und das scheint mir ein klarer „Fehlanreiz“ von Hartz IV zu sein, um den Sprachgebrauch einmal aufzugreifen, mit dem ansonsten Verschlechterungen für Arbeitslose eingeleitet werden.

Halten wir fest: Die zentralen Ziele von Hartz IV wurden im ersten Jahr seiner Wirksamkeit komplett verfehlt.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Die Linkspartei.PDS spricht sich deshalb für Veränderungen aus. Wir fordern mit dem vorgelegten

Antrag eine Bundesratsinitiative des Landes, mit der eine Novelle des SGB II erreicht werden kann. Im SGB II soll eine neue Fördermöglichkeit aufgenommen werden, bei der alle Förderleistungen - das Arbeitslosengeld II plus das Geld für Kosten für Unterkunft und Heizung und Mittel für Beschäftigungsmaßnahmen - gebündelt werden, um sie dann all den Arbeitslosen als Lohn für geleistete Arbeit auszuzahlen. Für diese Bündelung, Herr Sklenar, wird auch der Begriff der Kapitalisierung benutzt; der gefällt mir aber nicht so gut, deswegen steht bei uns „Umwandlung“. Aber es ist im Grunde genommen ganz genau dasselbe und die Idee ist auch nicht neu, die ist nämlich schon in der Debatte. Damit kann der Grundsatz realisiert werden, Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren, und zwar versicherungspflichtige Arbeit im gemeinwohlorientierten Bereich.

Meine Damen und Herren, Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren, das möchte ich hier mal festhalten, ist ganz offenbar, zumindest nach der gestrigen Debatte, hier Konsens im Haus, und zwar quer durch alle Fraktionen.

Mit der Umwandlung der Arbeitslosenunterstützung entsteht ein neues, innovatives Förderinstrument, das auf der Bündelung verschiedener Förderinstrumente beruht. Wir schlagen im Antrag ja konkrete Kriterien vor, für was das genutzt werden soll. Das heißt einmal, Förderung von Beschäftigungsmaßnahmen geschieht im gemeinwohlorientierten Bereich, also zusätzlich. In Tätigkeitsfeldern, die kommunale Pflichtaufgaben darstellen, ist die Förderung ausgeschlossen. Wir meinen auch, die Projektträger, egal ob Kommune oder freie Träger, leisten einen Eigenanteil. Das halten wir für angemessen, schließlich wird ja auch eine Leistung erbracht. Ausnahmen sollten dort möglich sein, wo Arbeitsinhalte im besonderen Landes- oder kommunalen Interesse liegen.

Wir meinen drittens, ESF-, Bundes-, Landes- und kommunale Fördermittel könnten zur Verstärkung eingesetzt werden, das müsste offen sein, damit eben eine entsprechende Finanzierung als Lohn auch möglich ist. Die Dauer der Maßnahmen sollte mindestens ein Jahr betragen, angestrebt sind längere Laufzeiten. Ich verhehle nicht, dass es auch bei uns eine Debatte gegeben hat, hier schon einen Förderzeitraum von zwei oder drei bis fünf Jahren aufzunehmen, weil nur dann Projekte sozusagen nachhaltig und trägfähig sich auch entwickeln können. Aber wir wollten Sie mit diesem Antrag, eine längere Zeit zu nehmen, nicht überfordern.

Die Mindesthöhe des Lohnes der Maßnahmen liegt in Vollzeit bei 1.400 € brutto - Herr Pilger, das ist kein Versehen - für diese Maßnahmen denken wir an den gesetzlichen Mindestlohn von 1.400 €, so wie er also auch in unseren Unterlagen und auch in unseren

Dokumenten der Linkspartei.PDS festgeschrieben ist, 1.400 € brutto mit dem Mindestlohn. Bei der Vergabe öffentlicher Leistungen ist das eine reine Sache in der Wirtschaft. Deswegen haben wir das dort höher angesetzt.

Dieses zusätzliche Arbeitsmarktförderinstrument führt für die Betroffenen zu einer existenzsichernden sozialversicherungspflichtigen Entlohnung, die ja letztendlich auch die Sozialversicherungssysteme stabilisiert. Die geförderten Personen arbeiten im Nonprofitsektor, wo großer Bedarf an zusätzlichen Arbeitskräften besteht, und das wissen Sie alle, wie viel Arbeit in den Kommunen gerade in den Bereichen, die sich nicht betriebswirtschaftlich rechnen, da ist, dass wir dort ansetzen wollen.

Meine Damen und Herren, öffentlich geförderte Arbeit, auch wenn Sie das manchmal belächeln, ist sinnvoll, und zwar für die Betroffenen, für die Arbeitslosen und für die Kommunen. Wir wollen mit unserem Antrag nicht zuletzt deutlich machen, dass ein Vorurteil nicht zutreffend ist. Öffentlich geförderte Arbeit ist nicht, wie unterstellt, viel teurer. Ihre Finanzierung übersteigt nicht wesentlich die ansonsten bei Arbeitslosigkeit anfallenden Kosten. Ich will das noch einmal deutlich machen an dem Beispiel der Kosten für einen durchschnittlichen Ein-Euro-Job, der monatlich etwa mit 1.500 € zu Buche schlägt. Das Problem ist nur, dass der Arbeitslose nur etwa 800 € davon selbst bekommt, aber die Kosten für die Gesellschaft aus Steuermitteln sind eben deutlich höher. Im Übrigen, lassen Sie mich das abschließend sagen, vertreten wir mit unserem Antrag keine Außenseiterposition, es ist auch nicht der Thüringer Sonderweg, den die Linkspartei.PDS hier vorschlägt, es gibt ja dazu bereits Ansätze und Vorschläge. Die Grünen im Abgeordnetenhaus von Berlin haben beispielsweise einen Antrag „Kapitalisierung von Arbeitslosengeld II ermöglichen“ gestellt. Inzwischen ist ein Änderungsantrag von Linkspartei und SPD vom Berliner Abgeordnetenhaus angenommen worden, der den Senat zur Verhandlung auffordert, um eine Kapitalisierung des Arbeitslosengelds II zu erreichen. Die CDU-Fraktion, meine Damen und Herren, hat übrigens nicht gegen den Antrag gestimmt, sondern sie hat sich der Stimme enthalten. Der Antrag weicht von unserem aber insofern ab - ich sage Ihnen gleich, warum -, weil der Berliner Antrag auch Beschäftigung im so genannten ersten Arbeitsmarkt auf diese Art und Weise vorsieht. Das nun wiederum halten wir aus Gründen der Wettbewerbsverzerrung und befürchteter Mitnahmeeffekte aber für weniger sinnvoll und die Argumente sind hier, glaube ich, schon bei anderen Debatten hinreichend ausgetauscht. Wir haben im Nonprofitbereich genug zu tun, fördern wir das also dort. In der Bezirksverordnetenversammlung von Berlin-Lichtenberg, meine Damen und Herren, ist es übrigens sogar die CDU selbst

gewesen, die mit einem darauf gerichteten Antrag aktiv geworden ist. Ich zitiere aus dem Text: „Ziel soll es sein, das Arbeitslosengeld II zur Finanzierung von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen einsetzen zu können.“ Der Boden ist also bereitet, meine Damen und Herren, vielleicht lässt sich ja auch in Thüringen ein Konsens dabei erzielen. Ich freue mich. Die Verweisung an den Ausschuss hat ja Herr Pilger im Grunde genommen schon befürwortet, beantragen will ich das jetzt hiermit. Wir werden also die Diskussion weiterführen. Danke schön.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Günther zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, liebe Kollegen der Linkspartei.PDS, mein Kollege Grob begann in einer der letzten Sitzungen des hohen Hauses zum Thema "Ausbildungspakt" mit dem Satz: „Alle Jahre wieder“. Zu Ihrem Antrag sage ich heute: Jeden Monat wieder. Jeden Monat wieder lesen wir in Ihren Anträgen die gleichen Thesen und die gleichen Forderungen. Auch heute wieder

(Zwischenruf Abg. Leukefeld, Die Links- partei.PDS: Genau, jeden Monat wieder.)

liegt in der vorliegenden Drucksache - nun zum vierten oder fünften Mal gefordert -, die bereits vorhandenen arbeitsmarktpolitischen Förderinstrumente zu bündeln und zu verstärken, das SGB II einzusetzen.

(Zwischenruf Abg. Thierbach, Die Links- partei.PDS: Nein, den Antrag haben wir.)

Für die Detaildiskussion verweise ich deshalb an dieser Stelle lediglich auf meine Beiträge in früheren Plenardebatten zu gleichem Thema. Der Einsatz solcher Programme unterstützend, begleitend und verstärkend ist möglich. Punkt. Das, was Sie im Antrag fordern, ist fast alles Realität - das im SGB II vorgesehene Einstiegsgeld und auch die Entgeltvarianten gibt es schon, auch ABM und BSI gibt es noch, sie können im Anwendungsbereich des SGB II eingesetzt werden, dazu hätte es Ihres Antrags schlicht und einfach nicht bedurft -, nur nicht der von Ihnen geforderte Mindestlohn. Der ist in seiner Höhe ausdrücklich unrealistisch, populistisch und würde genau das Gegenteil zum Ergebnis haben,

(Beifall bei der CDU)

denn ein solcher Mindestlohn, meine Damen und Herren, hätte kontraproduktive Auswirkungen bei der Vermittlung von Arbeitslosen in Richtung erster Arbeitsmarkt und das, denke ich, ist unser Ziel. Ob die arbeitsmarktpolitischen Instrumente allerdings auch mit Sinn und Verstand als Ergänzung von allen Leistungsträgern eingesetzt werden, das ist eine andere Frage. Hier ist eben auch die Kreativität der Leistungsträger gefordert. Aber dafür wird es ja im Ausschuss genügend Gelegenheit geben, diese Dinge bei der Anhörung zu hinterfragen. Da bin ich bei dem nächsten Stichwort.

Ich halte es - gelinde gesagt - für eine Stillosigkeit und Unsitte, Beratungsgegenstände, die gerade im Ausschuss intensiv beraten werden und weiterberaten werden sollen, hier permanent in der Plenardebatte in Form unqualifizierter Anträge nachzuschieben.

(Beifall bei der CDU)

Erst gestern werfen Sie uns in der Debatte um das Vergaberecht vor, wir hätten die Anhörungen nicht ausgewertet. Sie wollen heute bereits vor der Anhörung die Debatte führen.