Protokoll der Sitzung vom 04.05.2006

Während der Ministerpräsident in seiner Broschüre vom Dezember darauf hinweist, dass die Elternbeiträge für die kommunalen Kindertageseinrichtungen bis zum 31.07.2007 festgeschrieben sind, und verschweigt, dass es auch Ausnahmetatbestände gibt, soll sich der Jugendhilfeausschuss des Kyffhäuserkreises nur vier Monate später damit befassen, ob Kommunen wegen der geringeren Landeszuschüsse die Elternbeiträge erhöhen dürfen. Dort liegen dem Jugendhilfeausschuss zwei Anträge aus Gemeinden vor und weitere werden erwartet. Der zuständi

ge Sozialdezernent wird laut „Thüringer Allgemeine“ mit den Worten zitiert: „Das hat es noch nicht gegeben, dass ein Ausschuss des Kreistages direkt über die Haushalte der Kommunen bestimmen soll.“ Weiter sagt er: „Das Land hat dem Kreis einfach den schwarzen Peter zugeschoben.“

So sieht die Realität aus, auch wenn der Ministerpräsident behauptet, dass es keinen Anlass durch das neue Gesetz zur Steigerung der Elternbeiträge gibt und dass die Kommunen nicht erhöhen dürfen. Doch, sie dürfen und sie müssen, genau das werden wir alle noch erleben.

Ein weiteres Beispiel: Der Bürgermeister in Pennewitz wird in der TA vom 28.04.2006 folgendermaßen zitiert: „Wichtig für die weitere Existenz des Kindergartens ist der 1. Juli dieses Jahres, an dem Tag, an dem die Familienoffensive des Landes in Kraft tritt. Wir alle wissen“, so der Bürgermeister, „da kommt nichts Gutes auf uns zu. Aber trotzdem wird die Gemeinde mit allen Mitteln versuchen, den Kindergarten auch weiterhin am Leben zu erhalten.“ So schätzt also eine Gemeinde und deren Bürgermeister die Familienoffensive ein.

Ich sage Ihnen, ich bin gar nicht glücklich bei der Recherche, dass man da so viel finden konnte, was möglicherweise auch Herr Minister hätte einschätzen können oder was man vielleicht auch schon mal gehört hatte.

In Herbsleben, um ein weiteres Beispiel zu nennen, versucht die CDU im Gemeinderat durch Verlagerung bereits beschlossener Investitionen in den Betrieb der Kindertagesstätte die schon erfolgte Kündigung von vier Küchen- und Reinigungskräften rückgängig zu machen. In der TA-Ausgabe Bad Langensalza wird bereits im Februar über steigende Elternbeiträge für Kindergärten berichtet. Die dortigen Träger schätzen 20 bis 30 € pro Kind und Monat als unumgänglich ein. In Steinbach im Wartburgkreis hängt der vierte Bauabschnitt des Endausbaus eines unter den bisherigen Konditionen bereits geförderten Kindergartens völlig in der Luft. Im Vertrauen auf das Land und die bisherige Förderung hat die Gemeinde die derzeit für einen Kindergarten genutzte Liegenschaft gegenüber dem Eigentümer zum 30.11.2006 aufgegeben und steht nun vor der Frage, ob und wie das einmal begonnene Bauvorhaben des neuen Kindergartens zu beenden ist. Das Bauministerium fühlt sich nicht mehr zuständig und offenbar fehlten hier auch Übergangsregelungen von der bisherigen Förderung zu neuen Förderkonditionen. Dank des Engagements meiner Kollegin Doht hat sich der Ministerpräsident immerhin mal zur Sache geäußert, ohne allerdings auch eine konkrete Lösung anbieten zu können. Das muss man sich noch mal auf der Zunge zergehen lassen. Da

wird ein Bauvorhaben begonnen und die Gemeinde mit einem Zuschussantrag von mehr als 78.000 € in der Luft hängengelassen. Das klingt dann schon sehr ironisch, wenn dann der Ministerpräsident der Kollegin Doht am 19. April unter Hinweis auf die neue Förderung darlegt, dass die Infrastrukturpauschale nicht nur in Bezug auf die Planungssicherheit, sondern auch materiell keine Verschlechterung bedeuten würde. Doch, sie bedeutet eine Verschlechterung. Und wenn es Herr Althaus uns nicht glaubt, dann sollte er mal den Bürgermeister dort fragen. Für die betroffene Gemeinde, die mit dem begonnenen Bau für einen Kindergarten ohne abschließende Förderung dasteht, bedeutet das sehr wohl eine Verschlechterung.

Ich muss auch noch mal darauf zurückkommen, meine Damen und Herren, dass beispielsweise in Greiz von einer jährlichen Mehrbelastung von etwa 400.000 € in dem städtischen Haushalt ausgegangen wird. In Gera - es ist schon erwähnt worden - beträgt die Kürzung der Landesmittel annähernd 2 Mio. €. Wenn man dann über 64 Vollzeitstellen diskutiert, die dort entfallen müssen, dann ist das nur ein Beispiel. Man kann auch über die Folge reden und man kann auch durchaus darüber reden, wie in einzelnen Bereichen Strukturen möglicherweise zu verändern wären, aber da komme ich wieder auf das zurück, was ich ganz am Anfang bei der Entstehung des Gesetzes gesagt habe und was auch in dem damaligen Gutachten drinstand. Für Veränderungen von Strukturen braucht es Zeit und braucht es Geld.

Im Übrigen, das darf ich natürlich nicht vergessen und der zuständige Minister wird es ja hier auch wissen, ausgerechnet in der Region unseres Familienministers schließt der erste kleine Kindergarten mit Hinweis auf das neue Gesetz.

Die Frage nach Schließungen hatte der Ministerpräsident in seiner Broschüre derart geschickt umschrieben, dass sich Familien in Sicherheit fühlen konnten, und nun passiert das ausgerechnet in Nordhausen. Das ist schon peinlich. In Jena betragen die Kürzungen etwa 2 Mio. €. Erinnern Sie sich jetzt an die zugesicherten Betreuungsstandards?

(Zwischenruf Abg. Seela, CDU: Das stimmt doch gar nicht.)

Sie sagen immer nur, stimmt doch gar nicht, dann hätte man es doch hier im Bericht mal vom Minister hören können, wenn nicht alles stimmt. Dann müssen doch die Bürgermeister tatsächlich schriftlich geben, es ist alles in Ordnung. Sie tun doch das krasse Gegenteil. Was wollen Sie mir denn erzählen? Das ist doch hier keine Märchenstunde von irgendwem.

(Zwischenruf Abg. Seela, CDU: Sie erzählen Märchen.)

Erinnern Sie sich jetzt an die zugesicherten Betreuungsstandards? Der Ministerpräsident spricht von Attraktivität der Einrichtung und eigentlich meint er natürlich etwas anderes. Die Spirale wird nach untern losgehen.

(Unruhe bei der CDU)

Wer ist am kostengünstigsten? Wer hat die Gruppen am vollsten? Wer überlebt mit den geringer werdenden Mitteln? Das wird aus der puren Not und dem gewollten Gegeneinander der Träger die bittere Realität sein. Es wird eine Realität sein zulasten der Kinder, deren Eltern sich keine bessere, keine teurere Einrichtung leisten können. Es gibt schon die Diskussionen, liebe Kolleginnen und Kollegen, über private Anbieter ohne öffentliche Förderung. Ich bin gespannt, wie die dann auch hier in Thüringen geführt wird.

All diese Beispiele, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollten nur ein kleiner Ausschnitt dessen sein, was sich derzeit in den Kindergärten in den Städten und Gemeinden ganz Thüringens abspielt. Die Landesregierung weiß genau, dass Elternbeiträge auch künftig landesweit bei vielen Trägern steigen werden; sie weiß genau, dass die Kommunen erheblich mehr belastet werden. Wir stehen erst am Beginn dieser Entwicklung und wir werden schnell den Abbau von Personal, Kürzung von Betreuungszeiten, schlechtere Entlohnung der Erzieherinnen und die Vergrößerung von Gruppen erleben. Mittlerweile werden die Einrichtungen nämlich nicht nur gefüllt, sondern sie werden überfüllt.

Vielleicht noch einmal kurz zwei Sätze zum Beispiel Erfurt. Der Kollege Panse behauptet ja nach wie vor, Erfurt hätte immer gut geplant und sei deshalb kaum von Auswirkungen der Familienoffensive betroffen. Im Übrigen wissen wir natürlich auch, dass es in den Regionen unterschiedlich ist. Aber Erfurt hat immer knapp an der Grenze des gerade noch Möglichen kalkuliert, deshalb hat Erfurt auch keinen Platz für Zugezogene oder andere unvorhergesehene Fälle. Aber was passiert mit diesen Kindern? Die Lösung ist einfach: Zwei bis drei Kinder in jede der rund 90 Einrichtungen mehr, natürlich ohne Bezahlung; aber wenn man es mal durchrechnet, bei nur zwei Kindern mal 90 Einrichtungen sind das 180 Kinder, also rund 10 Gruppen. So kann man natürlich dann auch dieses Gesetz umsetzen und genau das zeichnet sich in Erfurt ab. Kindergärten werden nicht nur bis auf den letzten Platz gefüllt, sondern über den letzten Platz hinaus gefüllt. Das wird natürlich Herr Panse auch nicht zugeben, aber Ihr heimlicher Lehrplan funktioniert schon noch eine Weile und wird

noch nicht ganz so offenkundig. Schließlich wird damit auch die Konkurrenz der Träger geschürt, und zwar nicht die pädagogische Konkurrenz, sondern die betriebswirtschaftliche. So etwas, liebe Kolleginnen und Kollegen, führt in Sozial- und Bildungseinrichtungen immer zum schleichenden Qualitätsverlust, aber es dauert natürlich noch ein wenig, bis dieses alles offensichtlich wird.

Meine Damen und Herren, das Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetz war vom ersten Tag an ein Versuch, über die wahren Absichten hinwegzutäuschen. Die wahren Absichten - und man kann es gar nicht oft genug sagen - bestanden immer darin, auf dem Rücken der Familien Millionenbeträge einzusparen. Während die Bundesfamilienministerin - ein großes Lob mal an dieser Stelle, dass sie sich da auch entsprechend durchgesetzt hat in der großen Koalition und mit dem Rückenwind der SPD und Teilen der CDU - Abschied nimmt von einem nicht mehr realistischen Familienbild, versuchen hier in Thüringen die Kolleginnen und Kollegen der CDU die Zeit zurückzudrehen. Heute hätten Sie, sehr geehrter Herr Minister, meine Damen und Herren von der CDU, erneut Gelegenheit gehabt, für Ihre eigenen Versprechungen einzutreten und für mehr Klarheit zu sorgen. Dass Sie es nicht getan haben, ist letztendlich der Beweis dafür, dass es schon immer Versprechen waren, die von der tatsächlichen Politik des Sozialabbaus ablenken sollten.

Mit Blick auf Ihren Antrag, auf Ihren Bericht lassen Sie mich nur noch eines feststellen: Das Familienfördergesetz und auch insbesondere das Kindertageseinrichtungsgesetz war und ist - das sage ich für meine Fraktion noch mal ganz deutlich - ein familienfeindliches Unternehmen.

(Beifall bei der SPD)

Genau das werden wir in den nächsten Monaten den Bürgerinnen und Bürgern immer wieder deutlich sagen. Das hat nichts mit Wahlkampf zu tun, das hat was mit Ehrlichkeit zu tun und das hat was damit zu tun, dass wir eintreten für Familien. Deswegen werden wir im Rahmen des Volksbegehrens für eine bessere Familienpolitik unser Anliegen nach wie vor verdeutlichen, begründen und die Unterschriften einsammeln. Sie werden dann irgendwo sehen, wo Sie mit Ihrer Einsparpolitik an der falschen Stelle hinkommen. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Der Herr Abgeordnete Panse, CDU-Fraktion. Bitte schön.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich bedauere es ja, dass ich Sie überrasche, dass ich zu diesem Tagesordnungspunkt offensichtlich etwas sagen möchte. Frau Pelke, Sie haben den Tagesordnungspunkt beantragt, ich hatte nicht den Eindruck, Sie waren darauf vorbereitet, dass es tatsächlich einen Bericht geben könnte.

(Zwischenruf Abg. Pelke, SPD: Ich habe Sie doch schon angekündigt.)

Denn das, was Sie hier aneinandergereiht haben an Einzelbeispielen, trägt Ihrem Antrag überhaupt gar keine Rechnung. Gleichwohl werde ich aber auf einige von Ihren Beispielen eingehen und - da Sie es so wünschen - auch gern noch ein paar grundsätzliche Anmerkungen zum Familienfördergesetz an dieser Stelle machen.

Frau Jung hat Sie an dieser Stelle schon mit ihrem Antrag ein Stückchen entlarvt, das finde ich ja bemerkenswert. Insofern setzt sich ja das eine oder andere an Einsichten bei der Linksfraktion an dieser Stelle durch. Das, was Sie hier getan haben, ist nichts anderes als Wahlkampf. Insofern ist es schon bedauerlich, dass sich die übergroße Mehrzahl der Mitglieder Ihrer Fraktion offensichtlich mehr dort befindet, wo tatsächlich Wahlkampf stattfindet, als hier im Thüringer Landtag. Schade drum, aber Sie haben sich das so ein Stückchen auch mit der Antragstellung zu diesem Tagesordnungspunkt zuzuschreiben. Ich habe heute den ganzen Tag die Kolleginnen und Kollegen Ihrer Fraktion, die das vielleicht auf kommunaler Ebene dann umsetzen müssten, ausgesprochen selten gesehen. Insofern kann man ja vielleicht auch nur hoffen, dass die Wahlentscheidung am Wochenende so getroffen wird, dass sie gar nicht in die Verlegenheit kommen.

Sie haben gesagt, wir sind mit dem neuen Gesetz an einem Punkt angelangt, wo gespart würde, gespart werden müsste. Sie haben auch gesagt, Sie haben das erläutert, dass Elterngebühren an dieser Stelle steigen. Ich sage ganz deutlich das, was wir in den vergangenen Debatten auch schon gesagt haben: Es ist ein Fehler, wenn Kommunen der Auffassung sind, sie müssten an dieser Stelle an der Elterngebührenschraube drehen, um Strukturdefizite, die teilweise schon seit längerer Zeit bestehen, ausgleichen zu wollen. Das ist falsch, denn es wird sich spätestens dann rächen, wenn die Wahlfreiheit tatsächlich den Eltern diese Wahlmöglichkeit gibt zu vergleichen: Warum ist es im Kindergarten der Nachbargemeinde ein Stückchen anders, warum ist der Kindergarten kostengünstiger und warum müssen wir als Eltern eigentlich in unserem Ort mehr bezahlen? Insofern sind auch diese Gemeinden gut beraten,

sehr genau mal hinzuschauen, wie es mit den Strukturen vor Ort aussieht.

Frau Pelke, Sie haben zu vielem gesprochen, aber nicht zu dem Antrag. Sie haben ein paar Beispiele aneinandergereiht, zu denen ich Ihnen schon sagen muss, da müssen Sie auch genauer recherchieren. Sie haben das Beispiel Nordhausen angebracht, die Kindertagesstätte Nordhausen „Zauberland“, da heißt der Träger Jugendsozialwerk. Ich glaube, der Chef ist Herr Weigel, er ist, glaube ich, zufällig nicht ganz unnah der SPD stehend. Da gab es eine Diskussion darum, ob die Kindertagesstätte geschlossen wird und warum sie geschlossen wird. Da muss man genauer mal hingehen und auch mal fragen, warum sie geschlossen wird. Die Leiterin dort sagt, das hat mitnichten etwas mit der Familienoffensive zu tun. Das hat etwas damit zu tun, dass keine Kinder mehr da sind, dass keine Kinder dort mehr angemeldet werden. Das hatten wir in den vergangenen Jahren immer wieder, dass dann auch Einrichtungen geschlossen wurden, dass kommunale Träger sich darum Gedanken gemacht haben, ob sie die Betreuung nicht vielleicht mit der Nachbargemeinde besser gemeinsam organisieren können. Das ist etwas, das wird wieder passieren, auch in Zukunft. Das hat aber nichts originär mit der Familienoffensive zu tun an dieser Stelle.

Frau Pelke, als Erfurter Stadträtin, da Sie mich angesprochen haben: Gerade Sie müssten es besser wissen, warum in der Stadt Erfurt die Situation anders ist. Wenn Sie mir das nicht glauben, wäre es vielleicht ganz gut, wenn Sie das Ihrem Parteifreund, dem örtlichen Jugendamtsleiter Herrn Winklmann glauben, der nämlich ganz klar und deutlich macht, warum an dieser Stelle in der Stadt Erfurt diese Auswirkungen marginal sind.

(Zwischenruf Abg. Pelke, SPD: Er teilt die Welt in Parteizugehörigkeit auf. Was soll denn das nur?)

Weil es in Erfurt auch funktioniert hat, deswegen kommen Sie doch hier nicht mit diesem Beispiel und versuchen, auch in der Stadt Erfurt Verunsicherung herbeizuführen, die Eltern unsicher zu machen, hier etwas an die Wand zu malen, was mitnichten so ist.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte schon etwas auch zur Reihenfolge des Antrags dann sagen, aber vorab vielleicht auch noch ein paar Bemerkungen zu dem, was Frau Jung gesagt hat. Mit den Bedarfsplänen, ja klar, das ist so eine Sache. Ich weiß, dass auf kommunaler Ebene darüber nachgedacht wird, künftig Bedarfspläne anders aufzustellen. Das ist aber etwas, was in kommunaler Verantwortung zu regeln ist. Wir schreiben nämlich ins Gesetz nicht hinein, von wann bis wann Bedarfs

pläne gehen müssen, sondern wir sagen den Kommunen nur, sie möchten Bedarfspläne aufstellen, um auch praktikabel dieses Gesetz umsetzen zu können. Natürlich korrespondiert das damit, dass man danach fragt: Wie viele Kinder werden zwischen zwei und drei Jahren in eine Einrichtung gehen? Wie wird das mit der Inanspruchnahme des Elterngeldes gehen? Aber auch das ist nicht neu, auch das ist etwas, was wir in den vergangenen Jahren nicht wussten. Wir wussten in den vergangenen Jahren nie, wie viele Kinder zwischen null und zwei Jahren oder zweieinhalb Jahren Krippenplätze einfordern. Wir haben das immer nur prognostiziert und geschätzt. Ich sage Ihnen, da wird sich im Wesentlichen auch nicht so viel ändern, weil nämlich in dieser frühkindlichen Phase in der Regel dann die Eltern einen Betreuungsplatz haben wollen, wenn Erwerbstätigkeit eine Rolle spielt, wenn Ausbildung, wenn Studium eine Rolle spielen oder wenn es allein Erziehende sind. Für die hat sich nichts geändert, die werden auch weiter ihre Betreuungsplätze nachfragen und die Betreuungsplätze haben. Diejenigen, die zu diesem Zeitpunkt zu Hause sind, werden sehr wohl auch die Gelegenheit nutzen, mit ihren Kindern viel Zeit zu Hause zu verbringen. Das haben wir in den letzten Beratungen immer wieder auch hier angeführt, daran hat sich nichts geändert. Aber es bleibt ein Restunsicherheitsfaktor, auch das haben wir bei der Gesetzesdiskussion und bei der Einbringung ja durchaus angesprochen.

Frau Jung, Sie haben die SPD-Bürgermeister angesprochen, die ja durchaus da genauso in der kommunalen Verantwortung sind wie CDU-Bürgermeister. Ich gehe da noch ein Stück weiter; das sind genauso auch die Dezernenten der Linkspartei oder PDS-Fraktion, da, wo sie als Sozialdezernenten Verantwortung tragen. Sie wissen am besten, wo das so ist. Ich spreche es auch gern an, in der Stadt Gera gibt es erhebliche Probleme, die aber ein Stückchen auch hausgemacht sind, nicht im Wesentlichen durch Überbelegung. Das hängt damit zusammen, dass die Stadt Gera - und das habe ich hier auch schon mal erklärt - vor einigen Jahren für sich entschieden hat zu sagen, wir wollen den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab einem Jahr umsetzen. Die Kosten hat im Wesentlichen das Land mitgetragen und zu dem Zeitpunkt, als wir als Land gesagt haben, wir tragen diese Kosten in diesem Umfang nicht so mit, hat die Stadt Gera sofort zurückgerudert und hat gesagt, dann eben nicht mehr, dann kein Rechtsanspruch ab einem Jahr mehr und dann wird natürlich auch relativ schnell klar, warum dann einiges an Personal übrig ist, wenn quasi ein hoher Anteil dieses Altersjahrgangs fehlt.

Lassen Sie mich noch etwas sagen, weil Sie diese Fragen ansprechen, wie sich das in den einzelnen Kindertagesstätten auswirkt. Ich höre sehr wohl, dass

die Volkssolidarität in Gera in erheblichen Schwierigkeiten sich befindet, dass momentan die Gehaltszahlungen nicht mehr im laufenden Monat möglich sind, dass vielleicht die Volkssolidarität sich dort auf eine insolvente Situation zubewegt. Das ist etwas, was man nicht ursächlich der Familienoffensive der Landesregierung anlasten kann. Das ist ein Stückchen eine Frage, die vor Ort auch geklärt werden muss, was teilweise an Verwaltung bei Trägern, die mehrere Einrichtungen betreiben, sich in den letzten paar Jahren aufgebaut hat, und sehr wohl muss man dort auch Strukturveränderungen vornehmen und nicht immer nur den Ball weiterspielen und sagen, dann müssen wir eben die Last bei den Eltern abladen, indem wir Elterngebühren erhöhen oder die Schuld auf das Land schieben, weil das Land ja gesetzliche Veränderungen vorgenommen hat.

Lassen Sie mich noch einen Punkt zu Ihrem Argument sagen, dass wir mit 22 Prozent Krippenplätzen die niedrigste Quote in den neuen Bundesländern, in Ostdeutschland hätten. Das hat einen Grund. Das hat nicht den Grund, dass wir zu wenig anbieten würden; das hat einen Grund, dass wir die niedrigste rechtliche Quote haben, ab wann Sie einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz haben. In allen anderen Bundesländern zählt der Krippenplatz bis drei Jahre. Da ist alles, was unter drei Jahren ist, automatisch Krippenplatz bzw. Tagespflege - in Thüringen nicht, weil wir bis jetzt ab zweieinhalb Jahre den Rechtsanspruch hatten, zukünftig ab zwei Jahre einen Rechtsanspruch haben. Deswegen sind wir im bundesweiten Vergleich sicherlich vielleicht, was die Anzahl der Krippenplätze angeht, gegenüber anderen Ostbundesländern in einer anderen Situation, gleichwohl aber in dem, was die Betreuungssituation der Null- bis Dreijährigen angeht, weit vorn im Vergleich zu allen Bundesländern in der Bundesrepublik Deutschland.

Ich glaube, das gehört zur Ehrlichkeit dazu, da Sie dies eigentlich auch besser wissen müssten, das an dieser Stelle auch zu sagen.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie mich auch noch etwas sagen, weil ja die SPD-Fraktion - ich hatte gesagt, ich hangel mich auch gern mal durch den Antrag durch - nach der Bedarfsplanung für 2006/2007 fragt. Frau Pelke, Sie wissen das sehr genau; die Bedarfsplanung, die Diskussion dazu findet zurzeit statt. Das diskutieren wir in den Jugendhilfeausschüssen, das diskutieren wir in den Stadträten, in den Kreistagen. Dort gehört es hin und das ist auch richtig so. Insofern ist es doch jetzt hier ein Schattenboxen, wenn wir hier im Thüringer Landtag meinen, wir könnten jetzt zusammenfassende oder das Ministerium könnte jetzt zusammenfassende Erklärungen abgeben über Be

darfspläne, die auf kommunaler Ebene noch gar nicht aufgestellt sind. Das geht nicht. Ich bin enttäuscht, dass Sie als jemand, der gleichzeitig auch Stadtratsverantwortung trägt, das augenscheinlich in dieser Form nicht wissen.

Sie fragen nach den Elternbeiträgen - das hatte ich vorhin angesprochen. Da, wo es keine Strukturveränderungen gibt, gibt es in der Tat auch kommunale Verantwortungsträger, die ganz schnell sagen, na ja, dann lasst uns die Elternbeiträge anheben, ansonsten lassen wir alles so, wie es ist. Das halte ich für falsch. Ich habe es vorhin erläutert. Aber es ist nicht auszuschließen; das Gesetz konnte tatsächlich in der Tat Kommunen nicht davon abhalten. Sie wissen, dass das im Gesetz auch formuliert ist, dass der örtliche Jugendhilfeträger an dieser Stelle auch zustimmen kann, zustimmen muss. Aber auch das gehört zur Ehrlichkeit dazu, dass man das benennt.

Die Schließung von Einrichtungen, dazu hatte ich etwas gesagt, auch am Beispiel von Nordhausen, auch das wird es in einzelnen Fällen geben. Auch da muss man sehr genau nach den Ursachen fragen.

Sie fragen nach den behinderten Kindern in den Regeleinrichtungen; in der Tat, durch die Übergangslösung ändert sich gar nichts. In den integrativen Kindertagesstätten, das wissen auch Sie, laufen momentan Verhandlungen, Verhandlungen zwischen den Trägern, die letztendlich für die Leistungsvereinbarungen auch zuständig sind, aber auch eben vor allem über die Bemessungen und über die Höhe der Eingliederungsvereinbarungen, die Höhe der Eingliederungshilfe. Auch das ist etwas, wo in den letzten paar Jahren eine parallele und eine Doppelförderung entstanden ist. Auch das ist etwas, wo jetzt ein Stückchen korrigierend gehandelt wird. Aber auch das ist nicht etwas, was originär mit der Familienoffensive zusammenhängt, sondern damit, dass in den letzten paar Jahren da schleichend auch eine unterschiedliche Förderpraxis eingetreten ist.

Ein Letztes: Frau Pelke, Sie haben die Begründung selber geliefert in Ihrem Antrag. In Ihrer Antragsbegründung steht, nach einer viermonatigen Umsetzungspraxis wollten Sie jetzt einmal endlich wissen, was los ist. Vor wenigen Minuten haben Sie am Rednerpult gesagt, dass es Bürgermeister gibt, die erklären, das Ganze tritt ja erst zum 01.07.2006 in Kraft. Genauso ist es. Insofern, wenn Sie jetzt das so beziffern und sagen, wir könnten nach vier Monaten Ihnen komplett Erfahrungsberichte abliefern, dann täuschen Sie sich. Das wollten Sie wahrscheinlich auch nicht. Vor diesem Hintergrund wiederhole ich das, was ich vorhin gesagt habe: Ihnen ging es letztendlich heute hier um Wahlkampf. Es tut mir Leid für Sie, dass es vielleicht um diese Uhrzeit nicht in

diesem Maße möglich war, wie Sie es sich gewünscht hätten. Es tut mir nicht Leid für die Eltern im Freistaat Thüringen, weil Sie da vielleicht ein Stückchen auch nicht wieder die Chance bekommen haben, sie weiter in diesem Umfang zu verunsichern, wie Sie es in den vergangenen Monaten hier schon getan haben. Vielen Dank.