Monat für Monat, ein Jahr schon, bekommt die Familie nur eine Duldung. Das kostet Nerven, das macht psychisch krank. Unser Antrag ist darauf gerichtet, solchen Familien wie der Familie Ablay, die bereits integriert sind, hier brauchen wir uns keine Gedanken zu machen über Deutschlernen oder Einbürgerungsfragen, sie sind integriert, gebt dieser Familie eine Chance, ein normales Leben zu führen, eine normale Wohnung und Arbeit, für ein glückliches Leben in ihren Kollektiven, in der Schule, im Sportverband. 11 Jahre Duldung der Eltern und 11 Jahre Leben der Kinder in Deutschland sind doch humanitäre Gründe genug, ihnen einen legalen Aufenthalt zu gewähren.
Der Alternativantrag der Fraktion der SPD öffnet erneut die Türen, die bereits der Innenausschuss mit
seiner Empfehlung zugeschlagen hat. Dort steht, und auch aus diesem Antrag möchte ich zitieren: „Die Landesregierung wird aufgefordert, in der ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) eine großzügige und unbürokratische Bleiberechtsregelung für langjährig geduldete Flüchtlinge einzufordern.“ Die Zustimmung zu diesem Antrag wäre also ein weiteres hoffnungsvolles Signal aus Thüringen.
Liebe Abgeordnete der CDU-Fraktion, Sie haben es in der Hand, im wahrsten Sinne des Wortes haben Sie es in der Hand, ich bitte Sie, erheben Sie die Hand und stimmen Sie dem Antrag zu.
Verehrte Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, liebe Zuschauer, die CDU-Fraktion wird den PDS-Antrag in Drucksache 4/932 und den Alternativantrag der Fraktion der SPD in Drucksache 4/1930 ablehnen. Ich will es Ihnen auch begründen. Im Hinblick auf die Gleichheitsgrundsätze nach Artikel 3 des Grundgesetzes und bezüglich des Zuwanderungsgesetzes besteht alleinige Zuständigkeit des Bundes - Artikel 72 Abs. 2 des Grundgesetzes.
Der Bundestag macht Bundesgesetze. Das wissen Sie doch! Was fragen Sie hier überhaupt nach? Es wundert mich, dass Sie das nicht wissen. Sie müssten es doch wissen!
Die Aussagen des Landkreistags und des Gemeinde- und Städtebundes in unserer Anhörung im Ausschuss sagten uns eigentlich, dass es bei den Akteuren vor Ort im Hinblick auf die Anwendung der vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesinnenministeriums zum Aufenthaltsgesetz und des Freizügigkeitsgesetzes der EU kaum Probleme vor Ort
gibt. Es gibt natürlich Probleme, aber es ist nicht die Lösung von Thüringen. Wir haben in Thüringen keine 200.000 Flüchtlinge, wir haben 2.000 Flüchtlinge. Und 25 Prozent der Fälle wurden die letzten Jahre abgearbeitet. Einem Ausländer kann ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht - weil vorhin so der Appell an die Humanität kam - oder einem Flüchtling eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt werden, so lange dringende humanitäre oder persönliche Gründe bzw. erhebliches öffentliches Interesse bestehen. Das wissen Sie, dass das im Moment gemacht werden kann. Wenn Sie hier Fälle vortragen, kann ich Ihnen sagen, ich kann Ihnen auch genau solche Fälle vortragen, um die ich mich gekümmert habe. Aber hier wollen wir ja nicht in diese Kleinigkeiten gehen.
Nicht Kleinigkeiten. Natürlich sind es Menschen, aber wir sind doch in Deutschland und Thüringen ist nicht für die ganze Welt verantwortlich.
Hinsichtlich Ihres Antrags ist auch noch zu bemerken, dass Thüringen nach § 23 a Abs. 2 Aufenthaltsgesetz auch die Einrichtung der Härtefallkommission schon vorgenommen hat und dass dort viele Fälle bearbeitet werden. Wir haben den Bericht im Innenausschuss bekommen.
Ich muss zu der SPD sagen, Sie haben es uns in Ihrer Begründung eigentlich schon vorgegeben zu Ihrem Antrag. Die Innenministerkonferenz hat am 09.12.2005 eine landesoffene Arbeitsgruppe auf Ministerebene eingerichtet. Es gibt einen einstimmigen Beschluss der Innenministerkonferenz, dass im Herbst eine abschließende Regelung kommt. Es ist eine Verwaltungsvorschrift, ist eine Arbeit der Exekutive. Das wissen wir hier ganz genau als Gesetzgeber. Deshalb gehört auch diese Entscheidung genau dahin. Danke, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren, Frau Stauche, ich denke, wir in Thüringen hätten schon die Kraft, wenn wir gemeinsam Probleme angehen würden.
Wenn wir hier in diesem Haus über Flüchtlinge sprechen, dann oft in den leblosen Zahlen der Statistik oder den abstrakten Worten aus Gesetzen und Verordnungen. Nur wenige kennen die Schicksale, die hinter Zahlen und Texten stehen. Zu selten haben die Menschen, die zu uns flüchten müssen, die Möglichkeit, ihre Lebenssituation zu schildern. Mit unserem Antrag wollen wir langjährig in Thüringen lebenden Flüchtlingen eine Perspektive geben. Sie sollen frei sein von der täglichen Sorge, was das Morgen bringt, ob sie abgeschoben werden oder endlich das anerkannt wird, was unverkennbar ist: Diese Menschen sind Teil unserer Gesellschaft. Sie haben sich integriert. Ihre Zukunft sehen sie hier. Sie investieren in die Ausbildung ihrer Kinder, wollen für ihren Lebensunterhalt selbst sorgen, haben hier ihre Heimat gefunden. Dort, wo sie herkamen, herrschte Krieg und Not, so wie in Ex-Jugoslawien. Auch wenn der Krieg offiziell beendet ist, so sind die Folgen des Krieges noch spürbar.
Die Gesellschaft ist geprägt von Gewalt, Hass und Intoleranz. Viele Menschen leben unter existenzieller Not. Die Gesundheitsversorgung ist mangelhaft. Aus dieser Region kommt Familie Bicic. Sie lebt seit nunmehr 14 Jahren in Saalfeld. Auch für das Bleiberecht dieser Familie engagieren wir uns in unserem Antrag. Familie Bicic hat großes Unglück erfahren. Die Mutter leidet noch heute an den Kriegserlebnissen. Die Traumatisierung hat sie krank gemacht. Herz und Kreislauf haben die Schrecken nicht verkraftet. Der Vater ist in Deutschland gestorben. Auf den drei Kindern liegen nun die Hoffnungen der Mutter. Die Tochter pflegt die Mutter. Der jüngere Sohn absolviert gerade eine dreijährige Berufsausbildung zum Restaurantfachmann. Der Ältere musste schon drei Jobangebote ausschlagen, da er keine Arbeitserlaubnis hat. Die Firmen haben ihm schriftlich garantiert, ihn einzustellen, wenn er einen sicheren Aufenthalt mit einhergehenden Rechten zur Erwerbstätigkeit haben wird. Das muss man sich mal ganz deutlich machen. Da will ein junger Mensch arbeiten, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, und dann darf er nicht, weil er keine Arbeitserlaubnis hat. Was soll das? Was ist das?
Meine Damen und Herren, in unserem Antrag fordern wir ein Bleiberecht für Familien, deren Kinder bei der Einreise minderjährig waren oder im Gebiet der Bundesrepublik geboren wurden sowie älteren und schwer erkrankten oder behinderten Menschen. Dies ist die Lebenssituation der Familie Bicic. Seit Jahren lebt die Familie unter ständiger Verlängerung der Duldung ewig im Ungewissen. Ein Argument, was auch im Innenausschuss gegen unseren Vorschlag zur Bleiberechtsregelung vorgebracht wurde, ist der Verweis auf die Zuständigkeit der Härtefallkommission. Doch kann die Härtefallkommission wirklich in derartigen Fällen helfen?
Familie Bicic wandte sich an diese Kommission. Ihr Antrag wurde behandelt und positiv entschieden. Doch das Thüringer Innenministerium hat sich nicht an die Empfehlung gehalten. Ein Wiederbefassungsantrag an die Härtefallkommission wurde vom Innenministerium im April 2006 erneut abgelehnt. Ich weiß gar nicht, wo ist denn der Herr Innenminister?
Eine Abschiebeandrohung wurde schon ausgesprochen. Der Amtsarzt prüft die Reisefähigkeit der kranken Mutter. Auch wenn es in diesem Einzelfall noch eine glückliche Wendung geben sollte und die Familie aus Krankheitsgründen nicht abgeschoben wird, so bleiben doch all die anderen, oftmals gleich oder ähnlich gelagerten Fälle offen. Für die Betroffenen ist das eine schreckliche Lebenssituation. Das Land Thüringen klagt häufig über Abwanderung und Überalterung. Ich erinnere da nur an unseren Antrag, den wir hier besprochen haben: „Demografischer Wandel in Thüringen“. Warum, frage ich Sie, schicken wir drei junge Menschen, schicken wir viele junge Menschen, die hier leben und arbeiten wollen, die hier Freunde haben und Zukunft haben wollen, weg?
Warum müssen sich über Jahre Behörden mit der Familie als Verwaltungsakt befassen? Warum entscheiden wir uns nicht für ein humanitäres Zeichen? Es gab schon viele Anläufe, das Aufenthaltsrecht zu ändern - das wurde hier auch gesagt -, ob im Bundestag oder bei der Innenministerkonferenz. Die Hardliner saßen mal hier und mal dort und unter anderem merkwürdigerweise gerade in den Fraktionen, die das „Christliche“ in ihrem Namen führen.
Wenn aber das eine oder andere Bundesland seine Haltung ändern würde, dann bekommt die Forderung von Kirchen, Wohlfahrtsorganisationen, Anwälten und Flüchtlingsorganisationen, das Aufenthaltsrecht endlich menschlich zu gestalten, das notwendige Gewicht. Ich appelliere an Sie: Warum kann dieses Land nicht Thüringen sein? Vielen Dank.
Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen von Abgeordneten vor - doch. Bitte, Frau Abgeordnete Berninger.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, „Deutsche wollen auch arbeiten.“, diesen Satz haben wir jetzt gerade als Zwischenruf von Ihnen gehört. Das stimmt, Deutsche wollen auch arbeiten. Wir haben in Thüringen einen Anteil an ausländischen Mitbürgern in der Bevölkerung, der unter 2 Prozent liegt, und wir haben in Thüringen - ich kann jetzt nicht die korrekte Zahl sagen - ungefähr 200.000 Arbeitslose. Was hat jetzt dieser eine junge Mann, der arbeiten möchte, aber nicht darf, mit den 200.000 Arbeitslosen zu tun? Solche plumpen Aussagen sind es, die Einstellungen in der Thüringer Bevölkerung befördern, die wir eigentlich abbauen wollen, meine Damen und Herren.
Meine Vorrednerinnen, Frau Scheringer-Wright und Frau Sedlacik, haben versucht Ihnen an Beispielen deutlich zu machen, was wir mit unserem Antrag erreichen wollen. Wir wollten Ihnen nicht anonyme Zahlen, sondern ganz konkrete Menschen zeigen, ganz konkret von der restriktiven Auslegung des Zuwanderungsgesetzes betroffene Menschen und Familien. Es geht eben, Frau Stauche, nicht um „Kleinigkeiten“, es geht um Menschen, Frau Stauche.