Protokoll der Sitzung vom 20.10.2006

Herr Minister, gestatten Sie eine Anfrage durch den Abgeordneten Dr. Schubert?

Am Ende gern, Herr Doktor.

Am Ende, bitte.

Dann würde ich ganz gern noch auf einen Punkt eingehen, Frau Leukefeld: Abdrängen in ungewollte Teilzeitbeschäftigung. Das stellen Sie so dar, als wenn die große Masse aller teilzeitbeschäftigten Frauen abgedrängt worden ist, dort aber überhaupt nicht hin wollte.

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS)

(Zwischenruf Abg. Thierbach, Die Links- partei.PDS: In Massen.)

Frau Leukefeld, das Gegenteil ist oftmals der Fall, sogar in meinem eigenen Ministerium, dass Frauen Teilzeitbeschäftigung beantragen, weil sie nämlich neben ihrer beruflichen Tätigkeit sich auch noch um ihre Familie oder um kranke Angehörige oder andere Dinge kümmern müssen. Also, die Reduzierung auf Abdrängen in Teilzeitbeschäftigung und das hier so im großen Stil darzustellen, als wenn alle Frauen, die in Teilzeitbeschäftigung tätig sind, dort ungewollt tätig sind, das halte ich doch für sehr weit hergeholt.

(Zwischenruf Abg. Leukefeld, Die Links- partei.PDS: Es gibt beides!)

Herr Minister, gestatten Sie eine Anfrage durch Frau Abgeordnete Wolf?

Das machen wir auch zum Schluss.

Wieder zum Schluss.

Ich würde gern noch zwei Worte zu Herrn Pilger sagen, wo Sie mir noch einmal einen Nachweis erbringen müssten: Ihre Aussage, dass vorrangig oder hauptsächlich arbeitende Frauen einen Kinderwunsch haben, wenn Sie mir das irgendwie belegen könnten, wäre ich Ihnen sehr, sehr dankbar.

(Zwischenruf Abg. Pilger, SPD: Das habe ich nicht gesagt.)

Zum Thema Herdprämie, das müssen Sie einfach einmal mit den Frauen ausdiskutieren, die tatsächlich freiwillig zu Hause sind und das Erziehungsgeld in Anspruch nehmen. Das müssen Sie einfach mit den Frauen diskutieren, ansonsten schließe ich mich an der Stelle nur den Ausführungen von Frau Tasch an. So viel von mir.

Jetzt kann erst einmal der Abgeordnete Dr. Schubert die Frage stellen und dann Frau Abgeordnete Wolf.

Ja, Herr Minister Reinholz, Sie sprachen im Zusammenhang mit dem Mindestlohn von betriebswirtschaftlich nicht durchrechenbaren Dingen. Da frage ich Sie, Ihr Kollege Günther hat ja sogar von sozialistischer Planwirtschaft gesprochen, wie denn dann in Großbritannien ein Mindestlohn von 7,50 € etwa, wenn man es auf Pfund umrechnet, er ist sogar noch höher gestiegen mittlerweile, oder in den USA, wie das denn in diesen Ländern und in ganz vielen Ländern in Europa funktionieren kann, ist dort sozialistische Planwirtschaft oder was haben wir da für ein System?

Sie dürfen zwei Dinge nicht durcheinander bringen. In großen Unternehmen, in denen sie eine hohe Produktivität haben, können sie sich durchaus auch niedrig bezahlte Jobs mit Mindestlohn erlauben. Wir werden in Thüringen nie die Produktivität allein von den alten Bundesländern erreichen, wir werden die nie erreichen, wir können sie gar nicht erreichen, weil wir die großen Unternehmen in den neuen Bundesländern nicht haben. Wenn wir auf eine Produktivität von 90 Prozent bezogen auf die alten Bundesländer kommen, werden wir sehr stolz sein,

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS)

weil einfach die großen Unternehmen wie Daimler/Chrysler, wie BASF etc. nicht in Thüringen sitzen. Sie wissen doch als Betriebswirtschaftler sehr gut und sehr genau, dass ich die Overheadkosten auf die Masse verteilen muss. Hier haben Sie nun einmal eine Betriebsgröße von 44, das ist die durchschnittliche Betriebsgröße in Thüringen. Das hat auch gewisse Vorteile, das will ich gar nicht von der Hand weisen, was die Flexibilität betrifft, aber damit haben Sie auf eine wesentlich kleinere Zahl von Angestellten die Verteilung des notwendigerweise vorhandenen Overheads verteilt, und das begrenzt die Produktivität. Das ist einfach so.

Frau Abgeordnete Wolf, bitte.

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS)

Doch, ich habe doch gesagt, sie können sich das in Unternehmen, die relativ groß sind, relativ einfach erlauben.

Ich habe jetzt Frau Abgeordnete Wolf gebeten, ihre Frage zu stellen. Falls es noch andere Fragesteller gibt, könnten die sich ja inzwischen anstellen.

Ich gebe zu, ich habe zwei Fragen, Herr Minister. Meine erste Frage: Gehe ich recht in der Annahme aus Ihren Äußerungen, dass Ihnen die statistischen Erhebungen u.a. auch des Landesamts für Statistik nicht bekannt sind, die ja beim besten Willen nicht als PDS-nah bezeichnet werden können, dass mehr als 50 Prozent der Frauen, die sich in Teilzeitarbeit

befinden, dies nicht freiwillig tun?

Mir sind die Daten des Statistischen Landesamts schon bekannt, Frau Wolf. Ich habe nur darauf hingewiesen, dass Frau Leukefeld es hier so dargestellt hat, als wenn alle Frauen, die in Teilzeitarbeit sind, dorthin abgedrängt worden sind, das Wort ist ja hier eindeutig gefallen.

Dann haben wir da unterschiedliche Wahrnehmungen, weil ich glaube, dass Frau Leukefeld sehr ausdrücklich drauf hingewiesen hat, dass es einen großen Bereich gibt.

Aber meine zweite Frage: Sie sprachen davon, dass es aus Ihrer Sicht keinen Zusammenhang gibt zwischen „der Gebärfreudigkeit“ von Frauen und der Erwerbstätigkeit von Frauen. Sind Ihnen in der Weise nicht auch die Erhebungen bekannt, die genau diesen Zusammenhang ganz klar und deutlich machen? Um da nur als Beispiel anzubringen, das sieht man explizit natürlich ganz klar auch an den nordischen Ländern, wo eine sehr hohe Frauenerwerbstätigkeit auch zu einer deutlich höheren Quotenrate führt.

Frau Wolf, genau die Frage habe ich ja an Herrn Pilger gestellt und ihn gebeten, mir einfach mal den Nachweis aus irgendeiner Statistik zu bringen, dass vorrangig berufstätige Frauen einen Kinderwunsch haben.

(Zwischenruf aus dem Hause)

Gerne, danke.

Gut, das betrachten wir jetzt als Auftrag der Landesregierung an das Parlament.

(Beifall bei der CDU)

Gibt es weitere Wortmeldungen? Herr Abgeordneter Schubert für die SPD-Fraktion.

Ja, Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, da der Herr Reinholz ja meine Fragen nicht beantwortet hat, er ist ja gar nicht auf das Thema eingegangen, will ich das dann noch mal hier richtig darstellen. Der

gesetzliche Mindestlohn gilt für alle Betriebe in diesen Ländern, die ich genannt habe, und nicht nur für Großbetriebe, also ich kann den Zusammenhang mit der Betriebsgröße überhaupt nicht erkennen. In dem Zusammenhang von sozialistischer Planwirtschaft zu sprechen ist einfach schlicht falsch, nehmen Sie das bitte mal zur Kenntnis, danke.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion der Linkspartei.PDS hat sich der Abgeordnete Gerstenberger zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Minister, Ihre Aussagen zum Mindestlohn kann man so nicht stehen lassen. Wir reden über eine Entlohnung von ausgebildeten Fachkräften, von Facharbeitern, die in unterschiedlichen gesellschaftlichen Tätigkeitsfeldern aktiv sind. Wenn Sie diesen Mindestlohn aberkennen, nehmen Sie zur Kenntnis und billigend in Kauf, dass diese Leute in ausgebildeter qualifizierter Tätigkeit unterhalb des Existenzminimums und unterhalb der Armutsgrenze Arbeitsleistungen in diesem Land erbringen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das halten wir in einer Marktwirtschaft, die sich soziale Marktwirtschaft nennt, für nicht hinnehmbar.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Es kann nicht sein, dass die Gesellschaft anerkennt, dass es Arbeitsleistungen gibt wie die Friseuse, den Wachmann, den Dienstleister im Krankenbereich, Pflegebereich, die Verkäuferin, die als notwendige Leistungen anerkannt werden, und gleichzeitig billigend in Kauf nimmt, dass diese Leute unterhalb der gesetzlich festgelegten Armutsgrenze existieren müssen - das ist der Hintergrund des Mindestlohns.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Uns geht es nicht darum, dass ein Unternehmen, und sei es ein Großunternehmen, den ausgebildeten Schweißer oder Fräser für 4,50 €, was eine Riesensauerei ist, in seinem Unternehmen beschäftigt,

(Beifall bei der SPD)

sondern es geht darum, dass alle mit ihrer Hände Arbeit auskömmlich, auskömmlich ihren Lebensunterhalt bestreiten müssen und können.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gewährleistet. Wir haben über 360.000 Menschen in Thüringen, die zusätzlich zu ihrem Arbeitslohn Leistungen in Empfang nehmen, weil dieser Lohn zum Lebensunterhalt nicht ausreicht. Das festzuschreiben und sich diesem Problem nicht zuzuwenden mit den Gehältern, die Sie haben, meine Damen und Herren, die wir haben, halte ich für eine Zumutung und gesellschaftlich nicht verantwortbar. Danke schön.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Mir liegen jetzt keine weiteren Redemeldungen mehr vor. Ich schließe die Aussprache zum Sofortbericht zu Nummer 1 des Antrags der Fraktion der Linkspartei.PDS. Kann ich davon ausgehen, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist? Es erhebt sich dagegen kein Widerspruch.