Protokoll der Sitzung vom 08.10.2004

Sowohl die Wirtschaftsforschungsinstitute als auch der internationale Währungsfonds bestätigen doch, dass die wirtschaftliche Zukunft in Deutschland wieder optimistischer zu sehen ist. Nehmen Sie es doch zur Kenntnis.

(Unruhe bei der CDU)

(Beifall bei der SPD)

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Höchste Arbeitslosigkeit, höchste Nettoverschuldung.)

Unstrittig ist, dass die Reformen weitergehen müssen. Wenn sich aber der Ministerpräsident nun hinstellt und die Bundesregierung zu weiteren Reformen aufruft, dann ruft ausgerechnet der, der im eigenen Land in Sachen Reformen bisher versagt hat,

(Unruhe bei der CDU)

und dann ruft einer, der im Bremserhäuschen des CDU-dominierten Bundesrats in den letzten Jahren einen Stammplatz hatte. Wenn dann doch einmal eine Reform den Bundesrat passierte, dann schlagen sich die CDU-Barden auch noch heimlich in die Büsche und wollen nichts mit dem Verhandlungsergebnis des Vermittlungsausschusses zu tun haben, wie im Falle der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, es sind in den letzten Monaten im Reformeifer auf Bundesebene sicherlich auch Fehler begangen worden, manchmal sogar von beiden großen Parteien wie bei der Zahnersatzregelung.

(Unruhe bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Köckert, CDU: Wie können Sie so etwas behaupten?)

Wissen Sie, wenn Sie mit Ihren unqualifizierten Zwischenrufen ständig stören, zeigt das doch, dass Sie die Worte sehr treffen müssen, die ich hier äußere.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage nur: Wahrheit ist ein schneidendes Messer und es tut weh, wenn hier Fakten auf den Tisch gelegt werden.

(Beifall bei der SPD)

Trotz der Fehler muss man doch der Bundesregierung bescheinigen, viele mutige Reformen auf den Weg gebracht zu haben. Deutschland bewegt sich und das ist nicht die Folge der CDU, die 16 Jahre lang Reformen verschlafen hat,

(Unruhe bei der CDU)

sondern das ist der rotgrünen Bundesregierung anzurechnen.

(Beifall bei der SPD)

Die Unionsparteien sollten sich doch erst einmal selber in bestimmten Bereichen auf eine gemeinsame Position, z.B. bei Steuern oder bei der Gesundheitspolitik, einigen, damit man überhaupt mal sieht, in welche Richtung sie gehen wollen.

(Beifall bei der SPD)

(Zwischenruf Abg. Seela, CDU: Das sind Schnellschüsse.)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun zum Antrag "Kassensturz in Thüringen" kommen. Den Antrag der PDS und das dahinter stehende Misstrauen gegenüber den Angaben der Landesregierung zur Verschuldung, zu den Investitionsausgaben und zum Anteil Thüringens am gesamtgesellschaftlichen Defizit halte ich für gerechtfertigt

(Beifall bei der PDS)

und signalisiere hiermit die Unterstützung der SPDFraktion dafür, den Rechnungshof zu bitten, seine Sicht der Dinge hierzu darzulegen. Ich habe gerade zum Zweiten Nachtragshaushalt ausgiebig über die kreative Buchführung berichtet, welche die Landesregierung auf höchstem Niveau praktiziert.

Meine Damen und Herren, ich kann mich jedoch des Eindrucks nicht erwehren, dass der Antrag der PDS mehr auf Effekthascherei denn auf tatsächliche Ergebnisse ausgerichtet ist.

(Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Jetzt ist es aber gut.)

(Unruhe bei der CDU)

Hier versucht sich der Bock zum Gärtner zu machen, ist es doch vor allem die PDS, die draußen übers Land fährt und allen alles verspricht.

(Beifall bei der SPD)

Ich erinnere an die Haushaltsberatungen vergangener Jahre,

(Unruhe im Hause)

als die PDS nicht zimperlich war mit Vorschlägen, die eine noch höhere Verschuldung bedeutet hätten als ohnehin. Noch bei der Beratung des Haushalts 2003 forderte die PDS z.B. eine Erhöhung der Neuverschuldung um 100 Mio.  4   gitim, die PDS-Fraktion als Antragstellerin jedoch nicht glaubwürdig.

(Zwischenruf Abg. Dr. Klaubert, PDS: Da hätten Sie den aufschreiben müssen.)

Ich glaube auch, dass Sie, meine Damen und Herren von der PDS, da nehme ich mal Ihre alt gedienten Finanzer aus, die zu erwartende gutachterliche Stellungnahme des Rechnungshofs letztlich gar nicht so sehr interessiert, denn diese Stellungnahme wird und kann nur zu einem Schluss kommen: Thüringen ist zu hoch verschuldet, wir haben in den letzten Jahren über unsere Verhältnisse gelebt und es droht akuter Haushaltsnotstand. Will ausgerechnet die PDS mit dieser Erkenntnis ein eigenes Sparprogramm entwickeln? Darauf wäre ich ja mal gespannt.

(Zwischenruf Abg. Dr. Kaschuba, PDS: Entwickeln Sie eins.)

Meine Damen und Herren, nichtsdestotrotz unterstützt die SPD den vorliegenden Antrag, weil der den Blick der Öffentlichkeit nicht nur auf die Höhe der Verschuldung, sondern auch auf die Art der Schulden lenken wird. Leider ist es so, dass der Freistaat Thüringen die Schulden nicht so ausweist, wie vom Rechnungshof und der Opposition gefordert. Ich rede von den Leasingschulden, die nach wie vor eingegangen werden und die nach wie vor in der offiziellen Schuldenstatistik nicht auftauchen. Es handelt sich dabei bei weitem nicht nur um Altlasten aus vergangenen Jahren. Erst in der vergangenen Woche hat der Haushalts- und Finanzausschuss mit den Stimmen der CDU eine weitere alternative Finanzierung freigegeben. Nicht dass ich falsch verstanden werde, ich bin sehr für den Ausbau der Justizvollzugsanstalt in Tonna, ich bin auch sehr für alternative Finanzierungsverfahren, wenn diese wirtschaftlich vorteilhaft sind; ich bin jedoch dagegen, wenn ein wirtschaftlicher Vorteil konstruiert und nicht dargelegt wird, wie das bei Tonna nach meiner Überzeugung der Fall gewesen ist. In der Vergangenheit verglich

man wenigstens noch das Ergebnis einer normalen Bauausschreibung mit dem Ergebnis einer Ausschreibung von Bau und Finanzierung. Nun wurde von der Landesregierung das Verfahren geändert. Neu ist, dass man nur noch das Ergebnis der Haushaltsunterlage Bau mit dem Ausschreibungsergebnis für Bau und Finanzierung vergleicht. Dabei weiß jeder, der in den letzten Jahren mit öffentlichem Bau zu tun hatte, dass die im Planverfahren ermittelten Kosten in den meisten Fällen über den derzeit am Markt aktuellen Baukosten liegen. Die Preisunterschiede sind zum Teil drastisch und gehen bei großen Bauprojekten, wie bei dem Erweiterungsbau in Tonna, in die Millionen. Man kann also bei den Wirtschaftlichkeitsberechnungen nicht guten Gewissens die Ergebnisse der Haushaltsunterlage Bau mit den Submissionsergebnissen vergleichen. Das ist Augenwischerei und wird von der SPD-Fraktion abgelehnt. Allein dieses Beispiel zeigt, dass die Landesregierung keine Skrupel hat, die Verschuldung zu verschleiern, wo es nur geht. Nicht einmal wirtschaftliche Nachteile verhindern unsinnige Finanzierungsexperimente.

Meine Damen und Herren, aus den genannten Gründen wird die SPD-Fraktion dem PDS-Antrag zustimmen. Bei meinen Ausführungen zum Zweiten Nachtragshaushalt habe ich die Probleme des Regierungsentwurfs sehr global umrissen, einfach sehr global umreißen müssen, weil der vorgelegte Entwurf mangels Substanz nichts hergibt. Die eigentlichen Probleme liegen in den Details, welche hinter den Globalen Minderausgaben gut getarnt sind. Die Frage, ob der Haushalt verfassungskonform ist, wie hoch die Investitionsausgaben tatsächlich sind, wie viele durch Globale Minderausgaben noch gekürzt werden, alles ist gut verschleiert und unzugänglich wie Pharaonengräber. Die SPD-Fraktion wird, so sie überhaupt die notwendigen Informationen von der Landesregierung erhält,

(Unruhe bei der CDU)

diese Details im Rahmen der zur Verfügung stehenden Beratungszeit im Haushalts- und Finanzausschuss sehr genau hinterfragen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Kuschel.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bedaure es, dass wir die Debatte nicht am gestrigen Tag durchgeführt haben. Sie werden sich jetzt fragen, weshalb. In der Zeit, als ich noch

Gruppenratsvorsitzender bei den Jungen Pionieren war,

(Unruhe bei der CDU)

musste ich auch konkrete Sachverhalte in globalen Zusammenhängen darstellen. Frau Ministerin, Ihre Rede hat mich an diese Zeit aber ganz genau erinnert; vielleicht können Sie mir mal erklären, weshalb. Ich war nie Delegierter eines SED-Parteitags, aber ich musste im Nachhinein immer die Reden lesen. Auch in Kenntnis dieser Dokumente habe ich festgestellt, dass sich Ihre Rede von diesen nicht wesentlich unterschieden hat.

(Beifall bei der PDS)

Aber einen Unterschied gab es, in den Protokollen der Parteitage stand öfters mal "Beifall". Bei Ihrem Vortrag habe ich in Ihrer Fraktion Unruhe und Unaufmerksamkeit festgestellt und, ich glaube, am Ende gab es einmal Beifall. Das sollte Ihnen zumindest zu denken geben.

Herr Kuschel, kommen Sie zur Sache.

Das gehört zur Sache, Frau Präsidentin, dachte ich.