Protokoll der Sitzung vom 14.12.2006

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich der Finanzministerin danken. Sie hat ein Maximum für die Sicherung Thüringer Interessen erreicht und, ich denke, ich bin nicht der Einzige, der das so sieht. Mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, darf ich mal kurz einen Artikel aus dem „Freien Wort“ zitieren, wo in einem Interview der Vorstandsvorsitzende der

Sparkasse Arnstadt-Ilmenau, Herr Wiertz, befragt wurde: „Ist der Kelch an Thüringen noch einmal vorbeigegangen?“ Und er antwortet: „Ich bin erleichtert über das Durchsetzungsvermögen von Finanzministerin Birgit Diezel gegenüber der Hessischen Landesregierung und ich freue mich über den derzeitigen Verhandlungsstand und dessen Ergebnis.“ Ich will das jetzt nicht weiter ausführen, aber im Weiteren führt er fort, durch diesen Staatsvertrag sind die Thüringer Sparkassen in der Lage, ihr Geschäft in bisheriger Form auch weiter im Interesse der Bürger durchzuführen. Die Thüringer Sparkassen sind ein wesentlicher Standortfaktor für unseren Freistaat. Auch aus diesem Grund haben wir und die Landesregierung vor allem, die den Staatsvertrag auch ausgehandelt hat, sich immer wieder für die Wahrung Thüringer Interessen eingesetzt. Ich darf auch noch einmal auf diese Stellungnahme des Herrn Vetzberger eingehen, weil die ja hier nun immer nur in diesen Passagen zitiert wird, die ihnen gerade gefallen. Die Passagen, die einem nicht so passen, die schiebt man dann ein bisschen nach hinten. Ich zitiere jetzt aus dieser Stellungnahme folgenden Text mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin: „Angesichts der Tatsache, dass diese grundsätzlichen Bedenken in Hessen jedoch nicht akzeptiert werden, ist die Schutzklausel des Artikels 13 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 ein zielführender Weg. In der Zusammenfassung erlauben wir uns die Bewertung, dass unsere Landesregierung unter den bestehenden von ihr nicht zu vertretenden Rahmenbedingungen eine zielführende Änderung des Staatsvertrages ausgehandelt hat.“ Das ist der Schlusssatz in dieser Stellungnahme und ein Schlusssatz, so ist das nun einmal, fasst eigentlich die Grundintention noch einmal zusammen.

(Beifall bei der CDU)

Ich darf an dieser Stelle auch noch einmal auf das Problem der EU-Festigkeit eingehen. Es wurde ja in den Ausschussberatungen heftig diskutiert. Wir haben mittlerweile auch das Schreiben des Binnenmarktkommissars Mc Creevy erhalten, zumindest der HuFA hat es bekommen, wo auch aus diesem Schreiben hervorgeht, dass in der Hessischen Sparkassengesetzgebung kein Verstoß gegen die Binnenmarktregeln festzustellen ist. Was wollen Sie eigentlich mehr? Der Staatsvertrag legt fest, dass immer dann, wenn Thüringer Interessen berührt sind - und das ist dann, wenn die Helaba im Prinzip gedenkt, einen Anteil an einer Sparkasse zu erwerben bzw. ihre Tochter, die Fraspa -, immer dann hat Thüringen das Einspruchsrecht und das ist das Maximum, was überhaupt zu erzielen war. Ich muss an dieser Stelle noch einmal sagen: Ich kann die Intention der hessischen Kollegen nicht in Gänze nachvollziehen. Ich mag das auch hier öffentlich kritisieren können, aber ich kann ihre Grundhaltung nicht verändern und eine Gesetzgebung in Hessen bleibt ei

ne Gesetzgebung in Hessen und ist in Thüringen nicht abänderbar.

(Beifall bei der CDU)

Mit diesem Staatsvertrag wurde also somit das Maximale erreicht. Herr Dr. Pidde, es sei mir gestattet, kurz ein Wort zu den angeblichen Mängeln bei den Arbeitnehmerrechten im Staatsvertrag zu sagen. Der Gesamtpersonalrat der Helaba mahnt eine Regelung zur Mitbestimmung auf Konzernebene an. Er fordert eine Gesetzesänderung zur Schaffung einer gemeinsamen Interessenvertretung. Dazu besteht jedoch gar keine gesetzliche Grundlage, da die Zuständigkeit für die Beschäftigtenvertretung in privaten Unternehmen über das Betriebsverfassungsgesetz beim Bund liegt und hinsichtlich der Helaba über Artikel 34 Abs. 1 des gemeinsamen Staatsvertrages beim Hessischen Landesgesetzgeber. Also auch in dieser Frage ist nicht der Thüringer Gesetzgeber gefragt, sondern der Hessische Landesgesetzgeber. Vielleicht wäre es einfach auch einmal gut, wenn sie sich auch einmal in Richtung Hessen bewegen würden, mit Ihren hessischen Kollegen dort reden können und dort vielleicht auch einmal eine Initiative in den Landtag einbringen, wo es auch angebracht ist.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Haben wir gemacht!)

(Beifall bei der CDU)

Ich will auch noch einmal kurz nach den Alternativen fragen. Was wollen Sie denn eigentlich, meine Damen und Herren? Hier ist von Rednern gesagt worden, der Sparkassenverband Hessen-Thüringen ist eine vorbildliche Einrichtung. Ja, aber welche Alternativen hätten wir denn? Wollten wir aus diesem Verbund austreten und vielleicht Mitglied des OSGV werden? Das wäre doch die überhaupt einzig denkbare Alternative gewesen. Ich sage ganz deutlich, ich bin froh, dass es gelungen ist, mit den Hessen zusammen diesen Staatsvertrag auszuhandeln und vor allem auch noch einmal mein Dank an die Finanzministerin, dass die Thüringer Rechte in dieser Art und Weise doch weitestgehend gesichert wurden. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Es liegen mir keine weiteren Redeanmeldungen vor. Es ist beantragt worden, diesen Gesetzentwurf an den Haushalts- und Finanzausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Gibt

es Stimmenthaltungen? Stimmenthaltungen gibt es nicht. Damit ist die Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss abgelehnt worden. Ich schließe die erste Beratung.

Ich komme nun zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 8 in seinen Teilen

a) Diese Gesundheitsreform der Bundesregierung im Interesse der Thüringer Bürger stoppen Antrag der Fraktion der Links- partei.PDS - Drucksache 4/2424 -

b) Auswirkungen der Gesund- heitsreform auf den Freistaat Thüringen Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 4/2521 -

Mir ist nicht signalisiert worden, dass die Fraktionen ihre Anträge begründen möchten. Die Landesregierung hat allerdings angekündigt, den Sofortbericht zum Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS und zu Nummer 1 des Antrags der Fraktion der CDU zu geben. Minister Dr. Zeh, wären Sie bereit? Sie erhalten das Wort zur Berichterstattung.

(Zwischenruf Abg. Schröter, CDU: Zu 8 b!)

Um es noch einmal zu sagen. Im Rollenplan steht zum Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS und zu Nummer 1 des Antrags der Fraktion der CDU. Herr Minister Dr. Zeh wird jetzt noch etwas dazu ausführen.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung hat einen Sofortbericht zu Tagesordnungspunkt 8 b angekündigt. Ich vermute aber, dass sich das vielleicht mit dem Punkt 8 a überschneiden kann.

Deswegen will ich jetzt den Bericht für die Landesregierung geben. Gestatten Sie mir aber erst noch ein Vorwort: Es finden zurzeit fast täglich Beratungen zu diesem Thema statt. Es finden Gespräche in entsprechenden Gremien des Bundesrates statt und die Sachlage ändert sich daher fast im gleichen Rhythmus, wie es diese Gespräche gibt. Der Bericht über den Sachstand der Beratungen zur Gesundheitsreform kann deshalb auch nur den heutigen Sachstand wiedergeben, bereits morgen - morgen ist Bundesratssitzung - kann sich ein neuer Sachverhalt ergeben. Dies einschränkend will ich gern

über den Sachstand, wie er sich heute in einigen Fragen darstellt, berichten.

Der Antrag der CDU fordert die Landesregierung auf, bei den anstehenden weiteren Beratungen zur Gesundheitsreform auf Bundesebene mit Nachdruck darauf hinzuwirken, dass die regionalen Besonderheiten der jungen Länder im Interesse der Thüringer Bürgerinnen und Bürger Berücksichtigung finden. Diese Forderung kann ich nur unterstreichen. Genau in diesem Sinne habe ich durch eigene Thüringer Anträge und gemeinsame Anträge mit den anderen Ländern Änderungen in der Gesetzesnovelle zum SGB V gefordert. Ich hoffe, dass wir dafür auch Mehrheiten sowohl im Bundesrat als auch im Bundestag erhalten. Wir müssen nur realistisch bleiben. Im Bundesrat hat Thüringen vier von 69 Stimmen. Die jungen Länder haben in Summe 19 von 69 Stimmen, also nicht mal ein Drittel, und wenn sich Berlin zu den jungen Ländern gelegentlich zählt, was trotz der Regierungsbeteiligung der Linkspartei nicht so häufig vorkommt, dann hätten wir sogar 23 von 69 Stimmen. Sie können sich also das Abstimmungsergebnis im Fall einer Ost-West-Debatte sehr lebhaft vorstellen.

Ich hatte bereits in der Plenarsitzung am 13. und 14. Juli 2006 zu dem Thema „Für eine tragfähige und nachhaltige Gesundheitsreform“ referiert und ich hatte damals bereits in aller Deutlichkeit Folgendes gesagt: „Das am 1. Januar 2004 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung hat zwar einen wesentlichen Beitrag zur finanziellen Konsolidierung geleistet, aber es war nicht mehr als die sprichwörtliche ‚Notbremse’, um den drohenden finanziellen Kollaps der gesetzlichen Krankenversicherung abzuwenden.“ Das heißt, es war damals bereits klar, dass eine weitere grundlegende Reform notwendig sein würde, um das System nicht nur vor dem Kollaps zu bewahren, sondern um eine Konsolidierung des Gesundheitssystems zu erreichen. Deshalb muss ich die allenthalben geäußerte Forderung „keine Reform ist besser als diese Reform“ mit Entschiedenheit zurückweisen. Auch die Forderung, die Gesundheitsreform zu stoppen, ist nicht nur unseriös, sondern sie wäre fahrlässig gegenüber unseren Bürgern. Würden wir die Reform stoppen, dann nähmen wir in Kauf, dass unser Gesundheitssystem in den nächsten Jahren kollabieren würde. Berechnungen haben ergeben, dass in den nächsten fünf Jahren mit Kostensteigerungen von 10 bis 20 Mrd. € zu rechnen wäre. Das führte zu einem Beitragsanstieg bei der GKV von bis zu 3 bis 4 Prozent, wenn sich nichts ändern würde. Das wäre nicht hinnehmbar. Es würden damit infolge des Anstiegs der Lohnnebenkosten weitere Arbeitsplätze vernichtet; infolge des Arbeitsplatzabbaus hätten wir weniger Beitragszahler. Weniger Beitragszahler führen zu weniger Einnahmen bei der Kasse und zwangsläufig

wieder zu Beitragserhöhungen bei der GKV mit den eben beschriebenen Wirkungen. Ein Teufelskreislauf wäre in Gang gesetzt, den keiner will, den wir auch nicht zulassen dürfen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Große Koalition hatte sich im Vorfeld in einem Eckpunktepapier auf die grundlegenden Inhalte einer Gesundheitsreform verständigt. Dabei war es eine besondere Leistung, dass trotz unterschiedlicher Konzepte, von Bürgerversicherung angefangen, über die solidarische Gesundheitsprämie, ein Kompromiss gefunden wurde. Dabei bleiben die besonderen Strukturmerkmale des deutschen Gesundheitswesens erhalten. Dazu gehört insbesondere, dass auch künftig der Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung solidarisch finanziert wird. Weiterhin gilt uneingeschränkt die freie Arztwahl. Auch das Sachleistungsprinzip bleibt dem Grunde nach bestehen. Das schließt nicht aus, dass Versicherte das Erstattungsprinzip, also Geldleistungen, wählen können. Mit dem Wettbewerbsstärkungsgesetz der gesetzlichen Krankenkassen, kurz GKV-WSG genannt, werden wesentliche Reformen eingeleitet. Unser Gesundheitssystem in Deutschland, das international gesehen immer noch Spitze ist, wird für die Herausforderungen der Zukunft gestärkt. Das Gesundheitssystem bleibt leistungsfähig, es bleibt solidarisch und es bleibt finanzierbar.

Meine Damen und Herren, mit den Maßnahmen der Gesundheitsreform 2006 sollen unter anderem die Einnahmen der Krankenkassen nachhaltig stabilisiert werden. Dazu trägt insbesondere die Schaffung eines Fonds ab dem Jahr 2009 bei. Ich möchte im Folgenden den Gesundheitsfonds etwas genauer beschreiben, weil ich von vielen Menschen, aber auch von Abgeordneten

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Wir sind auch Menschen!)

gefragt worden bin: Warum muss es denn diesen Fonds - auch Menschen, selbstverständlich, die Abgeordneten, ich habe das nicht ausgeschlossen, Kollege Mohring - überhaupt geben und werden nicht gerade die jungen Länder benachteiligt, wie es vom Institut für Mikrodatenanalyse am 20. November 2006 erst wieder unlängst behauptet wurde. Ich darf grundsätzlich feststellen: Dieser Fonds benachteiligt die jungen Länder nicht und gefährdet auch nicht, wie oftmals behauptet, die Selbstverwaltung. Die Selbstverwaltung muss neu justiert werden, das ist richtig. Es werden neue Schwerpunkte und neue Prioritäten von der Selbstverwaltung gefordert. Ich denke hier unter anderem an die Zu- und Abschläge, die Kassen ihren Mitgliedern anbieten können. Es ist auch richtig, die Kassen können ihre Einnahmen außer den Zu- und Abschlägen nicht mehr uneinge

schränkt selbst bestimmen. Die Einnahmen bzw. Beitragssätze sollen nunmehr per Rechtsverordnung festgelegt werden. Hier haben wir, die Länder, Bedenken angemeldet, nicht am Verfahren, sondern an der Möglichkeit bzw. der Nichtmöglichkeit, die Entscheidung über die Höhe des Beitragssatzes auf breitere Schultern zu verteilen. Es ist bedauerlich, dass die Bundestagsabgeordneten hier keine Entscheidungskompetenz für sich reklamieren, aber das steht nicht in meiner Urteilskompetenz. Wir als Länder meinen, dass die Entscheidung über die Rechtsverordnung auch im Bundesrat behandelt werden muss. Deshalb haben wir Änderungsanträge zum Gesetz gestellt, die eine stärkere Beteiligung des Bundesrates und damit der Länder bei der Festlegung der Beitragssätze fordern.

Aus diesen Beiträgen wird dann der Gesundheitsfonds gebildet. Aus dem Fonds erhalten die Kassen künftig für jeden Versicherten eine gleiche Grundpauschale und einen nach Alter und Krankheitsrisiko ergänzenden Betrag. Das ist die eigentlich entscheidende Änderung. Wenn Sie also in Zukunft gefragt werden, warum eigentlich die Änderung und warum dieser Fonds nötig war, ich wiederhole es noch einmal, aus dem Fonds erhalten die Kassen künftig für jeden Versicherten eine gleiche Grundpauschale und einen nach Alter und Krankheitsrisiko ergänzenden Betrag. Das ist gerechter als bisher und das ist transparenter als bisher. Jede Kasse hat damit die gleichen Startchancen und kann über Zu- und Abschläge je nach betriebswirtschaftlicher Situation auch selbst entscheiden. Für die Gesundheitsreform heißt das, das bisherige Verfahren des Risikostrukturausgleichs wird durch den Gesundheitsfonds wesentlich vereinfacht. Für den risikoadjustierten Betrag werden Zahlen von über 50 bis 80 insbesondere bei schwerwiegenden und kostenintensiven chronischen Krankheiten ermittelt und dafür sogenannte Morbiditätszuschläge gewährt. Da die jungen Länder die größere Zahl älterer multimorbider Versicherter haben, wird der Fonds zu Mehreinnahmen in den jungen Ländern führen. Krankenkassen mit überdurchschnittlich hohen Zahlen kranker Versicherter haben daher künftig keine Nachteile im Wettbewerb mehr, weil die unterschiedlich verteilte Krankheitsbelastung der Versicherten nunmehr gerecht ausgeglichen wird und das ist ja gerade auch für die jungen Länder von besonderer Bedeutung. Deshalb ist der Fonds richtig. Ich kritisiere nur, dass uns noch keine validen Zahlen durch das Bundesministerium für Gesundheit vorgelegt werden. Die Zahlen, die in der Öffentlichkeit kursieren, sind abenteuerlich. Bayern reklamiert, dass dortige Kassen danach 1,7 Mrd. € weniger zur Verfügung haben und Baden-Württemberg hat heute erst 1,6 Mrd. € angegeben. Deshalb brauchen wir unbedingt und bald belastbare Zahlen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung hat sich bereits sehr früh in das Gesetzgebungsverfahren zur Gesundheitsreform 2006 eingebracht. Besonders wichtig dabei war, dass die Akteure des Thüringer Gesundheitswesens möglichst frühzeitig in diesen Prozess mit einbezogen werden und darum habe ich in verschiedenen Interessengruppen intensiv bilaterale Gespräche geführt. Als vorläufigen Abschluss hatte ich zu einem sogenannten runden Tisch am 26. Oktober 2006 eingeladen. Auch Vertreter der im Landtag vertretenen Fraktionen waren eingeladen. Frau Dr. Fuchs von der Fraktion der Linkspartei.PDS sowie Herr Panse von der CDU-Fraktion haben teilgenommen. Die von den Anwesenden vorgetragenen Änderungswünsche fanden im weiteren Verlauf in allen Debatten und Verhandlungen intensive Beachtung. Genauso wurden die vorgebrachten Bedenken zur Reform ernst genommen und bei den weiteren Entscheidungen berücksichtigt. Am 29. November 2006 hat der Gesundheitsausschuss des Bundesrates die von den Ländern eingebrachten Änderungsvorschläge beraten. Es waren weit über 150 Anträge. Wenn ich richtig zähle, waren es, glaube ich, 170. Im Übrigen haben die Abgeordneten im Bundestag 200 Anträge vorbereitet, das ist mir heute gesagt worden. Ich weiß nicht, ob das stimmt, aber ich bin gespannt, welche Art Anträge das sein werden. Einige davon waren bereits nicht mehrheitsfähig. Wie viele dann letztlich dem Bundestag vorgelegt werden, wissen wir erst morgen genauer, wenn der Bundesrat darüber entschieden hat.

Wie ich bereits eingangs erwähnte, Thüringen hat eine Vielzahl von Änderungsanträgen mit eingebracht. Die Anträge Thüringens beziehen sich insofern auf eine Verbesserung der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung. Die zwei wichtigsten Anträge greife ich heraus. Es geht einmal darum, die Kassenärztliche Vereinigung und damit den freiberuflichen Arzt nicht weiter zu schwächen und zum anderen dem drohenden Ärztemangel in den jungen Ländern wirksamer als bisher begegnen zu können.

Zum Ersten: Ich werde mich dafür einsetzen, dass auch die Kassenärztlichen Vereinigungen als Vertragspartner der hausarztzentrierten Versorgung möglich sind. Kassenärztliche Vereinigungen sind nach dem jetzigen Gesetzentwurf nicht beteiligt. Das schwächt die KV und vor allem noch mehr die niedergelassenen Ärzte. Die hausarztzentrierte Versorgung selbst ist ein gutes Instrument. Es wird die Versorgungsqualität verbessert und sie ist auch geeignet, doppelte oder unnötige Behandlungen und Untersuchungen zu vermeiden und damit auch Kosten zu sparen. Aber die Ärzte werden kaum solche Verträge schließen, wenn sie die nicht über die KV machen, sondern selbst unmittelbare Vertragspartner mit den Kassen sind. Stellen Sie sich einen Arzt

vor, der potenziell mit 250 Kassen verhandeln soll. Da Kassenwechsel der Versicherten in Zukunft wahrscheinlich öfter stattfinden, wird die Lage für den einzelnen Arzt extrem unübersichtlich. Was nützt es, wenn wir hausarztzentrierte Versorgung zwar vorsehen, aber nur wenige entsprechende Verträge abschließen? Ich erinnere nur an die DMP (Disease- Management-Programme), die von den Ärzten nur sehr zögerlich angenommen worden sind, die ähnliches Vertragsgeschehen mit den Kassen zum Inhalt hatten.

Zum zweiten Punkt - der Angleich des Vergütungsniveaus: Das Verwendungsverbot für Mittel aus dem Risikostrukturausgleich zur Steigerung der ärztlichen Vergütung läuft zum Ende dieses Jahres aus. Wir wollen nunmehr, dass diese Mittel zur ärztlichen Vergütung, insbesondere zur Angleichung an das westliche Vergütungsniveau genutzt werden. Damit könnten wir die Niederlassungswilligkeit junger Mediziner in den jungen Ländern verstärken. Frau Bundesministerin Ulla Schmidt hat dem Vernehmen nach die Angleichung des Vergütungsniveaus bereits öffentlich abgelehnt. Es würde 700 Mio. € Mehrkosten und Belastungen für die Kassen bedeuten. Dies ist insoweit erstaunlich, da das BMG immer verkündet hat, dass das Einkommensgefälle zwischen Ost und West nur 2 Prozent betragen würde. Damit hat das BMG erstmals indirekt zugegeben, dass das Vergütungsgefälle zwischen Ost und West wesentlich größer ist. Beide Anträge sind im Gesundheitsausschuss des Bundesrates mehrheitlich angenommen worden. Es könnte sich aber aus Erfahrung morgen eventuell auch wieder ändern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Gesetz, das GKV-WSG, geht dem Grunde nach davon aus, dass in den Bereichen der Leistungserbringer noch Einsparpotenziale durch Effizienzsteigerungen zu erwirtschaften sind. Insgesamt werden Einsparpotenziale mit 1,4 Mrd. € beziffert. Das sind unter anderem der Bereich der Krankenhäuser mit 500 Mio. €, entspricht einer Budgetkürzung von 1 Prozent des Gesamtbudgets, Apotheken mit 500 Mio. €, die restlichen 400 Mio. € betreffen verschiedene kleinere Bereiche, unter anderem den Fahrdienst, auch den Bereich der Hilfsmittel usw.

Bei den Krankenhäusern bezweifeln wir die Möglichkeit, ein so hohes Einsparvolumen zu erzielen, deshalb unterstützen wir den Antrag, der das Einsparpotenzial auf 150 Mio. € reduzieren soll. Auch die Trennung des Rettungsdienstes von den Regelungen des allgemeinen Fahrdienstes halten wir für wichtig, weil gerade beim Rettungsdienst keine Einsparpotenziale von 3 Prozent mehr zu erwirtschaften sind. Aber in dem allgemeinen Verfahren, den Fahrdienst um 3 Prozent zu kürzen, ist der Rettungsdienst automatisch mit betroffen, deswegen ist Thü

ringen einem Antrag beigetreten, wonach der Rettungsdienst vom allgemeinen Fahrdienst getrennt wird und damit die Einsparauflage für den Rettungsdienst in der Form nicht wirksam wird.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Meine Damen und Herren, die Gesundheitsreform verlangt nicht nur Opfer, sie bringt auch konkrete Leistungsverbesserungen für die Bürgerinnen und Bürger.

1. Die Versicherten können zukünftig zwischen mehr Versorgungsformen, unter anderem integrierte Versorgung, Hausarzttarife usw., sowie Versicherungsselbstbehalt und Kostenerstattungstarifen wählen. Sowohl die zur Krankheitsvorbeugung empfohlenen Impfungen als auch Mutter-Vater-Kind-Kuren werden Regelleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie stehen damit nicht mehr im Ermessen der Kassen. Zukünftig gibt es einen Rechtsanspruch für ältere und pflegebedürftige Menschen auf Rehabilitation. Rehabilitation kann wohnortnah oder durch mobile Reha-Teams durchgeführt werden. Schwerstkranke erhalten spezialisierte Betreuung, unter anderem Palliativversorgung in ihrem vertrauten häuslichen Umfeld.

Meine Damen und Herren, damit ist natürlich ein wichtiges Stellglied eingerichtet, denn die Kassen hatten die Neigung, Menschen, die älter sind und eventuell durch eine Reha-Maßnahme noch in ihrem Gesundheitszustand wiederhergestellt werden können, aber die Tendenz bestand, die in die Pflegeheime abzugeben und eben nicht in eine RehaEinrichtung. Das war am Ende ein Verschiebebahnhof von Kosten von der Krankenversicherung in die Pflegeversicherung. Wir halten dies für ungünstig und wir unterstützen die neue Regelung ausdrücklich. Mitglieder von Wohngemeinschaften und anderen neuen Wohnformen erhalten einen Rechtsanspruch auf häusliche Krankenpflege wie Patienten auch in normalen Privathaushalten. Aber auch für die Menschen, die durch einen persönlichen Umstand ihren Versicherungsschutz verloren haben, wird es durch die Gesundheitsreform eine deutliche Verbesserung geben. Gerade hierzu gab es in der Vergangenheit immer wieder Petitionen, auch gerade im Thüringer Landtag. Bürgerinnen und Bürgern, die aus dem Versicherungsgeschehen heraus waren, konnte in der Regel leider nicht abgeholfen werden, so dass wir viele nicht versicherte Menschen auch in Deutschland hatten. Deshalb ist es für die Betroffenen ein immens wichtiger Aspekt der Gesundheitsreform, dass sie ein Rückkehrrecht in ihre letzte Versicherung erhalten. Das gilt gleichermaßen für die gesetzliche wie für die private Krankenversicherung.

Zum Stichwort private Krankenversicherung noch ein paar Sätze. Die neuen Regelungen der PKV - das ist die private Krankenversicherung - dürfen nicht dazu führen, ein gut funktionierendes System nachhaltig zu beschädigen. Genau das befürchte ich aber in einigen Detailregelungen. Deshalb fordere ich hier auch Nachbesserungen ein. Am wichtigsten aber, das muss man hervorheben, ist, dass jeder Person ohne Absicherung im Krankheitsfall, die der privaten Krankenversicherung zuzuordnen ist, die Rückkehr bzw. das Eintrittsrecht in den Basistarif zugestanden wird. Dabei ist eine bedarfsgerechte Kalkulation der Prämien des Basistarifs vorzusehen. Auch das ist eine Forderung, die im Moment im Bundesrat noch beraten wird.

Im Übrigen treten wir auch dafür ein, dass das Inkrafttreten der Änderungen im Bereich der privaten Krankenversicherungen am 1. Januar 2009, nicht schon am 1. Januar 2008, in Kraft tritt, nämlich zeitgleich mit dem Start des Gesundheitsfonds. Wir dürfen nicht eine Kassenart, die PKV nämlich, den neuen Wettbewerbsbedingungen bereits aussetzen und eine andere nicht. Ich denke u.a. an den Aufnahmezwang. Das würde unweigerlich dazu führen, dass wir einen großen Zustrom in die Privatkassen hätten. Ich denke, das sollte zum 1. Januar 2009 gemeinsam möglich sein, auch mit den gesetzlichen Krankenkassen.

Meine Damen und Herren, es dürfte deutlich geworden sein, dass es die von manchen befürchteten dramatischen Auswirkungen der Gesundheitsreform so nicht geben wird. Der Bundesrat wird morgen eine Stellungnahme zur Gesundheitsreform beschließen. Die Beratungen im Deutschen Bundestag finden dazu bereits parallel statt. Anfang des kommenden Jahres wird die abschließende Entscheidung zur Gesundheitsreform fallen. Die Landesregierung wird sich im Interesse ihrer Bürger weiterhin einbringen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Wird die Aussprache zu diesem Bericht gewünscht? Das signalisieren alle drei Fraktionen. Dann werden wir jetzt die Aussprache zu diesem Bericht und zu der Nr. 2 des Antrags und zum Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS gemeinsam führen. Als Erste rufe ich in dieser Reihenfolge auf für die Fraktion der SPD Frau Abgeordnete Taubert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, ich will zunächst feststellen, dass man mit Pauschalkritik keine Gesetzgebung

aufhält. Wenn die Linkspartei.PDS Änderungen haben möchte, dann hätten wir heute zumindest noch etwas beschließen müssen. Das gibt der Antrag so nicht her.