Protokoll der Sitzung vom 14.12.2006

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, Anfang 2006 demonstrierten die Studierenden in Frankreich gegen den CPEVertrag. Dieser Vertrag sah vor, dass nach Neueinstellung zwei Jahre lang ohne Grund mit sofortiger Wirkung gekündigt werden kann. Mit diesem Gesetz sollte zweifellos ein besonders schamloser Schritt bei der weiteren Zerschlagung des Sozialstaats beschritten werden, aber es kam anders. Es geschah, was in Deutschland noch undenkbar ist. Arbeiter, Beamte und Angestellte stellten sich an die Seite der Studenten, obwohl sie Lohnausfall hinnehmen mussten. Tausende Schüler traten in den Streik, obwohl sie ihre Abschlüsse gefährdeten. Die Gewerkschaften schwenkten ein und riefen zur Teilnahme an den Protesten auf. Millionen Menschen gingen im ganzen Land auf die Straße und setzten die Regierung massiv unter Druck, um das Gesetz zu kippen. Im Frühjahr 2006 musste die Regierung ihre Niederlage eingestehen und nahm das Gesetz zurück.

(Zwischenruf Abg. Wehner, CDU: Was hat das mit dem Thüringer Landtag zu tun?)

Ich bin überzeugt, dass nur ein übergreifendes, solidarisches Handeln allen betroffenen und an einer stabilen Demokratie interessierten Menschen dem immer weiteren Abbau von Lebenschancen Einhalt gebieten kann. Gezeigt zu haben, dass es geht, dass die angeblich unabwendbaren Verschlechterungsprojekte für Millionen Menschen aufzuhalten sind, und wie sie aufzuhalten sind, darin eben liegt die Bedeutung und Hoffnung, die Frankreich vermittelt hat.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Nichts anderes habe ich gemeint und gesagt.

Nur wer den Sozialabbau vertritt, kann das verwerflich finden. Seien wir doch ehrlich, genau darum geht es hier, einschließlich dessen, dass einige der in Deutschland Regierenden dazu tendieren, schon die Kritik an ihrem Tun für strafbar zu halten.

Aber das ist nicht Demokratie. Weder in Frankreich noch in Deutschland ist Kritik an der Regierung oder die Begrüßung von zivilgesellschaftlichem Engagement gegen die Meinung der Regierung strafbar. Das weiß nicht nur jeder Jurastudent im ersten Semester, das weiß jeder Staatsbürger, der das We

sen von Demokratie begriffen hat. Deswegen konnte die Staatsanwaltschaft in meinem Fall auch zu keinem anderen Ergebnis kommen, deswegen fand auch nie ein Ermittlungsverfahren statt.

Dass wir mehr kritisches Engagement brauchen, dafür sprechen viele Erfahrungen mit den Regierenden in Berlin als auch in Erfurt. Denken Sie nur an die Art und Weise, wie mit den Kritiken an Hartz IV, an der Familienoffensive oder mit den bisherigen Ansätzen von direkter Demokratie umgegangen wurde.

An dieser Stelle muss ich im Protokoll zwei leere Seiten hinterlassen, weil es mir nicht gestattet war, meine persönliche Erklärung weiter fortzuführen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ich schließe damit den Tag heute ab und erinnere an den parlamentarischen Abend der Musikschule, die schon eine Zeit auf uns warten.

E n d e d e r S i t z u n g: 20.20 Uhr