Meine Damen und Herren, Schulen brauchen auch eine bessere Stützung durch verschiedene Professionen, das heißt auch Hilfe von Schulpsychologen im schulischen Alltag. Wenn die Schulpsychologie einen wirklich nachhaltigen - und darauf kommt es an - Beitrag zur Schulentwicklung leisten soll, muss dies durch entsprechend klare schulpolitische Entscheidungen zum Ausdruck gebracht werden. Dies bedeutet, dass Schulpsychologische Dienste flächendeckend so auszubauen sind, dass sie beides effektiv leisten können, einmal individuumszentrierte Beratungsarbeit, aber auch Transfer psychologischen Know-hows in die Entwicklungsarbeit der Schulen. Das Spektrum der schulpsychologischen Leistungen ist ja bereits jetzt sehr, sehr weit. Es reicht - und der Staatssekretär hat das ja benannt - von der individuellen Förderung und Beratung von Schülerinnen und Schülern, Eltern und Lehrern über Lehrerfortbildung, Supervision bis hin zur Organisationsentwicklung der Schulen. Von Schulpsychologinnen und Schulpsychologen gingen in der Vergangenheit wesentliche Impulse zur Gewalt-, Sucht- und Drogenprävention sowie Ausbildung innerschulischer Berater, vor allem der Beratungslehrer, aus. Aber ich sage eindeutig, hier ist die Schmerzgrenze erreicht, ich kann nicht Aufgaben ohne Ende definieren - der Staatssekretär hat das getan - und dann sagen, liebe Schulpsychologen, das alles müsst ihr leisten und es wird nicht die Frage gestellt, wie sie es denn leisten können. Auch ein Schulpsychologe kann nicht 24 Stunden am Tag arbeiten.
Auch die Profilierung der Schulpsychologischen Dienste - auch die haben Sie genannt - hat eigentlich keine wirkliche Entlastung gebracht. Ich sage eindeutig, die Schulpsychologen müssen endlich von der Feuerwehrfunktion zur systematischen Facharbeit kommen können. Wir erwarten von der Landesregierung sowohl beim Ausbau des Schulpsychologischen Dienstes als auch bei der Weiterentwick
lung der Schulsozialarbeit konkrete, abrechenbare Schritte und wir werden Sie wenigstens bis zur nächsten Wahl hier nicht aus der Verantwortung entlassen. Danke.
Werte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnetenkollegen! Was ist gute Schule? Die Frage beschäftigt, glaube ich, ehrlicherweise alle Fraktionen und alle versuchen, darüber nachzudenken, die Thüringer Schule voranzubringen. Das unterstelle ich uns allen.
Nachdem ich am Montag bei einer Bildungsdiskussion in Hessen mitbekommen habe, zu welchen Blüten eine Landesregierung in der Lage ist, so das Modell „Unterrichtsgarantie Plus“, um mit fitten Hausfrauen und Pensionären den Unterricht von der ersten bis zur sechsten Stunde abdecken zu können, dann, denke ich, ist unsere Diskussion natürlich dazu geeignet, als Kultusminister sehr überheblich zu werden und zu sagen, sollen die erst einmal so weit kommen, wie wir hier schon lange sind. Herr Emde, dann könnte man Sie ja fast verstehen, wenn Sie sagen, und das ist ja wohl so, Politik ist immer eine Frage der Schwerpunktsetzung. Unser Schwerpunkt war bisher die Schulpolitik und wir sind mittlerweile so gut, dass wir alles erst einmal zusammenkürzen können, ohne dass das überhaupt im bundesdeutschen Raum bemerkt würde. Jetzt kann ich Ihre Arroganz natürlich verstehen.
Ich kann Ihnen allerdings auch ankündigen, dass wir als starke Opposition, die es in Hessen noch nicht gibt, natürlich aufpassen werden, dass wir das, was wir hier gemeinsam in 16 Jahren erarbeitet haben, nicht einbrechen lassen werden. Dafür werden die beiden Oppositionsparteien in Thüringen auch weiter kämpfen, aufpassen und sehr aufmerksam sein.
Ja, das dort wird auch verkauft unter dem Stichwort „Eigenverantwortung“. Die Schulleiter können aus einem Pool dann irgendwelche Lehrkräfte zur Absicherung der Betreuung von der ersten bis zur sechs
ten Stunde einsetzen. Das geflügelte Wort „eigenverantwortliche Schule“ ist ja auch bei uns derzeit das Schlüsselwort. Ich hoffe nicht, dass wir das darunter verstehen, was die Hessen derzeit darunter verstehen, obwohl unser Kultusminister angeblich schon Interesse angemeldet hätte. Für uns ist eigenverantwortliche Schule etwas anderes und ich würde Sie als meine Kollegen der CDU-Fraktion doch bitten, gehen Sie mal in eine Schule vor Ort, fragen Sie die teilnehmenden Schulen, das heißt die Schulleiter, was ankommt, was dort unter eigenverantwortlicher Schule verstanden wird und was dann wirklich umsetzbar ist. Vor dem Hintergrund muss ich sagen, Herr Staatssekretär, was Sie hier vorgetragen haben, das erscheint alles sehr theoretisch, mein Kollege Döring hat das schon gesagt, um nicht zu sagen, technokratisch. Denn in diesem Netz von Beratungsangeboten, Beratungslehrer dafür und Beratungsteam dafür und Verantwortlicher für A und für B und für C, das ist kaum noch durchschaubar, zumindest nicht vor Ort. Deswegen lassen Sie mich noch ein paar Ausführungen zu den Unterstützungssystemen der Thüringer Schulen hier verlieren.
Eigenverantwortliche Schule soll das Zauberwort sein und es soll auch nicht nur in Sonntagsreden gesprochen werden. Es sei keine Worthülse, es sei ernst gemeint, das wird uns immer wieder suggeriert. Das Ziel sei, Integration in den Schulen voranzubringen, die Förderungen individualisierten Unterrichts zu entwickeln. Dazu ist der Ausbau der Unterstützungssysteme ganz zweifellos notwendig. Aber schauen wir uns die ganz konkreten Fakten beispielsweise der Schulpsychologie an. Darauf möchte ich mich jetzt schwerpunktmäßig beziehen, weil mein Kollege Bärwolff zu dem anderen Gebiet bereits geredet hat. Schulpsychologie ist immer etwas, was bisher im Hintergrund war, nicht die entsprechende Lobby in der öffentlichen Aufmerksamkeit hatte. Ich denke, es lohnt sich schon, das zu beleuchten. Sie nannten die 16 Schulpsychologen, die wir vor Gutenberg im Übrigen und auch jetzt haben, und die 26 Beratungslehrer an den 13 Schulämtern. Wir konstatieren in Deutschland einen statistischen Wert von 12.500 Schülern pro Schulpsychologe. Das heißt, Deutschland liegt im OECD-Vergleich vor Malta an der vorletzten Stelle. In Thüringen, wenn ich jetzt mal nur die 16 Schulpsychologen nehme - und darauf beziehe ich mich, weil die eine Ausbildung und auch ein Diplom haben -, haben wir 17.000 Schüler pro Schulpsychologe. Ich nehme mal an, dass Sie zumindest, die anderen Abgeordnetenkollegen nicht, die finnischen Werte kennen. In Finnland ist es so, dass für 2.500 Schüler ein Schulpsychologe arbeitet und in Schwerpunktgebieten wie Helsinki - nun gut, Thüringen hat keine Großstadt, Erfurt kann man wirklich nicht so nennen, aber ich sage es trotzdem dazu - auf 1.000 Schüler ein Schulpsychologe kommt. In Thüringen ist derzeit für fast 2.000 Lehrer ein Schulpsycho
loge Ansprechpartner oder anders gesagt, ein Schulpsychologe betreut 60 Schulen. Das kann man nicht wirklich eine ortsnahe Beratung nennen. Das ist nicht niedrigschwellig, um wirklich zu dem Unterstützungsangebot zu kommen, was ich mir für jede Schule wünschen würde.
Mal ein Wort zu den Beratungslehrern, die Sie in Ihrer Statistik mit dazuzählen. Die Beratungslehrer, das ist nicht nur mein Eindruck, darauf haben mich schon mehrere Kollegen meiner Fraktion angesprochen, das scheint so der Joker an jeder Schule zu sein. Wofür die schon alles herhalten mussten, was die alles machen müssen und bei jeder Mündlichen Anfrage, auch meiner Kollegin Berninger, werden die Beratungslehrer genannt, die können einem richtig leidtun.
Jetzt schauen wir einmal dahinter, was die machen mussten, um Beratungslehrer sein zu dürfen. Sie haben also über zwei Jahre in einem Umfang von 500 Stunden eine zusätzliche Qualifikation erworben und arbeiten an jeder Schule. Aber für mich stellen sie keinen Ersatz für einen Schulpsychologen dar. Denn innerhalb einer Beratungslehrerausbildung haben sie lediglich drei Tage Supervision als Ausbildungsthema. Eine zusätzliche Supervisionsausbildung der Psychologen dauert drei Jahre. Also Beratungslehrer haben sicherlich eine wichtige Funktion oder Rolle innerhalb der Schnittstelle Schule/externes Beratungssystem, können aber die externe schulpsychologische Beratung auf keinen Fall ersetzen und sind hierfür auch keine Alternative.
Beratungslehrer können Beratungsangebote vermitteln und können in Erstgesprächen Hinweise auf weitere Interventions- bzw. Beratungsmöglichkeiten geben oder die Notwendigkeit externer Beratung oder Intervention abklären.
Ich möchte auch noch einmal hier von dieser Stelle aus an die einzig richtige Reaktion nach Gutenberg erinnern. Die direkte Reaktion darauf war die deutliche personelle Verstärkung der Schulpsychologie. Damit wurde wenigstens die in anderen Bundesländern übliche personelle Ausstattung der Schulpsychologen erreicht. Aber, wie gesagt, wir sind nach wie vor vorletzter Platz in Europa. Bereits zwei Jahre später war alles Schall und Rauch. An Aktionismus meines Erachtens kaum zu überbieten, ist dieses Vorgehen der Landesregierung.
Dabei sind die Aufgabenbereiche der Schulpsychologie sehr vielfältig. Sie haben sie genannt. Ich verzichte jetzt darauf, das alles noch einmal zu wiederholen. Der vom Thüringer Kultusministerium angestrebte Systemwechsel innerhalb der Schulpsychologie weg von der schülerzentrierten hin zur schulzentrierten Beratung ist sicherlich sinnvoll und notwendig. Denn fitte und gut beratene Lehrer sind wichtig und dem sollte laut Expertenmeinung auch Priorität eingeräumt werden. Aber dafür brauchen wir entsprechend qualifizierte Beratungsangebote mit hoher Professionalität. Ein Psychologe für 60 Schulen und diese Joker Beratungslehrer an den Schulen, das reicht dafür bei Weitem nicht aus. Notwendig sind lehrerzentrierte Beratungen in Intervention. Das ergibt sich meines Erachtens auch aus den Ergebnissen dieser Lehrergesundheitsstudie, nachdem beispielsweise 65 Prozent aller Lehrer in Thüringen an den Folgen ihrer Berufsbelastung erkrankt sind oder bereits ein erhebliches Erkrankungsrisiko haben.
Tja, was macht das Kultusministerium? Meines Erachtens besteht nach wie vor keine Einsicht in die präventive Funktion der Schulpsychologie, außer dass man theoretisch darüber Bescheid weiß. Es wird quasi in Feuerwehrmanier abgewartet und erst im Brandfall reagiert, trotzdem wir in Thüringen das traurige Ergebnis von Gutenberg schmerzhaft vor Augen geführt bekommen hatten. Unsere Selbstbefassung im Bildungsausschuss, übrigens am 1. Juni 2006, die war natürlich nicht öffentlich und der Staatssekretär, dessen Fachbereich das nicht war, der hatte dann einen Sprechzettel und durfte vortragen. Aber Nachfragen konnte er uns nicht beantworten. Herr Hegen als Abteilungsleiter hat uns sogar glauben machen wollen, dass alle teilabgeordneten Beratungslehrer in den Schulpsychologischen Diensten der Schulämter ein Psychologiediplom hätten. Im Übrigen hat aber kein einziger der momentan in den Schulämtern tätigen Beratungslehrer einen entsprechenden universitären Psychologieabschluss, wie die Antwort auf meine Kleine Anfrage aufdeckte. Natürlich hat man dann offensichtlich im Kultusministerium auch nicht gewusst, dass nicht alle Schulpsychologen derzeit auch tätig sind. Wir haben tatsächlich auch schon welche in Altersruhezeit. Die werden sozusagen nur statistisch mitgeführt und bezahlt, so dass ein Nachtrag zu meiner Kleinen Anfrage nötig wurde. Da steht als kleiner, letzter lapidarer Satz, dass zukünftig vorgesehen ist - wie gesagt, das war im September -, vier weitere Schulpsychologen einzustellen. Ich frage mich - eine Ausschreibung habe ich noch nicht gelesen, vielleicht überlesen -, in welchem Jahr oder in welchem Jahrzehnt denken Sie denn, nun endlich zu reagieren?
Angesichts des großen Beratungsbedarfs, aufgezeigt durch die jüngsten Urteile des OVG zur Lernmittelpauschale und zur Beamtenteilzeit, empfehle ich den Verantwortlichen im Thüringer Kultusministerium einmal eine Supervision bei einem der nach Meinung des Ministeriums psychologisch ausreichend qualifizierten Beratungslehrer - aber das nur am Rande.
Was sind unsere Forderungen? Wie stellen wir uns ein effektives Unterstützungssystem für die Schulen vor? Zahlreiche Experten fordern seit Jahren, und nicht erst zum wiederholten Male nach einer Krisensituation wie in Emsdetten, eine dringend notwendige Verbesserung der Personalsituation bezüglich der Schulpsychologie deutschlandweit und erst recht in Thüringen. Die Lehrergesundheitsstudie habe ich bereits angesprochen und die Arbeitsbedingungen an den Thüringer Schulen sind derzeit nicht so, wie wir uns hier gegenseitig die Augen verkleistern. Deshalb rate ich dringend zu einem Besuch einer ganz normalen Schule vor Ort. Gerade vor dem erklärten und gebetsmühlenhaft vorgetragenen Ziel der Erhöhung der Eigenverantwortung von Schulen in Thüringen gewinnt die Beratung und Unterstützung dieser eine besondere Bedeutung. Wichtig ist aber, dass die Probleme zeitnah und vor allem erreichbar durch pädagogisch-psychologische Unterstützungsangebote für die Schulen angesprochen werden können. Da muss eine Vertrauensbasis da sein. Da muss ich als Lehrer wissen, wen rufe ich jetzt an. Da muss ich bei Weiterbildungen die Möglichkeit haben, Fallbeispiele zu besprechen und nicht mit irgendjemandem, den ich von irgendwoher einfliege oder der in irgendwelchen Teams weitergebildet ist, wo ich gar kein Vertrauen haben kann zu seiner fachlichen Kompetenz, sondern ich brauche wirklich niedrigschwellige Unterstützungsangebote, so wie das beispielsweise in Finnland gegeben ist, wo die Psychologen an Beratungen innerhalb der Schule mindestens einmal wöchentlich teilnehmen. Dass wir weitab von diesen skandinavischen Verhältnissen sind, das ist hinlänglich bekannt. Dort hinzukommen, das muss auch für die Schulen in Thüringen ein lohnendes Ziel sein. Als einen allerersten Schritt fordern wir, die Personalausstattung anzugleichen an das Niveau der anderen Bundesländer bzw. dann eben auch an europäisches Niveau.
Ein weiteres Argument möchte ich nicht vergessen, das müsste sogar der CDU-Generalsekretär verstehen, der gleichzeitig oberster Finanzwächter und ehrenamtliches Kabinettsmitglied ist und das ihn überzeugen dürfte: Jeder tätige Schulpsychologe bzw. Schulsozialarbeiter ergibt für das Bildungssystem und speziell für die gesellschaftlichen Nachfolgeerscheinungen eine reale Kostenersparnis. Das ist Doppik in Reinkultur. Rechnen Sie es sich durch.
Die Gewinner wären sowohl unsere Kinder und Jugendlichen als auch deren Lehrerinnen und Lehrer. Danke.
Mir liegen keine weiteren Redeanmeldungen seitens der Abgeordneten vor. Die Landesregierung hat auch nicht den Wunsch, noch einmal an das Pult zu treten. Da kann ich die Aussprache schließen. Kann ich davon ausgehen, dass das Berichtsersuchen zum Antrag der Fraktion der SPD erfüllt ist? Das ist so.
Wir kommen damit zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS. Dort ist Ausschussüberweisung beantragt worden, und zwar an zwei Ausschüsse, an den Bildungsausschuss und an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit.
Wer der Überweisung dieses Antrags an den Bildungsausschuss zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Danke schön. Gibt es Stimmenthaltungen? Es gibt keine Stimmenthaltungen. Damit haben wir eine Mehrheit von Gegenstimmen. Die Überweisung an den Bildungsausschuss ist abgelehnt.
Ich frage nun nach der Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Danke schön. Auch hier frage ich nach den Enthaltungen. Enthaltungen gibt es nicht. Damit ist eine Mehrheit von Gegenstimmen erreicht und die Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit abgelehnt.
Da beide Ausschussüberweisungen abgelehnt sind, kommen wir zur Antragsabstimmung als Ganzes. Wer dem Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS in Drucksache 4/2481 zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Danke schön. Gibt es hier Stimmenthaltungen? Stimmenthaltungen gibt es nicht. Eine Mehrheit von Gegenstimmen lehnte diesen Antrag ab.
Barrierefreier Tourismus für alle in Thüringen Antrag der Fraktion der Links- partei.PDS - Drucksache 4/2502 -
Die Fraktion der Linkspartei.PDS hat angekündigt, dass der Abgeordnete Nothnagel die Begründung des Antrags vornimmt.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, am 3. Dezember 2006 war der Internationale Tag der Menschen mit Behinderungen. Anlass dieses Tages war eine Veranstaltung des Deutschen Behindertenrates am 2. Dezember in Berlin. Diese Veranstaltung war die offizielle Eröffnung des Europäischen Jahres der Chancengleichheit.
Der Deutsche Behindertenrat stellte am Ende dieser Veranstaltung die Berliner Erklärung vor, in der er den Forderungskatalog für Deutschland für das Jahr der Chancengleichheit formuliert hat. Diese Berliner Erklärung steht unter der Überschrift „Für ein soziales und barrierefreies Europa“. Das Europäische Jahr der Chancengleichheit begann mit einer Tourismuskonferenz am 18. und 19. Januar in Brüssel unter dem Thema „Europa - für alle“, eine Konferenz der Teilhaber am barrierefreien Tourismus. Ziel der Tagung war es, die Tatsache stärker in das allgemeine Bewusstsein zu rücken, dass sich aus dem demographischen Wandel ein schnell wachsender Anspruch an Barrierefreiheit und Servicequalität im Tourismus ergibt. Weiterhin wird es am 6. Februar in Brüssel eine Konferenz zum Aspekt der Jugend und älterer Reisender im Tourismus geben.
Nun möchte ich aber zu unserem Antrag kommen. Allein mir sind mindestens fünf Veranstaltungen zu diesem Thema im vergangenen Jahr bekannt. Das heißt, es haben sich auch hier in Thüringen viele Menschen, die sich mit Tourismus, aber auch mit behinderten Menschen beschäftigen, diesem Thema in einer sehr öffentlichen Art und Weise gewidmet. Auch unsere Fraktion hat am 4. Juli des letzten Jahres in Oberhof im „Haus des Gastes“ eine Konferenz zu diesem Thema durchgeführt. Wir haben den Aspekt des barrierefreien Tourismus intensiver diskutiert, der sich mit den wirtschaftlichen Folgen und der Nachhaltigkeit auseinandersetzt. Als Resultat können wir sagen, dass die Regionen, die sich dem barrierefreien Tourismus gewidmet haben, wirtschaftlich davon profitiert haben. Die Auslastung der touristischen Angebote liegt in diesen Regionen wesentlich höher als bei denen, die leider immer noch mehr
oder weniger behinderte Menschen ausgrenzen. Fakt ist doch, dass bei dieser demographischen Entwicklung, die Deutschland nimmt, sich auch die Tourismusbranche mehr auf die Belange von Senioren und älteren Menschen einstellen muss, denn diese sind eine Personengruppe, die auch noch in der Lage ist, finanzielle Mittel für Reisen in den Urlaub bereitzustellen. Was hat das nun mit Barrierefreiheit zu tun? Fakt ist doch auch, dass mit zunehmendem Alter die Möglichkeit, eine körperliche Beeinträchtigung zu erlangen, zunimmt. Dies zeigt, dass die Barrierefreiheit im Tourismus an Bedeutung in den nächsten Jahren zunehmen wird. Wir wollen mit unserem Antrag darauf aufmerksam machen, dass behinderte Menschen als Kundschaft in Thüringen endlich gesehen werden. Der barrierefreie Tourismus muss auch in Thüringen als ein Wirtschaftsfaktor gesehen werden.
Das am 30. November 2006 ausgelaufene InnoRegio-Projekt „Barrierefreie Talsperrenregion“ muss, in welcher Art auch immer, weitergeführt werden. Die theoretischen und wissenschaftlichen Erkenntnisse dieses Projekts dürfen nicht länger nur in Aktenordnern liegen, sondern müssen in die Praxis umgesetzt werden. Ein solch wichtiges Projekt ist zum Beispiel das Orientierungs- und Navigationssystem der Universität Ilmenau. Auf der REHACARE in Düsseldorf im letzten Jahr hatten die Entwickler dieses innovativen Projekts mehrfach die Möglichkeit gehabt, es ins Ausland zu verkaufen, was sie nicht getan haben, um dieses Projekt auch für Thüringen zu erhalten. Jedoch müssen vonseiten der Tourismusverbände auch endlich mal Signale ausgesendet werden, dass sie Interesse an einem solchen Projekt haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Landesregierung und der Mehrheitsfraktion, wir bitten Sie, solche positiven Ansätze für den barrierefreien Tourismus in Thüringen zu unterstützen, damit das InnoRegio-Projekt mit Leben erfüllt wird. Die barrierefreie Gestaltung der Umwelt dient nicht nur den Gästen und Touristen, sondern hat natürlich auch positive und nachhaltige Aspekte für die einheimische Bevölkerung. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, mit dem Antrag fordert die Linkspartei.PDS, dem barrierefreien Tourismus
noch mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Bereits seit Jahren hat das Thema „Barrierefreiheit“ bei den konzeptionellen Überlegungen einen hohen Stellenwert eingenommen. Aber nicht nur da, sondern auch bei der Schaffung von Infrastruktur wurde in der Vergangenheit mit Unterstützung des Freistaats richtig Geld angefasst, um diesem Personenkreis Rechnung zu tragen. Ich erinnere z.B. an den Baumkronenpfad im Hainich,