Protokoll der Sitzung vom 21.06.2007

Außerdem werde ich mir als Mitglied einer gesetzgebenden Körperschaft dann noch anmaßen müssen, nicht jede Fahrt oder politische Aktivität im Rahmen meines Mandats als notwendig oder nicht notwendig bewerten zu lassen.

(Beifall bei der CDU)

Das kann wohl nur Unverständnis im Land erzeugen. Und wer soll diese Prüfung überhaupt vornehmen, wenn sie vielleicht nicht in den 120 Seiten geregelt ist?

Zur Neuberechnung der Abgeordnetenentschädigung: Hierzu weise ich noch einmal auf den Abschnitt der Tätigkeitsgruppen hin und sage noch einmal ganz kursorisch, Referatsleiter eines Ministeriums, Gymnasialdirektor, Richter R 1. Nebenbei bemerkt: In Brandenburg redet man zurzeit darüber, ob man nicht doch R 2 bei Altersstufe 8 in Anwendung bringen sollte. Dann sagen Sie, die Indexregelung soll abgeschafft werden, das hätte sogar eine Verfassungsänderung zur Folge genauso wie der Systemwechsel, den Sie ansprechen. Dann haben wir ja lang und auch sehr breit schon gehört, was Ergebnis der Anhörung war. Es haben von den neun Anzuhörenden acht keine Kritik an den bisherigen Regelungen geübt.

(Beifall bei der CDU)

Die Regelungen in Thüringen sind so machbar; die Grundentschädigung ist nicht überhöht; das System funktioniert so. Wenn nur der Bund der Steuerzahler der Meinung ist, man müsste den öffentlichen Anforderungen bei der Festlegung der Höhe der Aufwandsentschädigung bzw. der Grundentschädigung Rechnung tragen, dann ist das für mich Populismus.

(Beifall bei der CDU)

Ergebnis der Anhörung ist eigentlich, sportlich gesagt: Haushoch verloren, 8 : 1.

(Beifall bei der CDU)

Die Anhörung kann aber auch so resümiert werden:

1. In das bisherige Gesetz muss nicht zwingend eingegriffen werden. Thüringen hat seinen vorhandenen Entscheidungsspielraum angewandt.

2. Das System Nordrhein-Westfalen ist nicht vermittelbar bei 8.000 bis 9.000 € Grundentschädigung für Abgeordnete, die dann hier infrage kämen. 120 Seiten Gebrauchsanleitung für das Finanzamt sind noch immer im Streit und schließen auch nicht eindeutig alle Sachverhalte ab.

Zum Zweiten: Das System Nordrhein-Westfalen ist rechtlich umstritten, da es ein Versorgungswerk unter der Rechtsaufsicht der jeweiligen Landesregierung sei und somit lägen die Abgeordneten unter der Kontrolle der Regierung. Das ist verfassungsrechtlich auch zu hinterfragen. Mal sehen, wann dazu die erste Klage kommt.

(Beifall bei der CDU)

Außerdem ist die Sache kaum finanzierbar und in Nordrhein-Westfalen denkt man auch schon darüber nach, ob man vielleicht sogar eine weitere Diätenerhöhung machen muss, um die ganze Sache zu finanzieren.

Im Abschnitt III fordern Sie eine zeitliche Abfolge. Dazu muss man eigentlich gar nicht mehr bewerten als das, dass am Ende dieses Prozesses, den Sie beschreiben wollen, klar und deutlich steht, das Thema soll ins Wahljahr 2009 getragen werden. Im Übrigen haben Sie das mit Ihren Ausführungen vorhin, Herr Buse, sowieso noch einmal bestätigt mit einem eigenen Vorschlag zum Gesetzentwurf. Ungeeignet und im Grunde ad absurdum geführt ist also Ihr Vorschlag in der Drucksache 4/2084. Das ist nicht haltbar; ich glaube, das wissen Sie auch selbst. Klar ist Ihnen sicher, dass wir damit Ihren Antrag ablehnen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Abgeordneter Dr. Hahnemann zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es handelt sich ja nur hinsichtlich der beiden eingereichten Gesetzentwürfe um die erste Beratung, hinsichtlich unseres Antrags ist es die zweite. Insofern kann man beides machen, man kann sich mit einzelnen Argumenten auseinandersetzen, man kann auch Grundsätze darstellen. Das will ich machen, insbesondere deswegen, weil die Beratung gerade in Betrachtung der grundsätzlichen Angelegenheiten, die hier zu klären wären, eigentlich für das Haus peinlich ist.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Peinlich deswegen - und damit meine ich nicht, Herr Höhn, dass Ihre Ausführungen durchaus intellektuell überschaubar waren, sondern weil ich glaube, dass vieles von dem, was hier gesagt worden ist, auch politisch durchschaubar war. Wir haben nun einfach mal volle Tribünen zu dieser Tageszeit, auch daran sollten wir denken,

(Zwischenruf Abg. Schröter, CDU: Wir denken immer daran.)

wenn wir darüber reden. Da haben Sie ja recht, Herr Schröter, dass wir hier im Grunde genommen über eine Selbstversorgungsangelegenheit reden, es aber natürlich bei ungünstigem politischen Verhalten - und da drücke ich mich sehr gewählt aus - auch eine Selbstversorgung im negativen Sinne und auch in der negativen Anschauung der Öffentlichkeit. Da kann man sich, glaube ich, intellektuelle Überschaubarkeit und politische Durchschaubarkeit nicht leisten. Was haben Sie denn hervorgebracht gegen die Punkte unseres Antrags, einen Systemwechsel vorzunehmen und die Abgeordnetenentschädigung anders zu organisieren?

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Warum denn?)

Herr Höhn, Sie fragen mich, warum wir es tun sollen. Weil die politische Klasse schon seit Langem nicht mehr willens und nicht mehr in der Lage ist, die Probleme der Bürgerinnen und Bürger zu lösen, aber systematisch dafür sorgt,

(Zwischenruf Abg. Lieberknecht, CDU: Ein Unsinn!)

dass sie selbst immer mehr bekommt.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

(Unruhe bei der CDU, SPD)

Was spricht denn ernsthaft in Ihren Argumentationen dagegen, den Abgeordneten wie einen normalen Steuerbürger zu behandeln?

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Ich kenne keine normaleren Steuerbürger, Herr Ab- geordneter.)

Ich schon.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Ich zahle Steuern, nicht zu knapp.)

Richtig. Sie zahlen Steuern auf eine ganz bestimmte Weise, aber auf eine andere Weise als andere es tun. Wir schlagen jetzt vor...

(Unruhe bei der CDU, SPD)

Sie können sich gern anschließend zu Wort melden. Wir schlagen jetzt etwas anderes vor, als Herr Schröter vorhin dargestellt hat.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das wird dadurch nicht richtiger.)

Nicht etwa den Eindruck zu erwecken, als zahlen wir keine Steuern, sondern wir machen nichts weiter als den Vorschlag, die Aufwendungen nach den tatsächlichen Aufwendungen abzusetzen und nicht mehr über eine Pauschale zu realisieren.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Sie un- terstellen, dass die Kollegen ihre Pau- schalen missbräuchlich verwenden.)

Da gibt es freilich Einwendungen dagegen. Sie haben eine Einwendung genannt. Aber das Ergebnis der Anhörung war keinesfalls, dass es absolut nicht geht. Es hat Anzuhörende gegeben, die klar gesagt haben, man könnte z.B. einmal das Urteil des Bundesfinanzgerichtshofs abwarten.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Es muss Sinn machen.)

Es macht Sinn. Ich habe versucht, Ihnen zu umreißen, dass die übermäßige Privilegierung von Abgeordneten bei gleichzeitigem Durchschleppen der Probleme innerhalb der Bevölkerung keinen Sinn ergibt.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Wo liegt denn das Privileg?)

Zweitens: Unser Abgeordnetengesetz hat eine Altersvorsorgeregelung, wo man so viele Jahrzehnte im normalen Berufsleben arbeiten müsste, die hat man im normalen Lebensraum überhaupt nicht zur

Verfügung - am Ende bitte, Herr Schröter - und daran basteln Sie im Übrigen mit Ihren Gesetzentwürfen nur ein klein wenig herum. Die Regelung über ein Altersversorgungswerk würde natürlich dazu führen, dass die Einkünfte der Abgeordneten zunächst erst einmal ansteigen. Worüber Sie aber nicht gesprochen haben - und das haben wir immer gesagt und insofern fürchten wir die Zahlen keinesfalls -, dass es nach einer gewissen Zeit zu Einsparungen kommt, und zwar zu Einsparungen im öffentlichen Bereich bei den Staatsgeldern. Das ist doch im Grunde genommen das Ziel des Vorschlags einer anderen Altersversorgung, dass die Staatskasse entlastet wird dadurch, dass die Abgeordneten mit ihrem eigenen Einkommen für ihre Altersversorgung sorgen.

Drittens - Nebentätigkeiten und Nebenverdienste: Wenn Politik, wenn Politikerinnen und Politiker glaubhaft bleiben wollen bei Bürgerinnen und Bürgern, dann dürfen wir hier nicht so tun, als ob es um Angelegenheiten wie einen Bierkasten für den Herrn Abgeordneten Buse geht. Da geht es um ganz andere Größenordnungen und die Größenordnungen kennen die Bürgerinnen und Bürger, um die es geht. Es geht nicht um Bierkästen, sondern es geht um Glaubwürdigkeit von Politik, es geht um Glaubwürdigkeit des Ansehens von Abgeordneten. Da reicht es nicht, der Präsidentin irgendetwas bekanntzugeben und das im Handbuch abzudrucken - das hat mit Öffentlichkeit und Transparenz nichts zu tun.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Gegen die sogenannten Schwierigkeiten bei der steuerlichen Andersbehandlung von Abgeordneten ist eingewendet worden eine mehrseitige Steuerrichtlinie, die man brauchte, um den Anforderungen dieser steuerlichen Behandlung gerecht zu werden. Ich erinnere Sie daran, dass die Lohnsteuerrichtlinie für abhängig Beschäftigte mehr als 1.000 Seiten hat. Das hat ganz offensichtlich nicht dazu geführt, dass das Steuerrecht nicht durchgesetzt werden könnte.

Herr Schröter, wenn man über die Ausschussberatung spricht, über die Anhörung spricht und das durchdringende Argument ist, das bestehende Gesetz sei nicht kritisiert worden, dann entlarvt sich eine gewisse Art von Argumentation von ganz allein. Das bestehende Gesetz war nicht das, was Gegenstand der Anhörung war, sondern ein neuer Vorschlag war Gegenstand der Anhörung. Was wundert man sich dann darüber, dass das bestehende Gesetz nicht kritisiert worden ist, wenn es gar nicht Gegenstand der Beratung war.

(Zwischenruf Abg. Carius, CDU: Aber das bestehende System ist doch immer Gegenstand der Anhörung, wenn Sie es verändern wollen.)

Ja, aber ein Anzuhörender wird sich doch zu jedem Zeitpunkt auf den Neuvorschlag konzentrieren und nicht permanent sich daran aufhalten, das Bestehende zu bearbeiten, zu bewerten und zu beurteilen, wenn es um die Bearbeitung, Bewertung und Beurteilung von einem Neuvorschlag geht. Dass der Vorwurf oder der Einwurf von Ihnen, Herr Carius, kommt, erinnert mich daran, dass ich dem Herrn Buse nur recht geben kann, dass Ihre Art und Weise der Berichterstattung tatsächlich so tendenziös war, dass man glauben konnte, dass diejenigen Abgeordneten, die sich für einen Systemwechsel in der Abgeordnetenversorgung einsetzen, tatsächlich so etwas wie bescheuert sein müssen. Sie sollten nur dabei bedenken, dass es dann über die 28 Kolleginnen und Kollegen, die in diesen Bänken sitzen, weit hinausgeht, dann sollten Sie diese Art und Weise der Bewertung des Nachdenkens über eine andere Art der Abgeordnetenentschädigung zumindest bis nach Nordrhein-Westfalen und nach Schleswig-Holstein weiterleiten.