Protokoll der Sitzung vom 22.06.2007

Wir sind uns sicherlich alle einig, wenn sich die Bahn als eines der größten Unternehmen in Thüringen hinstellt mit 4.500 Mitarbeitern insgesamt in den verschiedenen Unternehmensbereichen, dass es dann nicht daran scheitern kann, ob man 20, 30 oder 40 Mitarbeiter in den Service-Centern vorhält oder nicht vorhält. Aber es bleibt dabei, dass die Landesregierung auf diese tarifpolitischen Entscheidungen der Tarifpartner der Deutschen Bahn AG keinen direkten Einfluss nehmen kann. Wir haben das Thema im Blickfeld und werden versuchen, in den Gesprächen der Deutschen Bahn AG die Belange der Bürger Thüringens und insbesondere die der älteren und

behinderten Menschen dort weiterhin zu vertreten. Bis jetzt haben wir in den Gesprächen auch immer etwas erreicht. Aber zum jetzigen Zeitpunkt ist zu dem Berichtsersuchen der SPD-Fraktion nicht mehr hier zu berichten.

(Beifall bei der CDU)

Ich frage: Wer wünscht die Beratung zum Sofortbericht zu Nummer 1 des Antrags? Die Fraktionen der CDU, der SPD und der Linkspartei.PDS. Damit eröffne ich die Aussprache und erteile das Wort Abgeordneten Lemke, Die Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Verkehrsminister Trautvetter sagte am 02.03.2006 anlässlich einer Aktuellen Stunde zum gleichen Thema in diesem Haus, ich zitierte mit Ihrer Erlaubnis: „Ich erwarte natürlich vor allem von der Bundesregierung und dem Bundestag, dass bei den weiteren Schritten in der Bahnreform und bei dem vorgesehenen Börsengang der Deutschen Bahn AG dort die entsprechenden Regeln aufgestellt werden, dass sich der Service der Bahn insgesamt verbessert.“ Herr Minister, die entsprechenden Regeln für den Börsengang sind aufgestellt und sie werden durchgesetzt. Nur leider taugen diese Regeln nur dazu, die Bahn börsentauglich zu machen. Man baut Personal ab, um Personalkosten zu reduzieren, um die Bilanz weiter im Sinne potenzieller Anleger zu verbessern. Zur Verbesserung des Service taugen sie jedoch nicht. Denn wer sollte den Service bieten, wenn immer mehr Personal verschwindet? Sie, Herr Minister Trautvetter, wissen um die Problematik - das haben Sie ja auch noch mal deutlich gemacht - und Sie halten die Entwicklung für falsch und wenig kreativ, da sind wir uns einig. So äußerten Sie sich jedenfalls gegenüber dem Ersten Bevollmächtigten der Ortsverwaltung Erfurt der Gewerkschaft TransNet.

Auch für Sie sind Fahrkartenautomaten synthetische Auskunftsstimmen oder Buchungsmöglichkeiten via Internet kein adäquater Ersatz für konkrete Hilfe und persönliche Ansprechpartner. Aber was ist nun zu tun, Herr Minister? Hoffen und abwarten, wie Sie es oben zum Ausdruck gebracht haben, auf Entscheidungen Dritter scheint keine erfolgversprechende Option zu sein. Die Planungen der Deutschen Bahn Vertriebs GmbH bzw. der Deutschen Bahn Fernverkehr - die Deutsche Betriebs GmbH ist dem Bereich Deutsche Bahn Fernverkehr zugeordnet - sind sehr konkret, und sie sehen Einsparungen auf den Bahnhöfen Eisenach, Erfurt, Gera, Gotha, Jena-Paradies, Leinefelde, Mühlhausen, Nordhausen, Saalfeld, Suhl

und Weimar vor. Einsparungen bis 17 Prozent stehen ins Haus. Hinzu kommen noch einmal Einsparungen von bis zu 10 Prozent, die aus Arbeitszeitverkürzungen beim betroffenen Personal resultieren. Und das allein sind die tariflichen Auseinandersetzungen, die Arbeitszeitverkürzungen, und nicht die Kürzungen im Personal insgesamt. Sie sollten auch ein Stück weit bei der Realität bleiben.

Vor allem in den kleinen Reisezentren werden sich die Serviceangebote für die Bahnkunden erheblich verschlechtern. Aber auch in Erfurt wird die geplante Reduzierung zu einem radikalen Zusammenstreichen der Öffnungs- und Schalterzeiten führen.

Innerhalb von sehr kurzer Zeit erfolgt der zweite Aderlass, Herr Minister. Erst wurde im Bereich Station und Service eingespart, das war nämlich was anderes; und nun zieht der Bereich Fernverkehr nach. Lieber Herr Minister, das sind zwei voneinander unabhängige Geschäftsbereiche, die hier kurz hintereinander Stellenkürzungen vorgenommen haben bzw. vorhaben, und nicht wie Sie irrtümlich glaubten und noch glauben - wie ich Ihren Worten eben entnehmen konnte -, dass es sich jetzt um das Kürzungsszenario von Station und Service handeln würde. Genau das ist es nicht.

Aber genau dieses Verwirrspiel der Bahn, das kaum noch zu durchschauen ist, führt dazu, dass man das gesamte Ausmaß nur schwer überblickt. Wir haben es hier in der Tat mit zwei gleichartigen Vorgängen zweier Geschäftsbereiche des Konzerns Deutsche Bahn AG zu tun, die beide Personal und damit Service abbauen. Mit großem Aufwand und mit viel Geld wird in Erfurt der Bahnhof umgebaut und in anderen Orten die Bahnhöfe modernisiert und verschönert. Aber für wen tun wir das, wenn uns die Kunden weglaufen oder fernbleiben? Hier muss gehandelt werden - und das schnellstens und mit viel Nachdruck. Auf Entscheidungen des Konzerns Deutsche Bahn sollten wir nicht warten. Denn hier gibt es zwischen vollmundigen Ankündigungen und der Praxis erhebliche Diskrepanzen.

So ist im Update Nr. 4/2007 - das ist eine Informationsschrift für Führungskräfte der Deutschen Bahn - zu lesen: „Ein erstklassiger Service und beste Kundeninformation stellen sicher, dass das umfangreiche Baugeschehen ohne Imageverlust abgewickelt werden kann. Der gesamte Deutsche Bahn-Konzern ist gefordert, wenn es darum geht, unsere Kunden bei Abweichungen vom Fahrplan optimal mit Informationen zu versorgen. Dazu müssen wir ressortübergreifend zusammenarbeiten.“ Mit Sarkasmus könnte man feststellen, die Zusammenarbeit der Ressorts klappt, erst kürzt Station und Service, dann der Fernverkehr, beide im Servicebereich. Die Qualität der Versorgung der Kunden mit Informationen wird

nicht schlechter, sie findet aus Mangel an Personal gar nicht mehr statt.

Ein weiteres Beispiel will ich Ihnen ebenfalls nicht vorenthalten. Da steht in einem Informationsblatt „Programm für das Netz von Morgen“, das ist eine Märzausgabe 2007, herausgegeben von der Deutschen Bahn, Netz für Landesgruppen unter der Überschrift „Fahrgastinformation“, „Wie erreicht unsere Kommunikation unsere Fahrgäste?“ unter dem Punkt Bahnhof, durch Info bei Fahrkartenverkauf und Auskunft und weiter steht dort „mit mehr Servicepersonal“. Was davon zu halten ist, kann man den Kürzungsplänen entnehmen.

Herr Minister Trautvetter, Sie haben dem Ersten Bevollmächtigten in Ihrem Schreiben zugesichert, dass Sie diesen Prozess im Auge behalten werden und die Ihnen zur Verfügung stehenden Mittel nutzen werden, um zu helfen. Ich erwarte angesichts der zugespitzten Situation, dass Sie uns gleich darlegen, was Sie tun wollen. Das haben Sie nicht getan. Und auch nicht in welcher Zeitschiene Sie irgendetwas tun wollen. Da es sich aber nicht um ein rein Thüringer Problem handelt, sollten Sie nicht nur hier vor Ort etwas tun, sondern auch über Bundesrat und Verkehrsministerkonferenz versuchen, diesen geplanten Servicekahlschag zu verhindern. Dazu möchte ich Sie nochmals ermuntern und aufrufen. Vielen Dank.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Für die CDU-Fraktion hat sich Herr Abgeordneter Wetzel zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Drucksache 4/3483 der SPD-Fraktion liegt uns die Systematik des Servicestellenabbaus bei der DB Fernverkehr auf Thüringer Reisezentren und die Attraktivität der Bahn in Thüringen vor. Ich würde sagen, der TOP 1 ist berechtigt, dass der Minister auf seine Gespräche mit der DB AG und auch mit der Station und Service eingegangen ist. Diesen Bericht haben wir gehört. Der Tagesordnungspunkt 2 wäre die Aufforderung, weiterhin mit der Bahn und sofort in Verhandlungen zu ziehen mit dem Ziel, weiteren Servicestellenabbau und damit Attraktivitätsverlust der Bahnreisenden in Thüringen zu verhindern.

Meine Damen und Herren, dieses Thema reicht natürlich nicht aus, um bis nach 18.00 Uhr zu kommen, das heißt, wir haben noch einen Tagesordnungspunkt vor uns, aber es sollte schon klargestellt sein,

dass man der Station und Service von dieser Stelle aus einmal sagen sollte, und, ich denke, wir sind uns da sehr weit einig, dass schlechter Service auch schlechte Kundenfreundlichkeit nach sich zieht und damit auch den Verlust von weiteren Fahrgästen und dass guter Service halt Kundenfreundlichkeit bedeutet, damit auch gute Erreichbarkeit, damit attraktive Zugänge und damit auch mehr Fahrgäste.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Anfrage durch den Abgeordneten Lemke?

Bitte, Herr Lemke.

Kollege Wetzel, geben Sie mir recht, dass wir in diesem Tagesordnungspunkt nicht über Station und Service reden, sondern über DB Fernverkehr?

Ich gebe Ihnen natürlich recht, dass wir über die DB Fernverkehr reden. Natürlich wird auch Thüringen - weil nun einmal das grüne Herz Deutschlands - vom Fernverkehr in Größenordnungen tangiert. Ich glaube, es ist auch Geschichte, dass wir die DB Station und Service hier besprechen, denn das waren im vergangenen Jahr die Dinge, die da gelaufen sind, aber dass eben auch mit dem guten Service auch unsere demographisch gesehen älter werdende Gesellschaft, speziell der ältere Bürger, vor einem Automaten stehend, Schwierigkeiten haben wird, sich im Fahrgastinformationsbereich oder geschweige denn im Fahrkartenbereich auszukennen oder gar im Handybereich zu buchen und abzurufen. Aus diesem Grunde, glaube ich, ist es wichtig hinsichtlich des Fernverkehrs zu sagen, macht es der Station und Service nicht noch nach, sondern versucht, diesen Service so lange es geht und so gut es geht auch mit einem guten Service zu erhalten, um letztendlich die Fahrgastverluste bei der DB AG nicht weiter hinnehmen zu müssen. Da gebe ich Ihnen ja recht, dass wir im Elisabethjahr und anderen touristischen Höhepunkten ja davon auch letztendlich als Freistaat ein Stück leben, unsere Unternehmen ein Stück leben, dass Gäste in unser Land kommen und dass sie es auch anständig und ordentlich wieder verlassen können ohne Schwierigkeiten. Das sollte man hier von dieser Stelle aus diesen Damen und Herren, die da in den Vorständen sitzen, schon ein

mal sagen. Aber, ich glaube, mehr ist da nicht möglich; denn wir haben - das hat der Minister richtig festgestellt - ja Tarifautonomie, und es gibt Tarifpartner. Diese Tarifpartner müssen zusammenarbeiten. Die Politik sollte sich da möglichst aus der Tarifautonomie heraushalten, sonst, würde ich sagen, funktioniert einiges in der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr.

Meine Damen und Herren, aus diesem Grunde ist Ihr Antrag, Drucksache 4/3083 im Punkt 2 abzulehnen; denn Tarifautonomie und Rechtsstaatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland stellen innerhalb meiner Fraktion für jetzt, für die Gegenwart, aber auch für die Zukunft einen hohen Stellenwert dar. Danke.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Doht zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Minister, dass Sie mit dem Anliegen unseres Antrags einig sind, ist ja sehr schön, aber, ich denke, das ist auch Ihre Aufgabe als Verkehrsminister. Sie wären ein schlechter Verkehrsminister, wenn Sie sich noch den Forderungen nach einem Serviceabbau bei der Bahn anschließen würden. Dass Sie unserer Fraktion aber hier vorwerfen, wir würden mit diesem Antrag das Plenum in die Länge ziehen, finde ich angesichts dessen, was hier gestern in diesem Hause abgegangen ist, eine Unverschämtheit.

(Unruhe bei der CDU)

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Die CDU-Fraktion hat dieses Plenum in die Länge gezogen, indem hier Abstimmungen so lange wiederholt wurden, bis die Mehrheit dann in Ihrem Sinne vorhanden war.

(Unruhe bei der CDU)

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Ja, das müssen Sie sich jetzt schon einmal anhören. Da muss ich auch noch dazu sagen, als die DB Station und Service im März vergangenen Jahres in den 3-S-Zentralen und den Servicepoints mit dem Personalabbau begonnen hatte, war es die CDUFraktion, die eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema hier beantragt hat. Da hat der Minister nicht gesagt, das kostet uns Zeit.

(Zwischenruf Trautvetter, Minister für Bau und Verkehr: Da passt es auch hin.)

Deswegen sollten wir heute hier reden,

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

weil nämlich auch die Gewerkschaft Transnet erwartet, dass von diesem Landtag in den Tarifverhandlungen ein politisches Signal ausgeht. Sollen wir denn erst warten, bis die Tarifverhandlungen abgeschlossen sind? Dann ist das Kind in den Brunnen gefallen. Dann brauchen wir hier auch nicht mehr darüber zu reden, sondern wir müssen jetzt darüber reden. Es sind zum einen Tarifverhandlungen, es ist Tarifautonomie, aber die haben letztendlich auch einen direkten Einfluss auf das Land, nämlich wie künftig in den Bahnhöfen, die in einem nicht unerheblichen Teil ja auch aus Landesmitteln mit gefördert wurden, noch der Service erhalten werden kann, was wir den Gästen anbieten, wie viel Bahnkunden letztendlich noch in diesem Land gehalten werden können. Ich denke, das sind alles Punkte, denen sich die Landespolitik nicht entziehen kann.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Herr Lemke, Sie haben recht, wir reden über zwei verschiedene Dinge, wenn wir den Abbau in den Servicestellen im vergangenen Jahr mit dem heute vergleichen. Im vergangenen Jahr war es die DB Station und Service, die Personal abgebaut hat. In Eisenach wurde die 3-S-Zentrale geschlossen. In anderen Bahnhöfen wurde massiv Personal eingespart in den Servicepoints. Heute ist es die DB Fernverkehr, die Personal einspart, vorrangig an Fahrkartenschaltern. Aber letztendlich gehen die Aufgaben in den Bahnhöfen ineinander über. Man kann es schon so zusammenfassen, dass es letztendlich ein weiterer Serviceabbau in den Thüringer Bahnhöfen ist. Der wird negative Auswirkungen haben auf die Bahnhöfe, auf die Annahme durch die Bahnkunden und das insbesondere in einem Jahr, wo wir die BUGA in Thüringen haben, wo wir die Landesausstellung haben, alles Orte, wo wir uns eigentlich wünschen, dass die Touristen mit der Bahn hinkommen sollen. Aber wenn man ihnen keinen Service mehr bietet, dann werden viele wieder auf den Individualverkehr setzen. Und ich muss auch sagen, ich verstehe es auch Sicht der Bahn nicht. Einerseits hat sich die Bahn bemüht, zusammen mit der BUGA-GmbH ein Ticket anzubieten, bei dem man das Bahnticket und die Eintrittskarte zusammen hat und auf der anderen Seite tut sie sich selbst keinen Gefallen, indem sie beim Service spart.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Die kriegt man am Automaten und im Zug.)

Ja, die kann man sicherlich auch am Automaten holen, das ist richtig, Frau Tasch. Denken Sie auch einmal daran, dass es vielleicht ältere Menschen gibt, dass es Behinderte gibt, und selbst junge Menschen, wenn sie in Eile sind, haben nicht immer die Möglichkeit, erst noch das ganze Tableau am Automaten durchzuspielen. Da ist der nächste Zug nämlich weg.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Die kann man im Zug kaufen.)

(Unruhe bei der CDU)

Es ist einfach kein Service und es ist kundenunfreundlich, wenn man dann einen Geisterbahnhof hat, wo nur noch Automaten stehen. Sicherlich, man kann vieles am Automaten machen, im Zug auch.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Da müssen sie aber auch gehen.)

Wenn Sie dann im Zug nicht einmal mehr einen Zugbegleiter haben, das ist ja noch das nächste Problem, dann tun Sie auch im Zug nicht mehr viel. Da können Sie schwarzfahren, ja, aber ob das letztendlich gewollt ist.

(Unruhe bei der CDU)

Letztendlich ist durch die jetzigen Einsparungen geplant, dass es in einigen Bahnhöfen zum massiven Abbau beim Personal kommen wird. In Eisenach sind 43 Prozent in Rede, in Erfurt 35 Prozent, Nordhausen 47 Prozent und insgesamt sind es 11 Bahnhöfe, die von diesen Einsparungen betroffen sind.