Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, lieber Kollege Worm, Sie haben zum Sonderinvestitionsprogramm des Artikels 52 hier ausgeführt. Diese Ausführungen kann ich nicht unkommentiert im Raum stehenlassen. Das Sonderinvestitionsprogramm des Artikels 52 SGB XI war eine Notwendigkeit, denn, lieber Kollege Panse, es ist richtig, früher war nicht alles besser, das wissen wir sehr wohl und das haben wir auch nie behauptet. Was Sie aber vergessen haben in Ihren Ausführungen ist die Finanzierung des Artikels 52. Es wurde zu 80 Prozent aus Bundesmitteln finanziert, zu 10 Prozent aus Landesmitteln und zu 10 Prozent aus kommunalen Mitteln, die das Land den Kommunen über den Kommunalen Finanzausgleich abgezogen hat. Das sollte wohl der Ehrlichkeit halber hier erwähnt werden. Just in
dem Moment und in diesem Augenblick, als das Sonderinvestitionsprogramm endete im Jahre 2005, hat sich die Thüringer Landesregierung aus der Investitionskostenförderung bis dahin geförderter Einrichtungen auf Miete und Pachten und als Kapitaldienstförderung zurückgezogen.
Auch das wurde vergessen. Was das in der Praxis bedeutet, ist ganz einfach. Die Pioniere der Altenpflege in Thüringen - und ich war selber Einrichtungsleiter einer solchen Einrichtung -, die schon vor einer SGB-XI-Regelung den Mut gehabt haben, eine Einrichtung zu bauen, sind von dieser Landesregierung in den - ich sage es nicht - getreten worden.
Die Bewohner dieser Einrichtung haben einen Bestandsschutz bekommen, das ist wohl wahr. Die Bewohner, die nach dem 30.06. eingezogen sind, in dieselbe Einrichtung, dieselben Leistungen beziehen, dieselben Mitarbeiter um sich herum haben, diese Bewohner zahlen seit diesem Zeitpunkt im Durchschnitt 450 € im Monat mehr.
Das ist sehr wohl ein Argument, wenn ich überlege, wo und in welcher Einrichtung bringe ich meinen Angehörigen unter. Das ist eine Wahrheit, die Sie leider hier vergessen haben. Sie haben damit erreicht, dass Thüringen eine Zweiklassengesellschaft in der stationären Pflege bekommt, aber leider nur was die Finanzierung anbetrifft, zum Glück nicht was die Qualität anbetrifft. Wenn das, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Vertrauensschutz ist, den die Senioren in Thüringen von der Thüringer Landesregierung genießen, dann war alles von Ihnen Gesagte hier wohl nur Makulatur. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, ich muss natürlich hier noch mal auf Herrn Panse reagieren. Herr Panse, ich will es Ihnen noch einmal ausdrücklich sagen, Sie können es sicherlich auch nachlesen, ich habe in meinem Beitrag die Pflege nicht schlechtgeredet, ich habe lediglich darauf verwiesen, dass es aktuellere Zahlen gibt als in Ihrer Anfrage verwendet worden sind. Sie haben
Ihren Beitrag zum Reisen habe ich nicht verstanden. Ich lese es Ihnen gern noch einmal vor. „Konkrete Nachfragen“ - steht in der Antwort der Landesregierung - „nach seniorengerechten Reisen gibt es kaum, daher auch keine expliziten Angebote für seniorengerechtes Reisen.“ Die Aussage habe ich nur mit einem Verband widerlegt. Das ist in Thüringen einfach nicht wahr. Ich habe nur von einem Verband Zahlen im Prinzip gebracht, da können Sie die AWO, DRK, alle großen Verbände nennen, selbst Caritas und Diakonie bewegen sich auf diesem Gebiet. Es hätte mich schwer verwundert, wenn Sie die Geschichte „Seniorenbeirat“ in Gera nicht angesprochen hätten, aber ich sage es Ihnen hier sehr deutlich, Sie sollten Ihr Wissen nicht nur aus der Zeitung bedienen, denn wenn Sie sich mal vor Ort erkundigt hätten, dann wüssten Sie, dass dieser Beschluss auf Grundlage eines Beschlusses der Seniorenvertretung zustande gekommen ist. Sie brauchen nicht mit dem Kopf zu schütteln, darüber gibt es sogar ein Protokoll. Dann können Sie hier auch nicht sagen, dass das gegen die Seniorenvertretung geschehen ist, das ist einfach eine Lüge und das ist nicht wahr.
Weitere Wortmeldungen von Abgeordneten liegen mir jetzt nicht vor. Dann hat das Wort Minister Dr. Zeh.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte eingangs mit dem gleichen Gedanken beginnen, mit dem Herr Kollege Goebel heute bei seinem Tagesordnungspunkt 5 zu den Hochschulen begonnen hat. Es gehört nun mal zum Ritual, dass die Opposition die Landesregierung als ahnungslos und konzeptionslos bezeichnet. Jahr für Jahr erleben wir, dass in diesem Bereich das blanke Elend herbeigeredet wird, dass es zum Zusammenbruch im Pflegebereich kommt. Kollegin Thierbach hat keine Gelegenheit ausgelassen, das hier zu beschwören. Nichts dergleichen ist eingetreten und es wird auch nicht eintreten.
Frau Jung, dass Statistik immer nur Momentaufnahmen sind, das ist nun mal so. Das hat die Statistik an sich, deswegen ist es auch immer möglich, aktuellere Zahlen zu finden, die kann man ja mit in den Vergleich einbeziehen, da bin ich vollständig offen. Über die Interpretation von Zahlen gibt es auch unterschiedliche Meinungen, auch das liegt in der Natur der Sache.
Dass Sie uns nun aber gerade Konzeptionslosigkeit vorwerfen, da muss ich Sie natürlich zurückfragen: Was haben Sie denn in letzter Zeit auf den Tisch gelegt? Man mag ja zu den 17 Thesen stehen, wie man will, sie sind ein Rahmen und beschreiben noch einmal die Querschnittsaufgabe der Seniorenpolitik. Aber substanziell Neues haben Sie seit dem März 2006 auch nicht auf den Tisch gelegt und deshalb meine ich, läuft der Vorwurf „Konzeptionslosigkeit“ hier ins Leere.
Was ich Ihnen aber wirklich übel nehme, Frau Jung, das muss ich an dieser Stelle sagen, dass Sie uns Gewissenlosigkeit vorwerfen. Ich halte das ebenso wie mein Kollege Panse, ich will das nicht mit seinen Worten wiederholen, aber ich empfinde es als eine Unverschämtheit. Gerade die PDS ist aus meiner Sicht der falsche Anwalt, eine solche Anklage zu erheben.
Es gibt kaum einen Bereich, wo wir eine solche katastrophale Hinterlassenschaft aus DDR-Zeiten übernommen haben, wie gerade im Bereich der Senioren; die sogenannten Feierabendheime, so hießen die nämlich damals meines Erachtens auch fälschlicherweise und diskriminierend. Wenn die Menschen nicht gerade in ihren eigenen Familien zu DDR-Zeiten gepflegt oder betreut werden konnten, wurden sie in Bereiche abgeschoben, die so unmenschlich waren, wie man es sich heute überhaupt nicht mehr vorstellen kann; Mehrbettzimmer oder, besser gesagt, Vielbettzimmer waren die Regel. Ich habe Zimmer von acht Personen gesehen, die aus Platzmangel eben mit acht Personen belegt werden mussten. Toiletten waren grundsätzlich auf dem Flur mit - wie das natürlich üblich war - mehreren Toiletten nebeneinander. Individualität und Menschenwürde wurde dort überhaupt nicht respektiert.
Den technischen Zustand der Sanitäranlagen brauche ich wohl kaum zu beschreiben. Wenn wir nicht so engagiertes Pflegepersonal in der DDR gehabt hätten, die das irgendwo ausgleichen konnten, dann wäre das wirklich zu bejammern. Genau dieser Zustand hat sich Jahr für Jahr verbessert. Es war keine andere als eine CDU-Regierung seinerzeit, die diese Situation über das Pflegeversicherungsgesetz geändert hat.
Das war nämlich Norbert Blüm, der gesagt hat, hier ist Handlungsbedarf und ich erinnre an Theo Waigel als Finanzminister, der gesagt hat, genau in diesem Bereich müssen wir Geld investieren, denn es gäbe kaum einen Bereich, den er in einem schlimmeren Zustand erlebt hätte. Deswegen gab es den Artikel 52, dort wurden vom Bund bzw. von der Pflegeversicherung 80 Prozent Investitionsgelder zur Verfügung gestellt. Das Land seinerseits war aufgerufen 10 Prozent und die Kommunen ebenfalls 10 Prozent hinzuzulegen. Das Land hat seinerzeit den Kommunalanteil von 10 Prozent übernommen, so dass wir 20 Prozent mitfinanziert haben.
(Zwischenruf Abg. Künast, SPD: Nein, nein, nein, es ist beim Kommunalen Fi- nanzausgleich abgezogen worden.)
Frau Künast, es ist trotzdem die Union gewesen, die dieses Programm auf den Weg gebracht hat; dabei von Gewissenlosigkeit zu sprechen, das halte ich in der Tat für eine Unverschämtheit.
Ich will auch, Frau Künast, auf Ihre Argumente noch mal eingehen. Ich habe in der Tat in der Pressekonferenz gesagt, dass Seniorenpolitik eine Querschnittsaufgabe ist, und ich habe auch betont, dass es eine kommunale Aufgabe ist. Dabei bleibe ich auch. Wir müssen uns doch noch einmal Ordnungspolitik ins Gedächtnis rufen. Seniorenpolitik gehört zu den originären Aufgaben der Kommunen. Das ist nicht nur ordnungspolitisch und von Rechts wegen so, das ist auch ausgesprochen vernünftig. Wir sollten von Er
furt aus nicht entscheiden wollen, können oder müssen, ob es sinnvoll oder geboten ist, an dem einen Ort ein Seniorenheim zu errichten oder eine Seniorenbegegnungsstätte oder irgendeine Infrastruktur, die gerade bezogen auf die Senioren eine Besserstellung oder ein Hilfsangebot gibt.
Frau Jung, wir sind nun mal kein vormundschaftlicher Staat mehr, wir wollen dies auch nicht sein, jetzt nicht und auch nicht in Zukunft. Ich sage hier auch nichts Neues. Wir brauchen uns auch an dieser Stelle gar nicht zu streiten, denn es ist nun mal in der Kommunalordnung so. Ich will an der Stelle ausdrücklich noch einmal sagen: Mit Blick auf das Verfassungsgerichtsurteil, das die SPD selbst mit in Gang gesetzt hat, ist genau dieser Aspekt noch einmal verstärkt worden. Wir haben als Land die Eigenverantwortung der Kommunen zu respektieren und die sind dadurch zu stärken, dass wir weniger Zweckbindungen der Mittel vornehmen, dafür mehr in die Schlüsselzuweisung. Das ist ein auch von Ihnen mit initiiertes und gegebenes Urteil. Ich meine, Ihr Antrag zeugt nun gerade nicht von der Konsequenz dieses Urteils, von der PDS ganz zu schweigen, die noch meilenweit von diesem entfernt ist. Die Kommunen brauchen nun mal keine Amme oder Übervater Staat, der sie bei ihren eigenen Aufgaben unterstützt oder ihnen diese Aufgabe abnimmt. Ich will damit auch wirklich keineswegs sagen, dass wir uns aus diesem Politikfeld zurückziehen wollen. Das war in der Vergangenheit nicht so und das wird auch in Zukunft nicht so sein.
Die Thüringer Landesregierung hat bereits vor geraumer Zeit im Landesseniorenbeirat diese eben immer wieder zitierten 17 Thesen zur Seniorenpolitik des Landes vorgestellt, die als Grundlage für ihr konzeptionelles Handeln dienen werden. Das Land hat übrigens in den vergangenen Jahren mit großem finanziellen Aufwand einen Beitrag zum Aufbau von Strukturen in der offenen Altenhilfe geleistet. Und die finanzielle Verantwortung gehört - das hatte ich vorhin bereits ausgeführt - auch und gerade in die Kommunen hinein.
Ich will noch einen Satz sagen zur derzeitigen Finanzierung der Arbeit der Landesseniorenvertretung: Aus Sicht der Landesregierung ist diese Finanzierung, wenn auch nicht üppig, so doch auf jeden Fall gesichert. Bereits in der Sitzung des Landesseniorenbeirats am 15.03.2007 habe ich den Vertretern der Landesseniorenvertretung in Aussicht gestellt, dass ich mich im Rahmen der Aufstellung des Haushaltsplans 2008/2009 dafür einsetzen werde, die Mittel an dieser Stelle wieder etwas aufzubessern. Allerdings, und das muss dabei auch gelten, sollte die Seniorenvertretung bereit sein, in noch stärkerem Umfang die koordinierenden Aufgaben im Land wahrzunehmen.
Den Hinweis im Antrag der SPD-Fraktion auf Regelungen beim Landesjugendring halte ich in der Sache nicht für treffend, da sich diese beiden Gremien in Aufgabe und Struktur voneinander wesentlich unterscheiden. Ich möchte jetzt hier keinen vollständigen Vergleich anstellen, aber ich möchte Ihnen in Erinnerung bringen, dass der Landesjugendring Dachverbände von Jugendorganisationen und ihre Untergruppierungen vertritt, die durch das Land und die Kommunen in recht erheblichem Umfang gefördert werden und teilweise hauptamtliche Mitarbeiter beschäftigen.
Die Landesseniorenvertretung Thüringen vertritt nach ihrer Satzung weder die in der Seniorenarbeit tätigen Vereine und Verbände noch deren Dachorganisation. Sie vertritt ausschließlich - und dies auch gut - die ehrenamtlich tätigen Seniorenbeiräte und Seniorenvertretungen. Diese beraten in den jeweiligen Stadtverordnetenversammlungen oder Kreistagen die Senioren betreffenden Angelegenheiten. Wenn Seniorenarbeit zu den ureigensten Aufgaben der Kommunen gehört, dann geht die Landesregierung davon aus, dass dort ausreichend Sachkompetenz vorhanden ist, um Seniorenförderpläne zu erstellen und diese auch zu finanzieren. Sollten Fragen bestehen, so werden diese, wie jetzt auch schon immer, im Dialog mit anderen Kommunen, aber natürlich auch mit den kommunalen Spitzenverbänden geklärt. Wir als Land sollten und werden uns weitgehend auf die Bereiche der Seniorenpolitik konzentrieren, für die das Land nach der bestehenden Rechtsordnung die Verantwortung trägt - nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Die Anregungen im Alternativantrag der Fraktion der CDU halte ich für sachgerecht und hilfreich. Ich werde mich dafür einsetzen, dass die konkret genannten Punkte Schritt für Schritt umgesetzt werden können. Mit einem ausführlichen Bericht wird die Arbeit des Landesseniorenbeirats transparenter gemacht werden. Ein seniorenpolitisches Konzept wird vorbereitet, das die Intentionen und Ziele der Seniorenpolitik in Thüringen verdeutlicht. Mit dem Aufbau eines Seniorenportals für Thüringen im Internet werden sich ältere Menschen umfassend und schnell Informationen holen können. Die Landesregierung wird über das seniorengerechte Bauen berichten und für die Umsetzung von alternativen Wohnkonzepten eintreten. Mit der Realisierung alternativer Wohnformen wird den älteren Menschen ein möglichst langes und selbstständiges Leben in den eigenen vier Wänden ermöglicht. Das gehört insbesondere auch zum Ziel der Landesregierung. Zu allen vier Punkten des Antrags wird die Landesregierung entsprechend § 105 der Geschäftsordnung im Thüringer Landtag berichten. Recht herzlichen Dank.
Danke schön. Entschuldigung, Herr Minister, Sie hatten zugesagt, am Ende die Frage vom Abgeordneten Eckardt zu beantworten.
Herr Minister, Sie haben die Missstände in den ehemaligen Feierabendheimen der DDR angesprochen, denen ich inhaltlich voll und ganz zustimmen kann. Auch wenn mir bekannt ist, dass Sie zu DDR-Zeiten nicht Mitglied der CDU waren, können Sie mir vielleicht eine Frage trotzdem beantworten: Was hat die CDU in 40 Jahren DDR getan, um die Situation in den Pflegeheimen zu verbessern?
Ich glaube, die Frage stellt sich mir zum heutigen Zeitpunkt nicht so sehr heftig. Mir geht es darum, dass die Senioren in der jetzigen Situation eine - wo es notwendig ist - Verbesserung ihrer Situation erhalten können. Dafür werden wir eintreten und dafür steht die CDU. Vielen Dank.
Eine weitere Frage von der Frau Abgeordneten Künast, lassen Sie die noch zu, Herr Minister? Ja, bitte, Frau Abgeordnete.
Herr Minister, Sie haben gesagt, dass Sie die Punkte des Antrags der CDU-Fraktion, den Alternativantrag, abarbeiten werden. Ist meine Annahme richtig, dass Sie auch unseren Antrag, wenn er im Ausschuss ist, wohlwollend mit uns beraten werden? Es klang so, als ist für Sie nur der CDU-Antrag wichtig, und alles andere fällt zur Seite.
Also, so weit ich verstanden habe, sollen beide Anträge an den Ausschuss überwiesen werden und er wird natürlich mit der gleichen Ernsthaftigkeit wie jeder Antrag dort behandelt werden.