Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch ein paar Worte zur geplanten Ost-West-Angleichung der Gehälter für die Landesbediensteten sagen. Die Linksfraktion sagt: Endlich, nach 17 Jahren deutscher Einheit wird nun ein Schritt in Richtung gleichwertiger Lebensverhältnisse getan. Frau Ministerin, wir sagen aber auch, dass Ihr Schritt nur dann wirkliche Logik entfalten kann, wenn sich die Landesregierung endlich dafür aktiv einsetzt, dass es insgesamt höhere Löhne in Thüringen und im Osten Deutschlands gibt und dass es Mindeststandards bei der Entlohnung gibt. Deshalb fordern wir den gesetzlichen Mindestlohn.
Wir sind überzeugt, dass die von allen Seiten beklagte Abwanderung junger Menschen, insbesondere auf Thüringer Verhältnisse bezogen von jungen Frauen, nur dann relativiert werden kann, wenn die Lohnunterschiede nicht mehr so hoch sind. Die strategische Ausrichtung Thüringens als Niedriglohnland war gesellschaftspolitisch verhängnisvoll. Diese Landesregierung hat es oft genug betont, dass sie in diese Richtung gehen möchte. Deshalb tragen Sie auch dafür die Verantwortung.
Meine Damen und Herren, neben der Debatte um höhere Löhne benötigen wir im öffentlichen Dienst in allen essentiellen Bereichen eine aktivere Ausbildungs- und Einstellungspolitik, sei es bei den Lehrern oder bei der Polizei.
Meine Damen und Herren, in den letzten Wochen und Monaten haben viele Themen das falsche Verhalten der Landesregierung offenbart. Ein Beispiel sind die Thüringer Theater und Orchester, die uns schon gestern in der Debatte beschäftigt haben. Ich finde, wie man mit den Beschäftigten und den Häusern insgesamt mit dem Ziel umgegangen ist, 10 Mio. € zu sparen, das ist skandalös.
Das Signal, welches nun nach Beendigung der Gespräche für die Zukunft gesendet wird, ist meines Erachtens verheerend, nämlich - wer sich nicht bewegt, bekommt am Ende mehr Geld.
Meine Damen und Herren, damit haben Sie in einem Bereich Schaden angerichtet, den wir - vermutlich zu Recht - als einen der wichtigsten Standortvorteile für Thüringen betrachten.
Meine Damen und Herren, ein anderer ebenso wichtiger Bereich ist der Bereich der Sozialpolitik und hier besonders der Familienpolitik. Mit Blick auf den Haushalt und das Volksbegehren bleiben wir bei unserer Position, Ihre Familienpolitik ist veraltet und rückwärts gewandt. Sie setzen den Weg, den Sie 2004 begonnen haben, auch mit diesem Haushalt fort und finanzieren nun die zweite 16-Millionen-Rate für die Stiftung „FamilienSinn“. DIE LINKE will die Rücknahme dieses Weges und wir werden auch dabei bleiben.
Werte Kollegen, die Landesregierung hat im Umgang mit den Kommunen schwere Fehler gemacht. Sie benutzen - auch wenn sie anderes behaupten - die Finanzen der Kommunen zum Ziel des Haushaltsausgleichs ohne neue Schulden, und das ist, denke ich, der entscheidende Punkt.
Zusätzlich belastend ist Ihre vermutliche Überzeugung, Sie könnten mit kleinen Nachbesserungen die kommunalen Akteure an der Nase herumführen und sie für dumm verkaufen. Die bisherige Debatte zeigt, dass Ihnen das nicht zu gelingen scheint und das ist gut so.
Meine Damen und Herren, zur Kritik gehören viele Punkte. Auf viele ist Herr Minister Gasser eingegangen. Ich möchte für meine Fraktion noch einmal drei nennen. Die Streichung der Investitionspauschale ist und bleibt falsch, und sie ist kontraproduktiv, sie ist wirtschaftsschädlich, sie ist arbeitsplatzschädlich
und sie schädigt letztlich die kommunale Selbstverwaltung. Wenn man sich vor Augen führt, 1993 wurden in Thüringer Kommunen noch 1,7 Mrd. € investiert, letztes Jahr waren es noch 300 Mio. €. Mit dem geplanten Wegfall der Investitionspauschale baut sich ganz logisch ein neuer Investitionsstau auf. So wird ein Beitrag - zumindest der kommunale Beitrag - zur Belebung der Binnennachfrage erschwert.
Zweitens, die Absicht, den Thüringer Kommunen 3 Prozent freie Spitze zuzubilligen, ist ebenfalls zu kritisieren. Drittens, Ihre Argumentation mit den Spitzabrechnungen aus 2006 und 2007 bezeichnen wir als grobes Foul an den Kommunen und ein übles Täuschungsmanöver, handelt es sich doch dort um rechtliche Ansprüche der Kommunen aus den Vorjahren und eben nicht um zu gewährende Almosen der Landesregierung.
Meine Damen und Herren, die Position des Gemeinde- und Städtebundes an dieser Stelle findet unsere Unterstützung. Das alte System, Herr Dr. Gasser, muss sauber und fair abfinanziert werden.
Für DIE LINKE ist klar, dass die Mittel für die Kommunen unbedingt nachzubessern sind und zusätzlich könnten wir uns vorstellen in § 3 des Haushaltsgesetzes, den Frau Ministerin Diezel schon erwähnt hatte, festzuschreiben, dass von etwaigen Mehreinnahmen neben der Bildung von Rücklagen für Pensionen - derzeit für 25 Prozent vorgesehen - und für die Tilgung auch den Kommunen ein entsprechender Anteil zur Verfügung gestellt werden kann.
Meine Damen und Herren, im Bereich der Bildungspolitik gilt ebenso das vorhin Gesagte. Wir kritisieren Ihre inhaltlichen Ansätze, sie sind falsch und in deren Folge auch viele Mittelansätze. Wir brauchen Schritte hin zu einem längeren gemeinsamen Lernen, Schritte hin zu mehr Ganztagsschulen, zu einem Mehr an Betreuung und Unterstützung in Form von Schulsozialarbeitern und Schulpsychologen und wir brauchen die Titel für die Jugendpauschale und die Schulsozialarbeit mindestens auf dem Niveau von 2004.
Ihre jetzigen Ansätze bedeuten immer noch eine Kürzung gegenüber 2004 um 5 Mio. €. Das ist nicht hinnehmbar, meine Damen und Herren.
Werte Kollegen, die Konjunktur in Deutschland führt zu höheren Einnahmen auch in Thüringen. Das ist gut und eröffnet die Diskussion darüber, ob Spielräume vorhanden sind, welche Spielräume vorhanden sind, welche Notwendigkeiten für eine andere Politik gegeben sind und welchen Beitrag der Landeshaushalt dabei leisten soll. Unter anderem müssen aus unserer Sicht folgende Fragen in den Mittelpunkt der Debatte: Welchen Beitrag leistet der Landeshaushalt beispielsweise für den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft? Das meint hier, ein Reflex auf die Debatte gestern, auch Hilfen an Menschen, die Ihrer sogenannten Auslese zum Opfer gefallen sind. Welchen Beitrag leistet der Haushalt für ein zukunftsfähiges Bildungs- und Schulsystem, welches künftig nicht mehr auf der selektierenden dreigliedrigen Struktur beruht? Welchen Beitrag leistet der Doppelhaushalt und somit das Land Thüringen gegen Abwanderung und für eine verstärkte Rückwanderung? Letzte Frage an dieser Stelle - das ließe sich sicherlich beliebig fortsetzen - wir fragen, welchen Beitrag leistet Thüringen für arbeitsintensive Investitionen im Land und in den Kommunen?
Meine Damen und Herren, wichtige und notwendige Projekte für unsere Fraktion lassen sich wie folgt skizzieren: Im Bereich der Kulturpolitik prüfen wir Vorschläge für einen Kulturlastenausgleich mit dem Ziel, die Unsicherheiten der Akteure im Bereich der Kultur zu beenden und eine insgesamt solidarische Finanzierung der Kulturlandschaft sowohl aus Landesmitteln als auch aus Kommunalmitteln zu ermöglichen.
Die Position des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen ist für uns eine gute Grundlage der Diskussion. Das Ziel würde darin bestehen, die Entsolidarisierung in diesem Bereich zwischen den kommunalen Akteuren mit der Herausnahme der kulturellen Titel aus dem Finanzausgleich nicht zuzulassen.
Meine Damen und Herren, ein zweites Projekt ist und bleibt für uns die Einführung einer Sozialpauschale und die Rücknahme der sogenannten Familienoffensive. Drittens, eine aktive Arbeitsmarktpolitik, die sichert, dass notwendige Arbeit auch getan wird, existenzsichernd bezahlt wird und die dabei auch die besonders am Arbeitsmarkt benachteiligten Bevölkerungsgruppen im Blick hat. Dass die Entwicklung in eine andere Richtung geht, will ich Ihnen demonstrieren. Sie können hier die Haushaltsentwicklung im Bereich des Programms „Arbeit für Thüringen“ sehen. Wir waren hier im Ist 2000 bei über 83 Mio. €, der Ansatz im Jahr 2009 beträgt
Im vierten Bereich hatte ich schon skizziert, es sind Fragen der Bildungspolitik. Unser Ziel ist dabei, alle Schritte zu unterstützen, dass es zu einer besseren Qualität von Bildung in Thüringen kommt.
Ein fünftes Projekt betrifft die Frage der Investitionen. Wir wollen dort Investitionen befördern, wo sie besonders arbeitsplatzintensiv sind, wo sie Arbeitsplätze schaffen, wo sie den Kommunen beim Abbau von infrastrukturellen Defiziten helfen und wo sie besonders nachhaltig auch im Sinne energiepolitischer Herausforderungen sind. Unsere Änderungsanträge wollen wir dabei ohne die Aufnahme neuer Schulden darstellen. Einen Ansatz für eine Diskussion über Deckungsvorschläge nannte ich schon, die Rücknahme der Maßnahmen der Familienoffensive. Ein anderer Ansatz ist die kritische Sicht auf die Finanzierung der Landesgesellschaften. Ein dritter Ansatz ist die Frage, welche Investitionen am ertragsreichsten und am nachhaltigsten zu bewerten sind.
Meine Damen und Herren, wir brauchen insgesamt eine Politik, die auch die Binnennachfrage anzukurbeln hilft, denn daran leidet noch die Konjunktur in Deutschland. Bei vielen Menschen auch in Thüringen kommt der Aufschwung, von dem gesprochen wird, nicht an. Dabei kommt den Kommunen natürlich, das hatte ich schon erwähnt, eine wichtige Bedeutung zu.
Wo liegen die Probleme? Wir haben auf Thüringen bezogen zum Teil nicht nur die Erfolgsmeldungen zur Kenntnis zu nehmen, Frau Ministerin, die Sie vorhin im Bereich der Wirtschaftslage dargestellt haben, sondern wir haben auch spezielle Thüringer Probleme, spezielle Thüringer Sorgen. Zwei möchte ich nennen: Wir haben erst in den letzten Tagen in den Zeitungen lesen können, dass die Bruttoeinkommen in Thüringen im Jahr 2006 wieder gesunken sind. Das Zweite ist, dass es auch im ersten Halbjahr bzw. in den ersten fünf Monaten dieses Jahres zu einem Rückgang des Konsums in Thüringen um 4 Prozent, glaube ich, gekommen ist. Das sind Signale, die wir ernst nehmen müssen. Unser Ansatz ist, dass der Landeshaushalt zur Stärkung der Binnennachfrage entsprechend gegenzusteuern und einen Beitrag zu leisten hat.
Meine Damen und Herren, es muss auch über die Verantwortung für die angehäuften Schulden in Thüringen debattiert werden. Dies auch deshalb, weil die CDU so tut, als hätte sie damit nichts zu tun. Gerade Thüringen ist - Sie wissen das alle - ein Musterländle für Filz- und Vetternwirtschaft und für
Das kann ich an einem Beispiel verdeutlichen, Sie werden noch mehr hören, aber ein Beispiel ist der Kostenanstieg, Herr Minister Zeh, im Bereich des Maßregelvollzugs. Wir wissen, nach der Privatisierung gab es umfangreiche Investitionen. Nichtsdestotrotz waren wir im Jahr 1995 bei einem Ist von 6,9 Mio. € und planen jetzt Haushaltsansätze von 37,4 Mio. €. Das sind Fragen, mit denen wir uns kritisch auseinandersetzen.
Jetzt nenne ich Ihnen die Beispiele, die Sie hören wollen. Dieser Landtag hat mittlerweile in dieser Legislatur vier Untersuchungsausschüsse, einen zur umstrittenen Hotelförderung, einen Untersuchungsausschuss zur Thüringer Industriebeteiligung, einen zum Flughafen Erfurt. Vom Flughafen Erfurt wissen wir nicht nur, dass hinten und vorn manipuliert wurde, sondern wir können auch aus dem Haushalt die Belastung ablesen, jährlich 9,7 Mio. € bis zum Jahr 2021 für die Abfinanzierung des Baues, nachdem dort schon ca. 100 Mio. € hineingeflossen sind. Dazu kommt noch die Subventionierung von Fluglinien über viele Jahre. Das macht schon summa summarum eine viertel Milliarde Euro, die in dieses Projekt geflossen sind.
Als Viertes haben wir jetzt einen Untersuchungsausschuss zu Leibis. Meine Damen und Herren, den abschließenden Ergebnissen kann und will ich nicht vorgreifen, aber die Einsetzung und die Beratung der Gegenstände von Untersuchungsausschüssen ist zumindest als Indiz für einen unsauberen und teilweise unkritischen Umgang mit öffentlichen Mitteln zu bewerten.