Als Viertes haben wir jetzt einen Untersuchungsausschuss zu Leibis. Meine Damen und Herren, den abschließenden Ergebnissen kann und will ich nicht vorgreifen, aber die Einsetzung und die Beratung der Gegenstände von Untersuchungsausschüssen ist zumindest als Indiz für einen unsauberen und teilweise unkritischen Umgang mit öffentlichen Mitteln zu bewerten.
Meine Damen und Herren, aus dem Haushalt ist auch lesbar, dass die erwarteten Einnahmen im Bereich der Spielbank von 3 Mio. € nicht kommen.
(Zwischenruf Abg. Wehner, CDU: Kannst doch morgen noch 18 Ausschüsse be- auftragen ohne vernünftigen Grund.)
Sie sind jetzt nur noch mit 1 Mio. € etatisiert, statt geplanter 3 Mio. €. Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, warum Sie sich aufregen.
Ja, wahrscheinlich. Wer glaubt, dass mit dem Erreichen von Nettoverschuldung Null damit Schluss ist, der irrt sich gewaltig. Ich will ein Beispiel nennen. Mit dem Modellprojekt ÖPP im Saale-Holzland-Kreis wird über 30 Jahre, meine Damen und Herren, auch noch mal für Sie, Herr Mohring, eine Verpflichtung eingegangen. Die klassischen alternativen Finanzierungen waren von 10 bis 20 Jahren. Wir gehen jetzt eine Verpflichtung über 30 Jahre ein, die selbst der Rechnungshofpräsident, herkömmlich finanziert, 5 bis 10 Prozent kostengünstiger sieht und das ohne die Begleitrisiken eines ÖPP.
(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Hättest du lieber die Banane gegessen heute früh, die Birgit Diezel Euch geschenkt hat.)
Meine Damen und Herren, wir verkennen die Motive für neue Wege, beispielsweise für ein PPP-Modell, nicht. Das hat auch die Ausschussberatung noch mal bestätigt. Allerdings sind sie für uns ein Beleg dafür, dass der Landeshaushalt nach wie vor infolge auch der Kürzungspolitik der letzten Jahre in vielen Bereichen chronisch unterfinanziert bleibt. Abschließend zu dem Punkt, PPP-Modelle sind für uns keine Alternative, um daraus einen Ausweg zu finden.
Deshalb, meine Damen und Herren, will ich an dieser Stelle eine gewohnte bundespolitische Anmerkung machen. Wir müssen auf der Forderung beharren, dass die öffentlichen Haushalte so auszustatten sind, dass sie auch die Aufgaben des Staates gegenüber den Bürgern adäquat und im vollen Umfang erbringen können. Damit, das wissen Sie auch, sind wir wieder bei dem Thema gerechte Einnahmen.
Frau Ministerin, Sie haben über die Zeit nach 2000 gesprochen, über die Steuerausfälle. Aber Sie haben dort eher so gesprochen, als seien sie durch ein ehernes Naturgesetz über uns hereingebrochen. Die
Hören Sie zu! Neben den handwerklichen Fehlern bestand aber im Kern zwischen den großen Parteien CDU und SPD Einigkeit, dass man in Deutschland eine Steuerreform machen müsse, die vor allem bedeutet, Steuern für Großkonzerne runter. Die Zeche bezahlt - das zeigt doch die Entwicklung und das zeigen doch die Sparhaushalte der letzten Jahre - haben die Lohnsteuerzahler, die Rentnerinnen und Rentner, die Kleineinkommen und der Mittelstand.
Meine Damen und Herren, Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen, vor wenigen Tagen ließ der Bundesrat mit Beteiligung Thüringens die zweite Unternehmenssteuerreform passieren, die wiederum die Senkung der Körperschaftssteuer zum Ergebnis hat. Die Gegenfinanzierung ist aus unserer Sicht unsolide und eher vom Wunsch als vom Realitätssinn geprägt. Das sind auch Einnahmen, Herr Mohring, die uns fehlen werden. Wenn sie allen Ländern fehlen, fehlen sie in Zukunft auch in Thüringen. Die Ausfälle dieser Reform fressen ca. ein Drittel der Mehrwertsteuererhöhung auf, die ja bekanntlich am härtesten bei den kleinen Einkommen durchschlägt.
Meine Damen und Herren, ein drittes Argument: Deutschland verzichtet im Europäischen Vergleich auf mehr als 100 Mrd. € jährlich an Gewinn- und Vermögenssteuer. Das ist keine Erfindung von uns, sondern das ist im Oktober 2006 im OECD-Report vorgelegt worden und wurde in den letzten Tagen bestätigt.
Meine Damen und Herren, wer das nicht mit in Betracht zieht, wer das nicht mit diskutiert, dem unterstelle ich, dass er seine Sicht der Dinge hier sehr offenbar zeigt und auch seine wahren Ziele, der schwächt den Zusammenhalt der Gesellschaft weiter, entzieht den Schwachen weiter die Unterstützung. Das, meine Damen und Herren, ist mit uns nicht zu machen!
Meine Damen und Herren, ich habe versucht, die Kritik meiner Fraktion am Haushaltsentwurf zu verdeutlichen und unser Herangehen zu skizzieren. Mit Blick auf die Beratung des Haushalts hoffe ich darauf, dass die CDU, Herr Mohring, nicht alte Fehler wiederholt und zumindest das Haushaltsbegleitgesetz mit in die anderen Fachausschüsse verweist. Ihr vorliegender Antrag auf lediglich schriftliche Anhörung der
Betroffenen und kommunalen Spitzenverbände deutet darauf hin, dass Sie ein weiteres Mal ein grobes Foul begehen wollen. Wenn es so kommen sollte, werden wir als Fraktion, ich hoffe auch mit der SPD, entsprechend reagieren, auch öffentlich reagieren.
Ein zweiter Kritikpunkt im Verfahren: Sie haben sich offensichtlich durchgesetzt und im Haushaltsgesetz in § 13 Abs. 2 eine Regelung aufgenommen, die unseres Erachtens auf die Liga bzw. die Parität und den Landessportbund zielt, eine Regelung, mit der Sie schon im Haushalts- und Finanzausschuss Schiffbruch erlitten haben.
Meine Damen und Herren, sollte es so sein, dann bewerten wir das so, wie wir das vor einem Jahr auch bewertet haben, das ist ein Zeichen dafür, dass Sie kritische Akteure an die Kandare nehmen wollen, letztlich auch ein Beleg dafür, dass Sie am liebsten hin zu einer Almosenpolitik steuern, wo sich dann die Akteure, die Sie vorher geschröpft haben, noch bei Ihnen bedanken müssen, dass sie überhaupt noch etwas erhalten. Das findet unsere Kritik, das findet unseren Widerstand und damit werden wir uns auseinandersetzen. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, dieser Doppelhaushalt bereitet Thüringen nicht auf die Probleme der Jahre 2010 bis 2020 vor, die lawinenartig auf uns zurollen.
Dieser Doppelhaushalt ist ein Wahlhaushalt, der in seiner Intention sehr den Haushalten der Wahljahre 2002 und 2004 ähnelt. Mit diesem Doppelhaushalt fährt die Landesregierung, fährt die CDU eine große Ernte ein, obwohl sie nur wenig gesät hat. Das sind die Zeichen für die Menschen in Thüringen, von denen die Finanzministerin gesprochen hat.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich die einzelnen Punkte erläutern. Warum ist Thüringen mit diesem Doppelhaushalt nicht für die Zukunft gerüstet? Da gibt es ja viele, gerade aus dem Mittelblock hier, die sagen, das ist ja alles halb so schlimm - aber alle, die diese Meinung vertreten, reihen sich ein hinter das Kartell des Vertuschens. Finanziell steht
Thüringen auf der Kippe. Ich will nicht sagen, dass das Ganze nicht hinzubekommen ist und dass man das nicht noch geradebiegen kann, aber Thüringen steht finanziell auf der Kippe. Fünf entscheidende Faktoren belegen das ganz deutlich.
Nehmen wir mal den ersten, die Steuereinnahmen. Im Moment stehen wir da sehr gut da. Wir müssen uns aber darauf einstellen, dass die Steuereinnahmen auch wieder stagnieren werden oder dass sie gar wieder rückläufig sein werden.
Der zweite Faktor, die Solidarpaktmittel - die Mittel aus dem Korb I, die sogenannten Sonderbedarfsergänzungszuweisungen, sinken schon 2009, danach kontinuierlich steil ab. Die Korb-II-Investitionsmittel sind in 2008 und 2009 mit knapp 300 Mio. € noch recht stabil. Danach geht es bergab. Das Problem ist, hier sinkt nicht irgendetwas, das hört sich so harmlos an, sie gehen auf Null bis 2019. Gegenüber dem heutigen Stand, gegenüber dem heutigen Haushalt gehen uns 2 Mrd. € pro Jahr verloren. Frau Finanzministerin, die von der Regierung bisher eingeleiteten Maßnahmen reichen nicht aus, um das zu kompensieren, weil Sie diese zu spät eingeleitet haben und weil Sie zum Teil halbherzig sind.
Der dritte Faktor sind die EU-Mittel. In dieser Förderperiode schneiden wir ja noch ganz gut ab. Aber nach 2013 werden es deutlich weniger werden.
Vierter Faktor - die Pensionslasten, die dramatisch ansteigen in den nächsten Jahren. Entgegen ihren Ankündigungen hat die Finanzministerin keine zusätzlichen Zuführungen an den Pensionsfonds im Doppelhaushalt veranschlagt. Lediglich im Haushaltsgesetz ist ein Zufließvermerk vorhanden. Wenn zu den jetzigen Steuermehreinnahmen, die schon riesengroß sind, noch weitere dazukommen sollten, wenn das Wirtschaftswunder noch in die Höhe schnellen sollte, dann würde etwas in den Pensionsfonds fließen, was ja wohl kaum zu erwarten ist.
Der fünfte Faktor, der rein biologische Faktor, nämlich die Verluste aus dem Bevölkerungsschwund. Im Schnitt haben wir im Jahr 2.200 € pro Einwohner nur beim Länderfinanzausgleich an Mindereinnahmen. Bei einem Bevölkerungsrückgang von 23.000 Einwohnern pro Jahr bedeutet das einen jährlichen Einnahmeverlust von 50 Mio. € gegenüber dem jeweiligen Vorjahr. Das ist wie eine Treppe nach unten, immer 50 Mio. € weniger.
Auf diese fünf Faktoren ist Thüringen nur unzureichend vorbereitet. Herr Mohring selbst sagt, wir müssen 2020 mit einem Haushaltsvolumen von 7 Mrd. € rechnen. Mag er richtig liegen, dass es so ist, aber beim jetzigen Doppelhaushalt werden noch einmal 250 Mio. € draufgepackt, also ein Schritt nach oben
2008/2009. Das ist aber eine Logik, wenn wir wissen, wir müssen steil nach unten gehen, dass wir jetzt noch einmal nach oben gehen, das müssen Sie erst einmal erklären.
Meine Damen und Herren, leider lassen sich beim vorliegenden Doppelhaushalt in vielen Bereichen noch keine konkreten Konsequenzen der Landesregierung auf den demographischen Wandel erkennen. Ich will nur einige Beispiele nennen. Wie will die Landesregierung langfristig die Erreichbarkeit der ländlichen Räume mittels ÖPNV-Mittel sicherstellen? Wie ist die Strategie der Landesregierung in Bezug auf die Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie bei zurückgehenden Fördermitteln? Wie will die Landesregierung die Abwasserentsorgung im ländlichen Raum bezahlbar halten, wenn mit dem Haushalt die Förderprogramme für Abwasseranlagen weiter zurückgefahren werden? Wie will die Landesregierung den Fernwasserpreis trotz vermeintlicher zusätzlicher Millionenaufwendungen für die Fernwasserleitungen langfristig auf niedrigem Niveau halten? Auf diese Fragen findet man keine in Zahlen gegossenen Antworten in diesem Doppelhaushalt.
Meine Damen und Herren, warum nennen wir dieses Zahlenwerk einen Wahlhaushalt? Bei genauer Betrachtung des Planes sehen wir, dass er den Thüringer Wählern wieder einmal eine schöne heile Thüringer Welt vorgaukeln soll. Das hatten wir schon einmal 2002 und 2004. 2004 wurde den Kommunen vor der Wahl sogar versprochen, dass bei ihnen nicht gekürzt werden soll. Vor den Wahlen war alles in Butter und nach der Wahl gab es auf einmal eine dramatische Haushaltssituation und ein Kürzungsnachtragshaushalt wurde erforderlich. Kann es sein, dass genau dieses Schema auch diesmal wieder herhalten muss? Ich will nur ein weiteres Beispiel liefern. Ist es Zufall, dass aus der Förderperiode 2007 bis 2013 bei den EU-Mitteln ausgerechnet im Jahr 2009 die meisten dieser Mittel im Haushalt veranschlagt sind? Die Landesregierung nutzt die Spielräume im Bereich des EFRE, um eine Reihe von Bereichen mit EU-Mitteln zu verstärken. Sie versteht es dabei ganz geschickt, die erhaltenen EU-Mittel als eigene Leistungen zu verkaufen. Im Haushalt haben wir auch zahlreiche Positionen, die in den vergangenen Jahren mit dem Rotstift zusammengestrichen worden sind. Und jetzt gibt es im Doppelhaushalt ein kleines Bonbon und Sie hoffen, sich damit bei den Betroffenen Ruhe vor den Wahlen zu erkaufen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun zur Doppel-Null kommen. Doppel-Null, was die offizielle Verschuldung angeht. Wir dürfen aber auch die
Schattenhaushalte nicht vergessen. Und gerade im letzten Haushalts- und Finanzausschuss, es ist gerade angesprochen worden, ist wieder ein PPP-Modell beschlossen worden, welches ein Volumen von mehr als 30 Mio. € umfasst. Ausgaben, die in die Zukunft verschoben werden und die wir zumindest im Blick behalten müssen. Gut, offiziell erst einmal keine unmittelbaren neuen Schulden. Das ist gut so und das finden wir auch richtig, aber die DoppelNull ist kein Verdienst der Landesregierung. Sie profitieren lediglich von den bundesweiten Steuermehreinnahmen. Wenn die Finanzministerin vorhin gesagt hat, die Wirtschaftsentwicklung in Thüringen lässt deutschlandweit aufhorchen, dann lässt das Mäuschen die Muskeln spielen. Aber ich weiß nicht, ob das die Elefanten Baden-Württemberg, Bayern oder Hessen überhaupt vernehmen.
Der Länderfinanzausgleich steigt noch einmal um 30 Mio. € bei uns, die wir mehr von den anderen Ländern bekommen. Das belegt, dass die wirtschaftliche und die Einnahmedynamik in den anderen Bundesländern stärker ist als in Thüringen. Thüringen zehrt also in nicht unerheblichem Umfang von der besseren Einnahmeentwicklung anderswo. Der derzeitige wirtschaftliche Boom in Deutschland geht sicher auf viele Faktoren zurück, der entscheidende ist die Auslandsnachfrage. Die wirtschaftliche Entwicklung in Asien ist ganz entscheidend für den Aufschwung in Europa, für den Aufschwung in Deutschland und auch für den Aufschwung in Thüringen. Die Politik hat daran einen eher bescheidenen Anteil. Dass Sie, Frau Finanzministerin, aber heute die Einkommens- und Unternehmenssteuerreform der letzten Bundesregierung, den Subventionsabbau von RotGrün und die Blockadepolitik der unionsregierten Bundesländer aus Ihrer Betrachtung total ausgeblendet haben, zeugt nicht von Großmut.