Mike Huster
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Frau Präsidentin, guten Morgen, werte Kolleginnen und Kollegen, in gewisser Weise soll heute mit dieser Verfassungsänderung ein gutes Gefühl beschlossen werden, ein gutes Gefühl insofern, dass sich viele Menschen zu Recht Sorgen machen um die hohen Staatsschulden sowohl im Freistaat Thüringen als auch im Bund. DIE LINKE hat in den letzten Wochen und Monaten versucht deutlich zu machen, dass wir eine andere Auffassung zur geplanten Schuldenbremse haben im Wissen, dass viele Menschen hierzu eine andere Auffassung haben. Ich will noch einmal die Gelegenheit der neuen Plenardebatte nutzen, um unsere anderen Auffassungen deutlich zu machen.
Es geht nämlich im Kern nicht um die Frage, ob und wie wir so schnell wie möglich Schulden begrenzen, sondern es geht im Kern um die Frage, wie soll das Gemeinwesen insgesamt in Zukunft ausreichend finanziert werden.
Meine Damen und Herren, wer heute glaubt, mit einer Schuldenbremse könnte er ein besseres Gefühl in den nächsten Wochen und Monaten bei der Bevölkerung vermitteln, der kann sich schon morgen gewaltig irren bzw. kann er morgen wach werden mit dem größten Sozialabbau der bundesrepublikanischen Geschichte. Ich will in den nächsten Minuten versuchen, Ihnen die Zusammenhänge etwas deutlich zu machen. Das ist nicht ganz einfach, das räume ich ein, weil auch mit dieser hier vorgelegten Verfassungsänderung suggeriert wird, es gehe ausschließlich um ein Thüringer Problem. In Wirklichkeit geht es aber um die elementaren Fragen auch in der Bund-Länder-Finanzierung und, wie gesagt, in der Finanzierung des Gemeinwesens insgesamt.
Meine Damen und Herren, wenn man über alternative Möglichkeiten nachdenkt, dann muss man zunächst mal konstatieren, dass wir heute an einem Punkt stehen, wo wir die Zeche bezahlen für eine jahrzehntelang verfehlte Politik genau in diesem elementaren Bereich der Finanzierung unseres Gemeinwesens.
Wir haben es mit einer zunehmenden Spaltung von Arm und Reich in der Gesellschaft zu tun. Wir haben in den letzten Jahrzehnten eine Politik erlebt, die massiv Großkonzerne bevorteilt hat, die letztlich ausgerichtet war, um die Finanzwirtschaft und den Export zu privilegieren. In gewisser Weise ist der heutige Schuldenstand auch Ergebnis dieser Politik. Ich versuche in den folgenden Ausführungen, diesen Zusammenhang deutlich zu machen.
Meine Damen und Herren, die Ministerin hat wieder Begriffe in ihrem Einführungsbeitrag verwandt, die wir so nicht tragen können. Sie reden nach wie vor von einer Konjunkturkrise. Ich glaube, die Analyse ist falsch.
Ich weiß nicht, wie selektiv Sie Nachrichten in diesen Tagen wahrnehmen wollen oder wahrnehmen können. Wer in diesen Tagen noch von einer Konjunkturkrise redet und nicht davon ausgeht, dass wir es mit einer systemischen Krise dieses weltweit verflochtenen Kapitalismus zu tun haben, der ist völlig naiv und der gaukelt den Menschen etwas vor, gaukelt ihnen
Scheinlösungen vor, die nichts mit der Realität zu tun haben.
Meine Damen und Herren, wer argumentiert, es ginge um die nächsten Generationen - natürlich geht es um die Frage, wie werden die nächsten Generationen belastet, Herr Mohring, aber man muss doch immer entgegenstellen, dass die öffentliche Hand auch Aufgaben hat, die sie heute leistet, beispielsweise durch die immer erwähnten Investitionen, die auch für die nächste Generation wichtig sind. Wenn man zum Zweiten darüber nachdenkt und kritisiert, dass wir heute hohe Schuldenstände haben - ja, natürlich haben wir hohe Schuldenstände, aber wenn für diese berühmten 1,5 Billionen Staatsverschuldung in Deutschland keine Naturgesetze verantwortlich sind, sondern das Ergebnisse von Politik sind, da muss man doch zunächst einmal darüber nachdenken, warum konnte denn so ein hoher Schuldenstand in öffentlichen Haushalten erreicht werden.
Die Argumente haben wir schon genannt. Die Art und Weise der Finanzierung der deutschen Einheit über die sozialen Sicherungssysteme und über die öffentlichen Haushalte sind ein Thema; sie werden insgesamt mit ca. 900 Mrd. € beziffert. Die Steuerreform des Jahres 2001 hat seitdem in die öffentlichen Haushalte Löcher in Höhe von ca. 300 Mrd. € gerissen. Drittens hat die Politik der Lohnzurückhaltung der letzten Jahre dazu geführt, dass massiv die Einnahmen in den öffentlichen Haushalten belastet worden sind. Viertens hat die Privatisierung im Bereich der sozialen Sicherungssysteme auch dazu geführt, dass Kaufkraft aus dem normalen volkswirtschaftlichen Kreislauf abgezogen wurde und sie letztlich an den Finanzmärkten zu Spekulationen gelandet ist.
Wenn man das einmal zusammennimmt, erkennt man, wie viel von den 1,5 Billionen Staatsverschuldung in Deutschland letztlich politisch verursacht sind, weil Sie ein einseitiges Konzept der Exportförderung verfolgt haben und Sie systematisch in den letzten Jahren die Binnennachfrage und die Investions- und Finanzkraft der öffentlichen Hand geschwächt haben.
Meine Damen und Herren, ebenso wird vergessen in der Debatte, dass wir, sollten wir heute Ihrem Antrag zustimmen, noch überhaupt keinen Weg haben, um nur einen Cent an Staatsverschuldung zurückzuzahlen. So argumentieren Sie in der Öffentlichkeit, aber das ist falsch. Sie würden zwar heute die Handlungsfähigkeit des Staates in den nächsten Jahren massiv einschränken, aber Sie haben noch keinen Weg aufgezeigt, wie Sie die Staatsverschuldung zurückführen können. Da brauchen wir wirklich ein anderes Konzept. Ein Weiterso und ein Wiederanlaufen der Konjunktur nach alten Strickmustern wird genau das Problem nicht mildern, sondern im Gegenteil, es wird es verschärfen. Ihre ganze Doppelzüngigkeit bei dem Thema zeigt sich auch daran, dass Sie, als Sie das Thema eröffnet haben vor über einem Jahr, von Wirtschaftskrisen als Ausnahmefälle überhaupt noch nicht gesprochen haben. Das gab es in Ihrer Ideologie nicht. Es gab vor einem Jahr in Ihrer Überlegung, in Ihren Konzepten überhaupt nicht den Fall von wirtschaftlichen Krisen.
Das Einzige, was Sie in den Mund genommen haben, auch der Ministerpräsident - ich kann mich sehr gut an die Vorstellung in der Staatskanzlei erinnern -, waren irgendwelche Naturkatastrophen. Das sollen Ausnahmefälle sein. Jetzt sind Sie von der Realität natürlich eines Besseren belehrt worden und haben versucht, zur höheren Legitimität Ihres Antrags die Wirtschaftskrisen mit aufzunehmen, aber, meine Damen und Herren, das zeigt, dass Sie nach wie vor nicht begriffen haben, was in der Welt los ist, und dass Sie nicht begriffen haben, dass Ihre Politik dazu geführt hat, dass die öffentlichen Haushalte systematisch verarmt wurden in den letzten Jahren.
Werte Kollegen - ich habe das versucht, eingangs zu sagen -, wir tragen natürlich auch den Sorgen der Menschen Rechnung. Ich glaube auch, aus den Zuschriften im Anhörungsverfahren herauslesen zu können, dass auch dort eine große Sorge ist, die Staatsverschuldung könnte uns am Ende handlungsunfähig machen. Nur können wir aus den Zuschriften auch eines herauslesen: Alle Anzuhörenden, die schreiben, ja, eine Begrenzung der Staatsverschuldung ist sinnvoll, sagen aber im gleichen Atemzug, aber unser Bereich muss ausreichend finanziert
werden. Gleichwohl ob es die kommunalen Spitzenverbände betrifft, den Bund der Steuerzahler, auch die Industrie- und Handelskammer, alle sagen: Ja, irgendwo müsst ihr sparen, aber bitte nicht bei uns. Das ist, meine Damen und Herren, noch kein Konzept, zumindest sollte das nicht für politisches Handeln handlungsleitend sein, sondern wir nehmen das wahr, wir nehmen das zur Kenntnis, aber ich glaube, wir müssen uns stärker über ein Gesamtkonzept und über ein alternatives Konzept unterhalten. Wir als LINKE sind fest davon überzeugt, dass das Gebot der Stunde nicht sein kann, Schulden per Verfassung zu begrenzen und damit nur einen Begründungszusammenhang für künftige drastische Sozialabbaurunden zu liefern, sondern ich glaube, das Gebot der Stunde muss sein, dass wir mehr Sozialstaat brauchen.
Wir brauchen mehr Absicherung der Risiken für die Menschen. Sie versuchen immer, Ihr ideologisches Konzept der sozialen Marktwirtschaft hier vorzutragen, aber Sie füllen es nicht mit Inhalten. Ich bin davon überzeugt, dass gerade in diesen Tagen mehr Sozialstaat bedeuten würde, Ihren Begriff der sozialen Marktwirtschaft wieder mit Leben zu füllen; ansonsten bleibt es nur eine leere Worthülse.
Meine Damen und Herren, mehr Sozialstaat, zweitens Binnennachfrage stärken, dazu gehören zum einen über die Finanzkraft der öffentlichen Hand die öffentlichen Investitionen, dazu gehören aber auch die Einkommen der Menschen und dazu gehört elementar - und davon lenken Sie ab - die Begrenzung von Reichtum. Es ist schlimm, dass das in der Debatte so gut wie gar nicht stattfindet.
Meine Damen und Herren, ich will auf einen weiteren Zusammenhang aufmerksam machen, wo die Ministerin uns auch immer mal kritisch begleitet, nämlich in der Frage, was das alles mit Thüringen zu tun hat, denn wir können doch hier sowieso nicht über unsere Einnahmen entscheiden, das heißt, wir müssen die Ausgaben in irgendeiner Form begrenzen. Ich habe Ihnen das schon mehrmals versucht darzustellen von diesem Platz aus, will das auch noch einmal tun. Die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern sind eng geregelt und sind sehr verflochten. Einen Großteil unserer Einnahmen erhalten wir genau aus diesen Bund-Länder-Finanzbeziehungen. Elementar in diesem Konstrukt ist der sogenannte Länderfinanzausgleich.
Wer, meine Damen und Herren, in Thüringen eine Schuldenbremse fordert und damit einen Begründungszusammenhang liefern möchte für die Begrenzung von Ausgaben in den nächsten Jahren, gleichzeitig aber in der steuerpolitischen Debatte fordert,
dass die Steuern gesenkt werden, die unsere Einnahmepositionen massiv schwächen, der ist zumindest unglaubwürdig - das muss man auch mal ganz klar sagen - oder wirtschaftspolitischer und steuerpolitischer Scharlatan. Die Beispiele sind doch bekannt. Sie haben gefordert, Herr Mohring, die Erbschaftsteuer abzuschaffen. Die Erbschaftsteuer in Thüringen mit einem reinen Landesaufkommen von ca. 10 Mio. € ist ja bekannt; über den Länderfinanzausgleich würde Thüringen allerdings 100 Mio. € verlieren, wenn es diese Steuer nicht mehr gäbe. Ähnliches war bis zur Abschaffung der Vermögensteuer zu konstatieren, dieselbe Systematik, auch ca. 100 Mio € an Einnahmen für den Thüringer Landeshaushalt, die mit dem Auslaufen der Vermögensteuer verloren gegangen sind. Die Senkung des Spitzensteuersatzes zum 01.01.2005 um 3 Prozentpunkte ebenso - es fehlten im Jahr darauf 100 Mio. € an Einnahmen im Thüringer Landeshaushalt.
Da sehen Sie schon, meine Damen und Herren, wie man tatsächlich in Zukunft Schulden begrenzen könnte: Man müsste die Einnahmen erhöhen und die Einnahmen nicht generell erhöhen, sondern die Einnahmen so erhöhen, dass die, die mehr leisten können, die mehr Vermögen haben, die Großkonzerne und die Leute, die speziell an der Politik der letzten Jahre verdient haben, die müssen stärker zur Finanzierung des Gemeinwesens herangezogen werden. Nur so kommen wir aus der Schuldensituation heraus.
Meine Damen und Herren, was die CDU fordert in diesem Bereich ist völlig hanebüchen. Zwei Beispiele: Herr Mohring, im Rahmen der Föderalismus-IIKommission sind Sie immer aufgelaufen und fordern mehr Steuerwettbewerb zwischen den Ländern. Das würde bedeuten, dass die finanzschwachen Länder in Deutschland, also auch Thüringen, deutliche Wettbewerbsnachteile hätten. Finanzstärkere Bundesländer, wie z.B. Bayern, könnten natürlich dann über eine Abschaffung der Erbschaftsteuer ihren Unternehmen einen deutlichen Wettbewerbsvorteil bringen, was nichts anderes bedeutet, als dass der nächste Politiker sich in Thüringen hinstellt und sagt, wir brauchen das dann auch. Die Einnahmen würden weiterhin massiv unter Druck kommen. Sie setzen sich nach wie vor für Steuersenkungen ein, für Steuersenkungen wieder für die Besserverdienenden - nichts anderes. Es würde darauf hinauslaufen, dass die Einnahmen weiter systematisch gesenkt werden.
Wir haben einen anderen Vorschlag gemacht, der für die Binnennachfrage tatsächlich etwas leisten könnte, nämlich die Mehrwertsteuer zu senken für arbeitsintensive Dienstleistungen beispielsweise. Das würde unseren kleinen Handwerkerfirmen tatsächlich helfen
und das könnte ein Motor sein, um die Binnennachfrage zu stabilisieren. Was haben Sie denn gemacht? Da sage ich einmal: Herr Mohring, wissen Sie, wer die Parteien sind, die seit 1969, seit der großen Finanzreform, die meisten Mehrwertsteuererhöhungen beschlossen haben in Deutschland? Sie und die FDP, die CDU und die FDP,
völlig konträr zur politischen Debatte, die Sie führen. Sie sind die Partei, zusammen mit der FDP, die am meisten in den letzten Jahrzehnten die Mehrwertsteuer erhöht hat und damit nichts anderes gemacht haben, als Kaufkraft aus der Volkswirtschaft abzuziehen und letztlich die Entlastungen, die Sie für die Großen bereit waren politisch zu tätigen, die haben die kleinen Leute bezahlt. Dieses ökonomische Konzept der systematischen Schwächung der Binnennachfrage und der systematischen Schwächung der öffentlichen Hand, das droht jetzt zu scheitern. Wir sind jetzt tatsächlich an einem Punkt, an dem wir über Alternativen nachdenken müssen. An dieser Stelle will ich es zumindest sagen, da bin ich schon entsetzt, was zum Teil aus der wissenschaftlichen Debatte zu vernehmen ist. Da ist doch tatsächlich ein Professor der Volkswirtschaft in der Zeitung wahrzunehmen aus Thüringen, der sagt: Das Gebot der Stunde kann nicht weniger Kapitalismus sein, sondern mehr Kapitalismus. Also angesichts der Tatsache, dass auch so ein Professor von Steuergeldern finanziert wird - ich finde das schlichtweg hanebüchen angesichts der um sich greifenden Armut in diesem Land, was da diskutiert wird.
Meine Damen und Herren, kommen wir zur zentralen Frage: Wie können denn die Schulden, die wir auch kritisieren, gerade wir kritisieren, in den nächsten Jahren überhaupt zurückgezahlt werden? Aus Thüringer Sicht, also vor dem Hintergrund des Abschmelzens des Solidarpakts II, der demographischen Entwicklung und auch dem Abschmelzen der Mittel, wird das mit hoher Wahrscheinlichkeit in der nächsten EUFörderperiode für uns doppelt und dreifach schwer, die Schulden je zurückzuzahlen.
Meine Damen und Herren, die konjunkturelle Entwicklung bis zum Jahr 2008 zeigt doch eigentlich im Kern, wie es gehen könnte. Erst muss ein nachhaltiger konjunktureller Aufschwung stattfinden. Wenn der stattfindet, wenn die Menschen Einkommen und Arbeit haben, wenn die Gewinnsituation der Unternehmen vernünftig ist, dann erwirtschaftet der Staat auch Überschüsse, dann können Schulden zurückgezahlt werden. Das zeigt doch eigentlich der Thüringer Landeshaushalt auch in den letzten beiden Jahren. Dann ist man doch bei der Frage: Wie organisiert man nun
eine nachhaltige Konjunktur oder das, was wir darunter verstehen? Da muss zentraler Ausgangspunkt sein, wir müssen die Binnennachfrage stärken.
Frau Ministerin, das ist eben der Unterschied, während Sie in der Analyse bei einer konjunkturellen Delle sind - also Sie nicht mehr, aber Ihr Wirtschaftsminister war bei einer konjunkturellen Delle, Sie sind bei einer Konjunkturkrise -, sind wir überzeugt, es handelt sich um eine systemische Krise. Ich will Ihnen noch folgendes Argument nennen. Nehmen wir an, Sie hätten recht und in ein paar Monaten würde die Konjunktur wieder anspringen. Was würde denn passieren oder was passiert in der Zeit weltweit? Es werden massiv Stellen zusammengestrichen, es wird massiv fusioniert. Der Rationalisierungsdruck in allen global agierenden Unternehmen nimmt dramatisch zu. Das heißt, am Ende eines möglichen Konjunkturzyklus, auf den Sie hoffen, werden mehr Arbeitslose stehen, wird der schnellere Abbau sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung und wird demzufolge keine Stärkung der Binnennachfrage stehen, sondern eine weitere Schwächung. Damit ist doch auch klar, dass Sie Ihr Ziel, Überschüsse zu erwirtschaften, um Schulden abzubauen, mit diesem Konzept nicht erreichen können, niemals erreichen können.
Die Themen, die Herr Matschie gestern angesprochen hat, bezogen auf die ökologische Frage und die Energiefrage und die Wasserfrage, also die zunehmenden Verteilungskonflikte, spreche ich da noch gar nicht an. Aber all das deutet doch darauf hin, dass die bisherige Art zu wirtschaften natürlich überhaupt nicht geeignet ist, um stabile öffentliche Haushalte in Deutschland zu gewährleisten. Meine Damen und Herren, es ist nun mal eine Wahrheit, Autos kaufen keine Autos, sondern die Menschen brauchen Zuversicht, aber sie brauchen in erster Linie Arbeit und Einkommen und das müssen Sie organisieren.
Meine Damen und Herren, wer sich dann natürlich in den letzten Tagen ein bisschen durch die Fachdebatten wälzt, ein Gefühl dafür wahrnehmen möchte, was international passiert, der kommt nicht umhin - die Zockerei geht weiter. Im US-Bereich zahlen die ersten Banken gewährte Gelder zurück mit einem Ziel, das Rad noch schneller zu drehen. Deshalb sind wir fest davon überzeugt, da müsste man ansetzen. Für Thüringen kann das nur heißen: Welche Maßnahmen können wir machen auch über unseren Landeshaushalt, um die Binnennachfrage zu stärken, um uns weniger abhängig zu machen? Und drittens natürlich, die Zockerei muss beendet werden. All das, was bisher diskutiert wird, scheint mir überhaupt
nicht geeignet zu sein, diese Zockerei zu beenden.
Frau Ministerin, ich will insofern noch sagen, Sie haben sich entschieden für Thüringen, abweichend von der Bundesdebatte Ihr Neuverschuldungsverbot für das Jahr 2011 vorzusehen und die Ausnahmefälle für den Fall weiterer wirtschaftlicher Krisen zuzulassen, aber Sie binden das natürlich an eine entsprechende Tilgungsverpflichtung in den nächsten Jahren. Da muss man doch aber mal überlegen: Ist denn das realistisch, ist denn angesichts der Lage wirklich realistisch, dass wir in Thüringen, sollten wir selbst in diesem Ausnahmefall noch Schulden aufnehmen müssen, dann in den nächsten Jahren diese Schulden verstärkt zurückzahlen können? Das ist doch unrealistisch, das ist doch angesichts der Realität in diesem Land völlig unrealistisch.
Meine Damen und Herren, ich glaube, all das, was Sie hier vorlegen, soll etwas dem Zeitgeist hinterherrennen. Es soll sicherlich sehr populär gefasst den Menschen ein Gefühl geben, wir machen damit etwas Gutes. Im Kern, behaupte ich, wird damit ein Legitimationszusammenhang geschaffen, um nach der Bundestagswahl massiv den Sozialstaat abzubauen, weil man nicht bereit ist, über eine der Kernfragen nachzudenken, die Begrenzung von Reichtum nicht nur in Deutschland, sondern weltweit - das ist aber eine Schlüsselfrage -, damit diese Wirtschaft, so wie Sie sie verstehen, überhaupt in den nächsten Jahren wieder in Gang kommt. Die Menschen brauchen Einkommen und diese Politik, meine Damen und Herren, müssten Sie bereit sein zu gehen und zu entwickeln. Das Gebot der Stunde kann nicht heißen „mehr Kapitalismus“, sondern im Gegenteil „weniger Kapitalismus“. Das Rad muss sich langsamer drehen.
Alle Vorschläge, die darauf zielen, von dieser Wahrheit abzulenken, bedeuten letztendlich eine zunehmende Sackgasse. Sie werden mit diesem Konzept scheitern. Alles, was Sie hier vorgelegt haben, hat mit nachhaltiger Finanzpolitik, die Sie für sich proklamieren, überhaupt nichts zu tun. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich versuche etwas zur Versachlichung der Debatte insofern beizutragen, als dass ich Sie und uns alle bitte, zum Ausgangspunkt der Debatte zurückzukehren.
Nun ist die Frage: Wie sollen in Zukunft die öffentlichen Haushalte in Deutschland finanziert werden? Herr Mohring, das, was wir von Ihnen gehört haben, neben dem Wunsch, per einfachem Gesetz die Schuldenbremse de facto zu verankern, sind Vorschläge von Ihnen nur zu hören im Sinne von, wir zerstören weiter die Handlungsfähigkeit der öffentlichen Haushalte. Sie haben bisher nur Vorschläge gemacht, die in den Bund-Länder-Finanzbeziehungen dazu führen, dass uns in Thüringen Einnahmen in Höhe von mehreren Hundert Millionen Euro weiter wegbrechen.
Wir haben zumindest vorhin versucht, Ihnen in der Debatte einmal die einfache Frage zu stellen, selbst wenn Ihre Annahme stimmt, dass Sie die Konjunktur wieder ins Laufen bekommen, dass Sie damit nicht mehr Steuereinnahmen haben und keine Haushaltsausgleiche gewährleisten können und dass Sie mit einer Schuldenbremse, so wie Sie sie, glaube ich, implizieren, um Sozialabbau vorzubereiten, das Problem, das wir heute in der Wirtschaftsordnung haben, noch verschärfen. Die Menschen werden Einkommen verlieren. Es sind Vorschläge - Herr Kuschel hat das vorhin benannt - im Raum einer Mehrwertsteuer von 25 Prozent. Das bedeutet nichts anderes, als dass die Kaufkraft bei den kleinen Einkommen weiter abgezogen wird. Dann gibt es zwar einen einfachen Widerspruch, der bedeutet, dass, auf deutsch gesagt, sich jeder Bockwursthändler irgendwie mehr mit den Großkonzernen, die spekulieren, identifiziert und sagt, ich wähle zum Schluss trotzdem die, die ich immer gewählt habe. Aber im Kern geht es darum, ob wir eine Politik machen können in Thüringen und in Deutschland, die die hier arbeitenden und lebenden Menschen zum Ziel hat und nicht die Rendite von global agierenden Unternehmen. Das ist auch die Kernfrage, wie die öffentlichen Haushalte in den nächsten Jahren finanziert werden sollen. Alle Vorschläge, die von Ihrer Seite kommen, bedeuten, dass sie Legitimationszusammenhänge für Sozialabbau schaffen. Und, Herr Mohring, wer sich hier hinstellt und dann so argumentiert mit dem politischen Kontrahenten oder Gegner, dass nur der gut und ernst zu nehmen ist, der Ihre Weltsicht teilt, ansonsten schimp
fen Sie auf die Leute ein und bezichtigen sie mehr oder weniger der vaterlosen Gesellen, wie Sie das in der Geschichte schon immer mal gebracht haben,
das ist ein undemokratischer Umgang hier im Haus. Es ist genauso undemokratisch, Frau Ministerin, wenn Sie unterstellen, die Opposition hätte in den letzten Jahren hier die Verfassung so ausgelegt, als hätte man grenzenlos mit den Anträgen Schulden machen wollen.
Das stimmt nicht, das stimmt auch in der letzten Legislatur nicht. Was hier immer im politischen Diskurs war, dass Ihre Investitionen natürlich unter Kritik standen und wir Alternativen vorgeschlagen haben, natürlich genau mit diesem Filter, welche Investition am ehesten geeignet ist, die Binnennachfrage zu stärken, ausreichend Menschen in Beschäftigung zu bringen und für Lohn und Brot zu sorgen. Ihre Vorschläge haben viel zu oft und oft genug damit zu tun gehabt, Prestigebauten in die Landschaft zu setzen, Beton statt Bildung zu finanzieren und damit nicht für einen selbsttragenden Aufschwung in Thüringen zu sorgen. Das ist doch das Kernproblem der Debatte. Ich bitte darum - deswegen werden wir Ihren jetzigen Gesetzentwurf ebenso ablehnen -, dass darüber in diesem Land debattiert wird, weil so, wie Ihr bisheriges wirtschaftspolitisches Konzept war, es nicht geeignet ist, für Stabilität zu sorgen, für Sicherheit bei den Menschen zu sorgen. Es ist nicht geeignet, Ihren zur Worthülse verkommenen Begriff der sozialen Marktwirtschaft wieder mit Leben zu erfüllen und damit dafür zu sorgen, dass langfristig auch die jüngeren Generationen hier einen Sozialstaat vorfinden, mit dem sie die zentralen Lebensrisiken abgesichert sehen. Darum geht es in dieser Debatte, meine Damen und Herren.
Wahlaufforderung des Bürgermeisters von Eichenberg
Der Bürgermeister der Gemeinde Eichenberg hat in einem offenen Brief an alle Haushalte der Gemeinde zur Teilnahme an den Wahlen zum Europäischen Parlament und zum Gemeinderat sowie dem Kreistag am 7. Juni 2009 aufgefordert. Diese Aufforderung war auf dem offiziellen Briefkopf der Gemeinde geschrieben.
Der Bürgermeister informierte gleichzeitig über alle Kandidatinnen und Kandidaten für den Gemeinderat Eichenberg. Für die Kreistagswahl informierte der Bürgermeister über seine eigene Kandidatur auf Listenplatz 26 der CDU. Diese Kandidatur war mit dem Zusatz „Ihr Bürgermeister“ versehen. Über weitere Kandidaturen zum Kreistag von Einwohnern der Gemeinde Eichenberg informierte der Bürgermeister nicht, obwohl diese vorlagen.
Ich frage die Landesregierung:
1. Unter welchen Voraussetzungen darf der Bürgermeister einer Gemeinde über seine eigene Kandidatur für den Kreistag auf dem Briefpapier der Gemeinde informieren und zur Wahl auffordern und dabei den Hinweis auf das Amt des Bürgermeisters verwenden; lagen diese Voraussetzungen im Fall des offenen Briefes des Bürgermeisters von Eichenberg vor und wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung?
2. Unter welchen Voraussetzungen darf der Bürgermeister einer Gemeinde zu ausgewählten Kandidaturen für den Kreistag auf dem Briefpapier der Gemeinde informieren; lagen diese Voraussetzungen im Fall des offenen Briefes des Bürgermeisters von Eichenberg vor und wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung?
3. Unter welchen Voraussetzungen muss die zuständige Aufsichtsbehörde gemäß § 32 Thüringer Kommunalwahlgesetz eine Wahlprüfung von Amts wegen einleiten; liegen diese Voraussetzungen im Fall des offenen Briefes des Bürgermeisters von Eichenberg vor und wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung?
Aktuelle Aktienkäufe der Stiftung FamilienSinn
Die Stiftung FamilienSinn besitzt ein aus dem Thüringer Landeshaushalt finanziertes Grundstockvermögen in Höhe von 34 Mio. €. Davon waren zum 31. Dezember 2008 1,84 Mio. € in Aktien angelegt. Bis zum 20. April 2009 wurde der Aktienanteil im Grundstockvermögen um rund 860.000 € auf nunmehr 2,7 Mio. € erhöht.
Ich frage die Landesregierung:
1. Zu welchem Prozentsatz waren diejenigen Mittel fest verzinslich angelegt, die zur Erhöhung des Aktienvermögens eingesetzt wurden?
2. In welcher Höhe werden Erträge aus den Aktien der Stiftung FamilienSinn erwartet?
3. Benötigt die mit der Vermögensverwaltung beauftragte Privatbank für die einzelnen Aktienkäufe
und -verkäufe gesonderte Genehmigungen seitens des Landes oder des Stiftungsvorstands und - wenn nein - warum ist dies aus Sicht der Landesregierung nicht notwendig?
4. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass sich die Stiftung FamilienSinn zum Zwecke der Ertragserzielung aus den ihr zur Verfügung gestellten öffentlichen Mitteln am Aktiengeschäft beteiligen kann oder sollte, und wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung?
Herr Staatssekretär, wenn Sie schon nicht der Auffassung sind, dass in diesem Bereich mit Aktien überhaupt nicht zu handeln ist, stimmen Sie mir zu, dass angesichts der Verwerfungen auf den Finanzmärkten ein maximaler Aktienanteil von 30 Prozent nicht doch deutlich zu hoch ist?
Ich würde meine Frage gern konkretisieren. Meine Frage zielte nicht auf das jetzt nicht ausgeschöpfte Möglichsein, also auf die 8 Prozent, auf das Faktische, sondern meine Frage zielte darauf hin, dass die Optionen jenseits der aktuellen Tageslage den Aktienanteil auf über 30 Prozent zu erhöhen, dass diese Option aus Sicht des Landes ein viel zu hohes Risiko darstellen könnte in der Zukunft, und ob Sie nicht der Auffassung sind, dass man durchaus auch in Richtung Ihrer 8 Prozent, die heute Realität sind, möglicherweise Einschränkungen dahin gehend täti
gen sollte.
Danke, Frau Präsidentin. Herr Mohring, sind Sie mit mir der Meinung, dass insbesondere Ihre Vorschläge zur Steuersenkung, insbesondere an Besserverdienende, in den letzten Jahren eher nicht dazu geführt haben, die Steueraufkommen in Bund und Ländern zur Handlungsfähigkeit zu stabilisieren, und schließen Sie aus, dass Sie nicht vielmehr meinen jenseits Ihrer jetzigen Debatte um Steuersenkungen, nach den Wahlen über allgemeine Steuererhöhungen, Mehrwertsteuererhöhung, letztlich wieder nur Kaufkraft abzuschöpfen und damit weiteren Vorschub zu leisten, dass Einkommen weiterhin extrem ungleich in diesem Land verteilt werden? Beantworten Sie mir mal bitte diese Frage und diese Widersprüchlichkeit in Ihren steuerpolitischen Forderungen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Föderalismuskommission II steht vor dem Abschluss. Noch vor den Bundestagswahlen ist eine Einigung abzusehen, zumindest in der in der Öffentlichkeit zugespitzten Frage der Schuldenbremse und einiger anderer Fragen. Nichtsdestotrotz diskutiert der Thüringer Landtag heute zum Tagesordnungspunkt und zu den Anträgen der beiden Oppositionsfraktionen und zumindest die Möglichkeit sollten wir nutzen, diese vorhersehbaren Ergebnisse zu bewerten. Wir bewerten die insgesamt als dürftig.
Viele der zu Beginn der Föderalismuskommission II gewünschten Veränderungen in den Bund-LänderFinanzbeziehungen sind nicht aufgegriffen worden, Herr Wehner, da haben Sie recht. Der Katalog hat sich über die zwei Jahre immer weiter ausgedünnt,
nämlich nach der Frage, wo wird man sich voraussichtlich überhaupt einigen können. So viel blieb da nicht mehr übrig, so dass schon darüber spekuliert wird, ob es in der nächsten Legislatur eine Föderalismus-III-Reform geben wird. Die Dürftigkeit der Ergebnisse soll jetzt aber nicht Grund meiner Ausführungen sein, sondern das, was jetzt vor der Einigung steht, sollte bewertet werden. Diese Ergebnisse bewerten wir als LINKE in vielen Teilen als fatal, nicht nur als fatal in der Frage der Bund-LänderFinanzbeziehungen, sondern auch in der Frage, welche gesellschafts- und ordnungspolitischen Vorstellungen dahinterstehen und ob sie eher dazu geneigt sind, die Krisenerscheinungen in der Gesellschaft zu mildern bzw. zu relativieren oder ob sie tendenziell dazu führen werden, diese Krisenerscheinungen zu verschärfen.
Nicht unerwähnt will ich aber lassen, dass ich glaube, dass die Einigung, die jetzt in der Frage der Schuldenbremse vorhersehbar ist, sicherlich maßgeblich vor dem Hintergrund der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise zustande kommt. Hinzu kommt der Wunsch der beiden Hauptakteure, nämlich SPD und CDU, in der Großen Koalition gegenüber den Wählern noch vor der Bundestagswahl ein Ergebnis zu präsentieren, das zumindest die Sicherheit suggeriert, dass die Politik nicht weiter am Steigen der Staatsverschuldung interessiert ist. Vielleicht spielt dabei auch die Absicht eine Rolle, was wir in den letzten Tagen verstärkt verfolgen konnten, die Politik von der Verantwortung für die aktuellen Ereignisse freizusprechen und die Schuld irgendwelchen gierigen Bankern und den US-Banken und der US-Politik zuschieben zu können. Das blenden wir jetzt mal aus, aber, ich glaube, darin ist zumindest ein wahrer Kern.
Kernfragen allerdings, über die man in der Frage der Bund-Länder-Finanzbeziehungen dringend reden müsste, sind nach wie vor unbeantwortet. Da ist z.B. die in unserem Antrag in Punkt 1 aufgeführte Frage der Solidarität im Bundesstaat. Wie kann die Solidarität im Bundesstaat unter veränderten auch weltwirtschaftlichen Bedingungen unter größer werdenden sozialen Konflikten erhalten, sprich weiterentwickelt werden? Das ist nicht angepackt worden. Wenn man die aktuellen CDU-Papiere liest, Herr Wehner, dann deutet das darauf hin, dass Sie den Weg eines verschärften Wettbewerbs zwischen den Ländern an vielen Stellen forcieren wollen und sich damit auch vom Ziel der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse verabschieden. Nicht anders sind Ihre aktuellen Positionspapiere zu verstehen. Die Solidaritätsfrage ist also nach wie vor ungelöst.
Ungelöst ist auch die Frage einer Einführung beispielsweise einer Bundessteuerverwaltung, die ja in der Diskussion stand, um einerseits die Effizienz
zu erhöhen, um andererseits aber auch dafür zu sorgen, dass es mehr Steuergerechtigkeit in Deutschland gibt. Dies scheiterte im Wesentlichen am Widerstand der unionsgeführten Länder.
Drittes Defizit - Gemeindefinanzreform. Diese wird jedes Jahr in den Reden erwähnt, seit Jahren ist es immer für Sonntagsreden bestens geeignet, Ergebnisse zum Thema Gemeindefinanzreform in der Föderalismus-II-Kommission gibt es Null, usw. usf. Man könnte das noch beliebig fortführen.
Meine Damen und Herren, ich leite über zu dem, worauf man sich nun absehbar einigen wird, der Frage der Schuldenbremse und der damit im Zusammenhang stehenden Frühwarnsysteme, Hilfen an Notlageländer, um die Frage der Länderfusion jetzt möglicherweise nicht beantworten zu müssen. Das ist sicherlich der Komplex, auf den sich dann auch die veröffentlichte Meinung am schärfsten, am stärksten konzentrieren wird. Wir als LINKE wissen sehr wohl, dass ein Großteil der Menschen mit ihrem Sicherheitsbedürfnis zu Schulden eine Auffassung hat, die auf den ersten Blick mit unserer nicht übereinzubringen zu sein scheint. Das zeigen auch aktuelle Umfragen. Ein Großteil der Leute macht sich natürlich und zu Recht Sorgen über eine weitere Verschuldung des Staates. Das Problem dabei ist, dass über Ursachen der Verschuldung des Staates, dass über die Profiteure der Verschuldung des Staates überhaupt nicht diskutiert wird, sondern es wird nominal der Schuldenstand einzig als Kriterium einer guten oder schlechten Entwicklung genommen und daraus der Schluss gezogen, man muss verhindern, dass in Zukunft noch Schulden aufgenommen werden. Impliziert wird dabei immer, dass es die Ausgabewünsche der sozial Benachteiligten, dass es Ausgaben für die Bereiche Bildung und Kultur sind, die die Schuldenlast des Staates erhöhen, und nicht derzeit, wie wir es erleben, massiv die Staatsverschuldung ausgeweitet werden muss, um notleidende Banken und letztlich das gesamte Finanz- und Wirtschaftssystem am Laufen zu halten. Auch das, finden wir, muss kritisiert werden und es gehört in diese Debatte elementar mit hinein.
Meine Damen und Herren, man muss wirklich kein Prophet sein, wenn man in die Zukunft schaut, zu sehen, wenn sozusagen der Neustart des derzeitigen Finanz- und Wirtschaftssystems mit seiner, wie ich finde, falschen Wachstumsphilosophie gelingen sollte, wer am Ende die Notleidenden sein werden. Das werden alle sein, die auf den sogenannten weichen Faktoren im Sozial-. Bildungs- und Kulturbereich von Mitteln aus Bundeshaushalten und Landeshaushalten abhängig sind. Für die wird es dann heißen, wegen der Entwicklung der letzten Jahre ist kein Geld mehr für euch da und das wird letztlich die soziale Schieflage im Land verschärfen. Das sind ein
fach, denke ich, die elementaren Zusammenhänge und die muss man sich immer vor Augen führen, wenn man über dieses Thema diskutiert.
Die beabsichtigte Schuldenbremse im Bund soll ab 2020 gelten und sukzessive auch für die Bundesländer relevant werden. Für die Bundesländer, die jetzt in die Hilfesituation kommen werden, fünf an der Zahl, wird es obligatorische Auflagen geben, um an die Bundeshilfen zu kommen. Die werden sie nur erhalten, wenn sie ihrerseits wiederum mit verstärkten Ausgabekürzungen in den von mir vorhin schon genannten Bereichen reagieren werden. All das wird in der Tendenz weiter die Schieflagen auf die Benannten verschärfen.
Thüringen geht sogar noch weiter und will ein absolutes Neuverschuldungsverbot in der Verfassung einführen, das schon ab dem Jahr 2011 gelten soll. Trotz der Ausnahmen, die nun glücklicherweise, Frau Ministerin, über Naturkatastrophen hinausgehen, sondern vielleicht auch vor dem Eindruck der aktuellen Entwicklung, findet sich jetzt zumindest bei Ihnen auch die Möglichkeit, dass es zu wirtschaftlichen Krisen kommen kann und man dafür auch zeitlich befristet eine Neuverschuldung in Kauf nehmen kann.
Immer haben Sie es nicht gesagt, das gab es vor einem Jahr in Ihren Denkmodellen überhaupt noch nicht. Was Sie aber machen und was auch in der Föko II jetzt vorgesehen ist, das sind für den Fall von Schulden in Ausnahmesituationen verbindliche Tilgungspläne für die Folgejahre. Das, wenn die Frage der Einnahmen weiter ausgeblendet wird, würde aber nichts anderes heißen, als dass man dann wieder großzügig letztlich hineinspart in die nächste Krise, wenn man einmal diesen Ausnahmejoker genommen hat. Das ist das Kritikwürdige auch an den entsprechenden Tilgungsplänen.
Für Ostdeutschland, meine Damen und Herren, und für Thüringen wird das, was jetzt avisiert ist und was in Thüringen noch zugespitzt in die Thüringer Verfassung soll, noch deutlich verschärfendere Wirkungen haben, weil wir - und das wissen die Kollegen hier im Haus alle sehr gut - zunehmend noch von drei anderen Prämissen ausgehen müssen, nämlich dem Sinken des Solidarpakts bis zum Abschmelzen im Jahr 2019, der veränderten EU-Förderung ab dem Jahr 2014 - zumindest sehr wahrscheinlich - und unserer demographischen Entwicklung, wo wir bei dem Verlust an Einwohnern jährlich von 40 Mio. € allein über den Länderfinanzausgleich ausgehen. Das, was die Union noch in die Debatte der letzten Tage mit eingebracht hat, also ein mögliches Hebesatzrecht auf die Steuern für die Länder, würde uns weiter benachteiligen, weil das nichts anderes bedeuten wür
de, als dass die Länder, die einkommensstärker sind - und in der Zukunft wird das auch über Demographie erledigt -, also die einwohnerstärker sind, größere Möglichkeiten haben, diesen Steuerwettbewerb der Länder aktiv zu bestreiten und die Länder, die benachteiligter sind in diesem Wettbewerb, gnadenlos abzuhängen. Der Kampf um die Köpfe wird über diese Hebel geführt und ich befürchte, dass Edgar Moss, der ja sicherlich auch in Ihren Reihen durchaus geschätzt ist, recht hat, wenn er jetzt in einem Interview zu dem Ergebnis kommt, der Osten verarmt, vergreist und verdummt. Ich frage mich an der Stelle wirklich, ob das Ihr politisches Konzept ist bzw. - das werden Sie ja bestreiten -, was Sie dagegen tun wollen, dass sich das auf lange Sicht genauso auswirkt.
Meine Damen und Herren, was sich mit Föderalismusreform II verbindet, ist auf der finanzpolitischen Schiene nichts anderes als das, was Sie schon bei der Föderalismusreform I begonnen haben. Ich nenne nur das Thema Beamtenrecht. Hier haben wir in Thüringen schon ganz konkrete Auswirkungen im Landtag diskutiert, nämlich bei der Frage der Konkurrenz um die Lehrer im Fall Baden-Württemberg. Die langen Linien, meine Damen und Herren, sprechen tatsächlich dafür, dass die Interessen Thüringens, die ja diese Landesregierung und die Mehrheitsfraktion wahren sollen, nicht bloß in dieser Föderalismus-Kommission II, aber auch da, nicht gewahrt wurden. Ich sehe in den letzten zwei Jahren, wo unser Antrag im Haushaltsausschuss lag, keinen einzigen Ansatz neben der politischen Frage, dass die Mittel aus dem Solidarpakt II nicht angetastet werden sollen. Darüber hinaus sehe ich keinen einzigen Ansatz, der originär unseren Interessen hier in Thüringen gerecht werden kann. Im Gegenteil, aus Ihren Reihen kommen immer Forderungen, die unsere Einnahmebasis tendenziell weiter schmälern, während Sie zustimmen, wenn Bund und Bundesländer dafür sorgen, die finanzschwachen Länder immer weiter an die Kandare zu legen.
Ich will weitere Beispiele nennen, hier auch oft diskutiert. Ihre Steuersenkungskonzepte im Wesentlichen für Besserverdienende blenden aus, dass 40 Prozent der Bevölkerung in Deutschland derzeit überhaupt keine Steuern zahlen, weil sie so wenig verdienen. Das heißt, diese Debatte um Steuersenkungen hat von Anfang an vor dem Hintergrund dieser Zahlen ein klares ideologisches Gewicht. Sie wollen die Steuern vor allen Dingen für diejenigen senken, die einen wesentlich höheren Beitrag leisten könnten zur Finanzierung des Gemeinwesens. Ihre Position zur Abschaffung der Erbschaftssteuer wurde von Herrn Mohring hier vorgetragen. Die CSU macht das jetzt mit dem Vorschlag, die Erbschaftssteuer zu regionalisieren. Das geht in eine ähnliche Richtung. Die Position der CDU, Frau Ministerin
- ja, die ist sehr eindeutig, Herr Mohring, so dass man jeden Tag etwas anderes von Ihren Leuten lesen kann -, zu den Steueroasen: Auf die Nachfrage im letzten Plenum haben Sie gesagt, die CDU war schon immer dagegen. Die war schon immer für die Bekämpfung von Steuerflucht. Einen Tag später ist erklärt, dass das entsprechende Gesetzgebungsverfahren im Bund nicht vorankommt, weil die CDU das blockiert und weil sie doch dann bilaterale Abkommen mit den entsprechenden Ländern haben will. Also ganz so eindeutig ist es nicht. Im Gegenteil, immer dort, wo es darum geht, im Ansatz Steuergerechtigkeit herzustellen, sind Sie in den Büschen oder sind Sie kontraproduktiv. Das paart sich meist mit Forderungen, die Einnahmebasis auch des Freistaats Thüringen weiter zu schmälern.
Meine Damen und Herren, vor dem Hintergrund dieser Fakten und dem Fakt, einseitig auf diese Schuldenbremse zu fokussieren, fördern Sie - und das ist das, was eigentlich am Ende der Kette steht und auch irgendwann zum Offenbarungseid Ihrer Politik führen wird -, dass es dazu führen wird, dass die öffentliche Hand, der Staat, handlungsunfähig wird, den sozialen Ausgleich zu gewährleisten. Und das in einer Zeit, in der die sozialen Unterschiede und auch die Chancen extrem auseinandergehen und die Menschen das auch so empfinden. Wir brauchen keinen Staat, der handlungsunfähig ist, aber genau mit Ihren politischen Vorschlägen sorgen Sie dafür. Sie sorgen weiter dafür, bezogen auf Ostdeutschland und auf Thüringen, dass Sie keinen handlungsfähigen Staat haben, um gleichwertige Lebensverhältnisse, wie vom Grundgesetz vorgesehen, in Ost und West überhaupt noch herstellen zu können, sondern Sie werden letztlich nur noch eine Politik nach Kassenlage machen können. Und die heißt letztendlich, um den großen Laden am Laufen zu halten, ist das Geld für die Menschen nicht mehr da. Das verbindet sich aus meiner Sicht ganz klar mit einem Abschied von dem, was als soziale Marktwirtschaft in der Begrifflichkeit bekannt ist. Sie versuchen, diesen Begriff weiter zu besetzen. Sie sagen nur nicht, wo das Soziale in dieser Begrifflichkeit für Sie steht, was das heute heißt. Das, was Sie jedenfalls bei Föderalismus II machen, kann diesem Etikett der sozialen Marktwirtschaft nicht entsprechen. Das bedeutet am Ende mehr Wettbewerbsföderalismus, mehr Gängelung der Bundesländer, Eingriff in die Haushaltswirtschaft der Bundesländer und damit weniger Möglichkeiten für die Bundesländer, originäre eigene landespolitische Essentials zu entwickeln.
Meine Damen und Herren, ein weiterer Kritikpunkt, der sich damit verbindet, Sie erinnern sich sicherlich alle an die auch hier im Landtag in der 3. Legisla
tur sehr intensiv behandelte Vorlage in Drucksache 3/50. Da ging es darum, wie die Landesparlamente in Fragen der Bund-Länder-Kooperation zu beteiligen sind, damit Föderalismus nicht nur eine Veranstaltung der Exekutiven wird oder bleiben wird. Wenn wir uns das Verfahren zu den beiden Anträgen hier im Thüringer Landtag ansehen, so war zumindest von der Opposition gewünscht, sehr frühzeitig zu signalisieren, das und das sind unsere inhaltlichen Angebote und Vorschläge. Sie haben keinen einzigen vorgelegt - alternativ Ihre Position. Sie haben aber zumindest der Überweisung an den Haushaltsausschuss vor zwei Jahren zugestimmt. Gut ist, dass wir regelmäßig Bericht erhalten haben über den Stand der Verhandlungen. Sehr oft war aber auch in den Beratungen der Fall, dass wir alle konstatieren mussten, es gibt nichts Neues aus der Kommission, wir beraten das beim nächsten Mal. Was damit aber nicht gelungen ist, ist, dass dieser Thüringer Landtag formuliert hat: Welche Erwartungen haben wir denn an diese Föderalismuskommission II, welches Mandat geben wir denn unserer Landesregierung, in dieser Föderalismuskommission II zu verhandeln? Wir haben ein Angebot dazu gemacht. Aber das, was die Landesregierung dann für Thüringen verhandelt - das habe ich versucht darzulegen -, hat mit den Interessen Thüringens nichts zu tun, hat auch nichts mit dem zu tun, was im Landtag an Anträgen vorlag, sondern hat ausschließlich mit dem zu tun, was die CDU parteipolitisch für durchsetzbar oder für wünschenswert hält.
Zumindest über diese Frage ist der Geist der Drucksache 3/50 in keinster Weise erfüllt und deshalb von uns zu kritisieren.
Meine Damen und Herren, ein Zweites dazu: Die Debatte um die Schuldenbremse wird ebenso - so meine These, ich denke, da muss man auch kein Prophet sein - tendenziell dazu führen, dass Bund und Länder in ihrer Fähigkeit, zu einer aktiven Politik gegen die Auswirkungen von Krisen - wie aktuell, aber auch künftiger Krisen - zu finden, eingeschränkt werden. Das heißt, die Politik wird im Trend dazu verpflichtet sein, viel stärker noch dem Bürger zu sagen, ja, das, was ihr wollt, wäre irgendwie wünschenswert, aber unter gegebenen Rahmenbedingungen können wir es nicht finanzieren. Das stellt die Demokratiefrage auf eine ganz andere Weise, nämlich dass Bürgerinnen und Bürger sich zu Recht fragen, warum wählen wir denn dieses ganze Theater überhaupt noch, wenn ihr uns dann sowieso nur die Verwaltung des Mangels vorschlagt, und warum wählen wir überhaupt noch Landesparlamente, wenn ihr sowieso kaum noch Möglichkeiten habt, eigenständig politische Konzepte in euren Ländern durchzusetzen. Dazu gehört nun mal auch die Finanzierung.
Meine Damen und Herren, ein Drittes zum Stichwort „Demokratiedefizit“: Ich bin fest davon überzeugt - das habe ich eingangs bereits erwähnt -, dass wir bei der Frage der Staatsverschuldung nicht umhinkommen, uns sehr konkret anzuschauen, warum ist die Staatsverschuldung in den letzten Jahren so hoch gestiegen und wer sind die Profiteure dieser Entwicklung. Wenn Sie sich für unser Gesetzgebungsverfahren im Thüringer Landtag die Stellungnahme von Herrn Horn anschauen, bekommen Sie zumindest einen Hinweis, in welche Richtung die Debatte gehen könnte. Wir haben das auch im Landtag schon mehrmals zumindest benannt. Zu benennen wäre hier an dieser Stelle zum einen die Finanzierung der deutschen Einheit über die öffentliche Hand und die Sozialkassen und zum anderen die unsägliche Steuerreform des Jahres 2000/2001, die dazu geführt hat, dass bis heute die öffentlichen Kassen in Deutschland mehr als 300 Mrd. € an Einnahmeverlust haben. Nichts anderes ist die Kehrseite dieser Medaille, führt zu neuen Schulden und man kann es ganz klar sehen, dass das Ziel, die Staatsverschuldung zu begrenzen, über dieses technokratische Instrument von Schuldenbremsen nicht zu lösen ist. Stattdessen geht es aus meiner Sicht nur darum, den politischen Weg zu suchen, nämlich zu fragen, wie viele Einnahmen brauchen wir denn, um die Ausgaben in den nächsten Jahren zu finanzieren.
Meine Damen und Herren, das alles haben wir, wenn Sie unseren Antrag von vor zwei Jahren noch einmal zur Hand nehmen, in den acht Punkten versucht zu skizzieren. Alle Kernpunkte von damals - außer dem von Herrn Wehner genannten Punkt 1, „Solidarpakt II bis 2019 nicht antasten“ - sind aus meiner Sicht aktuell auf der Tagesordnung. Sie brauchen weitere politische Debatten. DIE LINKE wird dies weiter thematisieren. Wir haben deshalb auch mit Blick auf die Forderungen der Union aus den letzten Wochen hier noch mal eine Konzentration vorgeschlagen in unserem Entschließungsantrag in den drei Punkten:
1. das Modell eines kooperativen Föderalismus zu erhalten und das Ziel der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse nicht aus dem Blick zu verlieren,
2. gegen einen Hebesatz der Länder auf die Einkommens- und Körperschaftssteuer zu votieren, weil das den Interessen Thüringens nur schaden wird, an keiner Stelle nützen wird, und
3. die Einnahmen der Länderhaushalte nicht weiter zu gefährden, indem man Steuergeschenke verspricht,
sondern endlich eine angemessene gerechte Besteuerung entsprechend der Leistungsfähigkeit in
Deutschland herbeiführt. Das bedeutet für uns in allererster Linie, die großen Vermögen, die es wahrlich genug in Deutschland gibt, stärker zu besteuern, um die Aufgaben, die die öffentlichen Hände - also Bund, Land und Kommune - in den nächsten Jahren zu leisten haben, auch vernünftig erfüllen zu können.
In dem Sinne, werte Kollegen, bitte ich dann auch um Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, angesichts der Zeit will ich das Thema kurz behandeln, auch, weil wir uns ja in der letzten Sit
zung etwas grundsätzlicher mit all diesen Fragen von Einnahmen und Ausgaben in öffentlichen Haushalten beschäftigt haben. Ich finde es wichtig, dass die SPD das Thema Vermögensteuer in den Thüringer Landtag bringt auch vor dem Hintergrund, dass sich die CDU bisher immer gegen solche und ähnliche Versuche der Umverteilung von oben nach unten gewehrt hat und eine politische Auseinandersetzung in dieser Frage aus meiner Sicht auch eine Zukunftsfrage schlechthin ist für Gerechtigkeit und für die öffentlichen Haushalte.
Allerdings ist es so, wie die Kollegen der SPD-Fraktion das Thema anpacken, nicht besonders glaubwürdig. Ich will erinnern: Im Jahr 2005 kurz vor den Bundestagswahlen haben Sie in einer ähnlichen Methodik das Thema „Reichensteuer“ entdeckt. Wenn man sich die Einnahmen heute anschaut, kann man das schon durchaus als einen halbherzigen Versuch bezeichnen, ein Gerechtigkeitsthema zu besetzen. Sie hatten beim Thema „Vermögensteuer“ 1998 mit der gewonnenen Bundestagswahl selbst die Möglichkeit, die Vermögensteuer wieder einzuführen. Sie haben durch Ihre Beteiligung jetzt in der Bundesregierung auch nach wie vor die Möglichkeit, das noch in dieser Legislatur in der Bundesregierung offensiv zu thematisieren. Bitte und Aufforderung von unserer Seite wäre, das dort auch dringend und intensiv anzunehmen.
Des Weiteren, werte Kollegen, die Position der LINKEN ist bekannt. Wir wollen die Vermögensteuer, aber wir wollen sie auf keinen Fall so, wie Sie sie hier skizziert haben. Wir wollen die Umverteilung von oben nach unten, aber auch nicht so, wie Sie es hier skizziert haben in dieser Ausschließlichkeit, sondern, um es kurz zu machen, wir wollen die Vermögensteuer als einen Regelfall zur Umverteilung, zur gerechten Verteilung von oben nach unten, vergleichbar beispielsweise mit einer Börsenumsatzsteuer, die wir auch als Regelfall zur Finanzierung der öffentlichen Haushalte einsetzen wollen, und um Anreiz zu schaffen, Kapital in reale Investitionen zu lenken und weg von Spekulation. Wir glauben, dass die Krisenbewältigung, die Sie als Begründung für Ihren Antrag anführen, eher eine besondere, sicherlich zeitlich begrenzte Maßnahme erfordert, nämlich eine besondere Millionärsteuer, die ich jetzt nicht im Detail aufgrund der gebotenen Zeit erläutern will, aber die zumindest deutlich macht, dass die Mitverursacher oder ein Teil der Hauptverursacher dieser schweren Wirtschafts- und Finanzkrise sich auch an der Bewältigung der Schäden finanziell mit beteiligen müssen.
Die Vermögensteuer, um es noch einmal abschließend zu sagen, ist für uns ein Regelfall, um Aus
wüchse dieser Art, wie wir sie jetzt erleben, überhaupt nicht entstehen zu lassen, sondern generell eine gerechte Verteilung in der Gesellschaft zu organisieren. Aus diesen gesagten Gründen empfehle ich meiner Fraktion die Enthaltung zu Ihrem Antrag. Danke schön.
Danke, Frau Ministerin. Habe ich Sie eben richtig verstanden, dass Sie sich jetzt ausdrücklich für das Austrocknen von Steueroasen ausgesprochen haben.
Darf ich noch eine Frage stellen?
Habe ich falsch im Gedächtnis, dass Sie vor wenigen Plenarsitzungen hier einen diesbezüglichen Antrag im Thüringer Landtag noch abgelehnt haben?
Fragen zu den Antworten der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zu den Stiftungen des Freistaats Thüringen
In Drucksache 4/4947 antwortete die Landesregierung auf meine Kleine Anfrage bezüglich der Stiftungen in Thüringen. Aussagen über das jeweilige Anlagevermögen, die Anlageform, den Anlageort und die erzielten Erträge konnte sie dabei nur für drei Stiftungen des öffentlichen Rechts machen. Für die 13 Stiftungen bürgerlichen Rechts, an denen das Land als Stifter auftritt oder Mitstifter ist, waren solche Aussagen nicht möglich. Diese Angaben wurden von der Stiftungsaufsicht nicht erhoben. Im Übrigen sei
bei Rechtssubjekten des Privatrechts, wie Stiftungen bürgerlichen Rechts, eine Aussage aus datenschutzrechtlichen Gründen ohnehin nicht möglich.
Ich frage die Landesregierung:
1. Aus welchen jeweiligen Gründen wurden die Thüringer Stiftung Hilfe für schwangere Frauen und Familien in Not, die Stiftung Ettersberg, die Thüringer Ehrenamtsstiftung und die Thüringer Stiftung für blinde und sehbehinderte Menschen als Stiftungen bürgerlichen Rechts und nicht als Stiftungen öffentlichen Rechts errichtet?
2. Auf welche Weise stellte die Stiftungsaufsicht bis zum Jahr 2008 sicher, dass sie ihre Aufgaben wahrnehmen konnte, wenn Bestand und Veränderungen des Stiftungsvermögens und die satzungsgemäße Verwendung der Stiftungsmittel erst ab dem Jahr 2009 in einem Jahresbericht ersichtlich sind?
3. Wie hat die Landesregierung sichergestellt, dass die Stiftungen bürgerlichen Rechts, bei denen das Land als alleiniger Stifter auftritt, ihr Stiftungskapital nicht risikoorientiert angelegt haben, wenn sie über keine Informationen bezüglich der Anlagen verfügt?
4. Wie bewertet die Landesregierung die Effizienz und die Sicherheit der Geldanlagen bei den Stiftungen, bei denen das Land als Stifter fungiert, im Allgemeinen und die Werthaltigkeit der Aktien der Stiftung FamilienSinn im Besonderen?
Frau Präsidentin, eine zunächst. Herr Staatssekretär, wenn ich Sie richtig verstanden habe, impliziert Ihre Antwort auf Frage 3, dass die Informationen, die Sie als Mitglieder der jeweils zweiten Aufsichtsorgane, also jeweils Kuratorium oder den Räten, dort erhalten haben über mögliche Anlageformen für die Landesregierung in der Vergangenheit als ausreichend angesehen wurden.
Meine Nachfrage dazu: Halten Sie angesichts der generellen Entwicklung, die wir im Bereich verschiedener Anlageformen sehen, die derzeitigen Kontrollmechanismen seitens der öffentlichen Hand und seitens der Stiftungsaufsicht für ausreichend oder müssen die Ihrer Ansicht nach weiterentwickelt werden?
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die nach eigenem Bekunden beste Band der Welt, die Ärzte, könnten derzeit etwas abgewandelt singen: Die meisten Leute haben ihre Bildung aus der BILD, und die besteht nun mal, wer wüsste das nicht, aus Angst, Hass, Althaus und dem Wetterbericht.
Meine Damen und Herren, dazu fällt es mir schwer, milde zu lächeln, ebenso wie zu dem eben von Frau Ministerin Diezel hier Vorgetragenen. Wenn man den Antrag der Landesregierung hier diskutiert zum Verbot neuer Schulden, dann finden wir als LINKE, dass man ihn zwingend im Zusammenhang mit der Weltwirtschaftskrise diskutieren muss und dass der Zugang zu diesem Thema auch nur wirklich möglich ist, wenn man ihn im Zusammenhang mit den globalen Entwicklungen betrachtet.
Deshalb stellt sich schon die Frage, Frau Ministerin, warum ausgerechnet jetzt, ausgerechnet in der nach vielen Auffassungen größten Krise dieses Wirtschaftssystems seit 1929, in der größten gesellschaftlichen Krise seit 1945 - und manche Autoren sprechen von einer Zäsur mindestens in der Dimension von 1989 - warum Sie ausgerechnet am Beginn, wo die Auswirkungen dieser Krise überhaupt erst spürbar werden, hier einen so weitreichenden Entwurf zur Änderung der Verfassung und zur Veränderung der Grundlagen dieses politischen Systems einbringen wollen.
Meine Damen und Herren, würde Ihr Ansinnen so umgesetzt, so konsequent, völlig egal, ob 2010 oder 2011, dann wäre angesichts der Rahmenbedingungen, mit denen wir es auch speziell hier in Thüringen zu tun haben, die Pflicht zum größten Sozialabbau der jüngeren Thüringer Geschichte gegeben. Meine Damen und Herren, das ist für uns als LINKE nicht hinnehmbar und damit werden wir uns mit Ihnen aufs Schärfste auseinandersetzen.
Herr Mohring, Sie sollten sich Ihre unqualifizierten Zwischenrufe einfach besser überlegen. Ich deute Ihr Ergebnis vom Samstag auch als erste Abwatsche in Ihren eigenen Reihen. Halten Sie sich zurück und versuchen Sie mit Sachargumenten hier vorn aufzutreten und nicht mit Ihren komischen Zwischenrufen.
Meine Damen und Herren, will man Zugang zur Situation gewinnen, dann kommt man nicht umhin festzustellen, wir befinden uns ein halbes Jahr vor der Wahl in Thüringen. Schulden sind bei den sparbewussten deutschen Bürgern etwas nicht ganz so Positives. Viele Leute haben Angst vor Schulden und möglicherweise ist ja das der eigentliche Hintergrund der Landesregierung, hier auf dieses noch populäre Thema bei der Bevölkerung zu setzen. Dieses Thema basiert vor dem Hintergrund, dass insbesondere den neuen Ländern ein deutlicher Rückgang der Einnahmen in den nächsten Jahren bis zum Jahr 2020 auch ohne Wirtschaftskrise bevorsteht, nämlich über die bekannten Determinanten: Abschmelzen des Solidarpakts II auf null, das wahrscheinliche Abschmelzen der EU-Mittel in der nächsten Förderperiode und die fiskalischen Auswirkungen der demographischen Entwicklung für Thüringen. Alles zusammen bedeutet das, auch ohne Krise deutlich weniger Geld bis zum Jahr 2020, deutlich weniger Einnahmen. Dazu kommen nun die internationalen Krisenerscheinungen mit folgenden Begriffen: Wir haben es mit einer Krise
der Realwirtschaft zu tun, die man auf den Punkt wie folgt bringen kann, dass Autos keine Autos kaufen. Menschen brauchen Einkommen und sie brauchen es nicht nur in Deutschland, sondern sie brauchen es überall, Menschen brauchen verlässliche Einkommen. Wir brauchen eine insgesamt stabile Binnennachfrage, um überhaupt konsumieren zu können, was in der Wirtschaft produziert wird. Deswegen ist Ihre Analyse, sofern Sie glauben, die Krise kommt aus dem Finanzsektor oder sie kommt von Übersee, völlig falsch. Wir haben es mit einer tiefen Krise der Realwirtschaft zu tun.
Wir haben es weiter in den letzten Jahren und Jahrzehnten mit einem gigantischen, aufgeblähten Finanzsektor zu tun und man muss einfach feststellen, auch der ist nicht vom Himmel gefallen, sondern insbesondere der deutsche Beitrag am Aufblähen dieses Finanzsektors und am Nutzen dieses Finanzsektors war politisch gewollt. Über diesen Teil der Verantwortung muss diskutiert werden. Sie diskutieren darüber überhaupt nicht. Aber dass die Gesetze zur Zulassung von Hedgefonds beispielsweise von der Deutschen Bundesregierung gemacht wurden, dass im Koalitionsvertrag von CDU und SPD auf Bundesebene die weitere Deregulierung des Finanzsektors ausdrücklich Programm ist, das muss doch mitdiskutiert werden, wenn man über diese finanzpolitischen und fiskalischen Fragen redet.
Meine Damen und Herren, wenn man über Thüringen redet und die Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte, dann muss man doch versuchen, das wirtschaftspolitische Konzept der letzten zwei Jahrzehnte zumindest in Ansätzen infrage zu stellen. Da haben wir es auch damit zu tun, dass wir viel zu stark auf den Export gesetzt haben und dass letztlich auch steuerpolitische Entscheidungen, die direkte Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte hatten, bewusst politisch getroffen wurden, um diese Exportwirtschaft und diese Finanzwirtschaft zu stärken, aber die letztlich die Binnennachfrage geschwächt und die Einnahmebasis der öffentlichen Hand unterhöhlt haben. Natürlich ist das Ergebnis dieser Konzeption auch eine hohe Verschuldung der öffentlichen Hand, weil natürlich beständig die Einnahmen weggebrochen sind, weil man so abhängig vom Export war. Was wir in den 90er-Jahren erlebt haben, das war ja nur das Vorgeplänkel zu dem, was wir jetzt in den nächsten Jahren erleben werden. Ihre Antwort darauf und auf diese Krise ist ein Neuverschuldungsverbot in der Thüringer Verfassung. Ich merke, Sie haben noch überhaupt nicht begriffen, worum es hier eigentlich geht, meine Damen und Herren.
Am Ende meiner Rede bitte.
Meine Damen und Herren, die Armut der öffentlichen Hand, die sich aus dieser Politik ergeben hat einschließlich der Verschuldung
und einschließlich der zu zahlenden Zinsen ist die eine Seite der Medaille. Die andere Seite der Medaille dieses ökonomischen Konzepts ist die zunehmende Armut vieler Menschen. Ich will die Stichworte nennen: Kinderarmut in Thüringen, die Armut der künftigen Rentnergeneration infolge von Unterbrechungen in der sogenannten Erwerbsbiografie, die Einkommen der Menschen, die heute aufstocken müssen im Hartz-IV-Bereich trotz Arbeit - das sind doch alles Fakten, die man, wenn man die Dimension dieses Themas überhaupt intellektuell erfassen will, zumindest mit zur Kenntnis nehmen muss.
Meine Damen und Herren, das führt natürlich auch am Ende dazu, dass sich immer weniger Menschen einerseits Autos leisten können, aber auch andererseits eine anspruchsvolle Bildung oder eine anspruchsvolle Kultur leisten können. Das sind doch zwei Seiten einer Medaille - und so muss man das diskutieren.
Meine Damen und Herren, in dieser Zeit, in der dieses gesamte politische Konzept der letzten zwei Jahrzehnte in den entwickelten westlichen Industriestaaten weltweit zur Disposition steht, da legen Sie in Thüringen Kraft Ihrer Wassersuppe einen Antrag vor zur Änderung der Verfassung und zur Begrenzung der Nettoneuverschuldung. Einen größeren ökonomischen Unsinn kann man sich eigentlich überhaupt nicht vorstellen.
Meine Damen und Herren, ich will es vorwegnehmen, ich glaube, ein entscheidender Ansatzpunkt zur Lösung der Krise, auch mit Blick auf die Verschuldungsfrage der öffentlichen Haushalte, ist die Stärkung der Einnahmeseite. Nur wenn wir die Einnahmeseite stabilisieren, werden wir das Verschuldungsproblem lösen. Nun ist die Frage, wie kann man das schaffen, mit welchen Maßnahmen kann man die Einnahmeseite stabilisieren? Da glauben wir als LINKE, dass die
Begrenzung von Reichtum und die Umverteilung von oben nach unten der einzige Weg ist, um wieder Geldmittel in die öffentlichen Haushalte und in die Realwirtschaft zu spülen und letztlich damit auch die Binnennachfrage zu stärken mit dem Ergebnis, dass Arbeitsplätze geschaffen werden können.
Unabdingbar ist die politische Bereitschaft dafür, die Vermögenden, im Wesentlichen die Profiteure der Entwicklung der letzten zwei Jahrzehnte, zur Kasse zu bitten und zur Verantwortung zu ziehen. Meine Damen und Herren, wir brauchen eine gerechte Steuerpolitik in Deutschland.
Noch einmal mein Plädoyer: Die Frage der Nettoneuverschuldung darf nicht isoliert betrachtet werden, sondern sie muss in einer Dimension unserer Zeit betrachtet werden; das hatte ich ausgeführt. Ebenso möchte ich bekräftigen, wir haben es nicht mit einer Krise im Finanzsystem, sondern vorwiegend oder ursächlich in der Realwirtschaft zu tun. Dazu kommen andere, nachhaltig wirkende Krisenerscheinungen. Ich meine die ökologische und die soziale Krise. Ich will nur zwei Stichworte nennen: Wasser und Energie. Wir haben es mit einer Krise der internationalen Institutionen zu tun; auch das wird in der nächsten Woche diskutiert werden. Aber, meine Damen und Herren, hier geht es um etwas anderes, wir haben es vor allen Dingen mit einer Krise der geistigen Verfassung dieser Gesellschaft zu tun.
Diese Gesellschaft - wir alle, die wir uns formal den Prinzipien von Freiheit und Toleranz verpflichtet fühlen - hat in den letzten 20 Jahren im Wesentlichen nur noch den Prinzipien des neoliberalen Zeitgeistes letztlich Rechnung getragen. Dieser Zeitgeist hat im Prinzip alle Bereiche der Gesellschaft dominiert, so dass andere kritische Diskussionen kaum möglich waren. Wenn sie möglich waren, kaum wahrnehmbar waren, kaum multipliziert wurden; das rächt sich jetzt, weil ebenso analytische Instrumente in einer breiten Gesellschaft fehlen, um überhaupt zu begreifen, mit welchen Dimensionen wir es hier zu tun haben. Ich will Ihnen sagen, was dieser Zeitgeist permanent gefordert hat, was politische Entscheidungsträger immer wieder gepredigt haben: Senkung der Sozialabgaben, Senkung der Lohnnebenkosten, Steuersenkungen für Vermögende und Unternehmen im Wesentlichen, die Privatisierung von öffentlichem, schwerpunktmäßig von kommunalem Eigentum, das Zurückdrängen des Staatlichen insgesamt, auch der Investitionskraft der Kommunen, auf der anderen Seite das Verhindern von Mindestlöhnen, Hartz IV, das sich viel zu oft als Freibrief für Arbeitgeber entpuppt hat, zu allen unmöglichen Bedingungen Arbeit
anzubieten.
Meine Damen und Herren, wenn man es zusammenfassen möchte, dann wurde vor allen Dingen ein Fehler gemacht: Sozialpolitik wurde in den letzten zwei Jahrzehnten vor allen Dingen nicht als Hebel und als Chance betrachtet, den Menschen notwendige Anpassungsleistungen zu erleichtern - wie es beispielsweise der oder ein Teil der Systemtheoretiker in der Soziologie theoretisch erschlossen hat -, sondern man hat Sozialpolitik im Wesentlichen als Hemmnis begriffen. Ganz klar, wenn man der Meinung ist, dass die soziale Absicherung ursächlich verantwortlich dafür ist, dass es den Menschen zu gut geht und sie nicht bereit sind zu arbeiten, wie es die Zeit erfordert, dann ist ganz klar, dann versucht man an den Gesetzen rumzudoktern und die Bedingungen weiter zu verschärfen. Das war offizielles Regierungshandeln der letzten Jahre, Sozialpolitik nicht als Chance zu begreifen, sondern im Wesentlichen als Ballast.
Meine Damen und Herren, das hat im Ergebnis natürlich zu mehr Unsicherheit bei den Menschen geführt und damit natürlich auch zu weniger Binnennachfrage. Auch diese Politik, diese zentrale Achse Ihrer Politik, hat negative Auswirkungen auf die Einnahmeseite gehabt. Wem das noch nicht plausibel genug ist - mit Ihrem Slogan, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, „Sozial ist, was Arbeit schafft“ haben Sie ideologisch genau dafür den Begründungszusammenhang geliefert. Das war Ihr politisches Programm.
Das heißt eben, kein Mindestlohn, keine Absicherung in der Arbeit für die Menschen, sondern das heißt Druck ausüben, Druck machen, Arbeit zu jedem Preis annehmen. Das bedeutet letztendlich, dass auch der Wirtschaftskreislauf ins Stocken gerät.
Meine Damen und Herren, ich will Sie, liebe Kollegen von der CDU, an Ihre Position hier im Thüringer Landtag zu den Fragen stabiler Einnahmen erinnern. Sie haben mit Ihren politischen Auffassungen doch mit dafür gesorgt, dass die Einnahmebasis permanent unterhöhlt wurde. Herr Mohring, ich will Sie an Ihre Position zur Erbschaftssteuerreform erinnern. Sie haben damit gedroht, gemeinsam mit der CSU die Erbschaftssteuer zum 31.12.2008 auslaufen zu lassen, wenn es keine Einigung mit der SPD gibt. Sie haben gefordert, die Erbschaftssteuer abzuschaffen und damit im Wesentlichen privilegierte Teile dieser Gesellschaft vollkommen freizustellen von der Finanzierung des Gemeinwesens. Sie haben doch geleugnet, dass es die Notwendigkeit für eine Vermögenssteuer in Deutschland gibt. Sie haben argumentiert, Frau Ministerin, dass das reine Vermögenssteueraufkommen in Thüringen nur wenige Millionen beträgt, was
natürlich richtig ist, aber Sie haben den elementaren Zusammenhang im Länderfinanzausgleich vernachlässigt, sowohl bei der Erbschaftssteuer, als auch bei der Senkung des Spitzensteuersatzes und bei der Vermögenssteuer. Allein die drei Maßnahmen beziffern im Thüringer Landeshaushalt auf derzeitigem Niveau ca. 300 Mio. € an Einnahmen. Deshalb ist Ihre Politik zutiefst unglaubwürdig.
Einen größeren Zusammenhang möchte ich nennen, einen internationalen Zusammenhang. Wir haben hier im Thüringer Landtag beantragt, auch im Herbst und auch schon die Jahre vorher, dass die Landesregierung im Bundesrat initiativ wird gegen Steueroasen. Wir sind ja aktiv geworden gegen die Hedgefonds. Wir sind aktiv geworden für eine Börsenumsatzsteuer, die jetzt glücklicherweise die SPD mitdiskutiert. Wir haben uns insgesamt hier im Thüringer Landtag in Anträgen gegen die Deregulierung des Finanzsektors ausgesprochen. Alle diese Anträge wurden von Ihnen abgelehnt mit dem Vorwurf, das wäre altes sozialistisches Denken. Wo uns Ihr Denken hingeführt hat, das erleben wir jetzt, nämlich zur tiefsten Unsicherheit.
Meine Damen und Herren, alles in allem, wenn man diese Politik zusammenfasst und verstehen will, dann ist der heutige Antrag, der heutige Gesetzentwurf, der heutige Entwurf zur Änderung der Verfassung der iPunkt dieser Politik, die im Kern nichts anders ist als marktliberal und die in großen Teilen nur als reaktionäres Gesellschafts- und Wirtschaftsmodell bezeichnet werden kann.
Sie müssen schon erklären, wieso in diesem reichen Land - und dieses Land ist wirklich reich - kein Geld für Schulpsychologen zur Verfügung steht, wir aber hinreichend Geld haben, um Panzer zu produzieren.
Sie müssen mir erklären, warum der Staat im Rahmen des Konjunkturpakets II Kinder mit 100 € fördert, aber über die sogenannte Abwrackprämie den Kauf von Autos mit 2.500 € fördert.
Das Perverse daran ist - das muss Ihnen doch auffallen, zumindest wenn Sie allein sind mit sich, dann müssen Sie sich doch diese Frage stellen -, dass hier in diesem Land elementar ein paar Weichen falsch gestellt sind.
Meine Damen und Herren, Frau Ministerin, Sie haben es eben gemacht und wieder höhere Autoritäten als Beweis für Ihre Politik angeführt. Ich habe hohen Respekt vor solchen Institutionen wie dem Thüringer Rechnungshof und dem Bund der Steuerzahler. Ich habe auch hohen Respekt vor der Arbeit der Industrie- und Handelskammer und der Handwerkskammer, aber, meine Damen und Herren, die sind bei der Frage Nettoneuverschuldung begrenzen über die Verfassung überhaupt nicht hilfreich. Ich sage Ihnen auch, warum.
Nein, ganz im Gegenteil, die sind aber überhaupt nicht hilfreich - ich habe ja versucht, das zu analysieren -, wenn sie die Einnahmeseite nicht mitbetrachten. Wenn Sie heute die Forderung der IHK aktuell an den Thüringer Landtag lesen, werden Sie feststellen, die Einnahmeseite findet nicht statt, aber die Erwartung ist da, der Thüringer Landtag möge die Schulden verbieten und die Ausgaben kürzen.
Aber selbst die Unternehmen in Thüringen müssen doch Interesse daran haben, dass die Menschen die Produkte kaufen können. Dazu brauchen sie ihre Einkünfte. Deshalb, Frau Ministerin, diese genannten Akteure reichen meiner Meinung nach nicht aus, um Ihre Glaubwürdigkeit zu erhöhen. Ich will andere nennen - die Prognosen und die Theorien der Wirtschaftsforschungsinstitute. Wer heute noch kommt und einem Wirtschaftsforschungsinstitut in Deutschland Glauben schenkt, wie das in den letzten Jahren passiert ist, wie stark sich Medien darum gestritten haben, ob 0,3 Prozent mehr Wachstum oder 0,3 Prozent weniger Wachstum. Was war das für eine Fehleinschätzung angesichts der realen Lage, die Sie nicht begriffen haben. Wer nicht bereit ist, die Rolle der Wirtschaftsforschungsinstitute zu überdenken, hat auch nach wie vor nichts verstanden von der Intensität der Krise. Gleiches ließe sich für die Universitäten sagen, zu meinem großen Bedauern. Gleiches lässt sich insbesondere für die Europäische Zentralbank sagen, die mit ihren Forderungen an die Politik immer sehr hochgehalten wurde, auch in diesem Hause. Die Europäische Zentralbank hat einen der schwersten Fehler im letzten Jahr begangen, als sie auf die vermeintliche Inflation wegen der hohen Energiepreise mit einer Steuererhöhung im Euroraum reagiert hat und damit nach Einschätzung aller seriösen Experten die europäische Konjunktur noch in deutlichem Maße abgewürgt hat.
Meine Damen und Herren, dieses Modell wollte ich deswegen auch in dieser Ausführlichkeit darstellen. Ich glaube, die Frage, die Sie uns heute hier zur Entscheidung vorlegen, ist gemessen an der Dimension des Problems schlichtweg zu klein formuliert, um eine Lösung in der Frage der Neuverschuldung, ob in Gesetzesform oder in Verfassungsform, zu finden. Auch im Freistaat Thüringen müssen wir uns über die große Krise der gesellschaftlichen Werteorientierung Gedanken machen.
Meine Damen und Herren, wir müssen uns weiter Gedanken machen, über die bisher, wie ich finde, falsche Wahrnehmung, wir hätten es jetzt nur mit den Auswirkungen einer im Wesentlichen in Amerika verursachten Krise zu tun. Das lässt sich nicht ganz bestreiten, aber ich will noch mal deutlich machen, dass insbesondere das im globalen Maßstab kleine Volk der Deutschen mit seinen 80 Mio. Einwohnern als Exportweltmeister nicht schuldlos an dieser Entwicklung ist. Man kann sagen, in keinem anderen modernen Land ging seit 1991 die Entwicklung der Reallöhne so drastisch nach unten wie in Deutschland. In keinem anderen Land ist die Umverteilung von unten nach oben so extrem, so pervers erfolgt. Ich will nur das Stichwort von 2000/2001 „große Steuerreform“ nennen. Wenn es die nicht gegeben hätte, hätten wir seit dieser Zeit insgesamt 300 Mrd. € mehr in den öffentlichen Haushalten gehabt. Ihre Verschuldensfrage würde sich in einer ganz anderen Dimension stellen.
Drittens, auch da hat Deutschland eine Hauptverantwortung, fast nirgendwo gab es so eine extreme Stärkung der Kapitalmärkte im Bereich der sozialen Sicherungssysteme zulasten der gesetzlichen sozialen Sicherungssysteme und damit auch der Einnahmebasis dieser sozialen Sicherungssysteme.
Meine Damen und Herren, deshalb steht nicht nur das Verbot von neuen Schulden auf der Tagesordnung, sondern das Politikkonzept insgesamt. Ihr Politikkonzept insgesamt und das Einbringen dieses Antrags heute, im Jahr 2009, zeigt, dass Sie nach wie vor nichts begriffen haben, meine Damen und Herren.
Ich will nur am Rande erwähnen, dass sich die Hoffnung des einen oder anderen, die FDP wäre in diesen Zeiten eine Alternative, aus meiner Sicht noch weniger oder ebenso wenig erfüllen wird. Ich will zwei Stichworte nennen: Der entsprechende Grundgesetzartikel, Artikel 15, der Enteignungen ermöglicht, um letztlich auch Schaden vom Volk abzuwenden, sollte auf Antrag der FDP im Bundestag im letzten Jahr gestrichen werden. Wäre der Bundestag dem gefolgt, gäbe es den schlichtweg nicht mehr, gäbe es die Möglichkeit schlichtweg nicht mehr. Heute aktuell in der Debatte, was macht die FDP? Sie fordert die Lo
ckerung des Kündigungsschutzes. Das würde genau eine Verschärfung der jetzigen Situation bedeuten, das würde im Kern bedeuten, dass weitere Unsicherheit bei den Menschen entsteht und somit kein Schlüssel wäre zur Belebung der Binnennachfrage, im Gegenteil, die Menschen würden weiter verarmen und es wäre falsch, abgesehen davon, dass ich glaube, dass Mike Mohring im Speziellen durch seine Art hier die Positionen in dieser CDU Thüringen mit geprägt hat, die sonst draußen für eine radikale FDPPosition stehen. Aber das muss die CDU in Thüringen mit sich ausmachen.
Meine Damen und Herren, ich möchte auf die Dinge zu sprechen kommen, die noch mit Föderalismus-I- und Föderalismus-II-Reform zu tun haben. Was haben Sie uns bei der Föderalismus-I-Reform nicht alles an Erwartungen gesagt. Es werde ein schwieriges politisches System entflochten und zwar so, dass die Länder wieder eigenständiger entscheiden können. Ich will zwei Stichworte nennen, wo ich diese Föderalismus-I-Reform schon im Ansatz für eine katastrophale Entwicklung halte. Erstens der Bereich der Bildung: Es wirkt sich nachteilig für die Menschen aus, was dort mit der Föderalismus-I-Reform in Deutschland geschehen ist.
Ein zweiter Bereich ist das heute noch zu beschließende Beamtenrecht. Wer glaubte denn damals in Thüringen wirklich, dass der Freistaat Thüringen mit seiner finanziellen Situation in der Lage sein würde, in einigen Jahren mit den reichen Flächenländern West zu konkurrieren? Sie haben behauptet, nach der Föderalismusreform wird das möglich sein, die Länder können in einen kreativen Wettbewerb eintreten und es wäre kein Wettbewerb zulasten der schwächeren Länder. Die Realität heute ist: Zwei Jahre danach sind wir in der totalen Realität angekommen, dass Sie mit der Föderalismusreform I im Bereich für Beamte zum Nachteil Thüringens mitentschieden haben, dass hier die jungen Lehrer beispielsweise abgeworben werden, weil wir die Bedingungen nicht bieten, die andere finanzstärkere Länder bieten können. Gleiches Desaster, was für die Föderalismus-I-Reform gilt, gilt auch für die Föderalismus-II-Reform mit dem Kernpunkt der Begrenzung der Schulden, Schuldenverbot in der Verfassung.
Im letzten Jahr noch haben Sie kommuniziert als CDU, Sie möchten dieses Schuldenverbot am liebsten ab 2010 und wenn es geht, möglichst absolut. Von Wirtschaftskrisen als Ausnahmen war damals überhaupt keine Rede, denn Sie hatten in Ihrer Ideologie überhaupt keinen Platz dafür.
Herr Zeh, das kann ich bestimmt besser beurteilen als Sie. Glauben Sie mir mal, die Mittelfristige Finanzplanung und andere Papiere, die programmatischen Charakter hatten, die habe ich schon sehr genau gelesen, auch die Pressekonferenzen von Ministerpräsident Althaus. Das Einzige, was Sie als Ausnahme diskutiert haben, waren Naturkatastrophen. Nun nennen Sie mir mal nur eine vorstellbare Naturkatastrophe, die nur im Ansatz die Dimension der Einnahmeausfälle haben könnte, die wir jetzt in den nächsten Jahren in den öffentlichen Haushalten erleben können. Und den entsprechenden Paragraphen im Grundgesetz zur Abwehr der Störungen eines gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts
- ja, das mache ich doch jetzt -, der staatliches Tun dagegen ermöglicht, den attackieren Sie und wollen ihn ersetzen durch Ihre sogenannte Schuldenbremse. Da kann ich doch nur sagen: Herzlichen Glückwunsch, Sie haben nichts begriffen!
Jetzt reden Sie, von zyklischen Wirtschaftskrisen ist immer noch keine Rede. Ich habe der Frau Ministerin sehr genau zugehört. Wir sparen in Zeiten der Hochkonjunktur und legen etwas zurück. Sagen Sie mir doch mal, wie Sie sich angesichts der Tiefe dieser Krise eine Hochkonjunktur vorstellen mit Überschüssen in den öffentlichen Haushalten, wo Sie etwas zurücklegen können.
Sie haben Rücklagen gebildet, weil insgesamt die Weltwirtschaft gut gelaufen ist. Wir stellen jetzt fest, ein wesentlicher Teil dieses globalen Aufschwungs war auf Pump ausgelegt, der war Spekulation, der war fiktiv. Das erleben wir doch jetzt.
Die Realwirtschaft bricht in großen Teilen zusammen und Sie erzählen, wir werden in den nächsten Jahren Hochkonjunktur haben. Ich sage Ihnen, ein konjunktureller Impuls, der nachhaltig sein will, muss in allererster Linie jenseits der Finanzmärkte entstehen und
der wird ein völlig neues Denken in der Wirtschaftspolitik, auch eine neue Förderpolitik erfordern. Weiter mit Ihren Konzepten werden Sie das jedenfalls nicht schaffen, meine Damen und Herren.
Ich will dann nur abschließend kommentieren: Wenn das die Schicksalsfrage schlechthin ist, Herr Mohring, so wie Sie es immer dargestellt haben, und Sie dafür ein halbes Jahr vor der Landtagswahl die Verfassung ändern wollen, ich finde, das ist dann nicht glaubwürdig, wenn Sie sagen: Aber zur Änderung der Verfassung können wir nur mit der SPD über die Frage der Studiengebühren einen Kuhhandel machen, als handelte es sich hier um irgendeine Verordnung oder Richtlinie oder sonst was. Ich will Ihnen sagen, um nicht missverstanden zu werden, auch da wäre ein Kuhhandel nicht angemessen, aber in dieser Verfassungsfrage ist ein Kuhhandel das Letzte, was dieses Land braucht, es braucht eine grundsätzliche Debatte.
Ich will noch einen Satz verlieren über die Legitimität der Verfassung: Sie wollen - und begründen das mit Ihrem Entwurf -, das Verbot von Nettoneuverschuldung in der Verfassung soll dem Ziel, keine Schulden mehr zu machen, eine höhere Legitimität verschaffen. Ich befürchte, dass, wenn es so unausgegoren bleibt, wenn es so bleibt, wie Sie es derzeit beabsichtigen, die Legitimität der Verfassung insgesamt darunter leiden könnte.
Meine Damen und Herren, wir haben in unserer Verfassungstradition durchaus interessante Artikel in der Thüringer Landesverfassung, die ein möglicherweise deutlich konträres Ziel formulieren. Ich möchte nur zwei Beispiele nennen. Artikel 36 der Landesverfassung - ich darf zitieren, Frau Präsidentin -: „Es ist ständige Aufgabe des Freistaats, jedem die Möglichkeit zu schaffen, seinen Lebensunterhalt durch frei gewählte und dauerhafte Arbeit zu verdienen. Zur Verwirklichung dieses Staatsziels ergreifen das Land und seine Gebietskörperschaften insbesondere Maßnahmen der Wirtschafts- und Arbeitsförderung, der beruflichen Weiterbildung und der Umschulung.“ Artikel 38 unserer Landesverfassung sagt: „Die Ordnung des Wirtschaftslebens hat den Grundsätzen einer sozialen und der Ökologie verpflichteten Marktwirtschaft zu entsprechen.“ Ich frage Sie ernsthaft, meine sehr verehrten Damen und Herren: Müssten wir anstelle Ihres Quatsches hier nicht darüber reden, wie diese Verfassungsartikel mit Leben erfüllt werden,
wie sie realitätsnäher werden? Wäre das nicht auch wichtig, damit die Bürger sich tatsächlich vertreten fühlen und Politik auch ernster nehmen?
Meine Damen und Herren, ich befürchte, mit Ihrem Ansatz schwächen Sie selbst diese wohlgemeinten Ansätze in der Thüringer Landesverfassung, wenn es so unausgegoren bleibt. Das wäre aufs Höchste, ich will es deutlich sagen, kontraproduktiv.
Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich sagen, Ihr Antrag zeigt, dass sowohl die Landesregierung als auch die CDU über die Ursachen der Wirtschaftskrise, über die Ursachen hoher Staatsverschuldung und auch über Wege aus dieser Wirtschaftskrise zum einen und Wege aus dieser Staatsverschuldung zum anderen nach wie vor keine Ahnung hat. Sie haben nach wie vor keine Ahnung, keine Antwort auf die Probleme dieser Zeit und Sie sträuben sich noch, sich mit dem Gedanken anfreunden zu müssen, dass Ihre gesamte Ideologie der letzten Jahrzehnte, auch die, in Ostdeutschland mit niedrigen Löhnen Ansiedlungen zu schaffen, gescheitert ist. Sie waren, wenn ich das mal sagen darf, nach 1989 besoffen vor Glück. Sie glaubten, am Ende der Geschichte angekommen zu sein. Sie haben jeden alternativen Diskussionsansatz abgelehnt. Sie haben diese Stimmen nicht zu Wort kommen lassen. Diese Besoffenheit vor Glück, das will ich Ihnen sagen, ich bin fest davon überzeugt, dass die Ihnen nun zum Verhängnis wird.
Ich habe, Frau Ministerin, aus dem Jahre 2005 noch eine Anzeige aus dem Bundestagswahlkampf mit Ihnen, da steht drauf: „Die CDU steht für Wachstum, Arbeit, solide Staatsfinanzen, einfache und gerechte Steuern“. Jetzt, im Jahr 2009, müssten Sie einsehen, dass Ihr Weg nicht dazu geführt hat, dass Ihre Ziele erreicht werden konnten, sondern Sie weiter denn je von diesen Zielen entfernt sind. Diese Ziele erreichen könnten Sie nur glaubwürdig, wenn sie in der Verfassung nicht über das Verbot von neuen Schulden nachdenken würden, sondern über das Verbot von Steuersenkungen für Vermögende und Unternehmen
und eine Pflicht noch festschreiben würden für gewählte Vertreter, unsere Politik der Umverteilung von unten nach oben zu beenden und Reichtum in diesem Land zu begrenzen. Herzlichen Dank, meine Da
men und Herren.
Ich meine angedeutet zu haben, Herr Kollege, wohin die Reise aus meiner Sicht gehen müsste. Von der primären Exportorientierung müssen wir tatsächlich weg, weil auch diese Exportorientierung, insbesondere der deutsche Exportüberschuss, in den letzten Jahren dazu beigetragen hat, dass die Handelsungleichgewichte in der Welt sich verfestigt haben. Ein wichtiger Teil der Krise in den USA hat leider auch mit unserer Exportstrategie, die nur als aggressiv zu bezeichnen ist, zu tun. Insofern - und das habe ich angedeutet - glaube ich, wir stehen, wenn wir es richtig gut machen wollen, vor einem nachhaltigen Umbau unserer gesamten Wirtschaftsordnung und das wird natürlich weitere Bereiche nach sich ziehen.
Ich glaube...
- mir ist doch eine Frage gestellt worden, darf ich es erläutern? Ich bin fest davon überzeugt, dass diese einseitige Orientierung auf Export in den letzten Jahren auch bei der...
Ich glaube, dass das nicht nachhaltig genug war, weil wir es mit einer chronischen Schwäche der Binnennachfrage in Deutschland zu tun haben. Um zu überlegen, wie eine Wirtschaftsordnung aussehen kann, die sozialen und ökologisch nachhaltigen Ansprüchen gerecht wird und Export und Binnennachfrage in Übereinklang bringt, sollten wir uns dazu alle intellektuell bemüßigen. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, in aller Kürze: Herr Mohring, ich meine sagen zu können, dass wir in dieser Bewertung der historischen Dinge, insbesondere was die DDR-Vergangenheit betrifft, wirklich sehr diametral auseinanderliegen. Das wird auch so bleiben. Unsere Fähigkeit, das hier im Dialog so zu lösen, dass wir Konsenspunkte herausarbeiten könnten, halte ich im Moment für begrenzt. Das sollte man auch akzeptieren, Herr Mohring. Ich bin nur so weit überzeugt, dass viele Ihrer absoluten Thesen, die Sie hier vorgetragen haben, im Kern nicht mal von den älteren Mitgliedern Ihrer Fraktion getragen werden. Dieser Überzeugung bin ich fest.
Eine zweite und letzte Bemerkung, Herr Mohring: Ich bin davon überzeugt - das war ja der Ausgangspunkt, Sie teilen ja unsere Analyse nicht; deswegen kommen wir ja, was Ihr geplantes Neuverschuldungsverbot in der Verfassung betrifft, zu anderen Ergebnissen; wir werden es ablehnen, ganz klar; aber Sie teilen ja die Analyse, die uns zu dieser Ablehnung führt, überhaupt nicht -, der Rückgriff auf die DDRVergangenheit und die nach Ihrem Sinn bankrotte DDR wird Ihnen bei der Bewertung dieser Krise und bei möglichen Auswegen aus dieser Krise immer weniger helfen. Es wird noch im Diskurs sein insbesondere im Jahr 2009 - dafür habe ich sogar ein gewisses Verständnis, das haben Jubiläen in Wahljahren nun insbesondere so an sich -, aber es wird uns im Kern dabei, die Probleme der hier lebenden Menschen zu lösen und die Probleme der Menschen anderswo zu lösen, wahrscheinlich sehr wenig weiterhelfen. Deshalb meine Bitte und meine Aufforderung und die Kritik der LINKEN: Stellen Sie sich endlich der Analyse und der Kritik der wirtschaftlichen Entwicklung der letzten Jahre, der sozialen Entwicklung der letzten Jahre in diesem Land und der gesellschaftlichen Fehlentwicklung der letzten Jahre in diesem Land, dann haben wir die Chance, etwas zu tun, was den Menschen heute und morgen auch wirklich helfen wird. Danke schön.
Cross-Border-Leasing in Thüringen und die Folgen dieser Geschäfte
Auf meine Kleine Anfrage 1096 in Drucksache 3/3894 vom 26. November 2003 nach Cross-Border-LeasingGeschäften (CBL) von Kommunen oder kommunalen Unternehmen antwortete die Landesregierung, dass sie diese Frage bereits auf die Kleine Anfrage 875 in Drucksache 3/3274 der Abgeordneten Dr. Wildauer beantwortet hätte. In dieser Antwort verneinte die Landesregierung die Kenntnis von CBL-Geschäften von Thüringer Kommunen. Mit Datum vom 2. Dezember 2008 antwortete die Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2564 der Abgeordneten Kuschel und Huster in Drucksache 4/4705, dass sie von CrossBorder-Leasing-Geschäften in Thüringer Kommunen wiederum keine Kenntnis habe. Zwischenzeitlich wurde bekannt, dass die Stadtwerke in Erfurt und Jena solche Geschäfte für ihre Verkehrsinfrastruktur (Stra
ßenbahn) abgeschlossen haben.
Die Landesregierung hat bisher stets ein Verbot von Cross-Border-Leasing-Geschäften für Thüringer Kommunen und kommunale Unternehmen abgelehnt.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Kommunen und kommunalen Unternehmen in Thüringen haben CBL-Verträge mit welchem jeweiligen Inhalt geschlossen?
2. An welchen CBL-Verträgen von Kommunen und kommunalen Unternehmen ist die American International Group (AIG) beteiligt?
3. Welche Auswirkungen sind nach Auffassung der Landesregierung aufgrund der bekannten Schieflage der AIG für die Kommunen und die kommunalen Unternehmen, die CBL-Verträge mit der AIG geschlossen haben, zu erwarten?
4. Wie hoch schätzt die Landesregierung die finanziellen Folgen einer Insolvenz der AIG für die betroffenen Kommunen und die kommunalen Unternehmen?
Herr Staatssekretär, vielleicht können Sie mir relativ klar beantworten, ob die Landesregierung überhaupt Konsequenzen aus der nun mittlerweile deutschlandweiten Diskussion um abgeschlossene CBL-Verträge mit zum Teil verheerenden Auswirkungen in Kommunen zieht und wenn ja, welche?
Herr Staatssekretär, vor fünf Jahren, als wir hier in diesem Hause zum einen die Risiken von Cross
Border-Leasing thematisiert haben und zum anderen einen Gesetzentwurf eingebracht haben, der das Verbot von solchen Geschäften vorsieht, wurden wir aus den Reihen der CDU-Fraktion mit dem Vorwurf des Antiamerikanismus konfrontiert. Stimmen Sie mir zu, Herr Staatssekretär, dass dieser Vorwurf angesichts der aktuellen Entwicklung eigentlich zurückzunehmen wäre?
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Mohring, Sie sind kein Freund von Konjunkturprogrammen. Das konnten wir hier im Landtag mehrmals erleben. Während Sie jetzt, nachdem der Bund das sogenannte Konjunkturpaket II in das Gesetzgebungsverfahren gebracht hat, nun offensichtlich erklären müssen, dass man nicht mehr ganz generell gegen Konjunkturprogramme sein kann, will ich Sie zumindest an Ihre Position und die Ihrer Fraktion hier im Thüringer Landtag erinnern. Im Oktober des Jahres 2008, als wir mit mehreren Anträgen gefordert haben, dass sich sowohl Landesregierung als auch Bundesregierung frühzeitig mit Maßnahmebündeln für ein Konjunkturprogramm beschäftigen sollen, Sie einen Gegenantrag hier vorgelegt haben, der beispielsweise im Punkt 3 die Aufforderung beinhaltet hat, sich auf Bundesebene - also der Thüringer Landtag soll sich auf Bundesebene - auch einsetzen gegen kurzfristige Konjunkturprogramme, da diese, so Ihre Rede, keine nachhaltige Wirkung erzielen können.
Meine Damen und Herren, wenn darüber geredet wird, dass Banker ihrer Verantwortung nicht nachgekommen sind, muss man auch darüber nachdenken, welcher Verantwortung Politiker auch in diesem Haus in der Vergangenheit nicht nachgekommen sind.
Dazu gehören Sie, Herr Mohring, aber an allererster Stelle. Ich meine, dass ich Ihnen das an ver
schiedenen Stellen meiner Rede noch nachweisen kann an anderen Punkten. Herr Minister Zeh, Sie haben versucht, nüchtern darzustellen den Stand der Diskussion und auch darauf verwiesen, welche offenen Punkte es noch gibt, wo in den nächsten Wochen noch Übereinkunft einerseits zwischen Bund und Ländern, aber bezogen auf Thüringen auch zwischen Thüringen und den Kommunen zu erzielen ist. Sie haben eine Frage, wie ich finde, überhaupt nicht erwähnt, die aber die Kommunen sehr brennend interessiert: Wie ist es denn nun mit den Eigenanteilen? Wie ist denn das konkret mit der Höhe der Eigenanteile, die die Kommunen Ihrer Meinung nach leisten müssen? Bekannt ist die Aussage der Finanzministerin und auch die Bekräftigung von Ihnen, dass man finanzschwachen Kommunen helfen möge, helfen wolle, und zwar mit Mitteln aus dem Landesausgleichsstock. Aber es macht doch für die Kommunen, die sich jetzt mit dem Gedanken beschäftigen, dass es im Jahr 2009 und 2010 voraussichtlich Geld geben wird, Sinn, ihnen einmal zu sagen: Wir als Landesregierung gehen in der Regel von 25 Prozent Eigenanteil der Kommunen aus oder wir gehen von 10 Prozent aus oder von einer anderen Größe. Ich hätte mir gewünscht, Herr Minister, dass Sie hierzu eine Zahl gesagt hätten, aber vielleicht ist ja möglich, dass die Thüringer Landesregierung über einen anderen Minister oder eine Ministerin darstellen kann, in welche Richtung sie denkt. Ich glaube, das ist eine der wichtigsten Fragen, in den nächsten Wochen, darzustellen, wie hoch der Eigenanteil der Kommunen denn nun sein soll.
Herr Minister, Sie haben auch impliziert, dass noch Zeit vergehen wird. Sie haben in etwa skizziert, wie der Zeitplan sein wird bis zur Verabschiedung im Bundesrat; den 20. Februar hatten Sie genannt, danach beginnt die Umsetzung des Programms. Sie hatten aber auch in der Pressekonferenz gemeinsam mit Frau Ministerin Diezel Anfang Januar in der Staatskanzlei dargestellt, dass wir einerseits sehr schnell handeln müssen, dass Sie aber andererseits aufgrund der Faktenlage sehr wohl wissen, dass es lange dauern wird, bis das Programm seine Wirkung entfalten kann und Sie nannten, vor dem III. Quartal wird im Wesentlichen nichts passieren. Herr Minister, ich meine schon, dass es geboten gewesen wäre, wenn von der Fraktion der LINKEN ein Gesetzentwurf vorliegt, diese Zeit bis zum III. Quartal mit einer sehr konstruktiven, mit einer sehr unbürokratischen Maßnahme, nämlich der Wiedereinführung der Investitionspauschale, zu überbrücken, dass es geboten gewesen wäre, dass Sie sich mit diesem Vorschlag hier an dieser Stelle meinethalben auch kritisch auseinandersetzen.
Die Debatte im Land geht ja in diese Richtung, ob nun die Frage der Investitionspauschalen in Höhe von 92 Mio. € als Sofortmaßnahme des Landes, bis das Konjunkturprogramm greift, oder die Forderung aus dem Bereich Gemeinde- und Städtebund, die sagen: Bitte gebt uns so viel wie möglich der Mittel, die mit dem Konjunkturpaket II kommen, als Pauschalen an die Kommunen, wir wissen am besten, wie wir die Maßnahmen umsetzen können, wir wollen so wenig wie möglich reingeredet bekommen. Die Debatte dazu ist doch im Gang und ich meine, dass man sich dazu schnell und zeitnah verständigen muss, auch inhaltlich verständigen muss. Ich bin ja dann immer überrascht, wenn auch Kollegen der CDU in den Kommunen sich in dieser Richtung äußern und habe mich auch diesbezüglich durchaus gefreut, dass der Parteikollege von Herrn Fiedler beispielsweise, Herr Kramer aus Stadtroda, erklärt hat, dass ihm am liebsten wäre, dass die gesamten Mittel als Investitionspauschale ausgereicht werden könnten und der Stadtrat in Stadtroda dann die jeweiligen Prioritäten festlegt. Herr Fiedler, Sie kennen das sicherlich, Herr Kramer hat das Bild benutzt, ich darf zitieren aus der dortigen OTZ vom 27. oder 28. Januar: „Was nutzen goldene Zügel, die so straff sind, dass man sich darin nicht mehr drehen und wenden kann?“
Ich finde, Herr Fiedler, genau das ist der Punkt, das war ja unser Ansatz, wenn das Bundesprogramm - Herr Fiedler, hören Sie bitte zu -
so festgezurrt ist, dass es genau diese Flexibilität, die vor Ort aber gefordert wird, nicht genehmigt, ja dann müssten Sie doch eigentlich unserem Vorschlag für die Investitionspauschale erst recht zustimmen.
So einfach ist das. Herr Fiedler, ich habe mich über eine zweite Frage gewundert, gefreut, geärgert, es waren sehr viele Gefühle, die in mir aufkamen, als ich Ihre Rede zum Neujahrsempfang in der Stadt Hermsdorf verfolgen durfte. Ja, bei Fiedlers Rede Gefühle, da gibt es sicherlich viele, die die immer einmal an der einen oder anderen Stelle haben. Also ich durfte nicht reden, das ist richtig, mir wurde gesagt, ich darf dann nächstes Jahr reden, dann brauche ich es dann aber auch nicht mehr.
Herr Fiedler, aber jetzt der Sachlichkeit wegen und auch der Ehrlichkeit halber, wir haben hier im Dezember einen Gesetzentwurf eingebracht, nicht bloß zur Wiedereinführung der kommunalen Investitionspauschale, sondern auch, um ein zweites Problem zu lösen aus kommunaler Sicht, nämlich den Widerspruch in der heutigen Thüringer Gesetzeslage, dass eine Kommune, die von Finanzzuweisungen des Landes besonders abhängig ist, auf der einen Seite Millionen Euro Steuergelder verzocken kann mit Derivaten und dafür keine Genehmigung braucht, dass sie aber andererseits, wenn sie die dauerhafte Leistungsfähigkeit nicht nachweisen kann, um eine Schule zu sanieren, einen Kredit, wenn sie ihn beantragt, vom Landesverwaltungsamt genehmigt bekommen muss. Das ist doch ein Widerspruch, dem müssen wir uns stellen. Meine Fraktion hat in den Gesetzentwurf vom Dezember eingebracht, über eine Änderung der Thüringer Kommunalordnung zu erreichen, dass Kommunen Kredite für sogenannte rentierliche Investitionen aufnehmen können. Damit könnten wir nämlich dieses Problem lösen, dass die Kommunen oftmals sehr sinnvolle, gerade die finanzschwachen Kommunen, oftmals sehr sinnvolle Maßnahmen zu leisten hätten, aber sie dürfen es nicht. Herr Fiedler hat - während er hier im Landtag sich nicht eingesetzt hat, dass dieser Gesetzentwurf überhaupt in einen Ausschuss verwiesen wurde, es wurde sofort abgebügelt, es steht heute zum Glück noch einmal auf der Tagesordnung, weil das Verfahren so ist - in Hermsdorf dann beim Neujahrsempfang erklärt, er wäre jetzt dafür, die Kommunalordnung zu ändern, weil wir doch etwas tun müssten im Hinblick auf rentierliche Investitionen. Herr Fiedler, ich gehe also davon aus - da Sie dort nicht erwähnt haben, dass das ein Vorschlag von uns ist, dem Sie sich in diesem Haus seit Jahren widersetzt haben -, dass Sie uns Ihre Position hier von diesem Pult noch einmal heute erklären. Natürlich hoffe ich auch, dass Sie unserem Gesetzentwurf zustimmen, denn nichts anderes als unsere Position - das dürfen Sie vielleicht nicht, aber dann erklären Sie es uns, warum Sie es nicht dürfen und warum Sie es nicht können - als in den beiden Essentials dieses Gesetzentwurfs, nämlich Wiedereinführung der Investitionspauschale und zweitens bei der Einführung erleichterter Kreditaufnahme für rentierliche Investitionen, haben Sie vertreten. Die Lauterkeit und Ehrlichkeit würde es gebieten, dass Sie hier dementsprechend unsere Vorschläge unterstützen, meine Damen und Herren.
Liebe Kollegen, da bin ich bei einem zweiten Punkt, den Herr Mohring angedeutet hat, der, glaube ich, für die weitere Debatte essenziell ist, und zwar geht es um das Thema „Schulden und Schuldenverbot“. Herr Mohring hat durchaus die berechtigte Frage
aufgeworfen: Wenn jetzt zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme notwendig sind, wer zahlt das in Zukunft ab? Da will ich nur mal klar sagen: Schulden sind für uns nicht per se etwas Gutes - ganz im Gegenteil. Wir wissen, dass in dieser kapitalistischen Gesellschaft ohne Schulden, ohne Kreditfinanzierung überhaupt nichts funktioniert, sowohl auf der Kapitalseite nicht, als auch auf der Seite der Konsumenten nicht, die sich meistens über Kredit irgendetwas kaufen können, was sie sonst natürlich nicht erwerben könnten. Die Crux ist, dass fast alle Staaten dieser Welt natürlich bedenkliche Schuldenhöhen erreicht haben. Es besteht durchaus die Sorge, dass im Zuge dieser Krise sich manche Schuldenlast sogar verdoppelt und dann tatsächlich die Frage steht, wer das wie überhaupt noch real abbezahlen können soll. Zumal wir davon ausgehen können, dass, während man jetzt zur Abwehr der Krise wieder überall billiges Geld in Umlauf bringt, dass, wenn es eine Normalisierung gäbe, dann zumindest ja eine Hochzinsphase oder zumindest eine höhere Zinsphase anstehen würde, die unsere Schuldenlast sofort noch unerträglicher machen würde.
So weit, so gut, darüber müsste man nicht reden, Herr Mohring. Aber es gibt eine ganz wichtige Sache, die Sie immer vergessen und deshalb ist Ihre ganze wirtschaftspolitische und finanzpolitische Debatte völlig falsch. Wenn Sie nicht über die Einnahmeseite nachdenken und darüber nachdenken, was Sie in den öffentlichen Haushalten brauchen im Bund, in den Ländern, in den Kommunen, aber auch in den Sozialversicherungen - was brauchen Sie an stabilen, planbaren Einnahmen -, dann können Sie doch diese Debatte überhaupt nicht führen, wo wir sparen müssen, um letztlich unsere Schulden in irgendeiner Form abzubezahlen. Oder anders ausgedrückt: Sie müssen, wenn Sie die Einnahmen nicht bedenken, natürlich immer bei diesem Kreislauf landen: Sie müssen Sozialausgaben kürzen, Sie müssen Bildungsausgaben kürzen, Sie müssen Investitionsausgaben kürzen, um irgendwie einen Haushaltsausgleich darzustellen. Das führt aber dazu, dass Menschen Arbeit verlieren, das führt dazu, dass weniger Steuereinnahmen generiert werden, weil weniger Menschen Arbeit haben, und dass die Haushaltsdefizite zumindest nicht kleiner werden, die werden größer. Das ist doch die Frage, wenn Sie das wirklich volkswirtschaftlich betrachten, müssen Sie doch über die Einnahmeseite nachdenken. Da bin ich verwundert, dass selbst in diesen Tagen in der Union Debatten um Steuersenkungen geführt werden. Ich frage mich, was wir nach der Bundestagswahl hier erleben werden; ich weiß eins, keine allgemeine Steuersenkung. Die Geschichte gibt uns recht, die Parteien, die sich jetzt als große Steuersenkungsparteien generieren, sind die, die am unglaubwürdigsten sind. Dazu gehören Sie leider auch.
Wenn man sich anschaut, welche Parteien seit 1969, seit der Großen Koalition, auf Bundesebene die meisten Mehrwertsteuererhöhungen zu verantworten hat, dann führen zwei Parteien diese Rangliste an, CDU und FDP.